Ariadne auf Naxos

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Werkdaten
Titel: Ariadne auf Naxos

Emily Magee als Ariadne und Jonas Kaufmann als Bacchus, Salzburger Festspiele 2012

Form: 1) „Oper in einem Aufzuge. Zu spielen nach dem ‚Bürger als Edelmann‘ des Molière.“
2) „Oper in einem Aufzuge nebst einem Vorspiel“
Originalsprache: Deutsch
Musik: Richard Strauss
Libretto: Hugo von Hofmannsthal
Uraufführung: 1) 25. Oktober 1912
2) 4. Oktober 1916
Ort der Uraufführung: 1) Kleines Haus des Stuttgarter Hoftheaters
2) Wiener Hofoper
Spieldauer: 2) ca. 2 ¼ Stunden
Ort und Zeit der Handlung: Vorspiel: Wien, Ende des 17. Jahrhunderts;
Oper: Naxos, in mythischer Vorzeit
Personen

Vorspiel (2. Fassung)[1]

  • Der Haushofmeister (Sprechrolle)
  • Ein Musiklehrer (Bariton)
  • Der Komponist (Sopran)
  • Primadonna – Ariadne (Sopran)
  • Der Tenor – Bacchus (Tenor)
  • Der Offizier (Tenor)
  • Der Tanzmeister (Tenor)
  • Der Perückenmacher (hoher Bass)
  • Lakai (Bass)

Personen aus der Commedia dell’arte

Personen der Oper

Als Intermezzo (Charaktere aus dem Vorspiel):

  • Zerbinetta, Harlekin, Scaramuccio, Truffaldin, Brighella

Ariadne auf Naxos (op. 60) ist eine Oper von Richard Strauss. Das Libretto stammt von Hugo von Hofmannsthal. Die erste Fassung (TrV 228) war als Abschluss einer Aufführung von Molières Der Bürger als Edelmann vorgesehen, und so wurde sie am 25. Oktober 1912 im Stuttgarter Hoftheater uraufgeführt. Anschließend ersetzten Hofmannsthal und Strauss Molières Komödie durch ein neues „Vorspiel“. Die Uraufführung dieser zweiten Fassung (TrV 228a) fand am 4. Oktober 1916 in der Wiener Hofoper statt.

Die Rahmenhandlung der ersten Fassung (ohne Vorspiel) spielt im Haus eines reichen Mannes (Monsieur Jourdain aus Molières Der Bürger als Edelmann) in Paris. In der zweiten Fassung handelt es sich bei dem Besitzer um einen unbenannten Wiener Neureichen.[2] Die Bühne der zweiten Fassung beschrieb Hugo von Hofmannsthal detailliert in seinen Angaben für die Gestaltung des Dekorativen in Ariadne.[3]

Vorspiel – Im Palast eines Neureichen

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„Ein großer Saal im Barock- oder Rokokostil, in welchem die ‚Bühne‘ von Theaterarbeitern eben eingebaut wird, die Räume für die Garderoben der Sänger und Masken können außerhalb des Raumes angenommen werden oder gleichfalls in dürftiger improvisierter Weise in den Saal eingebaut werden, das Gesamtbild soll von dem einer ‚Probebühne‘ nicht sehr abweichen, die Rückseite von Prospekten und Kulissen darf und soll sichtbar werden, die Beleuchtung soll dürftig sein, kurz, das Ganze kann von einem geschickten Regisseur mit Hilfe jeder Operndekoration, die einen – nicht gerade mittelalterlichen – Saal darstellt, hergestellt werden.“

Hugo von Hofmannsthal[3]

