Mehrfachtraktion

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Regio-Shuttle in Vierfachtraktion
Doppeltraktion bei zwei B80D Wagen der BOGESTRA
Doppeltraktion auf der Inntalstrecke in Oberaudorf
DT3-F-Doppeltraktion bei der U-Bahn Nürnberg
Bei vielen Stadt- und einigen Straßenbahnbetrieben ist die Doppeltraktion Standard. Hier im Beispiel Leipzig

Befördern mehrere Triebfahrzeuge, beispielsweise Lokomotiven, gemeinsam einen Zug, wird dies als Mehrfachtraktion bezeichnet. Dabei laufen alle diese Fahrzeuge regulär im Zug mit und können auch zentral vom ersten Fahrzeug mithilfe einer Vielfachsteuerung ferngesteuert werden; das ist eine durch Verbindungskabel oder eine Funkverbindung geschaffene Fernsteuerung vom vorderen Führerstand zum hinteren Triebfahrzeug. Kann die Lokomotive an der Spitze des Zuges kein weiteres arbeitendes Triebfahrzeug fernsteuern, ist also auch dieses mit einem Triebfahrzeugführer besetzt, so handelt es sich zwischen den Fahrzeugen nicht um eine Mehrfachtraktion, sondern um Vorspannlokomotive an der Spitze und Zuglokomotive am Wagenzug.

Begriff und Geschichte

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In Österreich wird die Mehrfachtraktion seit jeher traditionell als Vielfachsteuerung bezeichnet, dieser Begriff ist auch in der Schweiz gebräuchlich.

Die einfachste Mehrfachtraktion ist die Doppeltraktion, also das Fahren mit zwei Lokomotiven an einem Zugende bzw. das Kuppeln zweier Triebzüge (siehe auch Flügelung). Analog gibt es Dreifachtraktion, Vierfachtraktion usw.; bei Lokomotiven begrenzt die Zugfestigkeit der Kupplung zum ersten Wagen die mögliche Triebfahrzeuganzahl. Bei den Österreichischen Bundesbahnen wird die Doppeltraktion als Tandem bezeichnet, das ferngesteuerte Triebfahrzeug als Tandemtriebfahrzeug.

Die weltweit erste Vielfachsteuerung kam 1883 bei der von Siemens & Halske gebauten Ausstellungsbahn der Internationalen Elektrotechnischen Ausstellung in der Wiener Rotunde und im gleichen Jahr bei der ebenfalls von Siemens ausgerüsteten Lokalbahn Mödling–Hinterbrühl zur Anwendung. Diese frühe Form war noch rein mechanisch und bestand aus einer gelenkigen Verbindungsstange zwischen den beiden Triebwagen, welche eine gleichzeitige Ansteuerung der über Kettenzüge bewegten und unter dem Wagenkasten montierten Fahrschalter ermöglichte. Auch eine Steuerung von einem Beiwagen (und damit die Erfindung des Steuerwagens) soll bereits möglich gewesen sein.[1] Die erste elektrische Vielfachsteuerung dürfte 1895 bei der ebenfalls von Siemens ausgerüsteten ersten Budapester Metrólinie zur Anwendung gekommen sein.[2]

Von der Mehrfachtraktion zu unterscheiden sind:

  • Mehrfachlokomotiven (z. B. Doppellokomotiven) und Gliedertriebzüge, bei denen ein einzelnes Triebfahrzeug aus mehreren (kurz-)gekuppelten Einheiten besteht, die betrieblich nicht oder nur ausnahmsweise trennbar sind
  • Vorspann, bei dem ein Triebfahrzeug zusätzlich vor einen Zug gespannt wird, ohne dass eine Fernsteuerverbindung besteht
  • Nachschieben, wobei ein Zug zeitweise von einem zusätzlichen Triebfahrzeug geschoben wird, das nicht ferngesteuert, eventuell nicht einmal mit dem Zug gekuppelt ist.
  • Wagenlok, wenn zusätzlich zur Zuglokomotive ein nichtarbeitendes Triebfahrzeug zur Überführung als Wagen in den Zug gestellt wird – gewissermaßen die funktionelle Umkehrung eines Lokzuges.

Insbesondere im Güterverkehr ist oft mehr als ein Triebfahrzeug nötig, um schwere Züge auf bestimmten Strecken überhaupt befördern zu können.

Besondere Formen

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Sonderzug der Dänischen Bahn mit beidseitig je einer Lokomotive

Das im Eisenbahnjargon als Lokomotivsandwich (seltener auch Tandem, in der Schweiz Doppelpendelzug) bezeichnete Fahren mit zwei Triebfahrzeugen an den entgegengesetzten Enden eines Wagenzuges, unterscheidet sich von der Doppeltraktion durch geringere Kupplungsbelastung und Wendezugfähigkeit ohne Notwendigkeit eines Steuerwagens. Die eingesetzten Wagen müssen allerdings mit einer Steuerleitung ausgerüstet sein.

Die DB Cargo begann 2017 mit der Entwicklung und Erprobung einer zeitmultiplexen Mehrfachtraktionssteuerung, die mit einer Mobilfunkverbindung arbeitet, keine Steuerleitung benötigt und deshalb auch bei Güterzügen eingesetzt werden kann. Das System nennt sie Distributed Power System (DPS).[3]

Verteilte Traktion

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Bei der verteilten Traktion laufen Lokomotiven oder Lokomotivgruppen nicht nur an den Enden, sondern auch in der Mitte eines Wagenzuges. Dies ermöglicht es, größere Zugkräfte an einen Zug zu bringen, ohne die Kupplungen überzubeanspruchen. Im Personenverkehr wird die verteilte Traktion vor allem genutzt, um schnelleres Kuppeln zweier Einheiten zu ermöglichen, ohne den Zug vorher aufwendig von der Lokomotive trennen zu müssen, wie zum Beispiel beim Railjet der Österreichischen Bundesbahnen.

In Mittel- und Westeuropa sind im Güterverkehr allgemein keine Mehrfachtraktionsformen außer der einfachen Doppeltraktion mehr üblich, obwohl die SBB in den 1990er Jahren Versuche mit funkferngesteuerten Zwischen- und Schiebelokomotiven auf der Gotthardbahn durchführten. Seit der Inbetriebnahme des Lötschberg- und Gotthard-Basistunnels ist auch in der Schweiz der aufwendige Zwischen- und Schiebedienst selten geworden.

In den USA, Australien und Südafrika gibt es mehrere Kilometer lange Güterzüge. Die hohen Zugmassen und die große Länge der Züge erfordern verteilte Traktion (englisch: Distributed Power). Bis zu zwölf Lokomotiven pro Zug können vorkommen, wie es beispielsweise auf der Bahnstrecke Sishen–Saldanha in Südafrika der Fall ist. Dabei erlaubt die hohe Festigkeit der für solche Fälle verwendeten Janney-Kupplungen die Verwendung von bis zu vier sechsachsigen Lokomotiven an der Zugspitze.

A-Unit und B-Unit

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B- und A-Unit der EMD F7

In den Vereinigten Staaten wurden für die Beförderung schwerer Güterzüge in Mehrfachtraktion führerstandslose Diesellokomotiven entwickelt, die man als B-Unit oder als Booster bezeichnete. Diese wurden von einer A-Unit, also einer Lokomotive mit einem Führerstand, aus gesteuert.

Geführte Triebwagen bei der Straßenbahn

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Eine führerstandlose Be 4/6 (Mirage) der VBZ, mit dem Spitznamen "Blinde Kuh". Man beachte die fehlende Zielanzeige.

Vereinzelt existieren im Straßenbahnbereich sogenannte Beitriebwagen. Diese sind angetrieben, besitzen aber keinen vollwertigen Führerstand und können daher nicht an der Zugspitze laufen. In vielen U-Bahn-Betrieben werden ebenfalls Triebwagen ohne Führerstand eingesetzt.

Steuerungsarten

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Keine Mehrfachtraktion: Zwei Dampflokomotiven ziehen im Vorspannbetrieb einen Zug der Liliputbahn im Wiener Prater, einer Parkeisenbahn

Im Dampflokzeitalter gab es keine Mehrfachtraktion im heutigen Sinne, sondern eigentlich nur Vorspann bzw. Nachschieben; alle Lokomotiven waren mit Personal besetzt und wurden einzeln gesteuert, die Kommunikation erfolgte durch Pfeifsignale.

In Europa werden Triebfahrzeuge heute generell über Leitungsverbindungen gesteuert. Bei einer klassischen Vielfachsteuerung mit vielpoligen Steuerleitungen werden in der Regel die Schaltwerke der einzelnen Triebfahrzeuge direkt angesteuert. Neuere, zeitmultiplexe Steuerungen kommen mit einem Aderpaar aus, dabei kommunizieren die Steuerungsrechner der Fahrzeuge über Buskabel, die auch durch die Mittelwagen geleitet werden müssen. Manchmal sind nur baugleiche Fahrzeuge miteinander traktionsfähig. In Deutschland und der Schweiz können viele Lokomotiven und Steuerwagen untereinander vielfachgesteuert werden. Siehe auch: Vielfachsteuerung.

Die verteilte Traktion von schweren Güterzügen erfolgt meist per Funkfernsteuerung oder seltener über ein vorhandenes Kabel für die elektropneumatische Bremse.

Commons: Mehrfachtraktion – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Manfred Hohn, Dieter Stanfel, Hellmuth Figlhuber: Mödling-Hinterbrühl. Die erste elektrische Bahn Europas für Dauerbetrieb. 1. Auflage. Verlag Slezak, Wien 1983, ISBN 3-85416-079-8, S. 17, 31.
  2. Harald Marincig: 60 Jahre Wiener Elektrische Stadtbahn 1925–1985. Wiener Stadtwerke – Verkehrsbetriebe, Wien 1985, S. 4.
  3. DPS: Distributed Power System, der Weg zum langen Zug. DB Cargo, 26. Juli 2021, abgerufen am 14. Juli 2024.