Sporadische Gruppe

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Sporadische Gruppen)
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die sporadischen Gruppen sind 26 spezielle Gruppen in der Gruppentheorie. Es handelt sich um die endlichen einfachen Gruppen, die sich nicht in eine der (18) systematischen Familien mit unendlich vielen Mitgliedern (von endlichen einfachen Gruppen) einordnen lassen.

Entdeckungsgeschichte

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die ersten fünf entdeckten sporadischen Gruppen, die sogenannten Mathieugruppen, wurden von Émile Mathieu in den 1860er-Jahren entdeckt. Die Entdeckungsgeschichte aller anderen sporadischen Gruppen setzte erst 1964 ein.

Die früheste Erwähnung des Begriffes „sporadische Gruppe“ dürfte von Burnside 1911, bezugnehmend auf die damals bereits bekannten Mathieugruppen, stammen: These apparently sporadic simple groups would probably repay a closer examination than they have yet received.

Hasse-Diagramm der 26 sporadischen Gruppen.
Eine aufsteigende Linie bedeutet, dass die untere Gruppe Subquotient der oberen ist.
Die Generationen von Robert Griess haben verschiedene Farben: rot erste Generation, grün zweite, blau dritte; Parias in weiß .

Im nebenstehenden Hasse-Diagramm bedeutet eine Linie von A unten nach B oben, dass A Subquotient von B ist.[1] Da die Relation transitiv ist, sind implizierte Verbindungen nicht im Diagramm eingetragen. Und gibt es im Diagramm eine von A zu B aufsteigende Linie, dann gibt es keine andere sporadische Gruppe zwischen A und B.[2]

20 der 26 sporadischen Gruppen sind Subquotienten der Monstergruppe M, von Robert Griess Friendly Giant[3] (deutsch: freundlicher Riese) genannt. Diese 20 Gruppen werden nach Griess unter dem Namen Happy Family (deutsch: Glückliche Familie) zusammengefasst.[4] Die Happy Family gliedert sich in drei Generationen, wobei die erste Generation (rot) mit dem erweiterten binären Golay-Code und die zweite (grün) mit dem Leech-Gitter bzw. Automorphismengruppen davon in Zusammenhang steht. Zur ersten Generation gehören die fünf Mathieugruppen M11, M12, M22, M23, M24, zur zweiten Generation die Conwaygruppen Co1, Co2, Co3 und die Gruppen J2, HS, McL, Suz. Die dritte Generation (blau) ist nahe verwandt mit M und enthält die übrigen Gruppen He, Fi22, Fi23, Fi24, HN, Th, B und M der Happy Family.

Die sechs sporadischen Gruppen, die nicht Subquotienten von M sind, sind die Jankogruppen J1, J3 und J4, die Rudvalisgruppe Ru, die Lyonsgruppe Ly und die O’Nan-Gruppe ON. Sie werden bei Griess Parias (engl. pariah) genannt (in der untenstehenden Tabelle als Generation P).

Teilweise wird auch die nach dem belgisch-französischen Mathematiker Jacques Tits benannte Tits-Gruppe T = 2F4(2)′ der Ordnung 17.971.200 als eine sporadische Gruppe angesehen, weil sie nicht eine Gruppe vom Lie-Typ sei. Allerdings ist das Definiens für »nicht-sporadisch« bei endlichen einfachen Gruppen die »Zugehörigkeit zu einer unendlichen systematischen Familie« — was nicht unmittelbar mit der Eigenschaft »vom Lie-Typ« etwas zu tun hat, denn es gibt andere unendliche Familien endlicher einfacher Gruppen, z. B. die Gruppen von Primzahlordnung oder die alternierenden Gruppen, die auch nicht vom Lie-Typ sind. Mit ihrer Zugehörigkeit zur unendlichen Familie der abgeleiteten Ree-Gruppen 2F4(22n+1)′, deren Mitglieder 2F4(22n+1) für mit ihren Ableitungen übereinstimmen, ist sie im strengen Sinn keine sporadische Gruppe.[5] Sie ist Subquotient von Fi22 und Ru und würde demnach, wenn eingeordnet, zur dritten Generation der sporadischen Gruppen gehören.

Tabelle der 26 sporadischen Gruppen

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Standardreihenfolge, erste Symbole, Entdeckungsjahr aus Hiss S. 172.