Im Haus eines Neureichen soll die Opera seria Ariadne, unmittelbar danach ein derbes Tanzstück aufgeführt werden. Dem Musiklehrer des Opernkomponisten kommt dies zu Ohren, und er beschwert sich darüber beim Haushofmeister. Dieser entgegnet ihm, dass es allein die Sache des Hausherrn sei, was und in welcher Reihenfolge er es aufgeführt sehen wolle, denn schließlich bezahle er „das Spektakel“. Die Mitwirkenden der Stücke und der Komponist treffen allmählich ein, so auch Zerbinetta mit ihren vier Partnern (Harlekin, Brighella, Scaramuccio und Truffaldin), die zum lustigen Nachspiel der Oper tanzen sollen. Der Komponist ist von Zerbinetta, diesem „entzückenden Mädchen“, fasziniert. Dann nimmt der Musiklehrer seinen Zögling beiseite und erzählt ihm, was ihm zu Ohren gekommen sei. Der Komponist ist entrüstet. Niemals soll ein lustiges Tanzspiel nach seinem Kunstwerk aufgeführt werden. Da erscheint der Haushofmeister mit dem neuesten Befehl seines Herrn. Die Opera seria und die Opera buffa sollen gleichzeitig gegeben werden, das ganze Stück dürfe zudem nur eine Stunde dauern, denn danach (um neun Uhr) müsse unbedingt pünktlich das Feuerwerk für die Gäste beginnen.

Der Musiklehrer ist entsetzt, der Tanzmeister zuversichtlich. Er macht den Vorschlag, dass man zunächst von der Opera seria einiges kürzen solle und die Tanzszenen behutsam dort einbauen solle. Der Komponist ist zunächst entrüstet. Zerbinetta versteht es jedoch, ihn zu überzeugen, und erklärt das Stück aus ihrer Sicht:

„Das Stück geht so: Eine Prinzessin wurde von ihrem Bräutigam sitzengelassen, und ihr nächster Verehrer ist vorerst noch nicht angekommen. Die Bühne stellt eine wüste Insel dar. Wir sind eine muntere Gesellschaft, die sich zufällig auf der Insel befindet […] und sobald sich eine Gelegenheit bietet, treten wir auf und mischen uns in die Handlung.“[4]

Der Komponist ist hin- und hergerissen, überschwänglich feiert er die Macht der Musik: „Musik ist eine heilige Kunst.“[4] Als die Aufführung beginnen soll und Zerbinetta und ihre Begleiter auf die Bühne stürmen, schlägt seine Stimmung wieder um: „Wer hieß dich mich zerren in diese Welt hinein? Lass mich erfrieren, verhungern, versteinen in der meinigen!“[4]

Oper – Wilde Landschaft auf Naxos

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„Die Oper ‚Ariadne‘ ist, was Dekoration (und Kostüme) betrifft, nicht etwa parodistisch zu halten, sondern ernsthaft im heroischen Opernstil der älteren Zeit (Louis XIV. oder Louis XV.), ältere vorhandene Dekorationen zu Gluckschen Opern können zur Richtschnur dienen, eventuell wird auch aus solchem Material die Dekoration zusammengestellt werden können. Heroischer Meeresstrand mit einer Höhle, womöglich alte Kulissen (Bäume, Felsen) mit geraden Gassen. Das Ganze dem Poussinschen Stil angenähert. Die Höhle der Ariadne kann entweder plastisch oder flach gemalt sein, in letzterem Falle muß sie aber einen praktikablen Eingang haben.

Unerläßlich ist die Andeutung, daß hier ein Spiel im Spiele, eine Bühne auf der Bühne gemeint sei. Diese kann erfolgen durch ein eingebautes Proszenium als Bühnenrahmen mit vergitterten Logen sowie ein paar Statisten: auch drei im Stil des XVIII. Jahrhunderts in die heroische Bühne hineinhängende Kronleuchter werden zu dieser Illusion beitragen, die jeweils von dem Regisseur auch auf anderem Wege erzielt werden kann.“

Ariadne (Anne Schwanewilms), Zerbinetta (Ha Young Lee) und Singspiel-Truppe. Hamburgische Staatsoper, 2012
Ariadne (Anne Schwanewilms) und Bacchus (Johan Botha), Hamburg 2012

