Cenote

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Der Cenote Sagrado von Chichén Itzá ist einer der bekanntesten Cenotes der Halbinsel Yucatán im Osten Mexikos

Ein Cenote (spanisch; mayathan ts’ono’ot, in Ortsnamen meist dzonot) ist eine Karsthöhle mit Grundwasserzugang, die oft durch Einsturz der Höhlendecke dolinenartig als großes Kalksteinloch vorliegt, das mit Süßwasser gefüllt ist und als Brunnen dienen kann.

Die Bezeichnung Cenote geht auf einen Ausdruck in der Sprache der Maya der mexikanischen Halbinsel Yucatán zurück, ts’ono’ot, der „Heiliger Quell“ bedeutet.[1] Mehr als tausend Cenotes sind im mexikanischen Bundesstaat Quintana Roo bekannt,[2] eine deutlich geringere Anzahl im benachbarten Bundesstaat Yucatán sowie in Belize. Insgesamt wird die Zahl an Cenotes auf der Halbinsel Yucatán auf über sechstausend geschätzt. Sie besitzen im Durchschnitt eine Tiefe von etwa 15 Metern, die zugehörigen Höhlensysteme vereinzelt auch von über 100 Metern.[2][3] Cenotes sind nicht nur auf der Halbinsel Yucatán zu finden, sondern auch in der Dominikanischen Republik,[4] sowie vereinzelt in Paraguay[5] und Peru.[6]

Entstehung, Eigenschaften und Nutzung

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Cenotes (spanische Pluralbildung; im Deutschen oft Cenoten genannt)[1] entstehen in meeresnahen Karstgebieten. Durch die Auflösung des Kalkgesteins bilden sich in Zeiten niedrigen Meeresspiegels in der vadosen Zone Höhlen und unterirdische Wasserläufe. Bei hohem Wasserstand wird die Höhlendecke durch statischen Auftrieb gestützt. Sinkender Wasserstand und damit verringerter Auftrieb begünstigt den Einsturz (englisch aston collapse) des darüber liegenden Gesteins. Es entsteht eine Tagöffnung, die in der Fachsprache auch Einsturzdoline genannt wird und bis zum Grundwasser (Aquifer) reichen kann.[7][8][9] Die Maya betrachteten diese Bildungen als Eingänge zur Unterwelt (xibalbá „Ort der Angst“) und nutzten sie häufig als religiöse Opferstätten. Die Höhlen galten als Sitz von Göttern der Unterwelt.[1]

Cenote in Valladolid

Die Cenotes in Yucatán stehen mit dem vermutlich größten zusammenhängenden Unterwasserhöhlensystem in Verbindung. Die beiden bisher längsten Systeme (Sac Actun mit 379 km und Ox Bel Ha mit 347 km) sind über jeweils mehr als 150 Cenotes zugänglich.[2] Die Gesamtlänge der 411 erforschten Unterwasserhöhlensysteme in Quintana Roo beträgt 1697 Kilometer (Stand Januar 2023).[10]

Forscher nehmen an, dass diese wasserführenden Höhlensysteme für die Verlagerung der Maya-Zivilisation in das Tiefland und insbesondere dann in den nördlichen Teil Yukatans von Bedeutung waren. Nach dem Kollaps der klassischen Mayakultur im Tiefland hatten die Zentren im Norden Yukatans noch einige Zeit Bestand. Die Maya nutzten die Cenotes als Brunnen. Da die Wasserversorgung in den meisten anderen Hochkulturen von großen oberirdischen Flüssen wie Nil, Euphrat, Indus oder Ganges abhängt, bezeichnen einige Forscher das Höhlensystem auch als „großen Strom der Maya“. Im 9. Jahrhundert gingen die Niederschlagsmengen jedoch deutlich zurück und es kam zu anhaltenden Dürreperioden. Auch für die Bewaldung auf Yucatán sind neben aktuellen Niederschlägen die aufgefüllten ausgedehnten unterirdischen Wasserkörper wichtig. Die Cenotes bilden während der Trockenzeit oft die einzigen Wasserstellen und sind dementsprechend von einer vielfältigen Fauna bewohnt.

