Polikarpow I-153

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Polikarpow I-195)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Polikarpow I-153

Finnische I-153 mit Skifahrwerk
Typ Jagdflugzeug
Entwurfsland

Sowjetunion 1923 Sowjetunion

Hersteller OKB Polikarpow,
GAS Nr. 1 Moskau
Erstflug 1938
Indienststellung 1939
Produktionszeit

1939–1941

Stückzahl 3.437

Die Polikarpow I-153 (russisch Поликарпов И-153) war ein sowjetisches Doppeldecker-Jagdflugzeug der späten 1930er Jahre. Sie entstand als Reaktion auf die im spanischen Bürgerkrieg gemachten Erfahrungen mit der I-15 als deren Weiterentwicklung. Wegen ihrer auffälligen Tragflächenform wurde sie Tschaika (Чайка, Möwe) genannt. Entworfen wurde sie von Nikolai Polikarpow.

Die augenscheinlichste Veränderung zur I-15 bestand im einziehbaren Fahrwerk, für das am Rumpf und am Unterflügel einige konstruktive Veränderungen vorgenommen werden mussten. Am 11. Oktober 1937 wurde der ausgearbeitete Entwurf präsentiert.

Die anfangs noch als I-15ter bezeichnete Maschine war mit einem 750-PS-Motor M-25W ausgerüstet und flog erstmals im Herbst 1938. Ein weiterer Prototyp erhielt das stärkere Triebwerk M-62 mit verstellbarer AQ-1-Zweiblatt-Luftschraube, das auch bei den Serienexemplaren Verwendung fand.

Anfang 1939 wurde das 70. Jagdfliegerregiment als erste Einheit mit diesem Typ ausgerüstet. Im Sommer desselben Jahres erfolgte der erste Kampfeinsatz während des Chalchin-Gol-Grenzkonfliktes gegen die japanischen Luftstreitkräfte. Auf Grund des Überraschungsmomentes und ihrer technischen Überlegenheit gegenüber den im Einsatz befindlichen japanischen Jagdflugzeugen konnten sie diesen schwere Verluste zufügen. Die jedoch ab und an noch immer in der Literatur[1] erwähnte angebliche „Kriegslist“, die sowjetischen Piloten hätten dabei ihren Gegner getäuscht, indem sie mit ausgefahrenen Fahrwerk und gedrosselter Geschwindigkeit flogen und den Japanern so eine veraltete I-15 als leichte Beute vorgaukelten, nur um überraschend die Räder einzuziehen und einen Angriff zu starten, entspringt wahrscheinlich der Phantasie eines Frontpropagandisten.

Im Winterkrieg der Sowjetunion gegen Finnland 1939/40 stand die I-153 noch in der ersten Linie der Jagdfliegerkräfte, 11 Stück wurden von den Finnen im Verlaufe der Kämpfe erbeutet und ebenfalls eingesetzt.

Im Frühjahr 1940 übergab die Sowjetunion 903 Flugzeuge als Waffenhilfe an China, das sie gegen die einfallenden japanischen Truppen nutzte.

Als das Deutsche Reich im Jahr 1941 die UdSSR angriff, wurden viele I-153 von der deutschen Luftwaffe am Boden zerstört. Die restlichen Flugzeuge wurden nach dem Erscheinen der neuen Jagdflugzeugtypen Jak-1, MiG-3 und LaGG-3 aus den Jagdfliegereinheiten abgezogen und bis Ende 1943 als Erdkampfflugzeuge eingesetzt.

Insgesamt wurden 3.437 Maschinen dieses Typs in mehreren Versionen gebaut.

Die I-153 war ein verspannter Doppeldecker, deren Ober- und Unterflügel mit I-Streben miteinander verbunden wurde. Die obere Tragfläche besaß den charakteristischen, zum Rumpf hin abknickenden Möwen-(Tschaika-)flügel, der den Stirn- und Interferenzwiderstand am Übergang zum Rumpf verringerte. Die Holme des Tragwerks bestanden aus einem mit Stoff bespannten Holzrahmen, die am Oberflügel befindlichen Querruder waren aus Metall.

Der Rumpf wurde aus Chrom-Molybdän-Stahlrohren zusammengeschweißt und mit Stoff bespannt, der Rumpfbug erhielt eine Duralumin-Beplankung. Hinter dem Piloten befand sich eine 8-mm-Panzerplatte.

Das Höhenleitwerk besaß je eine V-förmige Verstrebung unterhalb zum Rumpf hin und bestand aus einem Metallgerippe mit Stoffbespannung.

Das Fahrwerk wurde, im Gegensatz zum manuellen Einziehvorgang mittels einer Kurbel bei der I-16, pneumatisch in den Rumpf eingefahren.[2] Das Heckrad war starr. Im Winter konnten alle drei Räder durch Kufen ersetzt werden.

  • I-153BS :

Serienversion mit zwei 12,7-mm-MG BS anstelle der üblichen Standardbewaffnung (vier 7,62-mm-MG SchKAS).

  • I-153P :

Wie I-153BS, jedoch mit zwei 20-mm-MK SchWAK.