Die drei Nymphen Najade, Dryade und Echo bedauern Ariadne, die von ihrem geliebten Theseus auf der Insel Naxos verlassen wurde. Untröstlich klagt sie über die Hoffnungslosigkeit ihres Lebens. Sie wartet nur noch auf den Todesboten. Zerbinetta und ihre Gefährten versuchen, Ariadne mit Tanz und Gesang aufzuheitern. Dies jedoch misslingt. Danach versucht Zerbinetta in einem Gespräch unter vier Augen, von Frau zu Frau, Ariadne neuen Lebensmut zu geben (mit einer der spektakulärsten Koloraturarien): Großmächtige Prinzessin. Sie teilt Ariadne ihre Lebensphilosophie – insbesondere ihre Sichtweise über Liebe und Treue – mit: „Kam der neue Gott gegangen, hingegeben war ich stumm“,[4] kann Ariadne jedoch weder aufheitern noch überzeugen. Stumm zieht sich Ariadne in ihre Höhle zurück. Danach erscheinen wieder Zerbinettas Gefährten. Gekonnt kokettiert sie mit ihnen und verschwindet dann mit ihrem erwählten Harlekin.

Die drei Nymphen bemerken die Ankunft eines Fremden. Es ist der Gott Bacchus, welcher der Macht Circes entkommen konnte und von seinem Sieg über Circe berichtet. Ariadne erwacht aus ihrer leblosen Starre und glaubt beim Anblick Bacchus’, der Todesbote Hermes sei endlich angekommen. Bacchus wiederum, von der Schönheit Ariadnes fasziniert, glaubt, sie sei eine Zauberin von der Kategorie Circes. Beide überwinden ihre natürliche Scheu und erfahren durch das Wunder der Liebe eine sagenhafte Wandlung. Ariadne erwacht zu neuem Leben und der Gott Bacchus, der ebenfalls der Liebe abgeschworen hatte, kehrt zu einer neuen Liebe zurück:

„Deiner hab’ ich um alles bedurft! Nun bin ich ein anderer, als ich war, durch deine Schmerzen bin ich reich, nun reg’ ich die Glieder in göttlicher Lust! Und eher sterben die ewigen Sterne, eh’ denn du stürbest aus meinem Arm!“[5]

Zuvor hatte Zerbinetta, auf Bacchus und Ariadne weisend, mit spöttischem Triumph ihr Rondo wiederholt: „Kommt der neue Gott gegangen, hingegeben sind wir stumm!“[6]

Grundlage des Werks ist zunächst der Gegensatz zwischen hoher und niederer Kunst mit ihren Repräsentanten der heroischen Oper und der Komödie. Zugleich spielen die Autoren mit der Verbindung mehrerer Zeitebenen – der Zeit Molières, der Gegenwart des frühen 20. Jahrhunderts und zusätzlich mit der Antike, die durch den Ariadne-Mythos einfließt. Die Autoren griffen dazu in Text, Musik und Szene auf das Mittel des Zitats zurück, das sie auf vielfältige Weise nutzten. Ein auffällig anachronistisches Beispiel hierfür ist die Gestalt des Komponisten, der dem jungen „Amadé“ (Wolfgang Amadeus Mozart) nachgebildet ist, aber bereits Ideen und Worte späterer Zeiten (z. B. aus Büchners Woyzeck) verwendet („Jeder Mensch ist ein Abgrund“). Hofmannsthal erläuterte seine Absichten in mehreren Briefen an Strauss. Wichtig war ihm vor allem das „Allomatische“ (die innere Verwandlung). Am 28. Mai 1911 beschrieb er das „Eigentliche“ als das „seelische Gewebe“ und am 23. Juli als „das leuchtend-schimmernde Medium, worin die geistige Erscheinung erst wirklich Erscheinung wird“.[1]

Im Verlauf der Umarbeitung des ursprünglich geplanten kurzen Divertissements zur vollwertigen Oper verlor der zweite Protagonist Bacchus immer mehr an Bedeutung. Die Hauptfiguren wurden nun die gegensätzlichen Sopranrollen der Ariadne und der Zerbinetta. Beide sind vielschichtiger gestaltet, als der erste Anschein glauben lässt. Die oberflächlich und frivol scheinende Zerbinetta zeigt viel Verständnis für den Verlust Ariadnes, und auch die zunächst wie eine „stilisierte Figur“ wirkende Ariadne erweist sich als menschlich. Der ursprünglich intendierte Kontrast von Göttlichem (Ariadne) und Menschlichem (Zerbinetta) wurde um weitere Dualitäten erweitert. Walter Werbecks Richard-Strauss-Handbuch nennt in diesem Zusammenhang die Gegensätze von „Treue – Promiskuität“, „ewig – augenblicklich“, „Transzendenz – Illusion“ und „Negation – Akzeptanz“.[7]:202

Der Musikstil des in der zweiten Fassung ergänzten „Vorspiels“ unterscheidet sich deutlich von dem der eigentlichen „Oper“. Im Vorspiel herrscht ein leichter Parlando-Stil vor. Die Orchestereinleitung des Vorspiels nimmt bereits „wie bei einem Potpourri“ musikalische Motive vorweg, die erst im weiteren Verlauf ihre Bedeutung erhalten.[8] Das Vorspiel ist als durchkomponierte Großform mit rhythmisierten Rezitativen gestaltet. In der Oper bildete Strauss die geschlossenen Formen der älteren Operntypen von Opera seria und Opera buffa nach, die er allerdings nahtlos miteinander verknüpfte.[9]

Strauss zitiert in der Ariadne verschiedene ältere Werke. Harlekins „Lieben, Hassen“ basiert auf Mozarts Klaviersonate A-Dur KV 331. Das „Töne, töne, süße Stimme“ der Nymphen zitiert Franz Schuberts Wiegenlied D 498. Die Koloraturarie der Zerbinetta enthält zwar keine direkten Zitate, orientiert sich aber stilistisch an Komponisten wie Vincenzo Bellini oder Gaetano Donizetti.[7]:199

Die Orchesterbesetzung der Zweitfassung enthält die folgenden Instrumente:[1][8]

Nach der erfolgreichen Uraufführung des Rosenkavaliers Anfang 1911 beabsichtigten Strauss und Hofmannsthal, dem Regisseur Max Reinhardt für seinen Einsatz mit „einer kleinen Oper nur für Kammermusik“ (Brief Hofmannsthals vom 21. Januar 1911 an seinen Vater) zu danken. Mit Reinhardt wollte er zu dieser Zeit die Komödien Molières wiederbeleben. Schon im Februar beschloss er, das Sujet der verlassenen Ariadne mit einer der Komödien zu kombinieren. Auch der Entschluss, dem ernsten mythologischen Thema die leichten Figuren der Commedia dell’arte entgegenzusetzen, fiel schnell. Er teilte Strauss am 20. März brieflich mit, dass der Text der Oper im Kopf „so gut wie fertig“ sei. Zu dieser Zeit betrachtete er das Projekt nur als kleine „Zwischenarbeit“, mit der er lernen könne, wie „ein dramatisches Ganzes aufzubauen sei“, ohne auf Secco-Rezitative oder Prosa zurückzugreifen.[7]:195 Erste Pläne sahen noch Molières La comtesse d’Escarhagnas (1671) als Rahmen für die Oper vor.[1] Im Mai entschied er sich stattdessen für die Komödie Le bourgeois gentilhomme (deutsch: Der Bürger als Edelmann) von 1670, die ursprünglich mit Musik von Jean-Baptiste Lully versehen war.[7]:195 Diese sollte auf zwei Akte gekürzt, und anstelle der ursprünglichen abschließenden Türkenszene sollte nun die Ariadne-Oper gespielt werden.[8] Er sandte Strauss schon nach wenigen Tagen ein erstes Szenarium und bat ihn um Hinweise über die Position der gewünschten Musiknummern. Strauss antwortete am 22. Mai mit detaillierten Angaben über die Gesangsdisposition und der vorgesehenen Musikstücke, bei denen die Figur der Zerbinetta durch eine große Koloraturarie auffiel. Er deutete Hofmannsthal allerdings auch an, dass ihn das Projekt nicht besonders interessiere. Hofmannsthal beschrieb ihm daraufhin in mehreren Briefen die vorgesehene Struktur, und Anfang 1911 trafen sich die beiden in Garmisch.[7]:195 Die Arbeit am Libretto war am 12. Juli 1911 abgeschlossen. Ein Jahr später, am 21. Juli 1912 benachrichtigte Strauss Hofmannsthal von der Vollendung der Partitur.[1] Da das Werk ursprünglich für Reinhardts Berliner Schauspieltheater gedacht war, das keinen richtigen Orchestergraben besaß, sah die Musik ein Kammerorchester mit wenig mehr als dreißig Musikern vor.[7]:198

Wegen der Aufführungsproblematik dieser Kombination aus Schauspiel und Oper fand die Uraufführung am 25. Oktober 1912 nicht in einem Opernhaus, sondern im gerade eröffneten Kleinen Haus des Stuttgarter Hoftheaters statt. Der Titel dieser ersten Fassung des Werks (TrV 228) lautete vollständig Ariadne auf Naxos. Oper in einem Aufzuge. Zu spielen nach dem „Bürger als Edelmann“ des Molière. Die Inszenierung stammte von Max Reinhardt selbst, das Bühnenbild von Ernst Stern. Strauss dirigierte die ersten beiden Aufführungen. Die Folgeaufführungen leitete Max von Schillings.[8] Aus dem Ensemble des Stuttgarter Theaters wurden nur die Nebenrollen und die Mehrzahl der Instrumentalisten besetzt. Die Darsteller der Komödie waren Mitglieder von Reinhardts Berliner Schauspielensemble. Ansonsten setzte man auf bekannte Sängerstars.[1] Es sangen Maria Jeritza (Ariadne), Hermann Jadlowker (Bacchus), Curt Busch (Tanzmeister), Margarethe Siems (Zerbinetta), Albin Swoboda (Harlekin), Georg Mender (Scaramuccio), Reinhold Fritz (Truffaldin), Franz Schwerdt (Brighella), Margarethe Junker-Burchardt (Najade), Sigrid Onégin (Dryade), Erna Ellmenreich (Echo).[11] Noch im selben Jahr wurde das Werk an vierzehn weiteren Häusern gespielt, u. a. in Zürich und Prag. 1913 gab es siebzehn Aufführungen, beispielsweise in Berlin, Basel und London.[7]:203f Das Werk verschwand jedoch aufgrund der schwierigen Realisierung (zwei unterschiedliche Ensembles wurden benötigt)[2] fast überall innerhalb von drei Jahren von den Spielplänen. Nur in Stuttgart hielt es sich bis 1924.[1]

Die übermäßig langen Vorstellungen der ersten Fassung waren insgesamt nur von geringem Erfolg gekrönt. Auch Hofmannsthal empfand die Kombination von Oper und Schauspiel als „zu schematisch“ und „gezwungen“.[8] Er schrieb daher bis zum 12. Juni 1913 gegen den anfänglichen Widerstand des Komponisten ein neues Vorspiel zu Strauss’ Oper, das die Komödie ersetzen sollte[1] und sich ironisch mit der Entstehungsgeschichte des Werks selbst auseinandersetzt.[8] Der Handlungsort Paris wurde nicht mehr erwähnt. Die Rolle des Jourdain fiel fort. Besondere Bedeutung erhielt die neue Figur des Komponisten.[1] Strauss vertonte es erst nach Fertigstellung seines Balletts Josephs Legende und der Oper Die Frau ohne Schatten. Seine „neue Bearbeitung“ (TrV 228a) mit dem vollständigen Titel Ariadne auf Naxos. Oper in einem Aufzuge nebst einem Vorspiel enthält abgesehen von einer einzigen Ausnahme keine Motive der ursprünglichen Bühnenmusik zu Molières Komödie mehr.[8] Die Oper selbst wurde nur geringfügig überarbeitet. Strauss vereinfachte die Partie Zerbinettas und verstärkte die Apotheose der Liebe von Ariadne und Bacchus am Schluss.[1] Diese Fassung wurde am 4. Oktober 1916 an der Wiener Hofoper mit Erfolg uraufgeführt. Der Dirigent war Franz Schalk. Regie führte Wilhelm Wymetal. Das Bühnenbild basierte auf Entwürfen von Hans Püringer, und die Kostüme stammten von Heinrich Lefler.[8] Die Darsteller waren Anton August Stoll (Haushofmeister), Rudolf Hofbauer/Neuber (Musiklehrer), Lotte Lehmann/Marie Gutheil-Schoder (Komponist), Maria Jeritza (Primadonna/Ariadne), Béla von Környey (Tenor/Bacchus), Anton Arnold (Offizier), Adolph Nemeth (Tanzmeister), Gerhard Stehmann (Perückenmacher), Viktor Madin (Lakai), Selma Kurz (Zerbinetta), Hans Duhan (Harlekin), Hermann Gallos (Scaramuccio), Julius Betetto (Truffaldin), Georg Maikl (Brighella), Charlotte Dahmen (Najade), Hermine Kittel (Dryade), Carola Jovanovich (Echo).[12]

Die Bühnenmusik zum Bürger als Edelmann überarbeitete Strauss unabhängig von der Oper. Hofmannsthal erweiterte seine Fassung der Komödie um einen dritten Akt, zu dem Strauss ebenfalls Musik beisteuerte. Es gab nun siebzehn anstelle der ursprünglichen zehn Nummern, davon acht aus der ersten Fassung. Zwei Stücke übernahm Strauss aus Lullys ursprünglicher Musik.[1] Diese Fassung mit dem Titel Der Bürger als Edelmann. Komödie mit Tänzen von Molière. Freie Bühnenbearbeitung in drei Aufzügen (ohne die Ariadne-Oper)[8] wurde am 9. April 1918 in Berlin unter der Leitung von Einar Nilson in einer Inszenierung von Max Reinhardt uraufgeführt, aber nur 31 Mal gespielt.[7]:196[13]

Neun Instrumentalsätze aus der Bühnenmusik stellte Strauss anschließend zu der Orchestersuite Der Bürger als Edelmann zusammen, die am 31. Januar 1920 im Großen Saal des Wiener Konzerthauses unter der Leitung des Komponisten erstmals gespielt wurde.[8][14]

Alle vier Fassungen – Oper, Oper mit Vorspiel, Ballettmusik und Suite – versah Strauss ohne weitere Unterscheidung mit der Opus-Nummer 60 und widmete sie „Max Reinhardt in Verehrung und Dankbarkeit“.[8]

Obwohl sich die Oper erst in der zweiten Fassung ohne Molières Komödie dauerhaft durchsetzte, gab es auch einige Wiederbelebungsversuche der ersten Fassung:

Bedeutende Inszenierungen der zweiten Fassung waren:

Die Bühnenmusik der dritten Fassung wurde nur selten aufgeführt. Zu nennen sind hier eine Aufführung von 1924 unter der Leitung des Komponisten im Redoutensaal Wien und eine Produktion der Salzburger Festspiele 1939 (Regie: Heinz Hilpert, Dirigent: Rudolf Moralt).[1]

Ariadne auf Naxos ist vielfach auf Tonträger erschienen. Operadis nennt 64 Aufnahmen im Zeitraum von 1913 bis 2009.[18] Daher werden im Folgenden nur die in Fachzeitschriften, Opernführern oder Ähnlichem besonders ausgezeichneten oder aus anderen Gründen nachvollziehbar erwähnenswerten Aufnahmen aufgeführt.

Der Ariadneweg ist eine Sackgasse im Arabellapark, einem Wohn- und Gewerbegebiet im Münchner Stadtteil Bogenhausen. Der Arabellapark wird auch Richard-Strauss-Viertel genannt, in dem die Straßennamen nach dem Komponisten Richard Strauss und dessen Werken benannt sind. Hierzu gehört der Ariadneweg.

Commons: Ariadne auf Naxos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae Gernot Gruber und Rainer Franke: Ariadne auf Naxos. In: Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Band 6: Werke. Spontini – Zumsteeg. Piper, München/Zürich 1994, ISBN 3-492-02415-7, S. 103–107.
  2. a b David Murray: Ariadne auf Naxos (ii). In: Grove Music Online (englisch; Abonnement erforderlich).
  3. a b c Hugo von Hofmannsthal: Angaben für die Gestaltung des Dekorativen in Ariadne, abgerufen am 9. Mai 2018.
  4. a b c d Operntext nach: Hugo von Hofmannsthal: Ariadne auf Naxos (neue Bearbeitung 1916). In: Hugo von Hofmannsthal. Operndichtungen. Residenz, Salzburg 1994, S. 179–227; auch zeno.org
  5. Hugo von Hofmannsthal: Ariadne auf Naxos, projekt-gutenberg.org Eh denn du stürbest aus meinen Armen! zeno.org
  6. projekt-gutenberg.org zeno.org
  7. a b c d e f g h i j k l m n o Walter Werbeck (Hrsg.): Richard-Strauss-Handbuch. Metzler/Bärenreiter, Stuttgart/Weimar/Kassel 2014, ISBN 978-3-476-02344-5, S. 194–204.
  8. a b c d e f g h i j k Laurenz Lütteken: Richard Strauss. Die Opern. Ein musikalischer Werkführer. C. H. Beck, München 2013, ISBN 978-3-406-65487-9, S. 66–74.
  9. Ariadne auf Naxos. In: Rudolf Kloiber, Wulf Konold, Robert Maschka: Handbuch der Oper. 9., erweiterte, neubearbeitete Auflage 2002. Deutscher Taschenbuch Verlag / Bärenreiter, ISBN 3-423-32526-7, S. 703.
  10. Ariadne auf Naxos. Aufführungsmaterial bei Schott Music, abgerufen am 9. September 2021.
  11. 25. Oktober 1912: „Ariadne auf Naxos“. In: L’Almanacco di Gherardo Casaglia
  12. 4. Oktober 1916: „Ariadne auf Naxos“. In: L’Almanacco di Gherardo Casaglia
  13. 9. April 1918: „Der Bürger als Edelmann“. In: L’Almanacco di Gherardo Casaglia
  14. 31. Januar 1920: „Der Bürger als Edelmann“. In: L’Almanacco di Gherardo Casaglia
  15. a b Detlef Meyer zu Heringdorf: Das Charlottenburger Opernhaus 1912 bis 1961. Dissertation. Deutsche Oper Berlin 1988, ISBN 3-926412-07-0.
  16. Signale für die musikalische Welt. Heft 36/37, 1937, S. 489.
  17. Le Figaro vom 12. September 1937, S. 4.
  18. Diskografie zu Ariadne auf Naxos bei Operadis.
  19. a b c d e f g h i j k l Richard Strauss. In: Andreas Ommer: Verzeichnis aller Operngesamtaufnahmen (= Zeno.org. Band 20). Directmedia, Berlin 2005.
  20. a b c d e Hugo Shirley: Richard Strauss’s Ariadne auf Naxos – which recording should you buy? In: Gramophone, Februar 2014, abgerufen am 9. Mai 2018.
  21. a b c d Ariadne auf Naxos. In: Harenberg Opernführer. 4. Auflage. Meyers Lexikonverlag, 2003, ISBN 3-411-76107-5, S. 876–879.
  22. a b c d e Ariadne auf Naxos. In: Attila Csampai, Dietmar Holland: Opernführer. E-Book. Rombach, Freiburg im Breisgau 2015, ISBN 978-3-7930-6025-3.
  23. Preis der deutschen Schallplattenkritik: Bestenliste 2008, abgerufen am 5. Oktober 2022.