Codex Ur-Nammu

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Die erste bekannte Version der Gesetze

Der Codex Ur-Nammu (für alternative Bezeichnungen siehe: Ur-Nammu) ist die älteste schriftlich überlieferte Rechtssammlung. Sie ist in sumerischer Sprache abgefasst und ca. 2100 v. Chr. im Auftrage des Königs Ur-Nammu von Ur (Mesopotamien) oder seines Sohnes Schulgi entstanden.[1] Die Bezeichnung als Codex Ur-Nammu ist moderner Art, die Rechtssammlung stellt kein kodifiziertes Recht in diesem Sinne dar.

Erhalten sind insgesamt 5 altbabylonische Abschriften, gefunden in den Städten Nippur, Ur und Sippar, die erstmals 1952 von Samuel Kramer übersetzt wurden. Es ist keine vollständige Abschrift vorhanden, 3 der Quellen überlappen sich jedoch und machen eine teilweise Rekonstruktion des Codex möglich. Die Quellen gehören aber zu unterschiedlichen Versionen (Spaltenbreite, Textvariante) und gehen deshalb höchstwahrscheinlich auf unterschiedliche Originale zurück, vermutlich auf Inschriften in Tempeln und auf Stelen.

Folgt man der Rekonstruktion des Altorientalisten Claus Wilcke, so ist der Codex folgendermaßen strukturiert:

  • Weihinschrift der Statue oder Stele
  • Legitimation des Herrschers, sowohl durch göttliche, als auch durch außen- und innenpolitische Erfolge
  • Inkraftsetzung der Gesetze: Fest zur Einweihung, Gleichheit der Bürger, Selbständigkeit des Herrschers bei der Festsetzung
  • Gesetze, kasuistisch, in Form von wenn-dann-Sätzen; wenigstens 40 Paragraphen (moderne Zählung) sind erhalten
  • Fluch zum Schutz der Inschrift vor Tilgung

Inhalt der Gesetze

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Aufgrund der unvollständigen Überlieferung ist der Gesamtumfang des Codex unbekannt, erhalten sind wenigstens 40 Paragraphen. Die innere Struktur der Rechtssammlung folgt weitgehend dem Assoziationsprinzip beziehungsweise dem Talionsprinzip. Es werden grundsätzlich zwei Klassen von Menschen unterschieden: der Bürger/die Bürgerin () und der Sklave/die Sklavin (arad/géme). Die einzelnen Gesetze werden in Form von wenn-dann-Sätzen dargestellt. Behandelte Themen sind im Wesentlichen in dieser Reihenfolge:

  • Mord
  • Raub
  • falsche Anschuldigung/Zeugenaussage
  • Ehebruch
  • Vergewaltigung
  • Eherecht, Scheidung
  • Hexerei
  • Körperverletzung
  • Miete für Ochsen und Felder
  • Arztbehandlung/Heilungskosten
  • Darlehen/Zins
  • Erbe
  • Sklaven
  • Wasserdiebstahl
  • Vernachlässigung des Grundstücks, des Hauses und des gepachteten Feldes

Die Kapitalverbrechen Mord, Raub, Ehebruch und Vergewaltigung werden mit dem Tode bestraft, bei Anschuldigung der Hexerei wird ein Flussordal durchgeführt. Alle anderen Strafen sind Geldstrafen. Spezielle Gesetze zum Wasserdiebstahl, Vernachlässigung des Grundstücks usw. erklären sich aus den klimatischen Gegebenheiten Mesopotamiens, u. a. Wasserknappheit und der hauptsächlich auf Ackerbau basierenden Wirtschaft.

  • tukum-bi lú ba-úš dumu-nita nu-un-tuku dumu-mí dam nu-un-tuku-a ibila-a-ni ḫé-a = Wenn jemand stirbt und keinen Sohn hat, dann soll eine unverheiratete Tochter zu seiner Erbin gemacht werden.
  • Martha T. Roth: Law Collections from Mesopotamia and Asia Minor (= Writings from the Ancient World. 6). Scholars Press, Atlanta GA 1995, ISBN 0-7885-0126-7 (Digitalisat).
  • Claus Wilcke: Der Kodex Urnamma (CU): Versuch einer Rekonstruktion. In: Tzvi Abusch (Hrsg.): Riches hidden in secret places. Ancient Near Eastern studies in memory of Thorkild Jacobson Eisenbrauns, Winona Lake IN 2002, ISBN 1-57506-061-2, S. 291–333.

Einzelnachweise

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  1. Claus Wilcke: Politik im Spiegel der Literatur, Literatur als Mittel der Politik im älteren Babylonien. In: Kurt Raaflaub, Elisabeth Müller-Luckner (Hrsg.): Anfänge politischen Denkens in der Antike. Die nahöstlichen Kulturen und die Griechen (= Schriften des Historischen Kollegs. Kolloquien. 24). Oldenbourg, München 1993, ISBN 3-486-55993-1, S. 39–76, hier S. 37, doi:10.1515/9783486595734-005.