Essentieller Stoff

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Semi-essentiell)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Ein essentieller Stoff ist eine chemische Verbindung (oder ein chemisches Element), die für einen Organismus lebensnotwendig ist und die er nicht selbst aus anderen Nährstoffen wie Wasser, Fetten oder Aminosäuren synthetisieren kann.[1]

Dieser Artikel listet nur die für den Menschen essentiellen Stoffe auf, für andere Arten sind andere Stoffe essentiell. Mineralien, Spurenelemente, fast alle Vitamine, etliche Aminosäuren und einige mehrfach ungesättigte Fettsäuren sind für Menschen essentiell.

Folgende L-Aminosäuren gelten als für den Menschen essentiell und müssen daher mit der Nahrung aufgenommen werden:[2]

  1. Isoleucin
  2. Leucin
  3. Lysin
  4. Methionin
  5. Phenylalanin
  6. Threonin
  7. Tryptophan
  8. Valin
  9. Arginin (für Kinder und alte Menschen essentiell, sonst semi-essentiell)
  10. Histidin (für Kinder essentiell, sonst semi-essentiell)

Semi-essentielle (auch bedingt essentielle) Aminosäuren wie Arginin, Cystein, Glutamin, Histidin oder Tyrosin bildet der Körper zwar selbst. Unter bestimmten Umständen (während der Wachstumsphase) oder aufgrund von schweren Erkrankungen reicht die gebildete Menge nicht mehr aus, sie werden zu essentiellen Aminosäuren.[3]

Für den Menschen sind zwei Fettsäuren essentiell: Linolsäure (eine Omega-6-Fettsäure) und α-Linolensäure (eine Omega-3-Fettsäure). Aus diesen stellt der Körper weitere benötigte Fettsäuren und Folgeprodukte (Eikosanoide) her. Dazu gehören Arachidonsäure, Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure. Daher mindert eine Zufuhr eines oder mehrerer dieser Folgeprodukte den Bedarf an den dennoch essentiellen Fettsäuren. Das mag der Grund sein, warum in der Literatur in diesem Zusammenhang gelegentlich die Charakterisierung „begrenzt synthetisierbar“ zu finden ist. Eine Ernährung, die jahrelang frei von Arachidonsäure und Eicosapentaensäure ist, führt jedoch nicht automatisch zu Mangelsymptomen, während Mangel an Linolensäure oder Linolsäure zu deutlichen Mangelerscheinungen führt.[4]

Die Stoffwechselwege, auf denen die wichtigen langkettigen Fettsäuren hergestellt werden, werden durch verschiedene Faktoren beeinflusst: Dazu gehören z. B. eine übermäßige Aufnahme gesättigter oder einfach ungesättigter Fettsäuren oder auch von Alkohol. Ein Übermaß an Omega-6-Fettsäuren behindert die Verarbeitung von Omega-3-Fettsäuren, da die dafür zuständigen Enzyme (Elongase, Delta-5-Desaturase, Delta-6-Desaturase) beide Stoffklassen verarbeiten.

Die kompetitive Hemmung wirkt auch umgekehrt, doch liegt ein Missverhältnis von Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren praktisch meist auf der Seite der Omega-6-Fettsäuren, da diese oft zu wesentlich größeren Anteilen in der Nahrung enthalten sind.

Die essentiellen Spurenelemente werden vom Organismus in geringsten Mengen benötigt und sind oftmals bei der Wirkung spezieller Enzymsysteme von Bedeutung (z. B. bei Transaminasen).[5]

Möglicherweise essentielle Spurenelemente

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei diesen Elementen wird eine biologische Funktion nur vermutet, oder die Zusammenhänge und Notwendigkeit sind noch nicht endgültig geklärt.

