Engadin-Felsenblümchen

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Engadin-Felsenblümchen

Engadin-Felsenblümchen (Draba ladina) in Vollblüte

Systematik
Eurosiden II
Ordnung: Kreuzblütlerartige (Brassicales)
Familie: Kreuzblütler (Brassicaceae)
Tribus: Arabideae
Gattung: Felsenblümchen (Draba)
Art: Engadin-Felsenblümchen
Wissenschaftlicher Name
Draba ladina
Braun-Blanq.

Das Engadin-Felsenblümchen (Draba ladina), auch Ladiner Felsenblümchen genannt, ist ein im Unterengadin endemischer Vertreter der Felsenblümchen (Draba).

Das Engadin-Felsenblümchen ist eine ausdauernde krautige Pflanze, die eine Wuchshöhe von 1 bis 5 Zentimetern erreicht[1] und in ziemlich dichten, bis 8 Zentimeter großen[1] Polstern wächst.[2] Der Stängel ist blattlos, unverzweigt und abgesehen von einigen Sternhaaren im unteren Teil kahl.[1] Die in einer grundständigen Rosette angeordneten Laubblätter sind bis 8 Millimeter lang,[1] breit lanzettlich bis eiförmig-lanzettlich, am Rand ungezähnt.[2] Sie sind vor allem am Rand und auf der Unterseite mit zahlreichen bis über 1 Millimeter langen einfachen Haaren besetzt sowie einzelnen Sternhaaren.[1]

Die Blütezeit reicht von Juli bis August.[1] Die Blüten stehen zu wenigen in einer Traube an kurzen, zur Fruchtzeit abstehenden Stielen.[2] Die blassgelben, trocken weißlichen Kronblätter sind 3,5 bis 5 mm lang,[1] am Grund genagelt, an der Spitze ausgerandet.[2]

Das 5 bis 9 Millimeter lange Schötchen ist spindelförmig und mit wenigen kurzen einfachen Haaren besetzt.[1] Der Griffel ist zur Fruchtzeit 0,7 bis 1,2 mm lang.[1] Je Fach sind fünf bis acht braune, 1,1 bis 1,5 mm lange Samen enthalten.[2]

Draba ladina ist tetraploid mit einer Chromosomenzahl von 2n = 32.[2][3]

Das Engadin-Felsenblümchen kommt nur in der Gebirgskette nördlich vom Ofenpass im Unterengadin vor und wächst hier in der subnivalen Stufe oberhalb von 2600 m. Das höchste Vorkommen dieser Art wird mit 3085 m angegeben.

Sie besiedelt Ritzen und Absätze von Dolomitfelsen. Pflanzensoziologisch hat es sein Optimum in Gesellschaften des Unterverbands Potentillenion caulescentis.[4]

Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt & al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 2 (mäßig trocken), Lichtzahl L = 5 (sehr hell), Reaktionszahl R = 5 (basisch), Temperaturzahl T = 1 (alpin und nival), Nährstoffzahl N = 1 (sehr nährstoffarm), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental).[5]

Forschungsgeschichte

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Josias Braun-Blanquet entdeckte diese Art 1917 in den Unterengadiner Dolomiten und beschrieb sie 1919.[6] Er ordnete sie der in den Alpen nicht vorkommenden Sektion Chrysodraba DC. zu. Karl Peter Buttler vermutete, dass Draba ladina auf Grund der Chromosomenzahl als Allotetraploide aus einer Kreuzung zwischen Draba aizoides und Draba tomentosa hervorgegangen ist.[7] Alex Widmer und Matthias Baltisberger konnten 1999 mit molekulargenetischen Methoden Draba aizoides als väterlichen Vorfahren von Draba ladina identifizieren, während Draba tomentosa auf Grund der ähnlichen Chloroplasten, die nur mütterlicherseits vererbt werden können, als mütterlicher Vorfahr bestimmt werden konnte. Die Entstehung von Draba ladina geht auf ein einziges Hybridisierungs-Ereignis zurück. Sie vermuten auch, dass die Art nicht sehr alt ist und wahrscheinlich postglazial entstanden ist.[8]

Die Art wurde in der Roten Liste von 1991 als selten („R“) eingestuft. In der Roten Liste von 2002 wurde sie nach den Kriterien der IUCN als stark gefährdet (EN) eingestuft.[9] Auf Grund der zu erwartenden Veränderungen an den Standorten ist davon auszugehen, dass diese Einstufung noch verschärft werden könnte.

