Orangeroter Graustiel-Täubling

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Orangeroter Graustiel-Täubling

Orangeroter Graustiel-Täubling (Russula decolorans)

Systematik
Klasse: Agaricomycetes
Unterklasse: unsichere Stellung (incertae sedis)
Ordnung: Täublingsartige (Russulales)
Familie: Täublingsverwandte (Russulaceae)
Gattung: Täublinge (Russula)
Art: Orangeroter Graustiel-Täubling
Wissenschaftlicher Name
Russula decolorans
(Fr. : Fr.) Fr.

Der Orangerote Graustiel-Täubling (Russula decolorans[1]) ist ein Pilz aus der Familie der Täublingsverwandten. Der Täubling ist eines der markantesten Arten in montanen Kiefern- oder Fichtenwäldern. Das stark grauende Fleisch, der orangerote Hut und die buttergelben, angehefteten Lamellen sind drei Bestimmungsmerkmale mit denen sich der Täubling fast sicher bestimmen lässt.

Blick auf die Hutunterseite des Orangeroten Graustiel-Täublings (Russula decolorans) mit den Lamellen

Makroskopische Merkmale

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Der 4 bis 12 cm große Hut variiert in der Farbe von Orange bis Ziegelrot, im Alter blasst er gelblich aus. Der Hutrand ist erst im Alter kurz gerieft. Bei Feuchtigkeit ist die Hutoberfläche etwas schmierig, ansonsten matt und trocken.

Die äußerst brüchigen Lamellen sind jung gelblich-weißlich, sehr dünn und stehen gedrängt. Bis zur Reife werden sie buttergelb und können später stellenweise grau werden. Das Sporenpulver ist blass ocker und amyloid.

Der Stiel ist weißlich, später grau und hat oftmals eine in Längsrichtung gerunzelte Oberfläche. Jung ist das Fleisch sehr hart und weiß, mit dem Alter graut es aber von der Stielbasis her und wird dunkelgrau-schwärzlich. Die Stielbasis ist leicht wurzelnd. Wie bei fast allen Täublingen auch, bricht der Stiel leicht auseinander. Die Bruchstelle ist nie faserig oder glatt. Der Grund dafür sind kugelförmige Zellen (Sphaerozysten), die in Nestern im Fleisch eingestreut sind.

Das Fleisch hat keinen nennenswerten Geruch, bei der Geschmacksprobe wird man aber feststellen, dass es einen milden Geschmack hat. Das Hutfleisch verfärbt sich mit Eisensulfat graurosa. Auch mit Guajak reagiert es schnell und intensiv blaugrün, während Phenol das Fleisch weinbraun verfärbt.[2]

Mikroskopische Merkmale

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Die elliptischen Sporen messen 8,5–12 × 7–9 µm und sind mit mehr oder weniger isoliert stehenden, groben Stacheln besetzt, die bis zu 1,5 µm hoch werden können. Die grobstachligen Warzen sind stellenweise über feine Linien miteinander verbunden. Die Sporen haben – wie für die Täublinge üblich – keinen Keimporus.

Die Basidien sind keulig und 50–60 µm lang und 13–17 µm breit. Sie tragen je vier Sterigmen, die jeweils eine Basidiospore tragen. Die 65–100 µm langen und 11–12 µm breiten Cheilozystiden – das sind die Zystiden auf der Lamellenschneide – sind spindelförmig. An der Spitze sind sie nur teilweise appendikuliert, das heißt, sie tragen einen kleinen Fortsatz oder Appendix. Die 70–105 µm langen und 7–16 µm breiten Pleurozystiden sehen ähnlich aus, sind aber zum größten Teil appendikuliert. Alle Zystiden sind zahlreich und färben sich mit Sulfobenzaldehyd grauschwarz an.

