Bauchige Windelschnecke

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Bauchige Windelschnecke

Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana)
(Skalierung in Millimeter)

Systematik
Unterordnung: Landlungenschnecken (Stylommatophora)
Überfamilie: Pupilloidea
Familie: Windelschnecken (Vertiginidae)
Unterfamilie: Vertigininae
Gattung: Vertigo
Art: Bauchige Windelschnecke
Wissenschaftlicher Name
Vertigo moulinsiana
Dupuy, 1849

Die Bauchige Windelschnecke (Vertigo moulinsiana) ist eine Schneckenart aus der Familie der Windelschnecken (Vertiginidae), die zur Unterordnung der Landlungenschnecken (Stylommatophora) gerechnet werden. Sie lebt bevorzugt im sumpfigen Verlandungsbereich stehender Gewässer, dort vor allem auf Großseggen (z. B. Sumpfsegge, Ufersegge oder Rispensegge). Der Boden typischer Standorte wird gekennzeichnet durch Nährstoffreichtum und oberflächennahes Wasser, und darf nicht allzu kalkarm sein.

Das Gehäuse misst in der Länge nur 2,2 bis 2,7 mm und in der Breite 1,3 bis 1,6 mm. Es ist bauchig-eiförmig. Die Mündung weist vier Vorsprünge (sogenannte „Zähne“) auf, die manchmal noch weitere, kleinere Zähnchen an der Basis haben können. Sie sollen Fressfeinde (z. B. räuberische Insektenlarven) und Parasiten am Eindringen in das Gehäuse hindern und das zu schnelle Austrocknen des Körpers verhindern. Fuß und Kopf der bauchigen Windelschnecke sind schwarz glänzend. Die Farbe des Gehäuses reicht von rotbraun bis hellgelblich; die Oberfläche ist glänzend. Die Gehäuse sind fast glatt, lediglich eine schwache Anwachsstreifung ist zu erkennen.

Geographische Verbreitung und Lebensraum

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Es gibt vereinzelte Vorkommen dieser Art in ganz Mittel- und Westeuropa, auf den britischen Inseln und den südlichen Gebieten Skandinaviens. Die nordafrikanische Küste ist die südlichste Region, an der bis jetzt eine Kolonie dieser Schneckenart entdeckt wurde.[1] Die größten Kolonien mit einer intakten Population befinden sich in Südostengland, in Irland und in Nordostdeutschland. In Schleswig-Holstein findet man sie im FFH-Gebiet Niehuuser Tunneltal und Krusau mit angrenzenden Flächen an der Grenze zu Dänemark[2] und im FFH-Gebiet Aassee und Umgebung in Strandseen an der Nordseite der Eckernförder Bucht.[3][4]

Im Osten reicht das Vorkommen bis in den Kaukasus. Die Art ist relativ empfindlich gegen tiefe Wintertemperaturen. Die isolierten Vorkommen in Mitteleuropa werden daher als Relikte der nacheiszeitlichen Warmzeit (Atlantikum, ca. 7200 bis 3800 v. Chr.) gedeutet. Dies ist allerdings umstritten.

Die bauchige Windelschnecke ist ein nachtaktives Tier. Tagsüber ruht sie mit ihrem Schleim festgeklebt an den Blättern größerer Seggen. Sie ist ein typischer Weidegänger, ihre Nahrung besteht aus Pilzen, die auf diesen Gräsern leben, ebenso wie aus Pollen und anderen pflanzlichen Partikeln. Die Bauchige Windelschnecke ist noch wenig erforscht. Aufgrund ihrer geringen Größe ist sie auf eine passive Verbreitung hauptsächlich durch Wasservögel angewiesen. So werden am Gefieder haftende Eier oder Jungtiere über einige Kilometer in neue, geeignete Lebensräume transportiert. Eine Verbreitung durch Wind, vergleichbar mit Pollen, kommt hingegen nicht in Frage, da die Bauchige Windelschnecke nicht die für einen solchen verlustreichen Weg erforderlichen Eier-Massen produzieren kann. Die Bauchige Windelschnecke vermehrt sich als gegenseitig befruchtender Zwitter, sie vermag sich allerdings auch selbst zu befruchten. Von Mai bis August legt sie eine kleine Anzahl weichschaliger Eier ab. Wie die Tiere den Winter überstehen, ist noch nicht vollständig geklärt. Sie wurden sowohl in Bodennähe zwischen organischem Material und Blättern als auch frei an den Blattunterseiten der Großseggen sitzend entdeckt. Harte Winter dezimieren die Populationen erheblich.

