Hannes Hegen
Hannes Hegen (eigentlich Johannes Eduard Hegenbarth; * 16. Mai 1925 in Böhmisch Kamnitz, Tschechoslowakei; † 8. November 2014 in Berlin) war ein deutscher Grafiker und Comiczeichner.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hegen studierte 1943/44 an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien und 1947 bis 1950 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Danach zeichnete er vor allem für Zeitungen und Zeitschriften, wie etwa für das Satiremagazin Frischer Wind und dessen Nachfolger Eulenspiegel.[1] 1955 hatte er die Idee zu einer Bilderzeitschrift für Kinder und stellte diese dem Verlag Junge Welt vor, seine Zeitschrift Mosaik kam noch im selben Jahr auf den Markt.[2] Der Zeichner nannte sich jetzt Hannes Hegen und schuf zwischen 1955 und 1975 mit der Comic-Serie der Digedags (siehe auch Ritter Runkel) sein Lebenswerk. Hegenbarth zog in ein zuvor von der Sowjetarmee genutztes Anwesen in der Waldowallee 15 in Berlin-Karlshorst[3]. Dort arbeitete auch das Kollektiv, das die Mosaik-Vorlagen zeichnete. Hegen lebte in diesem Haus zurückgezogen bis März 2012 und zog dann in ein Pflegeheim.[4]
Hannes Hegen starb am 8. November 2014 im Alter von 89 Jahren in Berlin.[5] Er wurde am 18. November 2014 auf dem Karlshorster und Neuen Friedrichsfelder Friedhof in Berlin-Karlshorst beigesetzt.[6][7] Sein Grab ist als Ehrengrab des Landes Berlin gewidmet.
Die Digedags
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Nur die ersten Mosaik-Hefte stammten unmittelbar von Hegen. Die weiteren Hefte wurden von Hegen und dem Mosaik-Kollektiv, dem u. a. Lothar Dräger (Text), Horst Boche, Lona Rietschel, Irmtraud Winkler-Wittig (Zeichnung), Jochen Arfert (Kolorierung), Manfred Kiedorf (Modelle und Zeichnung) angehörten, gestaltet. Auf den Titelseiten der Mosaik-Hefte stand aber immer „Mosaik von Hannes Hegen“.
Nach einem Streit zwischen Hegen und dem Junge-Welt-Verlag, dessen Ursachen offenbar Differenzen über die inhaltliche Ausrichtung und finanzielle Forderungen von Hegen waren, wurde das Digedag-Mosaik eingestellt. Nach einer kreativen Auszeit von einem halben Jahr brachte das Mosaik-Kollektiv 1976 ein eigenes Mosaik mit den Abrafaxen als Haupthelden auf den Markt. Hegen ging rechtlich gegen das Abrafaxe-Mosaik vor, in dem er eine Kopie seiner Digedags sah, und wollte auch den Gebrauch des Namens „Mosaik“ untersagen, scheiterte aber.
Familie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Maler Emanuel Hegenbarth (1868–1923) und der Grafiker Josef Hegenbarth (1884–1962) waren seine Großonkel, mit der Schauspielerin Wolke Hegenbarth (* 1980) war er verwandt.[8][9]
Hannes Hegen war mit der ehemaligen Kostümbildnerin Edith Hegenbarth geb. Szafranski (* 19. Januar 1925; † 5. Mai 2008)[10] verheiratet, die er im März 1957 als Mitarbeiterin in sein Mosaik-Kollektiv aufnahm und die als Künstlerin eine Vielzahl von Mosaik-Nebenfiguren und Figurinen schuf. Das Ehepaar Hegenbarth blieb kinderlos. Ebenso arbeiteten in der Anfangszeit sein Vater Hugo Hegenbarth sowie seine Schwester Edith zusammen mit ihrem Mann Hans Oesterreicher am Mosaik mit.
Regelung zum künstlerischen Nachlass
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Johannes Hegenbarth entschloss sich nach dem Tod seiner Ehefrau Edith im Jahr 2008, dass das künstlerische Werk seiner Frau und sein eigenes in der Obhut eines Museums dauerhaft vereint bleiben sollen. Nach erfolgloser Suche in Berlin wurde er auf das Zeitgeschichtliche Forum in Leipzig aufmerksam. Dessen damaligen Mitarbeitern Bernd Lindner und Rainer Eckert – beide aufgewachsen mit dem Mosaik – gelang es, nachhaltig das Vertrauen des zurückhaltenden Künstlers zu gewinnen.[11] So kam es, dass Hegenbarth am 14. Juli 2009 in seinem Haus die Schenkungsurkunde des Œuvre des Ehepaares Edith und Johannes Hegenbarth an die Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland (zu der auch das Museum in Leipzig gehört) unterzeichnete.[12]
Auszeichnungen und Ehrungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Hegen erhielt 2008 den Max-und-Moritz-Preis, die bedeutendste deutsche Auszeichnung für Comic-Künstler vom Internationalen Comic-Salon Erlangen.
2010 erhielt er für seine schöpferische Arbeit das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Seit dem 8. November 2019 befindet sich an seinem ehemaligen Wohnhaus in der Waldowallee 15 in Berlin-Karlshorst eine Gedenktafel.[13]
Im September 2021 wurde eine bislang namenlose Fläche in der Nähe des alten Wohn- und Atelierhauses von Hannes Hegen an der Gabelung von Waldowallee und Köpenicker Allee im Berliner Ortsteil Karlshorst in Digedagsplatz benannt.[14]
Seit 2023 trägt eine Grundschule in Leipzig-Probstheida den Namen Johannes-Hegenbarth-Schule.[15]
Ausstellungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Dig, Dag, Digedag. DDR-Comic „Mosaik“ vom 17. Februar bis 28. Mai 2012 im Zeitgeschichtlichen Forum Leipzig, vom 11. April bis 3. August 2014 im Museum in der Kulturbrauerei in Berlin und vom 27. September 2014 bis 1. März 2015 im Verkehrsmuseum Dresden.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Bücher
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Bernd Lindner: Die drei Leben des Zeichners Johannes Hegenbarth. Tessloff Verlag, Nürnberg 2015, ISBN 978-3-7302-2015-3.
- Reiner Grünberg, Michael Hebestreit: MOSAIK-Handbuch. Die Welt der Digedags. Lehmstedt, Leipzig 2012, ISBN 978-3-942473-22-4.
- Mark Lehmstedt: Die geheime Geschichte der Digedags. Die Publikations- und Zensurgeschichte des „Mosaik“ von Hannes Hegen (1955–1975). Lehmstedt, Leipzig 2010, ISBN 978-3-937146-99-7.
- Matthias Friske: Die Geschichte des Mosaik von Hannes Hegen. Eine Comic-Legende in der DDR. 3. durchgesehene und ergänzte Auflage. Lukas, Berlin 2010, ISBN 978-3-86732-067-2.
- Thomas Kramer: Micky, Marx und Manitu. Zeit- und Kulturgeschichte im Spiegel eines DDR-Comics 1955–1990: „Mosaik“ als Fokus von Medienerlebnissen im NS und in der DDR. Weidler, Berlin 2002, ISBN 3-89693-195-4 (Dissertation Universität Leipzig 1989, 405 Seiten).
Beiträge
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Jörg Sobiella: Wie die Thälmann-Pioniere in Karl Mays wilden Westen kamen, Hörfunkfeature zur Geschichte des MOSAIK, Mitteldeutscher Rundfunk, 16. Dezember 1995
- Michael F. Scholz: Mosaik. Die ersten Jahre. In: Eckart Sackmann (Hrsg.): Deutsche Comicforschung. Band 2. Sackmann und Hörndl, Hildesheim 2005, S. 102–111.
- Andreas Platthaus: Die Rückkehr von Dig, Dag und Digedag. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 14. Juli 2009.
- Matthias Dell: Das letzte Abenteuer der Digedags. In: der freitag. 8. Juli 2009.
- Thomas Kramer: Auf zu Lord Groggy nach England. In: der freitag. 27. Dezember 2002.
- Michael F. Scholz: Hegenbarth, Johannes. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Band 1. Ch. Links, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Literatur von und über Hannes Hegen im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Hannes Hegen bei IMDb
- Hannes Hegen in der Mosapedia
- Hannes Hegen bei Lambiek (englisch)
- Website zu Hannes Hegen
- Stefan Pannor: DDR-Comic „Mosaik“: Die drei kleinen Fluchthelfer. In: Spiegel Online. 17. Februar 2012.
- Andreas Platthaus: Comics in der DDR: Die Kobolde und ihr Pionier. In: FAZ. 22. Februar 2012.
- Brigitte Hofmann: Drei Künstler, eine Familie. Stadt Murrhardt zeigt die Hegenbarths. Haller Tagblatt, 1. April 2015, abgerufen am 23. Dezember 2017.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Die Digedags reisen für uns in die Ferne. In: welt.de. Abgerufen am 12. Januar 2022.
- ↑ Ein Comic-Unternehmer in der DDR. In: FAZ. 14. November 2014, S. 12.
- ↑ Christoph Dieckmann: Abschied vom Märchenkönig. In: Die Zeit, 20. November 2014
- ↑ Doreen Beilke: Bewegender Besuch bei seinen Helden. In: Bild. 21. April 2012, abgerufen am 14. November 2014.
- ↑ Vater der Digedags ist tot. In: MDR. 13. November 2014, archiviert vom am 13. November 2014; abgerufen am 14. November 2014.
- ↑ Patrick Ziob: Abschied - Danke für die vielen Reisen, Hannes Hegen. In: Superillu. 15. November 2014, archiviert vom am 29. November 2014; abgerufen am 19. November 2014.
- ↑ Norbert Koch-Klaucke: Zur Beerdigung von Hannes Hegen - Tschüss, Papa Digedags. In: Berliner Kurier. 18. November 2014, abgerufen am 19. November 2014.
- ↑ Reiner Grünberg, Michael Hebestreit: MOSAIK-Handbuch. Die Welt der Digedags. Lehmstedt Verlag, Leipzig 2012, ISBN 978-3-942473-22-4, S. 251–253.
- ↑ Papa Digedags, warum verkriechst du dich vor uns? In: Berliner Kurier. 5. Januar 2012, abgerufen am 14. November 2014.
- ↑ Edith Hegenbarth (1925-2008). In: www.imdb.com. Abgerufen am 16. November 2023.
- ↑ Hegenbarths Vertrauen zur Bernd Lindner war so nachhaltig, dass er Lindner autorisierte, Autor seiner Biographie zu werden: Die drei Leben des Zeichners JoHANNES HEGENbarth. Mitarbeit Irene Kahlau und Rainer Kruppa, Nürnberg 2015, ISBN 978-3-7302-2015-3 sowie durchgesehene und erweiterte Taschenbuch-Ausgabe 2017, ISBN 978-3-7302-2021-4
- ↑ Bernd Lindner: Eine Schenkung und vier Ausstellungen 2009–2014/15 (S. 283 ff); Irene Kahlau: Ein sehr persönliches Nachwort (S. 293 ff) in: Die drei Leben des Zeichners JoHANNES HEGENbarth. Nürnberg 2017, durchgesehene und erweiterte Taschenbuch-Ausgabe, ISBN 978-3-7302-2021-4
- ↑ Gedenktafel für Hannes Hegen: Der Vater der Digedags. Pressemitteilung des Bezirksamts Lichtenberg, 25. Oktober 2019.
- ↑ Digedagsplatz in Berlin-Karlshorst eingeweiht
- ↑ Vier Leipziger Schulen erhalten neue Namen. In: www.leipzig.de. Abgerufen am 11. April 2024.
Personendaten | |
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NAME | Hegen, Hannes |
ALTERNATIVNAMEN | Hegenbarth, Johannes Eduard (wirklicher Name) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Grafiker und Comiczeichner |
GEBURTSDATUM | 16. Mai 1925 |
GEBURTSORT | Böhmisch Kamnitz, Tschechoslowakei |
STERBEDATUM | 8. November 2014 |
STERBEORT | Berlin |