Riccardo Riccò

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Riccardo Ricco)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Riccardo Riccò
Riccardo Riccò (2010)
Riccardo Riccò (2010)
Zur Person
Geburtsdatum 1. September 1983
Nation Italien Italien
Disziplin Straße
Doping
2008–2010
2012–2024
2020 (lebenslang)
EPO
EPO
Dopinghandel
Internationale Team(s)
2006–2008
2010 (bis 31. Aug.)
2010–2011 (bis 19. Feb.)
2011 (ab 1. Jun.)
Saunier Duval
Ceramica Flaminia
Vacansoleil
Meridiana Kamen Team
Wichtigste Erfolge

Österreich-Rundfahrt 2010
drei Etappen Giro d’Italia 2007, 2008

Letzte Aktualisierung: 14. Dezember 2020
Riccò im weißen Trikot beim Giro d´Italia 2008

Riccardo Riccò (* 1. September 1983 in Formigine, Provinz Modena) ist ein ehemaliger italienischer Radrennfahrer. Er wurde Zweiter des Giro d’Italia 2008. Wegen Dopingvergehen wurde er dreimal gesperrt, zuletzt erhielt er 2020 eine lebenslange Sperre.

Schon als Nachwuchsfahrer war Riccò sehr erfolgreich. 2001 wurde er italienischer Juniorenmeister im Cyclocross. Zwei Jahre später gewann er eine Etappe beim Giro Ciclistico d’Italia. In der Saison 2004 wurde er italienischer Meister der U23-Klasse und gewann 2005 die Gesamtwertung inklusive zwei Etappen bei der Lombardischen Woche sowie eine Etappe der Toskana-Rundfahrt der U23.

2006 wurde Riccò Profi beim Team Saunier Duval-Prodir. 2007 gewann er beim Pro-Tour-Rennen Tirreno–Adriatico zwei Etappen und die Punktewertung. Zudem trug er einen Tag lang das Trikot des Gesamtführenden. Daraufhin wurde er für den Giro d’Italia nominiert und sollte zusammen mit dem Kletterspezialisten Leonardo Piepoli seinen Mannschaftskapitän und zweimaligen Sieger des Giros Gilberto Simoni am Berg unterstützen. Er gewann wie Piepoli eine Bergankunft und belegte am Ende den sechsten Platz in der Gesamtwertung. Allerdings verwehrte die Saunier-Duval-Teamführung Riccòs Tour-de-France-Start.

Im Jahr 2008 trat Riccò beim Giro d’Italia als Kapitän für sein Team Saunier-Duval Scott an. Er holte zwei Etappensiege und lieferte sich einen spannenden Kampf mit Alberto Contador um den Sieg.[1] Jedoch verlor er auf dem abschließenden Zeitfahren fast zwei Minuten und hatte keine Chance mehr. Während des Giros erregte er Unmut im Peloton durch seine Aussagen „Man braucht keine Freunde, um ein Rennen zu gewinnen“ und „Mit einem besseren Team hätte ich den Giro gewonnen.“[2] Nach Dopingvorfällen bei der Tour de France 2008 wurde er gesperrt.

Nach seiner Dopingsperre begann Riccò die Saison 2010 beim Team Ceramica Flaminia. Er gewann zwei Etappen der Österreich-Rundfahrt und holte sich auch den Gesamtsieg, obwohl er beim Zeitfahren am zweitletzten Tag schwer stürzte.[3] Ab dem 1. September 2010 stand er bei Vacansoleil unter Vertrag.

Das große Vorbild Riccòs ist nach eigener Aussage der verstorbene Tour-de-France- und Giro-d’Italia-Sieger Marco Pantani. Beide sind oder waren reine Kletterer mit dem Anspruch Grand Tours (Giro d’Italia, Tour de France, Vuelta a España) zu gewinnen. Riccò galt als das größte Talent im italienischen Radsport, da zu seinen Kletterkünsten auch noch Klassikerfähigkeiten hinzukamen.[4]

Beim Giro d’Italia 2007 lieferte Riccò nach der Bergankunft auf dem Monte Zoncolan eine als verdächtige angesehene Dopingprobe ab, da diese abnormal niedrige Hormonwerte aufwies, was ein Indiz für die Nutzung Doping maskierender Präparate darstellen kann.[5]

Riccò wurde bei der 95. Tour de France im Jahr 2008 in der A-Probe positiv auf EPO-Doping getestet. Er benutzte dabei vorbehaltlich der B-Probe EPO der dritten Generation, nämlich das Präparat CERA/Micera. Dieser dritte Dopingfall der Tour de France 2008 führte unmittelbar dazu, dass die Leitung von Riccòs Team Saunier Duval alle Fahrer aus dem Rennen nahm. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Team von den ersten 11 Etappen bereits drei Abschnitte für sich entscheiden können, davon zwei durch Riccò, der zu diesem Zeitpunkt das Gepunktete Trikot trug.[6] Im Anschluss an den Skandal entschied sich der Sponsor, mit sofortiger Wirkung aus dem Radsport auszusteigen.[7] Wenige Tage nach Ende der „Tour“ gab Riccò sein Vergehen zu.[8]

Im Juni 2010 wurde Riccò von einem französischen Gericht zu einer Haftstrafe von zwei Monaten auf Bewährung und einer Geldstrafe in Höhe von 3.000 Euro verurteilt. Das Gericht ahndete damit den Besitz und die Einnahme von Dopingpräparaten während der Tour de France 2008. Riccò war damals kurz nach seinen zwei beeindruckenden Etappensiegen positiv auf das Blutdopingmittel CERA getestet worden. Seine Anwälte hatten vergeblich argumentiert, dass der 26-Jährige bereits in Italien zu einer Geldstrafe von 5710 Euro verurteilt worden war. Außerdem war er 20 Monate lang gesperrt.[9]

Am 6. Februar 2011 wurde Riccò mit akutem Nierenversagen in ein Krankenhaus eingeliefert. Der anfangs kritische Zustand wurde später als stabil bewertet.[10] Zwei Tage später gestand er, sich eine Eigenbluttransfusion verabreicht zu haben mit Blut, das er 25 Tage im Kühlschrank aufbewahrt habe. Darauf führe er seine gesundheitlichen Schwierigkeiten zurück.[11] Als Folge wurde er zunächst von seinem Team Vacansoleil und dann im Juni 2011 vom italienischen Verband (FCI) aus gesundheitlichen Gründen suspendiert.[12][13] Im Oktober 2011 forderte das Nationale Olympische Komitee Italiens (CONI) für Riccò eine zwölfjährige Sperre[14]; am 19. April 2012 folgte das Nationale Anti-Doping-Tribunal Italiens diesem Antrag. Nachdem Riccò zu Beginn des Jahres 2012 eine beantragte Lizenz des kroatischen Radsportverbandes aus formalen Gründen – er hat keinen Wohnsitz in Kroatien – verweigert wurde,[15] erklärte er nach Bekanntgabe der Sperre zunächst seinen endgültigen Rücktritt,[16] erhob jedoch Berufung gegen das Urteil vor dem Weltsportgerichtshof Court of Arbitration for Sport (CAS) mit dem Vorwurf von Verfahrensfehlern und Parteilichkeit. Das Rechtsmittel wurde am 1. März 2013 durch den CAS-Schiedsrichter verworfen. Die Argumente Riccós seien unbegründet und insbesondere der Vorwurf der Parteilichkeit nicht dargelegt.[17][18]

Während des Ablaufs seiner zweiten Dopingsperre wurde Riccò im Dezember 2020 wegen versuchten Handels mit Dopingprodukten lebenslang gesperrt.[19]

2005
Gesamtwertung und zwei Etappen Lombardische Woche
eine Etappe Giro della Toscana
2006
eine Etappe Settimana Internazionale
Japan-Cup
2007
zwei Etappen Tirreno–Adriatico
eine Etappe Settimana Internazionale
eine Etappe Giro d’Italia
2008
zwei Etappen Giro d’Italia
2010
zwei Etappen Settimana Ciclistica Lombarda
eine Etappe Giro del Trentino
Gesamtwertung und zwei Etappen Österreich-Rundfahrt
Coppa Sabatini

Grand Tours-Platzierungen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
Legende: DNF: did not finish, aufgegeben oder wegen Zeitüberschreitung aus dem Rennen genommen.
Commons: Riccardo Riccò – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Giro d'Italia 2008: Stage 20 Results. In: Cycling News. 26. Februar 2009, abgerufen am 27. November 2016 (englisch).
  2. Umstrittener Star Ricco: Einer, der nicht gemocht werden will. In: Kölnische Rundschau. 27. November 2016, abgerufen am 27. November 2016.
  3. rp-online.de vom 11. Juli 2010: Ricco gewinnt Österreich-Rundfahrt (Memento vom 12. August 2010 im Internet Archive)
  4. Riccardo Riccò: too much like Pantani? In: Cycling News. 1. Juni 2007, abgerufen am 27. November 2016 (englisch).
  5. cyclingnews.com vom 25. Juni 2007:Italian paper calls Giro doping test results 'abnormal'
  6. spiegel.de vom 17. Juli 2008: Tour-Etappensieger Riccò positiv auf Epo getestet
  7. radsport-news.com vom 24. Juli 2008: Aus für Saunier Duval - Sponsor steigt aus
  8. rad-net.de vom 30. Juli 2008: Riccò gibt Doping zu - «Habe Jugendsünde begangen»
  9. radsport-news.com vom 29. Juni 2010: "Riccò in Frankreich zu Bewährungsstrafe verurteilt"
  10. radsport-news.com vom 8. Februar 2011: „Riccò plötzlich schwer erkrankt“
  11. radsport-news.com vom 8. Februar 2011: „Riccò gesteht Eigenblutdoping“
  12. radsport-news.com vom 11. Februar 2011„Vacansoleil suspendiert Riccò“
  13. focus-online.de vom 8. Juli 2011: Italiens Radsportverband suspendiert Riccó
  14. radsport-news.com vom 12. Oktober 2011: CONI fordert 12 Jahre Sperre gegen Riccò
  15. radsport-news.com vom 24. Januar 2012: Kroatischer Verband verweigert Riccò die Lizenz
  16. Italiener sperren Riccó für zwölf Jahre auf radsport-news.com vom 19. April 2012
  17. CAS-General Information vom 1. März 2013: CAS confirms the welve year suspension imposed on Riccardo Ricco (Memento vom 4. März 2013 im Internet Archive)
  18. CAS bestätigt zwölfjährige Sperre für Riccò. In: radsport-news.com. 1. März 2013, abgerufen am 14. Dezember 2020.
  19. Handel mit illegalen Substanzen: Riccò lebenslang gesperrt. In: radsport-news.com. 14. Dezember 2020, abgerufen am 14. Dezember 2020.