Ibn Tufail

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Ibn Tufail (geboren um 1106[1][2] in Wadi-Asch (Guadix) bei Granada; gestorben 1185 in Marrakesch), mit vollem Namen Abu Bakr Muhammad ibn ʿAbd al-Malik ibn Muhammad ibn Tufail al-Qaisi al-Andalusi (arabisch أبو بكر محمد بن عبدالملك بن محمد بن طفيل القيسي الأندلسي, DMG Abū Bakr Muḥammad b.ʿAbd al-Malik b. Muḥammad b. Ṭufaīl al-Qaīsī al-Andalusī), latinisiert Abubacer, war ein andalusischer Philosoph, Astronom, Arzt, Mathematiker und Sufi (islamischer Mystiker). Er ist der Autor des philosophischen Inselromans Ḥayy ibn Yaqżān.

Vom Leben dieses Gelehrten ist nur wenig bekannt. Er stammte aus Guadix und soll sich nach dem Studium von Medizin, Mathematik und Astronomie als Arzt in Granada niedergelassen haben. Ibn Tufails Lehrer-Schüler-Stammbaum lässt sich bis zu Aḥmad al-Ġazālī zurückverfolgen.[3] Später wurde er vom Almohadenherrscher Abu Yaqub Yusuf I. (1163–1184) nach Marrakesch berufen und zum Leibarzt und Wesir ernannt. Dort lernte er auch Averroes (Ibn Ruschd) kennen, den er dem Sultan vorstellte. Averroes interessierte sich schon damals für die Philosophie des Aristoteles, da die politischen Verhältnisse zu jener Zeit aber schwierig waren, traute er sich in dem Gespräch erst gegen Ende sein Interesse an Aristoteles zu bekunden. Auch mit der Philosophie Avicennas[4] beschäftigte er sich. Auch nahm er dessen mystische Ausdrucksweise auf.[5]

Nebst einem medizinischen Lehrgedicht ist der Traktat Ḥayy ibn Yaqżān („Der Philosoph als Autodidakt“) das einzige erhaltene Werk von ihm. Der Traktat trägt denselben Titel wie eine allegorische Erzählung Avicennas und gehört zu den wichtigsten Werken der arabischen Philosophie und Literatur. Man kann das Werk als Bildungs- oder Entwicklungsroman bezeichnen; es soll auch Vorlage für Daniel Defoes Robinson Crusoe gewesen sein. Im Roman geht es um einen Jungen, der von einer Gazelle aufgezogen wird. Nur von Natur und Tieren umgeben, wächst er auf einer einsamen Insel auf und erlangt bis zum 50. Lebensjahr die Erkenntnis der Allmacht Gottes.

Der Astronom Nūraddīn al-Biṭrūġi war ein Schüler Ibn Tufails. M. Hayoun geht von einer starken Beeinflussung des Maimonides durch Ibn Tufail aus.[6]

  • Otto F. Best: Nachwort. In: Ibn Tufail: Der Ur-Robinson. Übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Otto F. Best. Matthes & Seitz, München 1987, ISBN 3-88221-367-1, S. 171–232 (mit vielen Hinweisen zur Wirkungsgeschichte).
  • J. C. Bürgel: Ibn Tufayl and His Hayy Ibn Yaqzan. A Turning Point in Arabic Philosophical Writing. In: Salma Khadra Jayyusi, Manuela Marin (Hrsg.): The Legacy of Muslim Spain. Brill, Leiden/London 1992, ISBN 90-04-09599-3, S. 830–846.
  • Lawrence I. Conrad (Hrsg.): The world of Ibn Ṭufayl: interdisciplinary perspectives on Ḥayy ibn Yaqẓān (= Islamic philosophy and theology. Band 24). Brill, Leiden/New York/Köln 1996, ISBN 90-04-10135-7.
  • T. J. DeBoer: Geschichte der Philosophie im Islam. Fr. Frommanns, Stuttgart 1901, S. 160–164. (Auszug online).
  • H. Fradkin: The Political Thought of Ibn Tufayl. In: C. Butterworth (Hrsg.): The Political Aspects of Islamic Philosophy, Essays in Honor of Muhsin S. Mafidi. Harvard University Press, Cambridge 1992, ISBN 0-932885-07-1, S. 234–261.
  • Eckhard Hallemann: Ibn Tufail. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 2, Bautz, Hamm 1990, ISBN 3-88309-032-8, Sp. 1244–1245.
  • S. C. Inati: Ibn Tufayl, Abu Bakr Muhammad. In: Routledge Encyclopedia of Philosophy.
  • M. Mahdi: Philosophical literature. In: M. J. Young, J. D. Latham, R. B. Serjeant (Hrsg.): The Cambridge History of Arabic Literature. II.: Religion, learning and science in the ʿAbbasid period. Cambridge University Press, Cambridge/London 1990, ISBN 0-521-32763-6, S. 76–105, hier S. 87 ff.
  • Josef Puig Montada: Philosophy in Andalusia: Ibn Bājja and Ibn Tufayl. In: Peter Adamson, Richard C. Taylor (Hrsg.): The Cambridge Companion to Arabic Philosophy. Cambridge University Press, Cambridge/New York 2005, ISBN 0-521-52069-X, S. 155–179, hier S. 165 ff.
  • Ulrich Rudolph: Islamische Philosophie. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. C. H. Beck, München 2004, ISBN 3-406-50852-9, S. 65–69.
  • M. M. Sharif: Kap. 27 (PDF-Datei; 1,0 MB). In: Ders.: A History of Muslim Philosophy. Harrasowitz, Wiesbaden 1963.
  • Tom Verde: Hayy was here, Robinson Crusoe.

Einzelnachweise

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  1. Araş. Gör. Bedrettin AYTAÇ: Hayy ibn Yaqzän: Ein Entwicklungsroman in der arabischen Literatur des 12. Jh.
  2. Autorenporträt zu: Patric O. Schaerer (Hrsg.): Abu Bakr Ibn Tufail, Der Philosoph als Autodidakt. Hayy ibn Yaqzan. Ein philosophischer Insel-Roman. Meiner, Hamburg 2004 (= Philosophische Bibliothek. Band 558); 2., durchgesehene Auflage mit ergänzter Bibliographie, ebenda 2019, ISBN 978-3-7873-3640-1 (mit Übersetzung, Einleitung und Anmerkungen des Herausgebers).
  3. Einleitung der Schaerer-Übersetzung von Der Philosoph als Autodidakt, Hamburg 2009, S. LVII.
  4. Dimitri Gutas: Ibn Ṭufayl on Ibn Sīnā’s Eastern Philosophy. In: Oriens. Band 34, 1994, S. 222–241.
  5. Bernd Radtke: How Can Man Reach the Mystical Union? Ibn Ṭufayl and the Divine Spark. In: Lawrence Irvin Conrad: The World of Ibn Ṭufayl. Interdisciplinary Perspectives on Ḥayy ibn Yaqẓān. Leiden/New York/Köln (= Islamic Philosophy, Theology and Science. Texts and Studies. Band 24), S. 165–194.
  6. Schaerer 2009 S. LXXI f.