Per Definition sind alle Vitamine essentiell. Lediglich Vitamin D3 kann der menschliche Organismus aus Cholesterin durch UV-B-Strahlung, wie Sonnenlicht, in begrenzter Menge selbst herstellen, sowie Nicotinsäure (Vitamin B3) aus der essentiellen Aminosäure Tryptophan, wenn auch nicht bedarfsdeckend. Diese beiden Vitamine sind semi-essentiell.[7] Einige Vitamine können in Form von Vorstufen (Provitamine) aufgenommen werden, die vom Körper selbst in Vitamine umgewandelt werden können. Vitamin B12 wird im Dickdarm durch das Mikrobiom zwar synthetisiert, kann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr durch den Dünndarm resorbiert werden und wird daher ungenutzt wieder ausgeschieden; daher muss es in ausreichender Menge mit der Nahrung aufgenommen werden.

Essentielle Stoffe im Tierreich

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ascorbinsäurebedarf (Vitamin C) besteht außer beim Menschen bei vielen Affen und beim Meerschweinchen.

Für einige Tiere ist die Aufnahme von Cholin mit der Nahrung essentiell. Dies gilt insbesondere für Wiederkäuer, da Cholin nahezu vollständig im Pansen abgebaut wird. Für den Menschen stellt die Aufnahme von Cholin keine Notwendigkeit dar, solange seine Nahrung die Aminosäure Methionin und Folsäure enthält.[8]

Retinole werden teilweise direkt mit der Nahrung aufgenommen oder aus Carotinen (Provitamin A) gebildet, auch beim Menschen, wozu aber nicht alle Tiere in der Lage sind (z. B. Hauskatzen).[9]

Im Gegensatz zum menschlichen Organismus sind Katzen auf eine externe Zufuhr von Taurin angewiesen; Taurin stellt damit eine essentielle Aminosulfonsäure für deren Organismus dar.[10]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Otto-Albrecht Neumüller (Hrsg.): Römpps Chemie-Lexikon. Band 2: Cm–G. 8. neubearbeitete und erweiterte Auflage. Franckh’sche Verlagshandlung, Stuttgart 1981, ISBN 3-440-04512-9, S. 1184.
  2. Hans-Dieter Jakubke, Hans Jeschkeit: Aminosäuren, Peptide, Proteine. Verlag Chemie, Weinheim 1982, ISBN 3-527-25892-2, S. 23–26.
  3. Extraportion Aminosäuren – überflüssig im Freizeitsport. In: Verbraucherzentrale. 19. Januar 2024, abgerufen am 3. März 2024.
  4. Brockhaus ABC Chemie. VEB F. A. Brockhaus Verlag, Leipzig 1965, S. 379.
  5. S. Ebel, H. J. Roth (Hrsg.): Lexikon der Pharmazie. Georg Thieme Verlag, 1987, ISBN 3-13-672201-9, S. 605.
  6. Daria Szklarska and Piotr Rzymski: Is Lithium a Micronutrient? From Biological Activity and Epidemiological Observation to Food Fortification. In: Biological Trace Element Research. Volume, Nr. 189. Springer, 31. Juli 2018, S. 18–27 (springer.com [PDF]).
  7. Gertrud Rehner, Hannelore Daniel: Biochemie der Ernährung. 3. Auflage. Springer 2010, S. 235, doi:10.1007/978-3-8274-2217-0.
  8. S. H. Zeisel, K. A. Da Costa, P. D. Franklin, E. A. Alexander, J. T. Lamont, N. F. Sheard, A. Beiser: Choline, an essential nutrient for humans. In: FASEB Journal. Band 5, Nr. 7, 1991, S. 2093–2098.
  9. F. J. Schweigert, J. Raila, B. Wichert, E. Kienzle: Cats absorb beta-carotene, but it is not converted to vitamin A. In: J. Nutr. Band 132, 6 Suppl 2, Juni 2002, S. 1610S–1612S, PMID 12042471.
  10. Hans Lutz, Barbara Kohn, Franck Forterre: Krankheiten der Katze. Thieme, Stuttgart 2014, S. 45. (Eingeschränkte Vorschau).