Feynman-Stückelberg-Interpretation

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Die Feynman-Stückelberg-Interpretation ist ein grundlegendes und zentrales Hilfsmittel in der relativistischen Quantenmechanik und der Quantenfeldtheorie. Durch sie ergibt sich eine einfache Deutung bestimmter quantenmechanischer Zustände mit negativen Energien. Diese mathematischen Lösungen der Dirac-Gleichung wurden zuerst durch Dirac mit Hilfe des Dirac-Sees gedeutet, der heute aber aufgrund der erfolgreicheren Deutung durch Feynman und Stückelberg nicht mehr als real angesehen wird.

Mit Hilfe der Feynman-Stückelberg-Interpretation kann beispielsweise neben der relativistischen Dynamik von Elektronen auch das entsprechende Verhalten der korrespondierenden Antiteilchen, also der Positronen, korrekt beschrieben werden. Damit können dann viele elementare Prozesse der Quantenelektrodynamik, wie beispielsweise der Wirkungsquerschnitt für die Paarerzeugung oder die Paarvernichtung von Elektronen und Positronen, unter Zuhilfenahme der Feynman-Diagramme berechnet werden. Die Feyman-Stückelberg-Interpretation bleibt allerdings nicht auf Fermionen beschränkt und kann auch auf Bosonen angewendet werden.[1]

Speziell im Fall von Fermionen mit Spin 1/2 wird beispielsweise der physikalische Zustand eines Positrons mit positiver Energie, durch den Zustand eines Elektrons mit negativer Energie beschrieben.[2] Diese Doppeldeutigkeit, die es bei allen bekannten relativistischen Wellengleichungen gibt, ergibt sich indirekt aus der quadratischen, relativistischen Energie-Impuls-Relation. Sie ermöglicht die genaue Beschreibung jeglicher bekannter Antimaterie und wird deshalb als großer Erfolg der theoretischen Physik verstanden.

Eine erste Motivation für diese Deutung ergibt sich aus den drei bekannten Symmetrietransformationen der Dirac-Gleichung, bei denen die Ladung (engl. Charge), Parität (Parity) und Zeitrichtung (Time) jeweils umgekehrt werden. Im Gegensatz zu den Gleichungen der elektroschwachen Wechselwirkung besitzt die Dirac-Gleichung mit Kopplung an das elektromagnetische Feld alle drei der genannten Symmetrien, sowie deren Kombinationen, wie beispielsweise CP. Eine weitergehende Begründung für die Feynman-Stückelberg-Interpretation ergibt sich aus der Anwendung geeigneter Lorentz-Transformationen auf die jeweilige relativistische Wellengleichung.

In der Quantenfeldtheorie werden die Lösungen mit positiver und negativer Energie dann als Erzeugungs- und Vernichtungsoperatoren auf dem Fock-Raum der Vielteilchenzustände verstanden.[3]

  • Cours de physique stueckelberg (französisch)
  • Richard P. Feynman: Quantenelektrodynamik – Eine Vorlesungsmitschrift. Mit einem Anhang von Harald Fritzsch. 4., durchgesehene Auflage. Oldenbourg, München u. a. 1997, ISBN 3-486-24337-3.
  • Walter Greiner: Theoretische Physik. Band 6: Relativistische Quantenmechanik. Wellengleichungen. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Deutsch, Thun u. a. 1987, ISBN 3-8171-1022-7
  • James D. Bjorken, Sidney D. Drell: Relativistische Quantenmechanik (= BI-Hochschultaschenbücher. Bd. 98/98a). Unveränderter Nachdruck. Bibliographisches Institut, Mannheim u. a. 1990, ISBN 3-411-00098-8 (englische Originalausgabe: Relativistic Quantum Mechanics. McGraw Hill, New York NY u. a. 1964)
  • James Bjorken, Sidney Drell: Relativistische Quantenfeldtheorie (= BI-Hochschultaschenbücher. Bd. 101). Unveränderter Nachdruck. Bibliographisches Institut, Mannheim u. a. 1993, ISBN 3-411-00101-1 (englische Originalausgabe: Relativistic Quantum Fields. McGraw Hill, New York NY u. a. 1965)
  • Stephen Hawking: Eine kurze Geschichte der Zeit (= rororo. rororo-Sachbuch. rororo Science 60555). Neuausgabe, 456. – 475. Tausend. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1998, ISBN 3-499-60555-4, S. 185 ff.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. James D. Bjorken, Sidney D. Drell, Relativistische Quantenmechanik (= BI-Hochschultaschenbücher. Bd. 98/98a), Seite 203
  2. Walter Greiner: Theoretische Physik. Band 6: Relativistische Quantenmechanik. Wellengleichungen. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Seite 375
  3. Luis Alvarez-Gaume, Miguel A. Vazquez-Mozo: Introductory Lectures on Quantum Field Theory