Kętrzyno
Kętrzyno | ||
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Basisdaten | ||
Staat: | Polen
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Woiwodschaft: | Pommern | |
Powiat: | Wejherowo | |
Gmina: | Linia | |
Geographische Lage: | 54° 29′ N, 17° 56′ O | |
Einwohner: | 302 (2021[1]) | |
Postleitzahl: | 84-223[2] | |
Telefonvorwahl: | (+48) 58 | |
Kfz-Kennzeichen: | GWE | |
Wirtschaft und Verkehr | ||
Straße: | Nawcz ↔ Osiek | |
Eisenbahn: | PKP-Linie 229: Pruszcz Gdański–Łeba | |
Nächster int. Flughafen: | Danzig |
Kętrzyno (deutsch Kantrschin, früher Kantrzinno, 1942 bis 1945 Kontenau; kaschubisch Kãtrzëno) ist ein Ort in der polnischen Woiwodschaft Pommern. Er gehört zum Verwaltungsbezirk Gmina Linia (Landgemeinde Linde) im Powiat Wejherowski (Neustädter Kreis).
Geographische Lage
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Dorf liegt im Grenzgebiet zwischen Hinterpommern und dem ehemaligen Westpreußen, in der Kaschubei, etwa 28 Kilometer südwestlich der Kreisstadt Wejherowo (deutsch Neustadt in Westpreußen) sowie 14 Kilometer südöstlich der Nachbarstadt Lauenburg in Pommern.
Geschichte
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Das Dorf war ursprünglich ein Gutsbezirk.[3] Auf den Kopenhagener Wachstafeln kommt 1401 die Ortsbezeichnung Kontrsin vor, sonst Kantrsin.[4] Um 1783 war Kantrzyno oder Kentrczyno ein aus neun Vorwerken bestehender adliger Gutsbezirk mit elf Feuerstellen (Haushaltungen) und neun adligen Besitzern.[5]
Als am 21. März 1874 der Amtsbezirk Ockalitz im Kreis Neustadt in Westpreußen gebildet wurde, wurde der Gutsbezirk Kantrschin ein Teil desselben.[6] Wenige Tage später – am 27. April 1874 – wurde der Gutsbezirk Kantrschin in eine Landgemeinde umgewandelt.[6] Der Amtsbezirk Ockalitz wurde nach 1908 in Amtsbezirk Zewitz umbenannt.
Zum Dorf Kantrschin gehörte der Wohnplatz Bahnhof Kantrschin. Als der Streckenabschnitt von Karthaus nach Lauenburg in Pommern der Bahnstrecke Praust–Leba am 4. Oktober 1905 eröffnet wurde, wurde Kantrschin Bahnstation.[7]
Als nach dem Ersten Weltkrieg der Versailler Vertrag 1919 die Verlegung des sogenannten Polnischen Korridors durch deutsches Reichsgebiet vorsah, musste fast der gesamte Kreis Neustadt an Polen abgetreten werden. Am 10. Januar 1920 wurde auch der Amtsbezirk Zewitz an Polen abgetreten, und seine Orte dem Powiat Wejherowski zugeordnet. Die Bahnstrecke von Karthaus nach Lauenburg wurde zwischen Nawitz und Kantrschin geschlossen und teilweise sogar demontiert. Das änderte sich erst wieder im Jahre 1939.
1939 wurde das Gebiet wieder dem deutschen Reichsgebiet, jetzt dem Reichsgau Danzig-Westpreußen, eingegliedert.[6] Am 24. Oktober 1940 wurde der Amtsbezirk Linde gebildet, der am 25. Juni 1942 in Amtsbezirk Linde, Kreis Neustadt (Westpr.) umbenannt wurde.[6] Kantrschin wurde am 25. Juni 1942 in Kontenau umbenannt.[3]
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs wurde Westpreußen im Frühjahr 1945 von der Roten Armee besetzt. Bald danach wurde die Region von der Sowjetunion der Volksrepublik Polen zur Verwaltung überlassen. Es begann anschließend die Zuwanderung polnischer Zivilisten, die noch anwesende deutsche Dorfbewohner aus ihren Häusern und Gehöften drängten. Der Ortsname Kantschrin resp. Kontenau wurde zu „Kętrzyno“ polonisiert. In der Folgezeit wurden die deutschen Einwohner von der polnischen Administration vertrieben.
Das Dorf gehört zum Verbund der Landgemeinde Linia (Linde) im Powiat Wejherowski, jetzt in der Woiwodschaft Pommern gelegen.
Ein Friedhof erinnert an der Straße von Kętrzyno nach Nawcz (Nawitz) an den Todesmarsch vieler Häftlinge aus dem Konzentrationslager Stutthof bei Danzig.
