Kühlwagen (Eisenbahn)
Ein Kühlwagen ist ein Eisenbahngüterwagen mit Wärmedämmung, dessen Laderaum aus einem durch die Seitenwände und das Dach abgeschlossenen Kasten gebildet wird.
Nach Vorhandensein und Art der Kühleinrichtung werden sie eingeteilt in:
- Wärmeschutzwagen ohne Kühleinrichtung
- Kühlwagen mit Kühlbehältern, das Kältemittel ist meist Wasser- oder Trockeneis
- Maschinenkühlwagen mit eigenen Kühlaggregaten
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die ersten Wagen wurden mit Wassereis gekühlt, das im Winter in speziellen Becken oder aus Seen gewonnen wurde. Im Auftrag des Chicagoer Industriellen und Fleischproduzenten Gustavus Swift gelang es im Winter 1877 erstmals, effizient kühlende Eisenbahnwagen zu entwickeln. Dabei wird durch die Zirkulation der Luft sichergestellt, dass die durch das Eis gekühlte Luft den ganzen Waggon kühlt. Dieses System wurde zur Grundlage des Erfolgs der Union Stock Yards, der Schlachthöfe Chicagos. Durch die gekühlten Wagen war es erstmals möglich, das Fleisch der geschlachteten Tiere durch die ganzen USA zu transportieren.[1] Erste Versuche in Deutschland starteten 1898 mit dem Einsatz eisgekühlter Güterwagen auf der preußischen Ostbahn (Butter-Transport von Insterburg über Königsberg nach Berlin). Später benutzte man maschinell hergestelltes Eis – und ging schnell auch auf andere Kälteerzeugung über: Am einfachsten war, das Wassereis durch Trockeneis zu ersetzen. Mit zuverlässigeren Verbrennungsmotoren kam der Maschinenkühlwagen auf. Auch gibt es Kühlwagen, deren Kühlleistung durch Verdampfen eines flüssigen Gases erzeugt wird.
Temperaturregulation und Verwendungszweck
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wärmeschutzwagen, also solche Kühlwagen mit Isolation aber ohne Kühlmittel, sind im Temperaturbereich von +4 °C bis +16 °C im Einsatz, wo eine gleichbleibende Innentemperatur erwünscht ist. Sie werden zum Transport von Milchprodukten, Konserven oder Früchten verwendet. Kühlwagen zum Transport von Bananen verfügen über einen Gasverdampfer und erreichen so eine Innentemperatur von +14,4 °C.
Kühlwagen mit Kühlbehältern haben das Problem der ungenauen Kühltemperatur, da die Kälte nur durch Luftzirkulation verteilt wird. Das eingesetzte Kühlmittel, Wasser- oder Trockeneis, gewährleistet eine Temperatur von +4 °C bis −18 °C. Sie finden Verwendung für den Transport von Fleisch, Bier oder Seefisch. Tiefkühlwagen gewähren eine Temperatur von −10 °C oder −20 °C und werden für den Transport von Tiefkühlkost verwendet.
Maschinenkühlwagen verfügen über Kühlaggregate, mit denen eine Solltemperatur vorgegeben werden kann; diese kann zwischen +20 °C und −30 °C liegen. Sie sind daher geeignet für Tiefkühltransporte über lange Strecken. Obwohl Maschinenkühlwagen teuer im Unterhalt und im Betrieb sind, bieten sie gegenüber anderen Kühlwagenarten den Vorteil, dass sie die vorgegebene Temperatur während des ganzen Transportes einhalten, was von großer Bedeutung für das Einhalten der Kühlkette beim Transport von Lebensmitteln ist. Im Langstreckenverkehr der ehemaligen Ostblockländer kommen ganze Kühlzüge zum Einsatz, die aus einem Maschinenwagen, einem Begleitwagen und mehreren Kühlwagen bestehen.
Die meisten Lebensmitteltransporte sind inzwischen wegen kürzerer Transportzeiten auf die Straße verlagert worden oder werden mit Kühlcontainern abgewickelt. Der Kühlwagenpark der Bahngesellschaften ist deshalb deutlich geschrumpft. Die meisten Kühlwagen wurden bis 2010 von Intercontainer-Interfrigo betreut. Diese Kühlwagen kann man gut äußerlich unterscheiden: Weiße Wagen sind normale Kühlwagen, blaue mit weißem Längsstreifen sind Maschinenkühlwagen.
Kennzeichnung und Einteilung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Gemäß UIC zählen Kühlwagen in Europa stets zu den Güterwagen der Sonderbauart. Alle Güterwagen, die innerhalb der UIC-Bahngesellschaften an internationalem Verkehr teilnehmen, müssen mit einheitlichen Gattungszeichen und einer einheitlichen Wagennummer gekennzeichnet sein. Alle Kühlwagen werden daher mit dem Gattungsbuchstaben „I“ gekennzeichnet.
Der Gattungsbuchstabe „I“ hat für Güterwagen mit Temperaturbeeinflussung die Bedeutung, dass sie über eine thermische Dämmung der Klasse IN verfügen, eine Luftumwälzung durch Windmotor haben sowie mit Fußbodenrost und Eiskästen von mindestens 3,5 m³ oder mehr ausgerüstet sind. Diese Beschreibung trifft für die einfachste Ausführung eines Kühlwagens zu, Abweichungen von dieser Ausführung werden durch Kennbuchstaben wiedergegeben. Vor Einführung dieser UIC-Klassifizierung wurden Kühlwagen in Deutschland mit dem Gattungszeichen „Gk“, Ende 1942 mit dem Gattungszeichen „T“ und vierachsige Kühlwagen mit dem Gattungszeichen „GGk“ zuzüglich eventueller Nebengattungszeichen gekennzeichnet.
Um die Be- und Entladung zu vereinfachen, wurden auch wärmeisolierte Schiebewandwagen mit Kältemaschine für den Temperaturbereich von 0 °C bis +20 °C gebaut.[2] Diese werden als gedeckte Güterwagen der Sonderbauart mit „H“ gekennzeichnet (Bauarten Hbbills-u der Rail Cargo Austria und Hbbills-uy der SBB Cargo).
Einheitsgüterwagen UIC
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Viele Kühlwagen wurden nach den Richtlinien der UIC gebaut. Die UIC begann in den 1950er Jahren mit der Vereinheitlichung der Bauweise von Güterwagen; das Ergebnis dieser Vereinheitlichung führte zu den Einheitsgüterwagen. Die von der UIC entwickelten Güterwagenbauarten sind im UIC-Merkblatt wiedergegeben. Da Kühlwagen zu den Güterwagen der Sonderbauart zählen, werden diese nach dem UIC-Merkblatt 571-3 als Einheitsgüterwagen oder als UIC-Standardgüterwagen gebaut. Die zweiachsigen Kühlwagen stimmen in ihren Hauptabmessungen mit dem gedeckten Güterwagen der Gattung Gbs überein.
UIC 571-3: Güterwagen der Sonderbauart | ||||
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Bauart | zweiachsige Kühlwagen | vierachsige Kühlwagen | ||
Standardwagen | Fährbootwagen | 1. Variante | 2. Variante | |
Gattung1) | Ibbs / Ibbgs | Ibfs / Ibfgs | Ias / Iags | |
Achsstand | 8,0 m | − | ||
Drehzapfenabstand | − | 15,8 m | 16,8 m | |
Länge über Puffer | 14,02 m | 21,04 m | 22,24 m | |
Ladelänge, mind.1) | 10,5 m / 11,0 m | 16,4 m / 16,8 m | 17,8 m / 18,0 m | |
Ladefläche, etwa1) | 27 m² / 28 m² | 23 m² / 24 m² | 42 m² / 43 m² | 45 m² / 46 m² |
Eigenmasse, max.1) | 15,5 t / 18,5 t | 31,0 t / 35,0 t | 32,0 t / 36,0 t | |
Türhöhe | 1,9 m | |||
Türbreite | 2,7 m |
1) Kühl- und Wärmeschutzwagen / Maschinenkühlwagen
Literatur und Quellen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Helmut Behrends, Wolfgang Hensel, Gerhard Wiedau: Güterwagen-Archiv. Band 2: Deutsche Bundesbahn und Deutsche Reichsbahn. Transpress VEB Verlag für Verkehrswesen, Berlin 1989, ISBN 3-344-00330-5 (Eisenbahn-Fahrzeug-Archiv 7, 2).
- Stefan Carstens: Güterwagen. Band 2: Stefan Carstens, Hans Ulrich Diener: Gedeckte Wagen – Sonderbauarten. Überarbeitete, aktualisierte und erweiterte Neuauflage der Erstausgabe aus dem Jahr 1989. MIBA-Verlag, Nürnberg 2000, ISBN 3-89610-251-6.
- Stefan Carstens: Die Güterwagen der DB AG. Zahlen, Fakten, Entwicklungen, Fotos. MIBA-Verlag, Nürnberg 1998, ISBN 3-86046-030-7.
- Wolfgang Diener: Anstrich und Bezeichnung von Güterwagen. Das äußere Erscheinungsbild deutscher Güterwagen von 1864 bis heute. Verlag Dr. Bernhard Abend, Stuttgart 1992, ISBN 3-926243-11-2.
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Gerhard Pretting: Die Erfindung des Schlachtplans. In: brandeins.de. brand eins Medien AG, 2006, abgerufen am 24. Juni 2022.
- ↑ Bedienungsanleitung Isolierter Schiebewandwagen für den Frisch-Dienst ( vom 8. Dezember 2015 im Internet Archive), in: railcargowagon.at (PDF)