Graziadio Isaia Ascoli
Graziadio Isaia Ascoli (* 16. Juli 1829 in Görz, Königreich Illyrien; † 21. Januar 1907 in Mailand) war ein italienischer Sprachwissenschaftler und Orientalist.
Leben und Wirken
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Ohne eine formelle höhere Ausbildung erhalten zu haben, verfasste er 1854 als Autodidakt sein erstes wichtiges Werk zu den Sprachen des Orients. 1860 wurde er Professor für Sprachwissenschaft an der Accademia scientifico-letteraria in Mailand und richtete neue Forschungsbereiche für Komparatistik, Romanistik und Sanskrit ein.
Besonders bedeutend waren seine Erkenntnisse in der Erforschung der Verwandtschaft zwischen indogermanischen und semitischen Sprachen. Pionierarbeit leistete er auch in der Erforschung der Sprachen der Roma und Sinti und der keltischen Sprachen.
In Italien ist er vor allem für seine Studien über die italienischen Dialekte und Mundarten bekannt, die er erstmals systematisch klassifizierte. Hierbei lehnte er in der italienischen Sprachenfrage (questione della lingua) die von Manzoni propagierte florentinisch geprägte Standardsprache ab und plädierte für einen Ausgleich der Dialekte. Im deutschen Sprachraum haben besonders seine Arbeiten zum Lautwechsel in den indogermanischen Sprachen und seine Ergebnisse als Romanist Beachtung gefunden. 1873 gründete er die sprachwissenschaftliche Zeitschrift Archivio glottologico italiano. Für die Aufzeichnung der Mundarten entwickelte er eine Lautschrift, die später von Eduard Böhmer weiterentwickelt wurde und heute unter dem Namen „Böhmer-Ascoli“ bekannt ist. Sie findet in der Romanistik weite Anwendung und ist ein Pendant zur germanistischen Teuthonista.
Der Accademia dei Lincei in Rom gehörte er seit 1875 an, der Accademia della Crusca seit 1895.[1] 1876 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Russische Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1887 wählte ihn die Preußische Akademie der Wissenschaften, 1895 die Königliche Wissenschafts- und Literaturgesellschaft in Göteborg zu ihrem korrespondierenden Mitglied. 1891 wurde er auswärtiges Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres.[2] Seit 1906 war er korrespondierendes Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.[3] 1889 wurde er zum Senator ernannt.
Auszeichnungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Förderpreis der Bopp-Stiftung (1874)
- Ritterkreuz des Ordens der Heiligen Mauritius und Lazarus
- Ritterkreuz des Zivilordens von Savoyen
- Großoffizierskreuz Ordens der Krone von Italien[4]
- Pour le Mérite (1905)[5]
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Constantin von Wurzbach: Ascoli, Grazian Isaia. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 1. Theil. Universitäts-Buchdruckerei L. C. Zamarski (vormals J. P. Sollinger), Wien 1856, S. 76 f. (Digitalisat).
- Pier Gabriele Goidànich: Ascoli, Graziadio Isaia. In: Enciclopedia Italiana, Bd. 4 Arbo–Asse, Rom 1929.
- Ascoli Graziadio Isaia. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 1, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1957, S. 32.
- Tristano Bolelli: Ascoli, Graziadio Isaia. In: Alberto M. Ghisalberti (Hrsg.): Dizionario Biografico degli Italiani (DBI). Band 4: Arconati–Bacaredda. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom 1962.
- Jürgen Storost: 300 Jahre romanische Sprachen und Literaturen an der Berliner Akademie der Wissenschaften. Lang, Frankfurt a. M. 2000, Teil 1, S. 256–263.
- Federico Spiess: Graziadio Isaia Ascoli. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 19. Oktober 2001.
- Silvia Morgana: Ascoli, Graziadio Isaia. In: Enciclopedia dell’Italiano. Rom 2010.
- Ascoli, Graziadio Isaia. In: L’Unificazione. Rom 2011.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kurzbiographie zum Nachlaß in der Biblioteca Corsiniana
- Inventar des Nachlasses
- Ascoli Graziadio Isaia auf Senatori d’Italia (italienisch)
- Àscoli, Graziadio Isaia. In: Enciclopedia on line. Istituto della Enciclopedia Italiana, Rom.
- Graziadio Isaia Ascoli. In: Encyclopædia Britannica. Abgerufen am 21. September 2022 (englisch).
- Roberto Gusmani: Ascoli Graziadio Isaia (1829–1907). In: dizionariobiograficodeifriulani.it. Abgerufen am 21. September 2022 (italienisch).
- Publikationen von und über Graziadio Isaia Ascoli im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Mitgliederkatalog der Akademie
- ↑ Mitglieder seit 1663. Académie des Inscriptions et Belles-Lettres, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 19. Januar 2022; abgerufen am 24. Dezember 2020 (französisch). Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Mitgliedseintrag von Graziado Isaia Ascoli bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 16. Dezember 2016.
- ↑ Ascoli Graziadio Isaia. In: senato.it. Abgerufen am 21. September 2022 (italienisch).
- ↑ Eintrag auf der Website des Ordens
Personendaten | |
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NAME | Ascoli, Graziadio |
ALTERNATIVNAMEN | Ascoli, Graziadio Isaia |
KURZBESCHREIBUNG | italienischer Sprachwissenschaftler |
GEBURTSDATUM | 16. Juli 1829 |
GEBURTSORT | Görz, Illyrien |
STERBEDATUM | 21. Januar 1907 |
STERBEORT | Mailand, Italien |
- Sprachwissenschaftler (Romanistik)
- Hochschullehrer (Universität Mailand)
- Senator (Königreich Italien)
- Träger des Pour le Mérite (Friedensklasse)
- Träger des Ordens der hl. Mauritius und Lazarus (Ritter)
- Träger des Ordens der Krone von Italien (Großkomtur)
- Mitglied der Ungarischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Rumänischen Akademie
- Mitglied der Accademia dei Lincei
- Mitglied der Kungliga Vetenskaps- och Vitterhetssamhället i Göteborg
- Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Accademia della Crusca
- Korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften
- Mitglied der Académie des Inscriptions et Belles-Lettres
- Person (Kaisertum Österreich)
- Italiener
- Geboren 1829
- Gestorben 1907
- Mann