Pyroglutaminsäure

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Pyroglutamyl)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Strukturformel
D-Pyroglutaminsäure (oben) und L-Pyroglutaminsäure (unten)
Allgemeines
Name Pyroglutaminsäure
Andere Namen
  • Pidolsäure
  • PCA
  • 5-Oxoprolin
  • L-Pyroglutaminsäure
  • (S)-Pyroglutaminsäure
  • D-Pyroglutaminsäure
  • (R)-Pyroglutaminsäure
Summenformel C5H7NO3
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 223-735-0
ECHA-InfoCard 100.021.578
PubChem 439685
ChemSpider 388752
DrugBank DB03088
Wikidata Q27887010
Eigenschaften
Molare Masse 129,11 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

162–163 °C (L-Enantiomer)[1]

Löslichkeit

löslich in Wasser, Ethanol und Aceton[1]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung[2]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 318
P: 280​‐​305+351+338​‐​310[2]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet.
Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa).

Pyroglutaminsäure oder Pidolsäure ist ein Derivat der Glutaminsäure und zählt nicht zu den (proteinogenen) Aminosäuren. Pyroglutaminsäure besitzt ein stereogenes Zentrum in der 2-Position am Pyrrolidinring, ist also chiral. Es existieren somit zwei Enantiomere: L-Pyroglutaminsäure [Synonym: (S)-Pyroglutaminsäure] und D-Pyroglutaminsäure [Synonym: (R)-Pyroglutaminsäure].

Wenn in diesem Artikel oder in der wissenschaftlichen Literatur „Pyroglutaminsäure“ ohne weiteren Namenszusatz (Präfix) erwähnt wird, ist L-Pyroglutaminsäure gemeint.

L-Pyroglutaminsäure ist ein cyclisiertes inneres Amid der L-Glutaminsäure und ist enthalten in Gemüse, Früchten, Gräsern und in Melasse.[1] Peptide mit N-terminalem L-Glutamin, dessen Aminofunktion ungeschützt ist, werden leicht in Pyroglutamyl-Peptide umgewandelt.[3] Im menschlichen Körper kommt es beispielsweise in dem im Hypothalamus gebildeten Peptidhormon Gonadoliberin vor.

Gewinnung und Darstellung

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Erhitzen einer Mischung aus gleichen Gewichtsteilen Glutaminsäure und Wasser in einem Autoklaven erhält man bei Reaktionstemperaturen von 135–140 °C unter Wasserabspaltung Pyroglutaminsäure.

Chemische Eigenschaften

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Carboxygruppe der L-Pyroglutaminsäure kann mit Alkoholen im sauren Medium zu L-Pyroglutaminsäureestern (zusammen mit den Salzen der Pyroglutaminsäure auch als Pyroglutamate bezeichnet) verestert werden, die Lactamfunktion bleibt dabei unverändert. Durch Behandeln mit Phosphorpentasulfid wird die Lactamfunktion der L-Pyroglutaminsäureester in eine Thiolactamfunktion umgewandelt.[4]

D- und ebenso L-Pyroglutaminsäure zählen nicht zu den Aminosäuren, weil neben der sauren Carboxygruppe keine basische Aminogruppe im Molekül vorhanden ist, da der Stickstoff im Fünfring Teil eines Lactams (cyclisches Amid) ist. Zugleich sind D- und ebenso L-Pyroglutaminsäure Derivate einer Aminosäure, der D- bzw. L-Glutaminsäure. Pyroglutaminsäure am N-Terminus eines Proteins ist eine typische Blockierung beim Edman-Abbau, wodurch der N-Terminus zuvor abgespalten werden muss.

Die reinen Enantiomeren der Pyroglutaminsäure, also L-Pyroglutaminsäure und D-Pyroglutaminsäure, werden oft zur Racematspaltung von Aminen eingesetzt.[1] Aus L-Pyroglutaminsäure lässt sich auch L-Prolin synthetisieren.[5] Der chirale Hilfsstoff RAMP wurde aus D-Pyroglutaminsäure synthetisiert.[6] Die Verwendung beider Enantiomeren der Pyroglutaminsäure in weiteren stereoselektiven Synthesen wurde in einem Übersichtsartikel beschrieben.[7] Der Naturstoff Domoinsäure wurde in einer vielstufigen Synthese aus (S)-Pyroglutaminsäure synthetisiert.[8]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. a b c d The Merck Index. An Encyclopaedia of Chemicals, Drugs and Biologicals. 14. Auflage, 2006, S. 1373, ISBN 978-0-911910-00-1.
  2. a b Sicherheitsdatenblatt, Iris Biotech, abgerufen am 28. November 2017.
  3. Hans-Dieter Jakubke und Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine. Verlag Chemie, 1982, S. 139, ISBN 3-527-25892-2.
  4. Axel Kleemann, Jürgen Martens und Karlheinz Drauz: Synthese von Prolin aus Glutaminsäure, Chemiker-Zeitung 105 (1981) 266.
  5. Karlheinz Drauz, Axel Kleemann, Jürgen Martens, Paul Scherberich und Franz Effenberger (1986): Amino Acids 7. A Novel Synthetic Route to L-Proline. In: J. Org. Chem. Bd. 51, S. 3494–3498. doi:10.1021/jo00368a019
  6. Dieter Enders, Herbert Eichenauer und Reimund Pieter: Enantioselektive Synthese von (−)-(R)- und (+)-(S)-[6]-Gingerol – Gewürzprinzip des Ingwers, Chemische Berichte 112 (1979) 3703-3714. doi:10.1002/cber.19791121118.
  7. Carmen Nájera und Miguel Yus: Pyroglutamic acid: a versatile building block in asymmetric synthesis, In: Tetrahedron: Asymmetry 10 (1999) 2245–2303, doi:10.1016/S0957-4166(99)00213-X.
  8. Yasufumi Ohfune, Masako Tomita: Total synthesis of (–)-domoic acid. A revision of the original structure. In: Journal of the American Chemical Society. 104, 1982, S. 3511–3513, doi:10.1021/ja00376a048.