Union libérale républicaine

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Henri Barboux
Charles Sébline
Léon Say
Georges Picot

Die Union libérale républicaine (Union der liberalen Republikaner) war eine bis zum Ende des 19. Jahrhunderts in der Dritten Republik in Frankreich bestehende liberale und konservative politische Gruppe.

Gründung und erste Aktionen

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Ende der 1880er Jahre waren die wichtigsten politischen Strömungen der Republikaner hauptsächlich durch Parlamentsfraktionen und Zeitungen geprägt. Die Boulanger-Krise zwang sie zur Gründung von strukturierten Vereinigungen, um Propaganda und Wahlkampagnen zu koordinieren. Dies gilt insbesondere für die 1888 von den Républicains modérés gegründete Association nationale républicaine. Die gemäßigten und liberalen Republikaner wollten nicht zurückstehen und sahen ebenfalls die Notwendigkeit, sich zu organisieren. Als Nachfolger des Centre gauche, das in den 1870er Jahren unter Thiers seine Blütezeit erlebt hatte, behielten sie zwar im Senat einen gewissen Einfluss, waren aber in der Abgeordnetenkammer mit nur noch acht Abgeordneten zu einer Minderheit geworden.[1] Im März 1889 gründeten sie daher auf Betreiben von Georges Patinot[2], dem Direktor des Journal des débats, die Union libérale. Dieser Name erinnert an die Koalition, die 1861 unter der Führung von Thiers gebildet wurde, um gemäßigte Republikaner und liberale Monarchisten, die Gegner des Zweiten Kaiserreichs waren zusammenzubringen.[3]

Das Manifest der Union libérale richtete sich gegen den „Cäsarismus“ der Boulangisten, aber auch gegen den Radikalismus[A 1], dessen Ideen (Einkommensteuer, Trennung von Kirche und Staat, Verfassungsänderungen) die Liberalen ablehnten und forderte eine „liberale und entschieden konservative“ Republik. Das Dokument wurde im Journal des débats, dem wichtigsten Organ der neuen Formation, veröffentlicht und war von zahlreichen Persönlichkeiten aus der Bourgeoisie, der Industrie, dem Handel, den Banken, der Anwaltschaft und der Presse unterzeichnet.[4]

Die Union liberale wurde von dem Wirtschaftsanwalts Henri Barboux geleitet; weitere Personen des linken Zentrums wie die Senatoren Léon Say und Charles Sébline[5] und der Jurist Georges Picot gehörten dem Leitungskomitee an[6]. Dieses „Komitee der Rue Baillif“ (sein Generalsekretär wohnte in der Rue Baillif Nr. 9) wurde insgeheim vom Herzog von Aumale unterstützt, der ihm eine beträchtliche Geldsumme zukommen ließ[7] und so den liberalen Kandidaten bei den Parlamentswahlen von 1889 zu fast fünfzig Sitzen verhalf.[1] Im März 1890 wurde die Union libérale für die Kommunalwahlen wiederbelebt, indem sie einen festen Sitz in der Rue de la Ville-l’Évêque 15 einrichtete[8], eine antiradikale Zeitung mit dem Titel Paris électoral herausgab und gemäßigte Kandidaten unterstützte, die sechs Sitze gewannen.[9][10]

Übergang zur Féderation libérale

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Die Union libérale wurde Anfang 1892 im Vorfeld der Parlamentswahlen des folgenden Jahres wieder aktiviert, um gegen den aufkommenden Sozialismus zu kämpfen und sich sowohl gegen den Antiklerikalismus der Radikalen (mit denen eine Koalition der „republikanischen Konzentration“[A 2] nun ausgeschlossen war[11]) als auch gegen den Klerikalismus einiger ihrer Anhänger zu stellen. In dieser Zeit fügte die Vereinigung ihrem Namen das Anhängsel républicaine hinzu, um sich besser von der Gruppe der Union libérale de la Droite (oder Union libérale des Droites, beides Liberale Union der Rechten) unterscheiden zu können, einem neuen Ableger der Union des droites (monarchistische Gruppe) unter dem Vorsitz von Caillard d’Aillières[12].[13]

Zwischen Ende 1895 und Anfang 1896 wurde die Union libérale républicaine ein drittes Mal aktiv, nachdem sie durch die Bildung einer von den Radikalen dominierten Regierung unter Léon Bourgeois alarmiert worden war. Im Hinblick auf die Parlamentswahlen von 1898 gründete sie lokale Komitees, organisierte Konferenzen in der Provinz, verteilte Propagandabroschüren und begann mit der Herausgabe eines monatlichen Bulletins. 1896 und 1897 wurden in Bordeaux und Lille Departementskomitees gegründet.[14]

Trotz ihrer liberalen Grundhaltung vertrat die Union libérale républicaine auch protektionistische Positionen – zum Beispiel gegen den Freihandel (insbesondere Jules Méline). In der Dreyfus-Affäre bezog sie Position gegen den Antisemitismus. Sie unterstützte auch die Regierung Waldeck-Rousseau, obwohl dieser sozialistische und radikale Politiker wie Alexandre Millerand oder Ernest Monis angehörten.[15]

Im November 1903 schloss sich die Union libérale républicaine mit der Association nationale républicaine und anderen mélinistischen Gruppierungen zu einer bürgerlichen Partei, der Fédération républicaine, zusammen.

Bereits 1893 hatte Jacques Piou[16], der Vorsitzende der Droite républicaine, eine republikanische Tory-Partei gefordert, die die Union libérale républicaine und die Ralliés vereinen sollte.[17] Dieses Projekt wurde auch von Ernest Daudet unterstützt, der in den Kolumnen des Figaro urteilte, dass die beiden Parteien „schicksalhaft dazu bestimmt sind …, gemeinsam zu marschieren“.[A 3][18] Nachdem die Ralliés 1902 schließlich ihre eigene Partei, die Action libérale populaire, gegründet hatten, kam es erst 1919 mit der Gründung des Bloc national zur Vereinigung in der Fédération républicaine, die bis in die 1940er Jahre die wichtigste Partei der Rechten blieb.

Prominente Vertreter

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Zu den bekanntesten Persönlichkeiten der Union libérale républicaine gehörten:[A 4]

  • Sylvie Aprile: La Révolution inachevée 1815–1870 (= Histoire De France). Belin, Paris 2010, ISBN 978-2-7011-9200-0.
  • Henri Barboux: Discours et plaidoyers. Rousseau, Paris 1894.
  • Marcel Fournier: L’organisation du parti progressiste. Revue politique et parlementaire Nr. 41, 1897.
  • Fernand Samazeuilh: Nos notabilités du XIXe siècle : Médaillons bordelais. Féret et fils, Bordeaux 1896.
  1. Der Begriff „Radikalismus“ darf hier nicht so verstanden werden, wie er im deutschen Sprachgebrauch üblich ist, also als Teil des links- oder rechtsradikalen Spektrums. Der Artikel fr:Radicalisme#En France sagt dazu: „In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts bezeichnet der Begriff die Doktrin derjenigen, die das Erbe von 1789 für sich beanspruchen, die insbesondere durch den Antiklerikalismus und die Verteidigung des allgemeinen Wahlrechts geprägt ist.“
  2. Der Begriff bezeichnet in der Dritten Französischen Republik die Vereinigung der verschiedenen republikanischen Strömungen innerhalb einer Regierung oder bei Wahlen. Siehe hierzu weiterführend den Artikel fr:Concentration républicaine in der französischsprachigen Wikipédia.
  3. « fatalement destinés ... à marcher ensemble »
  4. Eine ausführliche Liste mit Belegen findet sich in der französischen Sprachversion dieses Artikels.

Einzelnachweise

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  1. a b Journal des débats vom 8. Oktober 1889 auf Gallica
  2. PATINOT Charles Philippe Georges. In: La France savante. Abgerufen am 5. Oktober 2023 (französisch).
  3. Aprile, S. 474 und 483
  4. Journal des débats vom 16. März 1889 auf Gallica
  5. SEBLINE Charles Ancien sénateur de l'Aisne werk=Sénat. Abgerufen am 6. Oktober 2023 (französisch).
  6. Barboux S. 447
  7. Bulletin du comité de l’Union libérale républicaine, S. 109–110
  8. Le Figaro vom 14. März 1890, Text von Gaston Calmette auf Gallica
  9. Journal des débats vom 24. April 1890 auf Gallica
  10. Journal des débats vom 5. Mai 1890 auf Gallica
  11. Journal des débats vom 8. April 1893 auf Gallica
  12. Augustin, Fernand Caillard d’Aillières. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 6. Oktober 2023 (französisch).
  13. Journal des débats vom 31. März 1892, Seiten 1 und 2 auf Gallica
  14. Bulletin du comité de l’Union libérale républicaine, Juni 1896 S. 41–49 (Bordeaux) und August bis Oktober 1897, S. 236–238 (Lille)
  15. Le Figaro vom 6. Juli 1899 auf Gallica
  16. Jacques, Gustave Piou. In: Assemblée nationale. Abgerufen am 7. Oktober 2023 (französisch).
  17. Journal des débats vom 28. Januar 1893 auf Gallica
  18. Journal des débats vom 14. April 1893 auf Gallica