Gesundheitswissenschaften

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Gesundheitswissenschaften (englisch Health Sciences) sind ein interdisziplinäres wissenschaftliches Feld, das sich mit der Erforschung von Gesundheits- und Krankheitsprozessen in der Bevölkerung beschäftigt. Ziel der Gesundheitswissenschaften ist es, ein tiefes Verständnis für die Determinanten von Gesundheit und Krankheit zu entwickeln und darauf basierend Strategien zur Gesundheitsförderung, Prävention und Versorgung zu entwerfen und zu evaluieren. Die Verwendung des Plurals weist auf die Interdisziplinarität sowie durch die Verwendung des Wortteils „-wissenschaft“, in Abgrenzung zu Public Health, auf den wissenschaftlichen Charakter dieses Gebietes hin. Teil der Gesundheitswissenschaften sind auch bestimmte Teildisziplinen der  Medizin, insofern ihr Erkenntnisinteresse innerhalb des Gegenstandsbereichs der Gesundheitswissenschaften liegt.[1]

Inhalt der Gesundheitswissenschaften

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Die Gesundheitswissenschaften umfassen eine Vielzahl von Disziplinen, die gemeinsam darauf abzielen, die Gesundheit der Bevölkerung zu verbessern. Dazu gehören:

  • Epidemiologie: Untersuchung der Verbreitung und Ursachen von Krankheiten.[2]
  • Sozialmedizin: Analyse der sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen, die Gesundheit beeinflussen.[3]
  • Gesundheitspsychologie: Untersuchung von Verhaltensweisen und psychischen Faktoren, die Gesundheit und Krankheit beeinflussen.[4]
  • Gesundheitspolitik und -management: Entwicklung und Implementierung von Gesundheitssystemen und -strategien.[5]
  • Umweltgesundheit: Analyse der Auswirkungen von Umweltfaktoren auf die Gesundheit.[6]
  • Gesundheitsförderung und Prävention: Strategien zur Förderung gesunder Lebensweisen und zur Prävention von Krankheiten.[7][8]

Der Begriff "Gesundheitswissenschaften" wurde im deutschen Sprachraum in den 1980er und 1990er Jahren geprägt, insbesondere im Zusammenhang mit der zunehmenden Bedeutung von Public Health und interdisziplinären Ansätzen zur Gesundheitsforschung. In Deutschland wurde der Begriff maßgeblich durch die Gründung der Fakultät für Gesundheitswissenschaften an der Universität Bielefeld im Jahr 1994 institutionalisiert. Klaus Hurrelmann, ein bedeutender Gesundheitswissenschaftler und Gründungsdekan dieser Fakultät, trug wesentlich zur Etablierung des Begriffs und zur Abgrenzung von traditionellen medizinischen Disziplinen bei.[9][10]

In Anlehnung an die Gesundheitsdefinition der Weltgesundheitsorganisation beschäftigen sich die Gesundheitswissenschaften mit den physischen, psychischen und sozialen Bedingungen von Gesundheit und Krankheit sowie ihrer systemischen Verknüpfung. Dabei sind sie theoretisch, empirisch und anwendungsbezogen ausgerichtet. Konzeptionelle Ansätze von Public Health beziehen sich auf die „Mikro-, Meso- und Makroebene der Gesellschaft“ (vgl. Hurrelmann 2010, Mann, 1996). Bei dieser Mehrebenenbetrachtung steht nicht nur die Person im Vordergrund, sondern der Gesundheitsstatus von Personen- und Bevölkerungsgruppen beziehungsweise der Gesellschaft und entsprechende Rückwirkungen auf die Person.[11][12]

Kontext und Verwendung des Begriffs

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Der Begriff "Gesundheitswissenschaften" wird heute sowohl in akademischen als auch in praktischen Kontexten verwendet. In der Wissenschaft beschreibt er ein Forschungsfeld, das verschiedene Disziplinen miteinander verbindet, um umfassende Erkenntnisse über Gesundheit und Krankheit zu gewinnen. Praktisch wird der Begriff oft im Kontext von Public Health verwendet, wo er Ansätze zur Verbesserung der Gesundheit auf Bevölkerungsniveau einschließt, aber auch in der Gesundheitsförderung, Prävention und der Evaluation von Gesundheitssystemen und -programmen.[13][14][15]

  • Beate Blättner, Heiko Waller: Gesundheitswissenschaft – Eine Einführung in Grundlagen, Theorie und Anwendung. 5., vollständig überarb. und erweit. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-17-021082-0.
  • Cornelia Bormann: Gesundheitswissenschaften. 1. Auflage. UTB, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-8252-3788-2.
  • Peter Franzkowiak: Gesundheitswissenschaften / Public Health (2015). In: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (Hrsg.): Leitbegriffe der Gesundheitsförderung – Online-Glossar. doi:10.17623/BZGA:224-i104-1.0
  • Robin Haring (Hrsg.): Gesundheitswissenschaften. 2. Auflage. Springer, Berlin 2022, ISBN 978-3-662-65218-3, doi:10.1007/978-3-662-58314-2.
  • Wilfried Heinzelmann: Sozialhygiene als Gesundheitswissenschaft. Die deutsch/deutsch-jüdische Avantgarde 1897–1933. Eine Geschichte in sieben Profilen. 1. Auflage. Bielefeld 2009, ISBN 978-3-8376-1144-1.
  • Klaus Hurrelmann (Hrsg.): Gesundheitswissenschaften. Springer, Berlin 2009, ISBN 978-3-540-64989-2.
  • Klaus Hurrelmann, Oliver Razum (Hrsg.): Handbuch Gesundheitswissenschaften. 5., völlig überarbeitete Auflage. Beltz Juventa, Weinheim 2012, ISBN 978-3-7799-0790-9 (6., durchgesehene Aufl. 2016).
Commons: Health Sciences – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Hurrelmann, K., & Razum, O. (2012). Handbuch Gesundheitswissenschaften. 5. Auflage. Beltz Juventa, Weinheim. ISBN 978-3-7799-0790-9.
  2. Rothman, K. J., Greenland, S., & Lash, T. L. (2008). Modern Epidemiology (3rd ed.). Lippincott Williams & Wilkins.
  3. Rainer G. Diehl, Erika Gebauer, Alfred Groner: Kursbuch Sozialmedizin – Lehrbuch zum Curriculum der Bundesärztekammer. Vorwort. Deutscher Ärzteverlag, 2011.
  4. Volker Köllner, Michael Broda: Praktische Verhaltensmedizin. Stuttgart 2005.
  5. Bundeszentrale für politische Bildung. Gesundheitspolitik.
  6. Martin Exner: Umweltmedizin, -hygiene. In: Werner E. Gerabek, Bernhard D. Haage, Gundolf Keil, Wolfgang Wegner (Hrsg.): Enzyklopädie Medizingeschichte. De Gruyter, Berlin / New York 2005, ISBN 3-11-015714-4, S. 1429 f.
  7. Bundesministerium für Gesundheit. Prävention.
  8. Bundesärztekammer. Gesundheitsförderung.
  9. Hurrelmann, K., & Leppin, A. (2001). Gesundheitswissenschaften – Eine Einführung (2. Aufl.). Huber, Bern. ISBN 978-3-456-83731-6.
  10. Universität Bielefeld. (n.d.). Zeittafel zur Universität Bielefeld. Abgerufen von [1]
  11. Nutbeam, D., & Bauman, A. (2006). Evaluation in a Nutshell: A Practical Guide to the Evaluation of Health Promotion Programs. McGraw-Hill Australia. ISBN 978-0-07-471500-2.
  12. Laaser, U., & Breckenkamp, J. (2010). Public Health in Deutschland: Eine Bestandsaufnahme. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden. ISBN 978-3-8329-4520-9.
  13. Nutbeam, D., & Bauman, A. (2006). Evaluation in a Nutshell: A Practical Guide to the Evaluation of Health Promotion Programs. McGraw-Hill Australia. ISBN 978-0-07-471500-2.
  14. Laaser, U., & Breckenkamp, J. (2010). Public Health in Deutschland: Eine Bestandsaufnahme. Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden. ISBN 978-3-8329-4520-9.
  15. Public Health: Gesundheit und Gesundheitswesen. (2012). Deutschland: Urban & Fischer.