Martin von Golin

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Martin von Golin ist ein von Peter von Dusburg in dessen „Chronicon terre Prussie“ an mehreren Stellen erwähnter latrunculus (dt. Freibeuter) aus dem Kulmer Land, der laut Peter in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts auf Seiten der Deutschordensritter gegen die heidnischen Prußen und Litauer kämpfte.

Martin von Golin bei Peter von Dusburg

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Erstmals erwähnt Peter von Dusburg Martin im Zusammenhang mit einer Schlacht bei einem Rensen genannten Sumpf zwischen Deutschordensrittern und vom Glauben abgefallenen Prußen unter Herzog Swantopolk. Im Anschluss an die Schlacht, die entweder im Juni oder im September des Jahres 1243 stattfand,[1] berichtet Peter folgendes:

„[Unter den Gefangenen der Prußen] waren auch Martin von Golin und seine schwangere Schwester; als diese wegen des Gewichts ihrer Leibesfrucht dem eiligen Marsch des Heeres nicht folgen konnte, öffnete der Pruße, welcher sie als Gefangene mit sich führte, ihr den Leib mit dem Schwert; das Kind fiel lebendig in den Sand, sie selbst aber starb. Diese abscheuliche Tat flößte Martin solches Entsetzen und solchen Haß auf die Ungläubigen ein, daß er ihnen nach seiner Befreiung oftmals große Plage bereitete […].“[2]

An sechs weiteren, inhaltlich unzusammenhängenden Stellen[3] berichtet Peter darüber, wie Martin gemeinsam mit Ordensrittern oder im Auftrag des Ordens verschiedentlich gegen Prußen oder Litauer kämpft. Bei der letzten Erwähnung Martins überfällt dieser in einer kleinen Gruppe ein Handelsschiff in Litauen, tötet die Besatzung und verkauft die Waren. Den Gewinn teilen die Männer unter sich auf.[4]

Martin von Golin und die Legende der Vierbrüdersäule

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Die Vierbrüdersäule

Martin von Golin wird zudem mit der Vierbrüdersäule, die in der Kaporner Heide bei Königsberg stand, in Verbindung gebracht.[5] Die Säule soll laut einer Sage zum Gedenken an vier getötete Ordensbrüder errichtet worden sein. Die vier Brüder wurden mit vier getöteten Begleitern Martins bei einem Raubzug gleichgesetzt. Peter von Dusburg berichtet aber nichts von der Errichtung einer Gedenksäule in diesem Zusammenhang.[6] Martin wird in der Wiedergabe der Legende oft auch als Ordensbruder bezeichnet. Laut Peter ist Martin aber kein Ordensbruder, er nennt ihn ausdrücklich einen latrunculus cristianus[7] (dt. einen christlichen Freibeuter, bei Nikolaus von Jeroschin mhd. cristnin strûtérin[8]), niemals aber Bruder. Insgesamt kann ein Zusammenhang zwischen Martin und der Säule nicht zweifelsfrei belegt werden, die Bezeichnung Martins als Ordensbruder könnte in diesem Zusammenhang einer mündlichen Tradierung der Legende zuzuschreiben sein, die sich mit der Zeit von den Angaben Peters entfernte.

  • Nikolaus von Jeroschin: Di Kronike von Pruzinlant. Herausgegeben von E. Strehlke, in: Scriptores rerum Prussicarum, Band 1, Leipzig 1861, S. 291–648. (Online, abgerufen am 16. Januar 2013.)
  • Petrus de Dusburg: Chronicon terrae Prussiae. Herausgegeben von Max Toeppen, in: Scriptores rerum Prussicarum, Band 1, Leipzig 1861, S. 3–219. (Online, abgerufen am 16. Januar 2013.)
  • Peter von Dusburg: Chronik des Preußenlandes, übersetzt und erläutert von Klaus Scholz und Dieter Wojtecki (=Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd. 25), Darmstadt 1984.
  • Rauschnick, Gottfried Peter: Historische Bilderhalle. 2 Bände, Meißen 1830, S. 97–103. (Online, abgerufen am 16. Januar 2013.) Rauschnicks Behandlung der Person Martins von Golin ist allerdings nicht wissenschaftlich, sondern die mit nationalpreußischem Pathos aufgeladene Nacherzählung der Stellen in Peters Chronicon.
  • Urban, William: Martin of Golin, in: Lituanus, 22. Jahrgang (1976), Nr. 4 (Winter). auf: http://www.lituanus.org/, abgerufen am 16. Januar 2013.
  • Voigt, Johannes: Geschichte Preußens von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Herrschaft des Deutschen Ordens, Königsberg 1827–39, 9 Bände. Interessant insbesondere in Bd. 4, Beilage Nr. 1 "Die Vierbrüdersäule", S. 589–593. (Online, abgerufen am 16. Januar 2013.)

Link zu einem Bericht über die Vierbrüdersäule auf www.ostpreussen.net (abgerufen am 16. Januar 2013), der ein Musterbeispiel für die im Zusammenhang mit der Säule stehende, fälschliche Bezeichnung Martins als Ordensritter unter dem ebenfalls falschen Verweis auf Peter von Dusburg ist.

  1. Peter von Dusburg: Chronik des Preußenlandes, übersetzt und erläutert von Klaus Scholz und Dieter Wojtecki (=Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd. 25), Darmstadt 1984, S. 149, Anmerkung 33.
  2. Dus: Chron., III, 40., zit. nach: Peter von Dusburg: Chronik des Preußenlandes, übersetzt und erläutert von Klaus Scholz und Dieter Wojtecki (=Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters, Bd. 25), Darmstadt 1984, S. 151.
  3. Dus: Chron., III, 156, 157, 198, 199, 228, 229.
  4. Dus: Chron., III, 229.
  5. Vgl. Johannes Voigt: Geschichte Preußens von den ältesten Zeiten bis zum Untergange der Herrschaft des Deutschen Ordens, Königsberg 1827–39, Bd. 4, S. 592.
  6. Dus: Chron., III, 198.
  7. Dus: Chron., III, 198.
  8. Nikolaus von Jeroschin: Di Kronike von Pruzinlant. Herausgegeben von E. Strehlke, in: Scriptores rerum Prussicarum. Band 1, Leipzig 1861, S. 498.