  • Josias Braun-Blanquet: Über die obersten Grenzen pflanzlichen Lebens im Gipfelbereich des Schweizerischen Nationalparks. In: Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen des schweizerischen Nationalparks. NF Band 6 (= Band 39), ISSN 1010-3570, Nationalpark-Museum, Chur 1958, S. 119–142 (PDF-Datei).
  • Gerhart Wagner: Das Engadiner Hungerblümchen. In: Terra Grischuna. Band 48, Nr. 3, 1989, ISSN 1011-5196, S. 24–26 (auch Sonderabdruck).
  • Manfred A. Fischer, Karl Oswald, Wolfgang Adler: Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein und Südtirol. 3., verbesserte Auflage. Land Oberösterreich, Biologiezentrum der Oberösterreichischen Landesmuseen, Linz 2008, ISBN 978-3-85474-187-9, S. 647.

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i Christoph Käsermann: EN Draba ladina Braun-Blanq. – Ladiner Hungerblümchen – Brassicaceae. In: Christoph Käsermann, Daniel M. Moser (Hrsg.): Merkblätter Artenschutz – Blütenpflanzen und Farne. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern 1999, S. 126–127 (PDF-Datei).
  2. a b c d e f Karl Peter Buttler: Zytotaxonomische Untersuchungen an mittel- und südeuropäischen Draba-Arten. In: Mitteilungen der Botanischen Staatssammlung München. Band 6, Nr. 2, 1967, S. 275–362 (online).
  3. Jaakko Jalas, Juha Suominen, Raino Lampinen (Hrsg.): Atlas Florae Europaeae. Distribution of Vascular Plants in Europe. 11. Cruciferae (Ricotia to Raphanus). Akateeminen Kirjakauppa & Tiedekirja, The Committee for Mapping the Flora of Europe & Societas Biologica Fennica Vanamo, Helsinki 1996, ISBN 951-9108-11-4, S. 92.
  4. David Aeschimann, Konrad Lauber, Daniel Martin Moser, Jean-Paul Theurillat: Flora Alpina. Ein Atlas sämtlicher 4500 Gefäßpflanzen der Alpen. Band 1. Paul Haupt, Bern/Stuttgart/Wien 2004, ISBN 3-258-06600-0, S. 552.
  5. Info Flora. [1]
  6. Josias Braun-Blanquet: Über zwei neue Phanerogamenspezies aus den Alpen. In: Verhandlungen der Schweizerischen Naturforschenden Gesellschaft. Band 100, Nr. 2, 1919, ISSN 0080-7362, S. 117–118 (Digitalisat) (Memento des Originals vom 2. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.e-periodica.ch.
  7. Karl Peter Buttler: Draba dolomitica Buttler, eine übersehene Art der Dolomiten und der Brenneralpen (Merkmale—Verbreitung—Verwandtschaft). In: Mitteilungen der Botanischen Staatssammlung München. Band 8, 1969, S. 539–566 Digitalisat.
  8. Alex Widmer, Matthias Baltisberger: Molecular evidence for allopolyploid speciation and a single origin of the narrow endemic Draba ladina (Brassicaceae). In: American Journal of Botany. Band 86, Nr. 9, 1999, ISSN 0002-9122, S. 1282–1289 (HTML-Volltext; (Memento des Originals vom 4. Juli 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.amjbot.org PDF-Datei; 109 kB) (Memento des Originals vom 1. November 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.amjbot.org.
  9. D. Moser, A. Gygax, B. Bäumler, N. Wyler, R. Palese: Rote Liste der gefährdeten Arten der Schweiz: Farn- und Blütenpflanzen (= Vollzug Umwelt VU. VU-9006-D). Bundesamt für Umwelt BAFU, 2002, S. 59 (Online [PDF; 1,1 MB; abgerufen am 24. August 2021]).
Commons: Engadin-Felsenblümchen (Draba ladina) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien