Iranische Völker

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Gegenwärtige iranischsprachige Völker

Iranische Völker sind eine Gruppe von Ethnien, die iranische Sprachen sprechen.[1]

Im engeren Sinn versteht man unter dem Begriff eine Reihe iranischsprachiger und meist nomadischer Stämme, die im 2. Jahrtausend v. Chr. die nach ihnen benannte Region um das Iranische Hochplateau besiedelten, welche in der Folge zum Kerngebiet späterer iranischsprachiger Populationen wurde.[2][3] Im weiteren Sinn werden auch Gruppen zu den iranischen Völkern gerechnet, die historisch die oben genannte Region bewohnt haben. Eine solche vereinfachte Zuordnung wird bei Gruppen vorgenommen, bei denen die Quellenlage ungenügende Angaben macht und deren Ethnizität nicht definitiv bekannt ist.[4]

Die Zugehörigkeit zu den „iranischen Völkern“ ist primär linguistisch definiert. Als „iranische Ethnie“ werden demnach Gesellschaften bezeichnet, die eine Sprache aus dem iranischen Zweig der indogermanischen Sprachfamilie ererbt oder angenommen und weitergegeben haben. Durch diese rein linguistische Klassifikation werden Populationen anhand ihrer Sprache zusammengefasst, die sich in anderen Merkmalen deutlich voneinander unterscheiden können. Zu den Differenzierungsmerkmalen iranischer Ethnien untereinander zählen etwa verschiedene bzw. gemeinsame Wirtschaftsformen oder Mythologien sowie der unterschiedlich starke Einfluss nicht-iranischsprachiger Populationen.

Der Begriff „iranische Völker“ ist aus dem Namen „Iran“ (persisch ايرانIran) entlehnt, welcher selbst auf das mittelpersische Ērān und, letztendlich, auf das altiranische *Aryanam, „[Land] der Arier“, zurückgeht. *Aryanam ist der Genitiv Plural des Ethnonyms Arya, das sowohl in achämenidischen Inschriften als auch in den zoroastrischen Traditionen des Avesta nachzuweisen ist.[5] In der Form āˊrya- ist der Begriff auch im Altindischen bekannt und war die Eigenbezeichnung der frühesten Sprecher indoiranischer („arischer“) Sprachen, aus denen sich die modernen iranischen und indoarischen Sprachen abzweigten. Die Klassifikation als „Arier“ ist somit grundsätzlich ein linguistisches Konzept und soll die enge Verwandtschaft der iranischen und indoiranischen Sprachen – einschließlich Nūristāni-Zweig – kennzeichnen, deren Sprecher in der Frühphase eine gemeinsame sprachliche und kulturelle Entwicklung unabhängig von anderen indogermanischen Gruppierungen erfahren hatten.[2]

Völker und Volksgruppen

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Hypothetische Ausbreitung verschiedener indogermanischer Völker[6]

Die iranischen Völker werden generell als Nachfahren der Sintaschta beziehungsweise der Andronowo-Kultur, und speziell der Yaz-Kultur im südlichen Zentralasien gesehen, die sich aus den Indogermanen heraus entwickelten und später mit lokalen Völkern verschmolzen, um die jeweiligen iranischsprachigen Völker zu bilden. Früh spalteten sich die iranischen Völker in eine „westliche“ und eine „östliche“ Gruppe auf. Diese Aufspaltung ist auch sprachlich in der Form der Altpersischen Sprache (westlich) sowie der avestischen Sprache (östlich) evident.[7][8][9][10][11]

Westiranische Völker

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Das Achämenidenreich zu seiner größten Ausdehnung

Die westliche Gruppe der iranischen Völker stand in Kontakt mit den Elamiten sowie Babyloniern, teilweise auch mit den Assyrern. Anfangs standen sie unter der Herrschaft dieser als Vasallen, gewannen aber schrittweise die Oberhand und unterwarfen ihre ehemaligen Herrscher. Das später folgende Achämenidenreich war eines der größten und einflussreichsten Länder der Geschichte.[12][13][14][15][16]

Ostiranische Völker

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Skythien in Bezug zu den ostiranischen Völkern