  • I-153DM :

Eine Versuchsausführung mit zwei zusätzlichen DM-2-Staustrahltriebwerken unter den Tragflächen vom September 1940, der Geschwindigkeitszuwachs betrug 30 km/h. Zwei leistungsstärkere DM-4 wurden im Oktober 1940 bei 17 Flügen getestet. Die Höchstgeschwindigkeit erhöhte sich dabei durch die zusätzliche Antriebsleistung von bis zu 297 PS um maximal 51 km/h. Entwickelt hatte die Triebwerke Igor Merkulow.[3]

Die I-190 von 1939
  • I-153W /I-153W(M-63/TK/GK) :

Zwei Prototypen, die versuchsweise eine hermetisierte Pilotenkabine von Schtscherbakow bzw. Polikarpow erhielten und 1940/41 erprobt worden sind. Nr. 2 war zusätzlich mit einem M-63-Triebwerk mit zwei TK-3-Turbokompressoren ausgestattet.

  • I-190 / I-195 :

Die I-190 war eine Anfang 1939 gebaute und ab dem 30. Dezember 1939 getestete aerodynamisch verbesserte Weiterentwicklung mit einem 14-Zylinder-Doppelsternmotor M-88W, die eine Höchstgeschwindigkeit von 490 km/h erzielte. Nach einer Bruchlandung am 13. Februar 1941 stellte man das Testprogramm ein.[4] Das zweite Modell I-195 mit dem M-90-Motor wurde nicht mehr fertiggestellt. Es sollte eine errechnete Höchstgeschwindigkeit von 580 km/h erreichen und damit zum schnellsten Doppeldecker der Welt werden.

Zwei I-153-Neubauten in Neuseeland

Gegen Ende der 1990er Jahre wurde von der Moskauer Gesellschaft zur Restaurierung historischer Flugzeuge in Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Herstellerwerk in Nowosibirsk eine begrenzte Produktion von I-153 und I-16 unter Verwendung von Originalteilen, die von in Nordwestrussland aufgefundenen Wracks stammen, wiederaufgenommen. Auch Teile zweier geborgener I-15 wurden beim Bau verwendet. Die noch vorhandenen Originalzeichnungen und die technische Werkausstattung konnten ebenfalls genutzt werden. Die solchermaßen entstandenen Flugzeuge entsprechen in ihren Leistungsdaten weitgehend den historischen Vorbildern, zumal als Antrieb der Originalmotor M-62 Verwendung findet. Die ersten Neubauten (drei I-153 und sechs I-16) wurden für jeweils 200.000 US-Dollar nach Neuseeland verkauft. Die Flugzeuge sind voll kunstflugtauglich und werden auch auf Flugschauen präsentiert und vorgeflogen.[5]

Technische Daten

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Kenngröße Daten (Polikarpow I-153BS)
Konstrukteur(e) Nikolai Polikarpow
Baujahr(e) 1938–?
Besatzung 1 Pilot
Länge 6,17 m
Flügelspannweite 10,00 m (oben), 7,50 m (unten)
Höhe 2,80 m
Flügelfläche 22,14 m²
Leermasse 1.348 kg
Startmasse normal 1.859 kg
maximal 2.009 kg (mit zwei 100-l-Kraftstoff-Zusatzbehältern)
Antrieb ein luftgekühlter 9-Zylinder-Sternmotor Schwezow ASch-62
Leistung 588,5 kW (800 PS)
Höchstgeschwindigkeit 366 km/h in Bodennähe
444 km/h in 4.600 m Höhe
Steigzeit 3 min auf 3.000 m Höhe
Dauer einer Vollkurve 11,4–12,4 s
Dienstgipfelhöhe 11.000 m
Reichweite normal 470 km
maximal 880 km
Startrollstrecke 106 m
Bewaffnung zwei 12,7-mm-MG BS
sechs 82-mm-Raketen RS-82 oder zwei 100-kg-Bomben unter den Flügeln
  • Rainer Göpfert: Polikarpow I-153 Tschaika. In: Fliegerrevue Nr. 7/2015. PPV Medien, Bergkirchen, ISSN 0941-889X, S. 52–55.
  • Olaf Groehler: Geschichte des Luftkriegs 1910 bis 1980. Militärverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1981, S. 169.
  • Wilfried Kopenhagen: Sowjetische Jagdflugzeuge. transpress, Berlin, 1985, VLN 162-925/145/85.
  • Flugzeugtypen der Welt. Modelle, Technik, Daten. Bechtermünz, Augsburg 1997, ISBN 3-86047-593-2, S. 754 (amerikanisches Englisch: The encyclopedia of world aircraft. Übersetzt von Thema Produktmarketing und Werbung mbH, München).
Commons: Polikarpow I-153 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Polikarpow I-190 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Ian Brodie, Tom Middleton: Mad about the Gull. In: Aeroplane Monthly. Mai 2000, S. 46.
  2. Ian Brodie, Tom Middleton: Mad about the Gull. In: Aeroplane Monthly. Mai 2000, S. 44.
  3. Manfred Jurleit: Fliegende Ofenrohre. In: Fliegerrevue Nr. 3/1973, S. 131, 132.
  4. Wilfried Bergholz: Russische Kampfflugzeuge seit 1934. Motorbuch, Stuttgart 2019, ISBN 978-3-613-04226-1, S. 26
  5. Peter Misch: Polikarpows Tschaika fliegt wieder. In: Fliegerrevue. Nr. 6/1999, S. 52–55.