Name Symbole Entdecker Jahr Generation Ordnung (zirka) Ordnung
(als Dezimalzahl Folge A001228 in OEIS)
Ordnung
(in Primfaktorzerlegung)
Mathieugruppe M11 Mathieu 1861 1     8e3 7.920 24·32·5·11
M12 Mathieu 1861 1 1e5 95.040 26·33·5·11
M22 Mathieu 1861 1 4e5 443.520 27·32·5·7·11
M23 Mathieu 1861 1 1e7 10.200.960 27·32·5·7·11·23
M24 Mathieu 1861 1 2e8 244.823.040 210·33·5·7·11·23
Jankogruppe J1 Janko 1965 P 2e5 175.560 23·3·5·7·11·19
J2, HJ Janko 1968 2 6e5 604.800 27·33·52·7
J3 Janko 1968 P 5e7 50.232.960 27·35·5·17·19
J4 Janko 1976 P 9e19 86.775.571.046.077.562.880 221·33·5·7·113·23·29·31·37·43
Higman-Sims-Gruppe HS Higman, Sims 1967 2 4e7 44.352.000 29·32·53·7·11
McLaughlin-Gruppe McL, Mc McLaughlin 1969 2 9e8 898.128.000 27·36·53·7·11
Suzukigruppe Suz Suzuki 1969 2 4e11 448.345.497.600 213·37·52·7·11·13
Rudvalisgruppe Ru Rudvalis 1972 P 1e11 145.926.144.000 214·33·53·7·13·29
Heldgruppe He Held 1969 3 4e9 4.030.387.200 210·33·52·73·17
Lyonsgruppe Ly Lyons 1972 P 5e16 51.765.179.004.000.000 28·37·56·7·11·31·37·67
O’Nan-Gruppe ON, O’N O’Nan 1976 P 4e11 460.815.505.920 29·34·5·73·11·19·31
Conwaygruppe Co1, C1 Conway 1969 2 4e18 4.157.776.806.543.360.000 221·39·54·72·11·13·23
Co2, C2 Conway 1969 2 4e13 42.305.421.312.000 218·36·53·7·11·23
Co3, C3 Conway 1969 2 5e11 495.766.656.000 210·37·53·7·11·23
Fischer-Gruppe Fi22 Fischer 1971 3 6e13 64.561.751.654.400 217·39·52·7·11·13
Fi23 Fischer 1971 3 4e18 4.089.470.473.293.004.800 218·313·52·7·11·13·17·23
Fi24, F24 Fischer 1971 3 1e24 1.255.205.709.190.661.721.292.800 221·316·52·73·11·13·17·23·29
Harada-Norton-Gruppe HN, F5 Harada, Norton, Smith 1976 3 3e14 273.030.912.000.000 214·36·56·7·11·19
Thompsongruppe Th, F3 Thompson 1976 3 9e16 90.745.943.887.872.000 215·310·53·72·13·19·31
Baby-Monstergruppe B, F2 Fischer 1973 3 4e33 4.154.781.481.226.426.191.177.580.544.000.000 241·313·56·72·11·13·17·19·23·31·47
Monstergruppe M, F1 Fischer, Griess 1973 3 8e53 808.017.424.794.512.875.886.459.904.961.710.757.005.754.368.000.000.000 246·320·59·76·112·133·17·19·23·29·31·41·47·59·71

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. zusammengestellt hauptsächlich aus Griess S. 94
  2. Es gibt jedoch sehr viele andere (nicht-sporadische) einfache Subquotienten einer sporadischen Gruppe, am unteren Ende auf jeden Fall die Gruppen von Primzahlordnung, aber auch alternierende Gruppen einer Ordnung ≥ 5 und einfache Gruppen vom Lie-Typ wie die Steinberg-Gruppe 2E6(22) (Beispiele in Wilsons Atlas).
    Umgekehrt ist nach dem Satz von Cayley jede endliche Gruppe Untergruppe einer symmetrischen Gruppe genügend hohen Grades die ihrerseits unter Anhängen der Transposition an alle ungeraden Permutationen in die alternierende Gruppe eingebettet werden kann. Damit ist jede sporadische Gruppe auch Subquotient einer (einfachen) alternierenden Gruppe.
  3. F1 in Griess
  4. s. Griess
  5. Bei Hiss und Eric W. Weisstein „Sporadic Group“ From MathWorld--A Wolfram Web Resource wird die Tits-Gruppe nicht unter den 26 aufgeführt.