Während der Regenzeit füllen die einsickernden Wassermassen den Aquifer. Dieses Süßwasser lagert sich innerhalb der meeresnahen Höhlen auf dem dichteren Salzwasser ab, als Süßwasserlinse, sodass beides kaum vermischt übereinander existiert. Dabei bildet sich hinsichtlich des Salzgehaltes eine Sprungschicht aus, eine sogenannte Halokline. Deren Schichtgrenze liegt meeresnah wenige Meter tief und bis zu etwa 30 Meter tief im Landesinneren. Durch Mischungskorrosion kommt es im Bereich der Halokline zu einer Verbreiterung des Höhlenquerschnitts.[11]

Cenote-Tauchen bei Tulúm, Mexiko
cutaway of cenote ik kil, at the bottom there is a pile of debris
Schematischer Querschnitt des 60 Meter tiefen Cenote Ik Kil – Wasserspiegel blau

An der Erforschung des Höhlensystems beteiligen sich Forscher aus aller Welt. In den 2010er Jahren untersuchten im Rahmen eines Projekts der Christian-Albrechts-Universität in Kiel Höhlentaucher und Wissenschaftler verschiedener Forschungsrichtungen einige Cenotes. Dabei wurden unter anderem Opfergaben wie Schmuck, Keramikgefäße und menschliche Überreste gefunden. Diese Spuren gelten als Zeichen, dass die Maya Menschenopfer durchführten, um die Götter gnädig zu stimmen, wie es bereits aus Untersuchungen der Kultstätte Chichén Itzá bekannt ist. Außerdem wurden die Höhlen als Friedhöfe genutzt. Die allermeisten Funde machten die Forscher in der Nähe der Höhleneingänge. Doch fanden sich in tieferen Höhlenbereichen auch prähistorische Zeugnisse menschlicher Aktivitäten, darunter eine 8500 Jahre alte Feuerstelle und ein Skelett. Diese Teile der Höhlen füllten sich erst einige Jahrtausende später mit Wasser, denn der Meeresspiegel lag damals rund 100 Meter unter dem heutigen Niveau.[1]

Auch Amateurtaucher haben sich immer wieder in das Höhlensystem hinab begeben, mehrere hundert sollen schon zu Tode gekommen sein. Gefahren ergeben sich nicht nur durch eine extreme Tiefe mancher Tunnelsysteme, völlige Dunkelheit, schmale Durchgänge und die teilweise scharfkantige Struktur der Wände und Decken. Durch Bewegungen oder Luftblasen der Tauchgeräte können sich zudem Ablagerungen lösen und Lawinen hervorrufen.[1]

Flora und Fauna

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Cenote Ik Kil mit Badenden

Die Ufer der Cenotesöffnungen sind mit Sumpfpflanzen und Seerosengewächsen (Nymphaeaceae) bedeckt, das blanke Gestein unter Wasser mit krustierend wachsenden Rotalgen (Rhodophyta). An den Ufern leben Sumpfschildkröten der Unterart Trachemys venusta venustra, fast ständig im Wasser die bissige Schlammschildkrötenart Kinosternon leucostomum.

Zur Fischfauna gehören die Buntbarsche Amphilophus robertsoni, Rocio gemmata und Friedrichsthals Buntbarsch (Parachromis friedrichsthalii), die im Osten Yukatans endemisch vorkommen, Paraneetroplus synspilus und der Schwarzgebänderte Buntbarsch (Rocio octofasciata); außerdem die blinde Brotulaart Typhliasina pearsei, der Spitzmaulkärpfling (Poecilia sphenops), Poecilia mexicana, der Segelkärpfling (Poecilia velifera), der Zweifleckkärpfling (Pseudoxiphophorus bimaculatus), die Schläfergrundel Gobiomorus dormitor, der Guatemala-Antennenwels (Rhamdia quelen) und die Salmlerarten Astyanax aeneus, Astyanax fasciatus und Astyanax mexicanus. Von Letzterem werden die Cenoten durch die „Normalform“ besiedelt, während die als Blinder Höhlensalmler bekannte blinde Höhlenform nur in drei Höhlen im zentralmexikanischen Bundesstaat San Luis Potosí vorkommt.[12][13]

Chicxulub-Krater

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Kraterrand bei Chicxulub auf der Halbinsel Yukatan

Im Nordwesten von Yukatan folgen wasserführende Schichten und dort entstandene Karsthöhlen einer großen Ringstruktur, die vor etwa 66 Millionen Jahren durch den Impakt eines Himmelskörpers gebildet wurde. Der Rand des entstandenen Chicxulub-Kraters ist inzwischen durch Sedimentation eingeebnet, lässt sich aber aufgrund der Unterschiede der unterliegenden Gesteine an Abweichungen der Schwerebeschleunigung erkennen. Diese Schwereanomalien zeigen eine ringförmige Impaktstruktur mit etwa 88 km Radius, die sich auf der Halbinsel Yukatan im Norden ungefähr als ein Halbkreis abzeichnet, den die Lage einer Reihe von Cenotes nachbildet.[14][15]