Die Huthaut besteht aus zylindrischen, meist welligen und verzweigten, 2–4 µm breiten Hyphen („Haare“), die ein- bis zweifach septiert – also durch Querwände unterteilt – sind. An der Spitze sind sie meist etwas verjüngt. Zwischen den haarartigen Hyphenzellen findet man mehr oder weniger keulige, 5–9 µm breite Pileozystiden. Diese sind ein- bis zweifach septiert. Das erste Septum findet man meist im oberen Drittel. Auch die Pileozystiden färben sich mit Sulfobenzaldehyd grauschwarz an.[2]

Das grauende Fleisch unterscheidet den Orangeroten Graustiel-Täubling normalerweise gut von anderen gleich gefärbten Täublingen. Nur junge Fruchtkörper, die noch keine Graufärbung aufweisen, können mitunter mit dem Apfel-Täubling verwechselt werden, besonders dann, wenn bei ihm der Stiel ausnahmsweise nicht rosa überhaucht ist. Beide Täublinge kommen an den gleichen Standorten vor, auf sauren, feuchten Böden in montanen Nadelwäldern oder in Hochmooren, was eine Verwechslung durchaus wahrscheinlich macht.

Noch schwerer ist es, den Orangeroten Graustiel-Täubling und einen stark ausgebleichten Weinroten Graustiel-Täubling (Russula vinosa) auseinanderzuhalten. Mikroskopisch lassen sich die beiden Arten allerdings leicht auseinanderhalten, da der Weinrote Graustiel-Täubling in seiner Huthaut keine Pileozystiden besitzt.

Stark ausgeblasste Exemplare könnten eventuell noch mit dem Gelben Graustiel-Täubling (Russula claroflava) verwechselt werden, der meist in Mooren unter Birken vorkommt.[2][3]

Bevorzugter Lebensraum des Orangeroten Graustiel-Täublings sind Nadelwälder und Hochmoore. Dort erscheinen seine Fruchtkörper von Juli bis Oktober. Als Mykorrhizapilz lebt er in Symbiose mit Nadelgehölzen, vor allem mit der Kiefer, zumindest in Deutschland ist er im Flach- und Hügelland eher mit Pinus-Arten, im Gebirge mehr mit Picea vergesellschaftet. Als streng kalkmeidende Nadelwaldart wächst er gerne auf sauren Böden zwischen Heidekraut und bevorzugt feuchte bis nasse, basen-, nährstoff- und stickstoffarme Untergründe.

Europäische Länder mit Fundnachweisen des Orangeroten Graustiel-Täublings.[4][5][6][7][8][9][10]
Legende:
  • Länder mit Fundmeldungen
  • Länder ohne Nachweise
  • keine Daten
  • außereuropäische Länder
  • Der Orangerote Graustiel-Täubling kommt in den gemäßigten und borealen Regionen Europas und Nordasiens und Nordamerikas (USA, Kanada) vor. Auch aus Nordafrika (Marokko) gibt es Fundmeldungen. Er kommt vor allem in nördlichen Regionen vor, so gilt er in Skandinavien, dem Baltikum und der nordrussischen Taiga als weit verbreitet, in Großbritannien und Mitteleuropa ist er mäßig verbreitet, in Westeuropa selten. Im Süden seines Verbreitungsgebietes (südliches Mitteleuropa und Südeuropa) wird er zunehmend zu einer montanen und hochmontanen Art. In Deutschland ist er stellenweise häufig, in der Schweiz mittelhäufig. Er wurde zwar in der ganzen Schweiz nachgewiesen, die meisten Funde stammen aber aus dem Alpenraum. Im Mittelland, zwischen Genfer- und Bodensee, wurden nur vereinzelt Funde gemacht, auf Bergketten mit über 1000 Metern Höhe – wie zum Beispiel auf dem Harder – hingegen sehr viele.

    In Deutschland ist er von der Küste bis ins Flachland auf geeigneten Böden verbreitet. Im Flachland ist er aber zumindest in Westdeutschland selten, nur in den Kiefernforsten der Mittelgebirge ist er etwas häufiger, so zum Beispiel in den Kiefernwäldern des Buntsandstein-Odenwaldes.[3] Auch in der Schweiz ist der Täubling weit verbreitet und kommt vor allem im Hügel- und Bergland vor, in gewissen Jahren kann er durchaus häufig sein.[2]

    Infragenetisch Systematik

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    Bon und Romagnesi stellen den Orangeroten Graustiel-Täubling in die Untersektion (Sektion) Decolorantinae. Die Vertreter der Untersektion Decolorantinae zeichnen sich dadurch aus, dass sie mild schmecken, ihr Fleisch graut oder schwärzt und ihre Huthaut Pileozystiden, aber keine Primordialhyphen enthält.[11]