Die Bauchige Windelschnecke ist in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet vom Aussterben bedroht. Vor allem durch die Zerstörung ihres Lebensraumes ist sie stark gefährdet und ist in manchen europäischen Ländern schon ausgestorben (Niederlande?). In Deutschland steht sie auf der „Roten Liste“ und wird als stark gefährdet eingeschätzt.[5]

Holotypus

Für diese Art existieren eine ganze Reihe von Synonymen wie z. B. Pupa charpentieri Shuttleworth, 1852, Pupa laevigata v. Gallenstein, 1852, Vertigo limbata Partiot, 1855, Vertigo ventrosa Heynemann, 1862, Pupa kuesteriana Westerlund, 1875 sowie einige Falschschreibungen Pupa desmoulinsiana Jeffreys, 1855, Vertigo moulinsii Moquin-Tandon, 1855 und Vertigo demoulinsi Germain, 1913.

Im Juni 2002 wurde vom Leonberger Grafiker Günter Jacki Stücke eine Briefmarke mit einer Abbildung der Bauchigen Windelschnecke gestaltet und von der Deutschen Bundespost unter dem Motto „Bedrohte Tierarten“ gedruckt.[6] Die Schnecke wurde vom Stuttgarter Naturkundemuseum im Goldersbachtal bei Tübingen nach der FFH-Richtlinie 1999 gesammelt.[7] Im Jahre 2003 wurde sie zum Weichtier des Jahres gewählt.

  • Rosina Fechter und Gerhard Falkner: Weichtiere. 287 S., Mosaik-Verlag, München 1990 (Steinbachs Naturführer 10), ISBN 3-570-03414-3
  • Uwe Jueg: Die Verbreitung und Ökologie von Vertigo moulinsiana (DUPUY, 1849) in Mecklenburg-Vorpommern (Gastropoda: Stylommatophora: Vertiginidae). - Malak. Abh. Staatl. Mus. Tierkde. Dresden, 22: S. 87–124.
  • Michael P. Kerney, R. A. D. Cameron, Jürgen H. Jungbluth: Die Landschnecken Nord- und Mitteleuropas. 384 S., Paul Parey, Hamburg/Berlin 1983, ISBN 3-490-17918-8
  • Michael L. Zettler und Uwe Jueg: Verantwortung für wenig populäre Tiergruppen? Beispiel Egel, Höhere Krebse und Mollusken. Pulsatilla, 2001(4): S. 76–80, Bonn 2001 ZDB-ID 1412992-9

Einzelnachweise

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  1. M. B. Seddon, D. T. Holyoak: Land gastropoda of NW. Africa. New distributional data and nomenclature. Journal of Conchology, 34: S. 311–323, 1993 Abstract
  2. Managementplan FFH-Gebiet DE 1122-391 Niehuuser Tunneltal und Krusau mit angrenzenden Flächen. (PDF; 5860 kB) Karte 7 - Notwendige Erhaltungsmaßnahmen -. In: Landesportal Schleswig-Holstein. Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, 25. Juli 2016, abgerufen am 6. Oktober 2020 (Erhalt der bestehenden Populationen der Bauchigen Windelschnecke durch Schutz der Lebensräume).
  3. STANDARD-DATENBOGEN für besondere Schutzgebiete (BSG). vorgeschlagene Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (vGGB), Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung (GGB) und besondere Erhaltungsgebiete (BEG) DE1425330 Amtsblatt der Europäischen Union DE L 198/41. (PDF; 69 kB) 3.2. Arten gemäß Artikel 4 der Richtlinie 2009/147/EG und Anhang II der Richtlinie 92/43/EWG und diesbezügliche Beurteilung des Gebiets. In: Landesportal Schleswig-Holstein. Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein, Mai 2019, S. 4, abgerufen am 25. August 2021.
  4. Managementplan für das Fauna-Flora-Habitat-Gebiet DE-1425-330 „Aassee und Umgebung“. (PDF; 1222 kB) Karte 5 - Notwendige Erhaltungsmaßnahmen. In: Landesportal Schleswig-Holstein. Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung des Landes Schleswig-Holstein, 26. September 2017, abgerufen am 24. August 2021.
  5. Archivlink (Memento vom 28. September 2007 im Internet Archive)
  6. Archivierte Kopie (Memento vom 7. September 2012 im Webarchiv archive.today)
  7. Hans-Jörg Niederhöfer: Flora Fauna Habitatrichtlinie: FFH-Kartierung bedrohter Tierarten in Baden-Württemberg.