  • Florian Huber: Tor zur Unterwelt. In: Hörzu Wissen, Nr. 1, Februar/März 2014, S. 31 ff.
  • Matthias Bergbauer, Manuela Kirschner: Höhlentauchen, 1995
  • Florian Huber, Henning Engeln: Tauchgang ins Totenreich Archäologie unter dem Meeresspiegel, 2016
Commons: Cenote – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Huber: Tor zur Unterwelt.
  2. a b c Lange Unterwasserhöhlen in Quintana Roo Mexiko. NSS, Quintana Roo Speleological Survey (QRSS), 12. Januar 2023, abgerufen am 10. Juni 2023.
  3. P. A. Beddows: Yucatán Phreas. In: J. Gunn (Hrsg.): Encyclopaedia of Cave and Karst Science. Band 2. Fitzroy Dearborn / Taylor and Francis, New York 2004, ISBN 1-57958-399-7, S. 1677–1681 (englisch).
  4. Los mejores cenotes de la República Dominicana barcelo.com, 6. August 2019, abgerufen am 29. Oktober 2023 (spanisch)
  5. El cenote de Tavaí, Caazapá abc.com.py, 13. September 2021, abgerufen am 29. Oktober 2023 (spanisch)
  6. La Laguna de Chapalla, una joya por descubrir peru21.pe, 11. Juni 2023, abgerufen am 29. Oktober 2023 (spanisch)
  7. Antonio Núñez Jiménez: Clasificación genética de la cuevas de Cuba. Hrsg.: Instituto de Geografía, Departamento de Espeleología. Academia de Ciencias de Cuba, La Habana 1967, OCLC 493902746 (spanisch).
  8. R. J. Palmer, L. M. Heath: The Effect of Anchialine Factors and Fracture Control on Cave Development below Eastern Grand Bahama. In: British Cave Research Association (Hrsg.): Cave Science. Band 12, Nr. 3, 1985, ISSN 0263-760X, S. 93–97 (englisch).
  9. Robert J. Palmer: Hydrology and Speleogenesis beneath Andros Island. In: British Cave Research Association (Hrsg.): Cave Science. Band 13, Nr. 1, 1986, ISSN 0263-760X, S. 7–12 (englisch).
  10. Unterwasserhöhlen Vermessung in Quintana Roo Mexiko. NSS, Quintana Roo Speleological Survey (QRSS), 12. Januar 2023, abgerufen am 10. Juni 2023.
  11. Peter Smart, Patricia Beddows, Jim Coke, Stefan Doerr, Samantha Smith, Fiona Whitaker: Cave development on the Caribbean coast of the Yucatan Peninsula, Quintana Roo, Mexico. In: Russell Harmon, Carol Wicks (Hrsg.): Perspectives on Karst Geomorphology, Hydrology, and Geochemistry. 2006, ISBN 0-8137-2404-X, S. 105–128, doi:10.1130/2006.2404(10) (englisch, karstscience.com [PDF; 2,7 MB; abgerufen am 30. Januar 2022]).
  12. Werner Fiedler: In Cenotengewässern auf Yukatan. In: Aquaristik Fachmagazin. Band 43, 218, April/Mai. Tetra Verlag, 2011, ISSN 1437-4854, S. 36–47.
  13. Heiko Blessin: Im Reich der blinden Fische. In: Aquaristik Fachmagazin. Band 44, 227, Oktober/November. Tetra Verlag, 2012, ISSN 1437-4854, S. 52–59.
  14. Eugene Perry, Luis Marin, Jana McClain, Guadalupe Velazquez: Ring of Cenotes (sinkholes), northwest Yucatan, Mexico: Its hydrogeologic characteristics and possible association with the Chicxulub impact crater. In: Geology. Band 23, Nr. 1. The Geological Society of America, 1995, S. 17–20, doi:10.1130/0091-7613(1995)023<0017:ROCSNY>2.3.CO;2 (englisch, Abstract [abgerufen am 30. Januar 2022]).
  15. A. R. Hildebrand, M. Pilkington, C. Ortiz-Aleman, R. E. Chavez, J. Urrutia-Fucugauchi, M. Connors, E. Graniel-Castro, A. Camara-Zi, J. F. Halpenny, D. Niehaus: Mapping Chicxulub crater structure with gravity and seismic reflection data. In: The Geological Society (Hrsg.): Special Publications. Band 140. London 1998, S. 155–176, doi:10.1144/GSL.SP.1998.140.01.12 (englisch, Abstract [abgerufen am 30. Januar 2022]).