    Varietät Autor Beschreibung
    R. decolorans var. albida (1904) Blytt Die Varietät hat einen weißlichen Hut, ansonsten sind alle Merkmale wie beim Typus ausgeprägt. Der var. albida kommt in Wäldern in Skandinavien, Frankreich und dem Baltikum vor.[12]
    R. rosea var. constans (Britzelm.) Singer Der Hut ist gelbbraun bis bräunlichgelb. Die Varietät kommt in Mooren vor. Die Fruchtkörper erscheinen zwischen August und September.[12]

    Der Orangerote Graustiel-Täubling gehört zu den besseren Speisepilzen und ist aromatisch und bissfest. Die Art wird in Deutschland in die Gefährdungsgruppe G3 der Roten Liste eingeordnet, sie ist im Rückgang begriffen. Hauptursachen ihres Rückganges sind Waldbodendüngung sowie Nährstoffeinträge und Entwässerungsmaßnahmen. In der Schweiz wird er von der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) momentan unter „Low Concern“ – nicht gefährdet – aufgeführt[13], genauere Untersuchungen wurden aber noch nicht gemacht.

    Einzelnachweise

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    1. Synonyme von Russula decolorans. In: speciesfungorum.org. Index Fungorum, abgerufen am 15. Mai 2011.
    2. a b c d Josef Breitenbach, Fred Kränzlin (Hrsg.): Pilze der Schweiz. Beitrag zur Kenntnis der Pilzflora der Schweiz. Band 6: Russulaceae. Milchlinge, Täublinge. Mykologia, Luzern 2005, ISBN 3-85604-060-9, S. 158.
    3. a b Alfred Einhellinger: Die Gattung Russula in Bayern. In: Bibliotheca Mycologica. 3. Auflage. Band 112. Berlin / Stuttgart 1994, ISBN 3-443-59056-X, S. 64.
    4. Observado.org - Russula decolorans. Abgerufen am 10. Juni 2012 (englisch, Täubling selten).
    5. Torbjørn Borgen, Steen A. Elborne und Henning Knudsen: Arctic and Alpine Mycology. Hrsg.: David Boertmann und Henning Knudsen. Band 6. Museum Tusculanum Press, 2006, ISBN 87-635-1277-7, A checklist of the Greenland basidiomycetes, S. 37–59.
    6. Cvetomir M. Denchev & Boris Assyov: Checklist of the larger basidiomycetes in Bulgaria. In: Mycotaxon. Band 111, 2010, ISSN 0093-4666, S. 279–282 (Online [PDF; 592 kB; abgerufen am 31. August 2011]).
    7. Weltweite Verbreitung von Russula decolorans. In: GBIF Portal / data.gbif.org. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. Februar 2014; abgerufen am 18. August 2011.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/data.gbif.org
    8. NMV Verspreidingsatlas | Russula decolorans. In: verspreidingsatlas.nl. Abgerufen am 6. Mai 2012.
    9. Russula decolorans in der PILZOEK-Datenbank. In: pilzoek.de. Abgerufen am 18. August 2011.
    10. T.V. Andrianova et al.: Russula decolorans. Fungi of Ukraine. In: www.cybertruffle.org.uk/ukrafung/eng. 2006, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 27. November 2015; abgerufen am 2. Mai 2012 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.cybertruffle.org.uk
    11. Russula decolorans. (PDF (1,4 MB)) Monographic Key to European Russulas (1988). In: The Russulales Website w3.uwyo.edu. S. 65, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 28. Juli 2010; abgerufen am 11. November 2011 (englisch, Übersetzung von M. Bons Russula-Schlüssel).
    12. a b Rolf Singer: Monographie der Gattung Russula. In: A. Pascher (Hrsg.): Beihefte zum Botanischen Centralblatt. Band 49, 1932, S. 298 (online).
    13. Verbreitungsatlas der Pilze der Schweiz, Eingabe: Russula decolorans (Memento des Originals vom 15. Oktober 2012 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.wsl.ch
    Commons: Orangeroter Graustiel-Täubling (Russula decolorans) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien