Internationale Theologische Konferenz „Islamische Lehre gegen Radikalismus“

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Die Internationale Theologische Konferenz „Islamische Lehre gegen Radikalismus“ (russisch Международная богословская конференция «Исламская доктрина против радикализма» [Meschdunarodnaja bogoslowskaja konferenzija «Islamskaja doktrina protiw radikalisma»], englisch International Theological Conference “Islamic Doctrine Against Radicalism”) war eine Konferenz islamischer Gelehrter, die am 25. und 26. Mai 2012 in Moskau im Hotel Ritz-Carlton stattfand. Das Internationale Wasatiya-Zentrum[1] (Global Forum for Moderation) aus Kuwait und das Wissenschafts- und Bildungszentrum Al Wassatyja (Moskau) als dessen russischer Ableger waren die Hauptorganisatoren. Die Konferenz wurde mit Unterstützung der Russischen Präsidialverwaltung abgehalten. Sie wurde von Teilnehmern aus Kuwait, Saudi-Arabien, Tunesien, Russland und verschiedenen anderen Staaten besucht.[2] Dabei wurden zum ersten Mal nach dem Zusammenbruch der UdSSR rund fünfzig ausländische islamische Gelehrte offiziell ins Land eingeladen.[3] Die Konferenz wurde vom Vorsitzenden des Organisationskomitees Adel al-Falah (dem Präsidenten des Internationalen Wasatiya-Zentrums) aus Kuwait eröffnet.[4]

Ziel der Konferenz war die Erarbeitung einer Erklärung, in der Radikalismus und Extremismus in all ihren Erscheinungsformen sowie die Verwendung von Begriffen wie Dschihad (Eifer auf dem Weg des Islam), Takfīr (Anklage des Unglaubens und des Rückzugs vom Islam) und Kalifat (ein historisches und theologisches Konzept islamischer Staatlichkeit) zu eigennützigen politischen Zwecken verurteilt werden.[5] So verabschiedeten die Gelehrten aus der islamischen Welt zum Abschluss der Konferenz die Moskauer Theologische Erklärung, eine geistliche Deklaration zu Fragen der Anwendung der Scharia, der Interpretation der Begriffe Dschihad, Takfīr und Kalifat.[6]

Hotel Ritz-Carlton Moskau

Moskauer Theologische Erklärung

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Die Konferenz endete mit der Verabschiedung der Moskauer Theologischen Erklärung, die Radikalismus verurteilt.[7][8][9] Sie wurde auf Arabisch und Russisch veröffentlicht und behandelte die Probleme im Sinne des moderaten Wasaṭīya.

Dieses theologische Dokument fasste – nach Darstellung der Webseite der Geistlichen Verwaltung der Muslime der Russischen Föderation (DUMRF) – den Inhalt mehrerer Fatwas zusammen – theologische Stellungnahmen, die Radikalismus, Extremismus und Gewalt unter religiösen Parolen verurteilen. Auf einstimmigen Beschluss der Konferenzteilnehmer wurde das Niveau der endgültigen theologischen Schlussfolgerung von einer einzelnen Fatwa, die sich mit privaten Rechtsfragen im muslimischen Leben befasst, auf das Niveau der Moskauer Theologischen Erklärung angehoben, die theologische Entscheidungen zu mehreren wichtigen Rechtsfragen zusammenfasst. Diese Tatsache stellt sie auf eine Stufe mit historischen Dokumenten wie der Erklärung von Mekka, der Erklärung von Amman, der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam usw.[5] Als Ergebnis von zwei Tagen intensiver Arbeit verabschiedeten die Teilnehmer der Konferenz einen abgestimmten Text der geplanten theologischen Erklärung, der die Unzulässigkeit von Gewalt durch Muslime gegen Vertreter anderer Konfessionen und Ideologien sowie ihrer Glaubensgenossen, die Unzulässigkeit radikaler Interpretationen islamischer Rechtsbestimmungen zu Fragen von Krieg und Frieden, die Unzulässigkeit von Eingriffen in die Menschenrechte und Freiheiten, die Unzulässigkeit von Verstößen gegen Gesetze des Wohnsitzlandes, die Unzulässigkeit der Erklärung des bewaffneten Kampfes gegen die staatlichen Strukturen des Staates und die Macht des Islam klarstellt.[5]

Zu den teilnehmenden Persönlichkeiten bzw. Institutionen zählten:[10]

Die staatliche russische Seite wurde vertreten von:

Eine dritte Gruppe, die die Konferenz kritisiert hat, wurde von der salafistischen Jugend vertreten, die Ruslan Kurbanow zufolge den Organisatoren und Teilnehmern des Treffens "gefährliche Kompromisse" mit den russischen Behörden bei der Verurteilung von Dschihad und Kalifat vorwirft. Im Namen dieser Gruppe wurden von zwei dagestanischen Journalisten Vorwürfe und Forderungen an die Konferenz geäußert, worin gesagt wurde, dass das Abschlussdokument der Konferenz nicht als Fatwa bezeichnet werden könne und dass es unmöglich sei, zu behaupten, dass dieses Dokument auf Idschmāʿ basiere.[13]

Der Orientalist Ruslan Kurbanow[14] – dessen Berichterstattung aus einer Vielzahl von Meldungen zu der Konferenz herausragt – zählt es dabei zu einer für Russland revolutionären Tatsache, dass das Abschlussdokument der Konferenz mit dem Namen Moskauer Theologische Erklärung der muslimischen Gelehrten über den Dschihad, die Anwendung der Scharia und das Kalifat mit Verweisen auf Ibn Taymiyyah und Ibn al-Qayyim[15] gefüllt war, und es Tatsache sei, dass während der gesamten postsowjetischen Geschichte der muslimischen Gemeinschaft Russlands genau diese islamischen Denker von den offiziellen Muftis des Landes als Ideologen des Wahhabismus und Radikalismus abgestempelt wurden.[13]

Der bei der Versammlung ebenfalls anwesende Sultan Mirsajew wird von der russischsprachigen dschihadistischen Website Kavkaz Center (russisch Кавказ-центр Kawkas-zentr) als „Anführer von Kadyrows Murtadds (Abtrünnigen)“ aus der „Hauptstadt der Ungläubigen“ (Moskau) mit den Worten zitiert:[16]

«По моему мнению, необходимость проведения такого мероприятия назрела давно, хотя и сегодня ещё не поздно […] Я хочу отдельно поблагодарить Администрацию президента РФ, фонд первого президента Чечни Ахмата Кадырова, и нынешнего главу республики Рамзана Кадырова за материальную и моральную поддержку […]»

„Meiner Meinung nach war die Notwendigkeit einer solchen Veranstaltung längst überfällig, auch wenn es heute noch nicht zu spät ist […] Ich möchte der Präsidialverwaltung der Russischen Föderation, der Stiftung des ersten Präsidenten Tschetscheniens, Achmat Kadyrow, und dem derzeitigen Oberhaupt der Republik, Ramsan Kadyrow, für ihre materielle und moralische Unterstützung danken […]“

  • Dmitry Foryy: Die sozial-kulturelle und politische Rolle des Islams in der russischen Außen- und Innenpolitik des 21. Jahrhunderts, 2020 (Online-Teilansicht, Google Books)

Einzelnachweise und Fußnoten

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  1. Das International Centre for Moderation (Al-Markaz al-ʿĀlami li'l Wasaṭiyyah) in Kuwait (das im Englischen neben verschiedenen weiteren Bezeichnungen auch International Center al-Wasatiyya oder International Moderation Centre (IMC) genannt wird) ist eine staatliche Denkfabrik, die unter der Aufsicht des Hohen Rates zur Förderung des Wasaṭiyyah im Rahmen des Ministeriums für religiöse Stiftungen und Islamische Angelegenheiten von Kuwait eingerichtet wurde (siehe den Abschnitt Institutional Developments in Mohammad Hashim Kamali: The Middle Path of Moderation in Islam: The Qurʼānic Principle of Wasaṭiyyah. Foreword by Tariq Ramadan. Oxford University Press 2015, S. 68).
  2. Vergleiche strasbourgconsortium.org, Zitat:

    „The conference was attended by the leading Islamic scholars of the Kingdom of Saudi Arabia, Kuwait, Qatar, Morocco, Jordan, Tunisia, Bahrain, Iraq, Egypt, Lebanon, Mauritania, Sudan, Afghanistan, Turkey, Iran, Albania, Switzerland, Kyrgyzstan, Uzbekistan, Tajikistan Kazakhstan, Azerbaijan and the Russian Muftis, representing the vast majority of the country.“

  3. vestnikkavkaza.net, 29. Mai 2012: Islamic doctrine against radicalism (Memento vom 30. Dezember 2016 im Internet Archive).
  4. tass.com: Islamic theologians gather in Moscow to condemn religious extremism (26. Mai 2012)
  5. a b c dumrf.ru: В Москве принята Московская Богословская Декларация, осуждающая радикализм („Die Moskauer Theologische Erklärung zur Verurteilung des Radikalismus wurde in Moskau angenommen“; 27. Mai 2012).
  6. Vergleiche Dmitry Foryy: Die sozial-kulturelle und politische Rolle des Islams in der russischen Außen- und Innenpolitik des 21. Jahrhunderts, 2020, S. 59 (Online-Teilansicht in der Google-Buchsuche). Zitat: „Islamische Doktrin gegen Radikalismus, fand vom 25. bis 26. Mai in Moskau statt, islamische Geistliche von Weltniveau nahmen in einer Moskauer geistlichen Deklaration zu Fragen des Dschihad, Takfir und Kalifat Stellung. Dieses Dokument ist der analogischen Deklaration von Amman und Mekka gleichgestellt worden“.
  7. mykhilafah.com (nach riadagestan.com)
  8. islamicity.com, 15. Juni 2012: International Theological Conference in Moscow ends with a declaration condemning radicalism Teil 1 (Memento vom 30. Dezember 2016 im Webarchiv archive.today), Teil 2 (Memento vom 30. Dezember 2016 im Webarchiv archive.today)
  9. strasbourgconsortium.org, Zitat:

    „Moscow Theological Declaration will become extremely important for Muslims both in Russia and abroad because it is based on the Islamic legal principle of "ijma", that is taken with the unanimous consent of the majority of Islamic scholars.“

  10. Größtenteils nach dem Artikel zu dieser Konferenz von Ruslan Kurbanow (15. Juni 2012) – islamcity.org; vergleiche zum Beispiel einen Bericht eines anderen Autors (Vefader Melikov) bei strasbourgconsortium.org.
  11. ديوان الوقف السني في العراق – im Bagdader Stadtteil al-Aʿzamiyya (englisch Adhamiyah / arabisch ألأعظمية)
  12. Angabe nach R. Kurbanow, eine Mitgliedschaft in der Organisation wird von Suleimanow selbst jedoch bestritten.
  13. a b Ruslan Kurbanow: Russian Ijmaa on Jihad and Ideological Split of Muslim Community, 15. Juni 2012
  14. Senior Research Fellow des Instituts für Orientstudien der Russischen Akademie der Wissenschaften, PhD in Politikwissenschaten
  15. Vergleiche Caterina Bori; Livnat Holtzman (2010): A scholar in the shadow : essays in the legal and theological thought of Ibn Qayyim al-Ǧawziyyah. Nuova serie, Anno 90 Nr 1. Roma : Istituto per l'Oriente C.A. Nallino, Oriente Moderno; ISSN 0030-5472.
  16. kavkazcenter.com: В столицу кафиров съехались «ученые» и вынесли «фатву» против Джихада
  17. Offizielle Webseite des Rates der Muftis von Russland, eine vom Russischen Islam-Fonds unterstützte Webseite