Die östlichen iranischen Völker verblieben hauptsächlich in der Eurasischen Steppe Zentralasiens und sind allgemein als Skythen bekannt. Sie beherrschten Zentralasien sowie angrenzende Regionen Europas und Ostasiens beziehungsweise Sibiriens. Ostiranischer Einfluss hinterließ bleibende Spuren bei späteren Steppennomaden, speziell den Turkvölkern sowie den Mongolen. Ostiranisch sprechende Nomaden wurden später großteils von Slawen und Turkvölkern assimiliert, bilden aber, speziell unter Turkvölkern, einen signifikanten Teil deren Ethnogenese. Einige ostiranische Stämme migrierten nach Südasien, wo sie als Indo-Skythen bekannt wurden.[17][18][19]

Kultur und Religion

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Die Kulturen der iranischen Völker teilen sich einen gemeinsamen Ursprung aus der Bronzezeitlichen Andronowo-Kultur. Die westlichen iranischen Völker entwickelten aber schrittweise eine differenzierte Kultur basierend auf den ursprünglichen iranischen Traditionen und Traditionen des heutigen Iranisches Plateaus. Zu einigen Gemeinsamkeiten, welche in allen iranischen Kulturen gefunden werden, zählen unter anderem die iranische Mythologie, das Neujahrsfest Nowruz sowie einige soziale und religiöse Sitten wie Feuerverehrung. Die frühen iranischen Völker gehörten einer polytheistischen Religion an, welche noch viele Gemeinsamkeiten mit anderen indogermanischen Religionen aufwies. Aus dieser entwickelte sich später der Zoroastrismus heraus, welcher jedoch einige Unterschiede zu früheren Formen hatte. Noch heute gehört eine kleine, aber signifikante Minderheit dem Zoroastrismus an. Die heute mit Abstand am weitesten verbreitete Religion unter den iranischen Völkern ist der Islam.[20][21][22][23]

  • Philip S. Khoury, Joseph Kostiner (Hrsg.): Tribes and State Formation in the Middle East. University of California Press, Berkeley CA u. a. 1990, ISBN 0-520-07079-8.
  • Iranian Peoples of the Caucasus. A Handbook (= Peoples of the Caucasus Handbook. Bd. 11). Curzon, London 1999, ISBN 0-7007-0649-6.
  • Jahanshah Derakhshani: Die Arier in den nahöstlichen Quellen des 3. und 2. Jahrtausends v. Chr. Grundzüge der Vor- und Frühgeschichte Irans. 2., durchgesehene Auflage mit Addendum. International Publications of Iranian Studies, Teheran 1999, ISBN 964-90368-6-5.
  • Ludwig Paul (Hrsg.): Handbuch Iranistik. Reichert Verlag, Wiesbaden 2013, ISBN 978-3-89500-918-1
  • Ludwig Paul (Hrsg.): Handbuch der Iranistik. Band 2. Reichert Verlag, Wiesbaden 2017, ISBN 978-3-95490-131-9

Einzelnachweise

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  1. R. N. Frye: IRAN v. PEOPLES OF IRAN (1) A General Survey. In: Ehsan Yarshater (Hrsg.): Encyclopædia Iranica. (englisch, iranicaonline.org – mit Literaturangaben).
  2. a b Rüdiger Schmitt: Aryans. In: Encyclopædia Iranica. online edition, 2011.
  3. Richard Frye: Persien. (Aus dem Englischen übertragen von Paul Baudisch). Kindler, Zürich 1963, S. 48 ff.
  4. Richard Frye: Peoples of Iran. In: Encyclopædia Iranica. online edition, 2012: Secondly and inevitably, „Iranian“ also acquires the broader sense of „[a people] resident on the Iranian plateau“, since the ethnicity of various peoples who are only briefly mentioned in historical sources often is not definitely known.
  5. Harold W. Bailey: Arya. In: Encyclopædia Iranica. online edition, 2009.
  6. Vagheesh M. Narasimhan et al.: The formation of human populations in South and Central Asia. In: Science. Band 365, Nr. 6457, 6. September 2019, ISSN 0036-8075, doi:10.1126/science.aat7487, PMID 31488661, PMC 6822619 (freier Volltext) – (science.org [abgerufen am 3. Juni 2023]).
  7. Christopher I. Beckwith: Empires of the Silk Road: A History of Central Eurasia from the Bronze Age to the Present. Princeton University Press, 2009, ISBN 978-0-691-13589-2 (google.com [abgerufen am 3. Juni 2023]).
  8. Dawid W. Anthony: The Horse, The Wheel, and Language: How Bronze-Age Riders From the Eurasian Steppes Shaped The Modern World. Princeton University Press, 2007.
  9. J. P. Mallory: In search of the Indo-Europeans : language, archaeology, and myth. New York, N.Y. : Thames and Hudson, 1989, ISBN 978-0-500-05052-1 (archive.org [abgerufen am 3. Juni 2023]).
  10. Kuz'mina: The Origin of the Indo-Iranians. BRILL, 2007, ISBN 978-90-474-2071-2 (google.com [abgerufen am 3. Juni 2023]).
  11. Perle Guarino-Vignon, Nina Marchi, Julio Bendezu-Sarmiento, Evelyne Heyer, Céline Bon: Genetic continuity of Indo-Iranian speakers since the Iron Age in southern Central Asia. In: Scientific Reports. Band 12, Nr. 1, 14. Januar 2022, ISSN 2045-2322, S. 733, doi:10.1038/s41598-021-04144-4, PMID 35031610, PMC 8760286 (freier Volltext) – (nature.com [abgerufen am 3. Juni 2023]).
  12. Mario Liverani: The Medes at Esarhaddon's Court. In: Journal of Cuneiform Studies. Band 47, Nr. 1, Januar 1995, ISSN 0022-0256, S. 57–62, doi:10.2307/1359815 (uchicago.edu [abgerufen am 3. Juni 2023]).
  13. E. Tucker: Greek and Iranian. In: Anastasios-Phoivos Christidēs, Maria Arapopoulou, Maria Chritē (Hrsg.): A History of Ancient Greek: From the Beginnings to Late Antiquity. Cambridge University Press, 2001, S. 780.
  14. Kuhrt, Amélie; Sancisi-Weerdenburg, Helen (2006). "Achaemenids". In Salazar, Christine F.; Landfester, Manfred; Gentry, Francis G. (eds.). Brill’s New Pauly. Brill Online.
  15. Brosius, Maria (2021). A History of Ancient Persia: The Achaemenid Empire. Wiley-Blackwell. ISBN 978-1-4443-5092-0.
  16. Sacks, David; Murray, Oswyn; Brody, Lisa (2005). Encyclopedia of the Ancient Greek World. Infobase Publishing. p. 256. ISBN 978-0-8160-5722-1.
  17. Encyclopaedia Iranica Foundation: Welcome to Encyclopaedia Iranica. Abgerufen am 3. Juni 2023 (amerikanisches Englisch).
  18. Harmatta, János (1996). "10.4.1. The Scythians". In Hermann, Joachim; Zürcher, Erik; Harmatta, János; Litvak, J. K.; Lonis, R. [in French]; Obenga, T.; Thapar, R.; Zhou, Yiliang (eds.). From the Seventh Century B.C. to the Seventh Century A.D. History of Humanity. Vol. 3. London, United Kingdom; New York City, United States; Paris, France: Routledge; UNESCO. ISBN 978-92-3-102812-0.
  19. Ellis H. Minns: Scythians and Greeks : a survey of ancient history and archaeology on the north coast of the Euxine from the Danube to the Caucasus. Cambridge : University Press, 1913 (archive.org [abgerufen am 3. Juni 2023]).
  20. Xavier de Planhol: Iran i. Lands of Iran. In: Encyclopædia Iranica. Band 13, S. 204–212. Abgerufen am 30. Dezember 2012.
  21. J. P. Mallory: In Search of the Indo-Europeans: Language, Archaeology, and Myth. Thames & Hudson. London 1989, ISBN 978-0-500-27616-7.
  22. William W. Malandra: Ancient Iranian religion. In: Encyclopædia Britannica.
  23. Jacques Duchesne-Guillemin: Zoroastrianism. In: Encyclopædia Britannica.