Demographie
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Jahr | Einwohner | Anmerkungen |
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1818 | 52 | Dorf, adlige Besitzung;[8] davon fünf Lutheraner und 47 Katholiken[9] |
1852 | 193 | Dorf[10] |
1864 | 242 | am 3. Dezember, Gutsbezirk[11] |
1867 | 321 | am 3. Dezember, Gutsbezirk[12] |
1871 | 322 | am 1. Dezember, Gutsbezirk, davon 32 Evangelische und 290 Katholiken[12] |
1910 | 413 | am 1. Dezember, Gemeindebezirk[13] |
Verkehr
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Kętrzyno liegt an einer verkehrsarmen Nebenstraße, die Nawcz (Nawitz) mit Osiek (Osseck) verbindet. Im Jahre 1905 wurde das Dorf Bahnstation an der Bahnstrecke Praust–Lebau, die heute jedoch nur noch zwischen Lębork (Lauenburg in Pommern) befahren wird.
Persönlichkeiten
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Wojciech Kętrzyński (1838–1918), als Adalbert von Winkler in Lötzen geboren, Historiker und langjähriger Direktor des Ossolinski-Nationalinstituts[14] in Lemberg, änderte seinen Vor- und Nachnamen in „Wojciech Kętrzyński“, als er von seiner polnischen Herkunft und seinem früheren Familiennamen erfahren hatte: er entstammte einer polnischen Adelsfamilie aus dem kaschubischen Dorf Kantrschin bei Neustadt in Westpreußen.[15] Wojciech Kętrzyński gilt als Begründer der polnischen Masurenforschung.
Die ostpreußische Stadt Rastenburg – von 1945 bis 1946 Rastembork genannt – wurde am 7. Mai 1946 nach Wojciech Kętrzyński in „Kętrzyn“ umbenannt[16] und dort noch im gleichen Jahr das Wojciech Kętrzyński-Museum eröffnet.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Kantrschin, Dorf, Kreis Neustadt Westpr., Regierungsbezirk Danzig, Westpreußen. In: Meyers Gazetteer, mit Eintrag aus Meyers Orts- und Verkehrslexikon, Ausgabe 1912, sowie einer historischen Landkarte der Umgebung von Kantrschin (meyersgaz.org)
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Polska w Liczbach: Wieś Kętrzyno w liczbach (polnisch)
- ↑ Poczta Polska: Oficjalny Spis Pocztowych Numerów Adresowych, 2013, S. 456 (polnisch)
- ↑ a b Westpreußen-Ortsverzeichnis: Kantrschin/Kętrzyno
- ↑ Łęgowski: Die Sprache der baltischen Slawen. In: Blätter für Pommersche Volkskunde, IV. Jahrgang, Nr. 6, Stettin 1896, S. 81–89, insbesondere S. 83–84 (Google Books).
- ↑ Johann Friedrich Goldbeck: Volständige Topographie des Königreichs Preußen. Teil I, Königsberg/Leipzig 1785, Volständige Topographie vom West-Preußischen Cammer-Departement, S. 89 (Google Books).
- ↑ a b c d Amtsbezirk Linde, Kreis Neustadt (Westpr.) (Territorial.de)
- ↑ Westpreußen-Ortsverzeichnis: Bahnhof Kantrschin
- ↑ Alexander August Mützell und Leopold Krug: Neues topographisch-statistisch-geographisches Wörterbuch des preußischen Staats, Band 2: G–Ko, Halle 1821, S. 296, Ziffer 811 (Google Books).
- ↑ Danziger Regierungs-Departement, Verzeichniß der in den einzelnen Kreisen befindlichen Ortschaften, veröffentlicht ca. 1820 (enthält statistische Angaben von 1818), S. 164–165, Ziffer 106 (Google Books).
- ↑ Kraatz (Hrsg.): Topographisch-statistisches Handbuch des Preußischen Staats. Decker, Berlin 1856, S. 278 (Google Books).
- ↑ Preußisches Finanzministerium: Ergebnisse der Grund- und Gebäudesteuerveranlagung im Regierungsbezirk Danzig. Danzig 1867, Abschnitt 7. Kreis Neustadt in Westpreußen, S. 10–17, Ziffer 66 (Google Books).
- ↑ a b Königliches Statistisches Bureau: Die Gemeinden und Gutsbezirke der Provinz Preussen und ihre Bevölkerung. Nach den Urmaterialien der allgemeinen Volkszählung vom 1. December 1871 bearbeitet und zusammengestellt, Berlin 1874. Abschnitt VIII. Kreis Neustadt in Westpreußen, S. 392–393, Ziffer 130 (Google Books).
- ↑ Landkreis Neustadt (Westpreußen) (Gemeindeverzeichnis.de)
- ↑ Altpreußische Monatsschrift, Band 14, Königsberg i. Pr. 1877, S. 697 (Google Books).
- ↑ Informationszentrum Ostpreußen: Wojciech Kętrzyński
- ↑ Informationszentrum Ostpreußen: Namen der Stadt Rastenburg