Spitzkopfzikaden

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Spitzkopfzikade)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Spitzkopfzikaden

Pyrops candelaria (Fulgoridae)

Systematik
Unterstamm: Sechsfüßer (Hexapoda)
Klasse: Insekten (Insecta)
ohne Rang: Paraneoptera
Ordnung: Schnabelkerfe (Hemiptera)
ohne Rang: Zikaden (Auchenorrhyncha)
Unterordnung: Spitzkopfzikaden
Wissenschaftlicher Name
Fulgoromorpha
Evans, 1946
Der Grundbauplan der Fulgoromorpha
Winden-Glasflügelzikade (Hyalesthes obsoletus) Glasflügelzikaden (Cixiidae)
Moorkäferzikade (Ommatidiotus dissimilis), kurzflügelige Form Walzenzikaden (Caliscelidae)
Anotia bonnetii Mottenzikaden (Derbidae)
Echte Käferzikade Issus coleoptratus Käferzikaden (Issidae)
Paropioxys jucundus Schönkopfzikaden (Eurybrachyidae)
Bläulingszikade Metcalfa pruinosa, Imago Schmetterlingszikaden (Flatidae)
Euricania facialis Breitflügelzikaden (Ricaniidae)
Fulgora laternaria Echte Laternenträger (Fulgoridae)
Europäischen Laternenträger Dictyophara europaea, Larve Falsche Laternenträger (Dictyopharidae)

Die Spitzkopfzikaden (Fulgoromorpha), auch Laternenträgerartige genannt, sind eine Unterordnung der Schnabelkerfe (Hemiptera). Weltweit sind mehr als 12.900 Arten beschrieben,[1] davon 147 aus Deutschland.[2]

Genauso wie die Rundkopfzikaden (Cicadomorpha) besitzen die meisten Spitzkopfzikaden exzellentes Sprungvermögen. Die Sprungmechanik beruht auf mächtigen, am Trochanter der Hinterbeine angreifenden Muskeln, die im Rumpf liegen. Die Muskelenergie wird genutzt, um elastisch verformbare Teile des Exoskeletts zu spannen. Bei Lösung eines Sperrmechanismus wird diese Energie dann explosionsartig freigesetzt. Anders als andere springende Insekten, deren Sprungmuskulatur in den Schenkeln liegt, besitzen sie also keine auffallend vergrößerten Hinterbeine.[3] Anders als bei allen anderen Insekten liegen bei ihnen die Punktaugen unterhalb der Facettenaugen, dort entspringen außerdem die Antennen.

Die prominentesten Vertreter dieser Gruppe sind die in Südamerika beheimateten Laternenträgerartigen der Gattung Fulgora mit einer auffälligen Verlängerung der Stirnpartie, welche von oben wie eine Erdnuss und seitlich betrachtet wie der Kopf eines Alligators aussieht. Fulgora laternaria ist in Europa besonders durch die Zeichnungen der Maria Sibylla Merian bekannt geworden. Irrtümlich wurde angenommen, dass der hohle Kopffortsatz leuchte, daher der Name Laternenträger.

Die verwandtschaftlichen Beziehungen der Gruppen (Phylogenie) innerhalb der Schnabelkerfe ist noch nicht abschließend geklärt. Alle zu den Spitzkopfzikaden gezählten Arten weisen aber einige gemeinsame Merkmale auf, die sie als sogenanntes Monophylum ausweisen, das heißt, sie gehen alle auf eine nur ihnen gemeinsame Stammart zurück. Die Fulgoromorpha stehen nach neuesten Untersuchung den Wanzen (Heteroptera) näher als den Rundkopfzikaden, die man bislang für ihre Schwestergruppe hielt. Die Spitzkopfzikaden (Fulgoromorpha) und Rundkopfzikaden (Cicadomorpha) werden derzeit noch überwiegend in der Gruppe Zikaden (Auchenorrhyncha) zusammengefasst. Spitzkopfzikaden unterscheiden sich von den Rundkopfzikaden durch eine Chitinschuppe über dem Vorderflügelgelenk sowie durch das Vorhandensein einer "y-Ader" im Clavus des Vorderflügels. Näheres zur Systematik siehe Schnabelkerfe (Hemiptera).

Familien der Fulgoromorpha

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Spitzkopfzikaden kommen auf allen Kontinenten mit Ausnahme der Antarktis vor. Derzeit sind weltweit 17 bis 21 Familien der Fulgoromorpha bekannt, die alle zur einzigen rezenten Überfamilie Fulguroidea gehören.[4] Die Coleoscytoidea und die Surijokocixioidea sind zwei weitere Überfamilien, deren Mitglieder nur aus Fossilien bekannt sind. In Europa kommen 737 Arten in 170 Gattungen aus 13 Familien vor,[5] davon kommen in Mitteleuropa 9 Familien mit 211 Arten in 83 Gattungen[6] und in Deutschland 7 Familien mit 143 Arten in 64 Gattungen vor.[7] Die Systematik der Spitzkopfzikaden ist noch nicht abgeschlossen und ist noch im Wandel begriffen.

Systematik mit deutschen Bezeichnungen der Familien nach Kunz 2011 und ausgewählten Arten:[8]

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. FLOW (Fulgoromorpha Lists on The Web): a world knowledge base dedicated to Fulgoromorpha. Bourgoin, Th., abgerufen am 2. März 2015.
  2. Mühlethaler, R., Holzinger, W.E., Nickel, H. & Wachmann, E. (2018): Verzeichnis der Zikaden Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. Stand 21.11.2018. Link
  3. Malcolm Burrows (2009): Jumping performance of planthoppers (Hemiptera, Issidae). Journal of Experimental Biology 212: 2844-2855. doi:10.1242/jeb.032326
  4. N. Song, A-P. Liang: A Preliminary Molecular Phylogeny of Planthoppers (Hemiptera: Fulgoroidea) Based on Nuclear and Mitochondrial DNA Sequences. In: PLoS ONE. Band 8, Nr. 3, 2013, S. e58400, doi:10.1371/journal.pone.0058400.
  5. Fulgoromorpha in der Fauna Europaea (Memento des Originals vom 8. Juni 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.faunaeur.org, Stand: 2. März 2015.
  6. Werner E. Holzinger et al. (1997): Vorläufiges Verzeichnis der Zikaden Mitteleuropas (Insecta: Auchenorrhyncha). Beiträge zur Zikadenkunde 1: 43-62 (zobodat.at [PDF; 122 kB], abgerufen am 31. August 2016).
  7. Herbert Nickel und Reinhard Remane: Artenliste der Zikaden Deutschlands, mit Angabe von Nährpflanzen, Nahrungsbreite, Lebenszyklus, Areal und Gefährdung (Hemiptera, Fulgoromorpha et Cicadomorpha). Beiträge zur Zikadenkunde, 5, 2002, S. 27–64 Volltext (PDF, deutsch; 234 kB)
  8. Gernot Kunz: Zikaden – die Insekten des 21. Jahrhunderts? (Hemiptera, Auchenorrhyncha). Entomologica Austriaca, Band 18, 2011, S. 105–123.

Literatur und Quellen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  • M.-C. Larivière, M.J. Fletcher, A. Larochelle: 2010: Auchenorrhyncha (Insecta: Hemiptera): catalogue. Fauna of New Zealand, (63)
  • S.W. Wilson: 2005: Keys to the families of Fulgoromorpha with emphasis on planthoppers of potential economic importance in the southeastern United States (Hemiptera: Auchenorrhyncha). Florida entomologist, 88: 464-481. PDF
  • J. Swzedo, T. Bourgoin, F. Lefèbvre: 2004: An annotated catalogue of Fulgoromorpha, :37-137. In: Fossil Planthoppers (Hemiptera: Fulgoromorpha) of the world. An annotated catalogue with notes on Hemiptera classification. Swzedo. J., Th. Bourgoin & F. Lefèbvre. J. Swzedo edt., Warsaw 2004, 199 pp + 8 pl.
  • T. Bourgoin: 1996–2014. FLOW (Fulgoromorpha Lists on The Web): a world knowledge base dedicated to Fulgoromorpha. http://www.hemiptera-databases.org/flow/
  • R. Biedermann, R. Niedringhaus: Die Zikaden Deutschlands – Bestimmungstafeln für alle Arten. Fründ, Scheeßel 2004, ISBN 3-00-012806-9.
  • W. E. Holzinger, I. Kammerlander, H. Nickel: The Auchenorrhyncha of Central Europe – Die Zikaden Mitteleuropas. Volume 1: Fulgoromorpha, Cicadomorpha excl. Cicadellidae. – Brill, Leiden 2003, ISBN 90-04-12895-6.
  • H. Nickel: The leafhoppers and planthoppers of Germany (Hemiptera, Auchenorrhyncha): Patterns and strategies in a highly diverse group of phytophagous insects. Pensoft, Sofia and Moskau 2003, ISBN 954-642-169-3.
  • H. Nickel, R. Remane: Artenliste der Zikaden Deutschlands, mit Angabe von Nährpflanzen, Nahrungsbreite, Lebenszyklus, Areal und Gefährdung (Hemiptera, Fulgoromorpha et Cicadomorpha). – Beiträge zur Zikadenkunde 5/2002. PDF, 229 kB
  • R. Remane, E. Wachmann: Zikaden – kennenlernen, beobachten – Naturbuch Verlag, Augsburg 1993, ISBN 3-89440-044-7.
  • Metamorphosis insectorum Surinamensium. Piron, London 1980–1982 (Nachdruck der Ausgabe Amsterdam 1705)
Commons: Spitzkopfzikaden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien