Jesse Jackson

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Jackson in der University of Chicago (2009)

Jesse Louis Jackson, Sr. (* 8. Oktober 1941 in Greenville, South Carolina, als Jesse Louis Burns) ist ein US-amerikanischer Politiker, Aktivist, Bürgerrechtler und Baptistenpastor. 1984 und 1988 bewarb er sich erfolglos für die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei.

Kindheit und Jugend

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Jackson wurde in Greenville, South Carolina geboren. Seine Eltern waren Helen Burns (1924–2015), eine damals sechzehnjährige Schülerin, und ein verheirateter Nachbar, der dreiunddreißigjährige ehemalige Boxer Noah Louis Robinson. Ein Jahr nach der Geburt von Jesse heiratete Helen Charles Henry Jackson, einen Postangestellten, der den Jungen später adoptierte. Jackson hatte bereits in der Schule Baseball gespielt und ein Stipendium für gute Sportler ermöglichte ihm das Studium. Die Identität seines biologischen Vaters wurde ihm erst als Schüler bekannt. Ein ausgeprägtes Ego und ein großes Streben um Anerkennung trotz seiner unehelichen Herkunft gilt als wesentlicher Antrieb Jacksons.[1] Sein Halbbruder Noah Robinson wurde später erst als Geschäftsmann zum Millionär und dann wegen Drogengeschäften (vgl. Black P. Stones bzw. El Rukn in Chicago) und Mordkomplotten zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt.[2][3]

Nach dem Besuch der University of Illinois und der North Carolina Agricultural and Technical State University begann er ein Theologiestudium am Theologischen Seminar von Chicago und trat der Southern Christian Leadership Conference unter Führung von Martin Luther King bei. Er war beim Attentat auf King anwesend, als dieser am 4. April 1968 in Memphis erschossen wurde. Er wurde ordiniert, obwohl er sein Studium nie abschloss.[1] Seine Behauptung, King sei in seinen Armen gestorben, stellte sich als falsch heraus. Jackson trat in den Folgetagen mit einem blutbefleckten Pullover im Fernsehen auf.[1]

Jackson 1983

Jackson gründete zwei gemeinnützige Organisationen, 1971 „PUSH“ (People United to Serve Humanity) und 1984 die „Rainbow Coalition“ (Regenbogenkoalition). Beide Gruppen wurden 1996 vereinigt. In den 1980er-Jahren war er der bekannteste afroamerikanische Politiker und wurde ein Vertreter der Bürgerrechte. Da sich Jackson auch als Anwalt der Afrikaner betrachtete, besuchte er beispielsweise 1972 das westafrikanische Liberia.

Jackson hat in den 1970er Jahren, insbesondere nach der Roe-v.-Wade-Entscheidung, die in der schwarzen Community umstrittene Abtreibung bekämpft und dies unter anderem mit einer PUSH-Kampagne religiös untermauert.[4] Später unterstützte er das Recht auf Abtreibung ohne Einmischung des Staates.

Jackson war an mehreren Verhandlungen mit ausländischen Staatsführern beteiligt, um die Freilassung amerikanischer Gefangener zu erreichen. So traf er Fidel Castro, Saddam Hussein und Slobodan Milošević. 1984 wurde der Marinepilot Robert Goodman von Syrien freigelassen. Ein Angebot, Botschafter in Südafrika zu werden, lehnte er ab.[5]

Jackson war für seine Kampagnen bekannt, wurde über Jahrzehnte nie in ein öffentliches Amt gewählt.[1] Von 1991 bis 1997 fungierte Jackson als Shadow Senator für die Bundeshauptstadt Washington, D.C.; dieses eher symbolische politische Amt, das im Bundesdistrikt allerdings offiziell gewählt wird, soll die Bemühungen Washingtons um ein volles Stimmrecht im Kongress unterstreichen. Jacksons Sohn Jesse Jr. wurde als Mitglied des Repräsentantenhauses auch Politiker und später wegen Missbrauchs von Wahlkampfgeldern zu einer Gefängnisstrafe verurteilt.

Jackson ist ebenfalls als leidenschaftlicher Redner in der Tradition von afroamerikanischen und Südstaaten-Prediger bekannt. Er sprach auf dem Millionen-Mann-Marsch von 1995 und nahm während der knappen Wahlentscheidung im Jahr 2000 an pro-demokratischen Demonstrationen in Florida teil. Er erschien 2003 auch auf mehreren Demonstrationen gegen den Irakkrieg.

Politisches Engagement

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1984 bewarb sich Jackson für die Präsidentschaftskandidatur der Demokratischen Partei. Mit 3,5 Millionen Stimmen wurde er unerwartet Dritter bei den parteiinternen Vorwahlen nach Gary Hart und Walter Mondale, der die Nominierung gewann. Seine Teilnahme steigerte die Bedeutung der schwarzen Wählerschaft für die Partei.

Jackson, der selbst vorher versucht hatte, die republikanische Partei für schwarze Wähler offener zu machen,[6] erlebte in der Folge einen deutlichen Bruch mit konservativen und israelfreundlichen Wählern.[5] Unter anderem kam es zu Konflikten um Jacksons arabische Verbindungen. Der sogenannte Hymie-Vorfall – Jackson hatte in einem Gespräch mit einem schwarzen Reporter der Washington Post New York mit einem antisemitischen Schlagwort (Hymie-Town) beschrieben – war ein heftiger Rückschlag für seine Kampagne.[7][8] Er bemühte sich um versöhnliche Gesten in der Folge, aber die Beziehungen zur jüdischen Gemeinde blieben belastet.[1] Auch die Verbindungen und Verbrechen seines Halbbruders belasteten seine Kampagnen. Bill Clinton wies später eine Bitte Jacksons, den Halbbruder zu begnadigen, zurück, während er andere Vorschläge Jacksons für präsidentielle Pardons genehmigte.[9]

Auch 1988 bewarb er sich um die Präsidentschaftskandidatur. Während seiner Kampagne argumentierte er, dass die republikanische Politik von Präsident Ronald Reagan die Uhr für die Bürgerrechte und die Armen in den Städten zurückdrehe. Er konnte sein Ergebnis von 1984 deutlich auf 6,9 Millionen Stimmen ausbauen und lag zeitweise bei den gewonnenen Delegiertenstimmen vorn. Am Ende unterlag er aber trotz 11 gewonnener Bundesstaaten Michael Dukakis.

Jackson, der seit 1963 verheiratet ist, hatte 2001 eine Affäre mit einer jungen Angestellten, aus der ein Kind hervorging. Dies bewog ihn, für eine kurze Zeit von seinen Aktivitäten Abstand zu nehmen. Im November 2017 gab Jackson bekannt, an Parkinson zu leiden.[10]

Bei einer Demonstration 1975

Innerparteiliche Positionen

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Jesse Jackson stand dem „Dritten Weg“ oder der eher gemäßigten Politik von Bill Clinton anfangs kritisch gegenüber. Er wurde dennoch zeitweise ein Verbündeter Clintons. Beim sogenannten Sister Souljah moment distanzierte sich Clinton aber indirekt von Jackson. Souljah hatte in Zusammenhang mit den Unruhen in Los Angeles 1992 mit der Aussage "If black people kill black people every day, why not have a week and kill white people?" für Aufsehen gesorgt, Jackson hatte sie in seine sogenannte Rainbow Coalition aufgenommen. Bill Clinton kritisierte beides in der Öffentlichkeit und setzte sich damit vernehmlich von Extremisten in der eigenen Partei ab.[11]

Jesse Jackson stand Barack Obama lange Zeit kritisch gegenüber. So warf er ihm 2007 unter anderem vor, sich wie ein Weißer zu benehmen.[12] Nach einem TV-Interview im Jahre 2008 äußerte Jackson, bei noch unwissentlich eingeschaltetem Mikro: "Ich würde ihm am liebsten die Eier abschneiden".[13] Auf der Siegesfeier nach der gewonnenen Präsidentschaftswahl in Chicago, am 4. November 2008, sah man ihn allerdings in der Menge stehen und Barack Obamas Rede mit Tränen in den Augen folgen.

Am 9. August 2000 überreichte Präsident Bill Clinton Jackson die Freiheitsmedaille („The Presidential Medal of Freedom“), die höchste zivile Auszeichnung in den USA.

Im Jahr 2002 führte Molefi Kete Asante ihn in der Liste der „100 Greatest African Americans“.

Kurze Ansprachen von Jesse Jackson sind bereits ab den 1960ern auf Schallplatten zu finden. So bevorwortete der Reverend die Live-LP Country Preacher des Cannonball Adderley Quintet. Das Jazz-Album war während einer Benefizveranstaltung der von Jackson geleiteten Operation Breadbasket entstanden. Sein kämpferischer Ausruf „You got to walk tall, walk tall! Walk tall!“ (in etwa „Geht aufrecht euren Weg!“) leitet das Album ein und gibt dem ersten Stück auch seinen Namen.

Als das auf Soul spezialisierte Plattenlabel Stax am 20. August 1972 mit Wattstax eine Art schwarzes Woodstock veranstaltete, war Jesse Jackson als Redner eingeladen. Teile seiner Begrüßungsansprache verwendete die schottische Band Primal Scream als alleinige Textelemente in ihrem Zehn-Minuten-Stück Come Together, zu finden auf dem von Andrew Weatherall produzierten Album Screamadelica (1991). Mit seiner Ankündigung des Gesangsquartettes The Soul Children und dessen Stück I Don't Know What This World Is Coming To schaffte es Jesse Jackson seinerzeit auch auf den dazugehörigen Festival-Sampler. Das kurze Exzerpt „Brothers and sisters, I don't know what this world is coming to“ ist seitdem unzählige Male prominent gesampelt worden, unter anderem von Public Enemy in Rebel Without a Pause und von M/A/R/R/S in Pump Up the Volume (UK Remix). Die Seite WhoSampled.com listet 149 Titel dazu auf.[14]

Sein auf derselben Veranstaltung wiederholt skandierter Slogan „I am somebody!“ leitet das Lied Hanna Hanna (1984) der englischen Band China Crisis ein.[15]

Der britische Reggae-Dub-Artist Mad Professor verwendet in seinem Dub Basking In Colonialism (1995) einen kurzen Ausschnitt aus Jacksons legendärer Democratic National Convention Address von 1984: “Our mission: to feed the hungry; to clothe the naked; to house the homeless; to teach the illiterate; to provide jobs for the jobless; and to choose the human race over the nuclear race.”[16]

Commons: Jesse Jackson – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikiquote: Jesse Jackson – Zitate (englisch)
Wikisource: Jesse Jackson – Quellen und Volltexte (englisch)

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Joyce Purnick and Michael Oreskes: Jesse Jackson Aims for the Mainstream In: The New York Times, 29. November 1987 
  2. Ronald Smothers: N. L. Robinson, Jesse Jackson’s Natural Father, Is Dead at 88. In: The New York Times. 30. Januar 1997, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 2. Januar 2017]).
  3. Life Term for Jesse Jackson’s Half-Brother. In: The New York Times. 23. August 1992, ISSN 0362-4331 (nytimes.com [abgerufen am 2. Januar 2017]).
  4. David T. Beito, Linda Royster Beito: Black Maverick: T.R.M. Howard’s Fight for Civil Rights and Economic Power. University of Illinois Press, Urbana, Ill. 2009, S. 206–216 (google.com).
  5. a b Justin Elliott, (16.12.2010) A White House campaign funded by … Libya?, Salon.com
  6. Nation: Wooing the Black Vote, 30. Januar 1978 
  7. Gigi Anders: "Hymietown" Revisited. In: American Journalism Review ajrarchive.org. Mai 1999, abgerufen am 11. Januar 2017.
  8. BOB FAW, NANCY SKELTON: The 'Hymie' Incident : Jesse Jackson Claimed His Comments Were Harmless. But With a Few Phrases, He Tore at the Fragile Bonds Between Blacks and Jews. An Excerpt From a New Book Chronicling the Jackson Campaign. In: Los Angeles Times. 19. Oktober 1986, ISSN 0458-3035 (latimes.com [abgerufen am 11. Januar 2017]).
  9. 2 Jackson Pals Won Clemency. In: tribunedigital-chicagotribune. (chicagotribune.com [abgerufen am 2. Januar 2017]).
  10. Bürgerrechtler Jesse Jackson hat Parkinson. In: merkur.de. 17. November 2017, abgerufen am 2. September 2020.
  11. Clarence Page: Culture Worrier: Selected Columns 1984–2014: Reflections on Race, Politics and Social Change. Agate Publishing, 2014, ISBN 978-1-57284-742-2, Weaponized Umbrage.
  12. Sebastian Moll: Jesse Jackson kritisiert Barack Obama: Wie ein Weißer. In: taz.de. 28. August 2008, abgerufen am 2. September 2020.
  13. Obama-Beschimpfung: Jesse Jackson bedauert verbalen Tiefschlag. In: Spiegel Online. 10. Juli 2008, abgerufen am 2. September 2020.
  14. Whosampled: (Brothers and Sisters) I Don't Know What This World Is Coming To.
  15. Hanna Hanna auf dem YouTube-Kanal von China Crisis.
  16. Jesse Jackson: „The Rainbow Coalition“. In: americanrhetoric.com. 18. Juli 1984, abgerufen am 2. September 2020.
  17. I Don't Know What This World Is Coming To: Jesse Jackson - Samples, Covers and Remixes. In: whosampled.com. 3. April 2000, abgerufen am 2. September 2020 (englisch).