Nepenthes (Arzneimittel)

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Nepenthes (altgriechisch νηπενθές) bezeichnet in der griechischen Mythologie ein Arzneimittel (pharmakon), das Helena, die Ehefrau von Menelaos, von einer ägyptischen Königin (der Gemahlin Thons) erhalten hatte und das, dem Wein beigemischt, Leiden beseitigen, Angst und Kummer verjagen und alle Krankheit vergessen lassen soll. Das Wort bedeutet „gegen Kummer“ (ne = „nicht“, penthos = „Kummer, Leid“) und wird in der zwischen 1200 und 700 v. Chr. entstandenen Odyssee wie folgt erwähnt.[1] Vermutlich handelte es sich um Opium.

„Aber ein Neues ersann die liebliche Tochter Kronions:

Siehe sie warf in den Wein, wovon sie tranken, ein Mittel
Gegen Kummer und Groll und aller Leiden Gedächtnis.
Kostet einer des Weins, mit dieser Würze gemischet;
Dann benetzet den Tag ihm keine Träne die Wangen,
Wär' ihm auch sein Vater und seine Mutter gestorben,

Würde vor ihm sein Bruder, und sein geliebtester Sohn auch
Mit dem Schwerte getötet, daß seine Augen es sähen.
Siehe so heilsam war die künstlich bereitete Würze,
Welche Helenen einst die Gemahlin Thons Polydamna
In Ägyptos geschenkt. Dort bringt die fruchtbare Erde

Mancherlei Säfte hervor, zu guter und schädlicher Mischung;
Dort ist jeder ein Arzt, und übertrifft an Erfahrung
Alle Menschen; denn wahrlich sie sind vom Geschlechte Päeons.“

Homer: Odyssee 4.219-232 (Übersetzung Johann Heinrich Voß)

Es besteht die Vermutung, dass Nepenthes, wie Helena es bei jeder Gelegenheit dem Telemach (und seinen Freunden), etwa bei seiner Ankunft in Sparta, angeboten haben soll,[2] ein tatsächlich existierendes Opiat[3] oder eine Zubereitung (Opiumsaft)[4] daraus (vgl. Laudanum) oder sich auf Cannabis bezog,[5] zumal Haschisch im (ägyptischen) Altertum wohl auch in Form von in angenehme Stimmung versetzenden „Fröhlichkeitspillen“ nach der Mahlzeit zum Wein gereicht wurde.[6]

Nepenthes findet sich auch sonst in der Literatur wieder, so als ein Nepenthe bezeichneter Trank, den der griechische Stammvater der Ärzte Asklepios um 1200 v. Chr. zur Erzielung von Schmerzunempfindlichkeit bei chirurgischen Eingriffen[7] benutzt haben soll, und beispielsweise in Edgar Allan Poes Der Rabe:

Ärmster“, rief ich, „sieh, Gott sendet seine Engel dir und spendet
Nepenthes, worinnen endet nun Lenor's Gedächtnis schwer [...]

Einzelnachweise

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  1. Homer: Odyssee 4,219.
  2. D. Chabard (Hrsg.): Medizin im gallisch-römischen Altertum. La médecine dans l’antiquité romaine et gauloise. Exposition par le Museum d’histoire naturelle et le Musée Rolin dans le cadre du Bimillénaire de la Ville d’Autun. Musée d’Histoire Nauturelle, Ville d’Autun 1985 / Stadt Ingelheim/Rhein 1986, S. 26 (zu Nepenthês, vielleicht auch Opium gemischt mit Haschisch).
  3. Angelo Maria Ricci: Dissertationes homericas. Gotthilp, Leipzig 1784, S. XLVIII und S. 380.
  4. Vgl. Heinrich Buess: Medicochirurgisches in Ilias und Odyssee. In: Deutsche Medizinische Wochenschrift. Band 81, 1956, S. 1818; E. H. Hume: Note on narcotics in ancient Greece and ancient China. In: Bull. New York Acad. Med. Band 10, 1934, S. 619. PMC 1965692 (freier Volltext); jeweils zitiert in H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. In: Franz Xaver Sailer, Friedrich Wilhelm Gierhake (Hrsg.): Chirurgie historisch gesehen. Anfang – Entwicklung – Differenzierung. Dustri-Verlag, Deisenhofen bei München 1973, ISBN 3-87185-021-7, S. 1–32, hier: S. 1.
  5. Philip Robson (1999). Forbidden Drugs. Oxford University Press. S. 161. ISBN 978-0-19-262955-5.
  6. Julius Berendes: Die Pharmazie bei den alten Kulturvölkern. Historisch-kritische Studien. Halle an der aale 1891; Neudruck Hildesheim 1965 (und 1989). Zitiert in H. Orth, I. Kis: Schmerzbekämpfung und Narkose. 1973, S. 1.
  7. Rudolf Frey, Otto Mayrhofer, mit Unterstützung von Thomas E. Keys und John S. Lundy: Wichtige Daten aus der Geschichte der Anaesthesie. In: R. Frey, Werner Hügin, O. Mayrhofer (Hrsg.): Lehrbuch der Anaesthesiologie und Wiederbelebung. Springer, Heidelberg/Basel/Wien 1955; 2., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Unter Mitarbeit von H. Benzer. Springer-Verlag, Berlin/Heidelberg/New York 1971. ISBN 3-540-05196-1, S. 13–16, hier: S. 13.