Madonna vor der Girlande

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Madonna vor der Girlande (nach Antonio Rosselino)
Madonna vor der Girlande
nach Antonio Rosselino, zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts
Relief aus Stuck
71 × 45,5 x 6 cm
Bode-Museum, Berlin (Ident.Nr. 1718)
Vorlage:Infobox Gemälde/Wartung/Museum

Die so genannte Madonna vor der Girlande ist ein gerahmtes, vergoldetes und gefasstes Stuck-Relief aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts,[1] das eine sitzende Madonna mit dem Jesuskind auf dem Schoß zeigt. Es wird in der Skulpturensammlung der Staatlichen Museen zu Berlin im Bode-Museum aufbewahrt. In seiner Komposition stimmt die Madonna mit Kind mit einem Antonio Rossellino zugeschriebenen Marmorrelief in der Eremitage in St. Petersburg überein;[2][3] ob es sich um eine Reproduktion handelt und ob es ebenfalls in der Werkstatt Antonio Rossellinos hergestellt wurde, ist unklar. Von dem Motiv sind einige Kopien überliefert; gelegentlich tauchen solche Reliefs auch auf dem internationalen Kunstmarkt auf.[4]

Material, Technik und Erhaltungszustand

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Das Berliner Relief besteht aus Gipsstuck;[5] vermutlich handelt es sich um einen überarbeiteten Abguss. In den Hautpartien (Inkarnat) und im Hintergrund ist es farbig gefasst; Rahmung, Gewand, Nimbus, Sessel und die namengebende Girlande sind vergoldet. Die sichtbare Fassung des Reliefs ist nicht ursprünglich, sondern geht auf spätere Überarbeitungen zurück.

Das hochrechteckige Relief besitzt eine Pilasterrahmung mit Gebälk. Die Schäfte der von korinthisches Kapitellen abgeschlossenen Pilaster zeigen aus Vasen aufsteigende Pflanzenornamente. Die Sockelzone und das Gebälk sind reich mit Rankenornamenten, Blattfriesen, einem Perlstab und einem Eierstab verziert.

Madonna und Kind

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Die Madonna wird dem Betrachter sitzend in Dreiviertelansicht präsentiert. Am linken Bildrand ist an einer Volute ein Thron zu erkennen, den das Gewand der Maria beinahe vollständig verdeckt. Das Gewand besteht aus einem Obergewand und einem Unterkleid. Ihr Körper ist leicht nach rechts gewandt, ihr Blick auf das Kind gerichtet. Zwischen den Köpfen der Maria und des Jesuskindes ist eine schmale Lücke zu erkennen, die in etwa der Mittelachse entspricht. Auf ihrem Schoß sitzt das Jesuskind, dessen Oberkörper sie mit ihrer rechten Hand stützt. Mit leichter Neigung des Kopfes schaut sie auf das Kind hinab. Die Köpfe der Maria und des Kindes überragen scheibenartige goldene Heiligenscheine; bei Christus in Form eines Kreuznimbus. Das Haupt der Madonna ist von einem transparenten weißen Schleier bedeckt, dessen Ende das Kind zum Teil umhüllt, sein Geschlecht jedoch sichtbar lässt. An seinen Handgelenken sowie am Hals trägt es roten Korallenschmuck.

Die Autorschaft des Berliner Reliefs lässt sich nicht eindeutig bestimmen; Thesen zur Zuschreibung knüpfen sich deshalb vor allem an das Marmorrelief in St. Petersburg. Neben Antonio Rossellino werden hierfür die Quattrocento-Bildhauer Desiderio da Settignano, Francesco di Simone Ferrucci und Domenico Rosselli in Betracht gezogen.[6] Allerdings gibt es auch Zweifel an der Datierung ins 15. Jahrhundert: als möglicher Autor des Reliefs in St. Petersburg ist in diesem Zusammenhang auch Giovanni Bastianini, ein gelegentlich der gezielten Nachahmung älterer Bildwerke verdächtigter Bildhauer des 19. Jahrhunderts, genannt worden. Der britische Kunsthistoriker John Pope-Hennessy geht von einer Arbeit Antonio Rossellinos aus (1980).[7]

Wahrscheinlich handelte es bei dem Madonnenrelief um ein zur privaten Andacht hergestelltes Werk.

Bis zum Erwerb des Reliefs im Jahr 1890 in Florenz[5] für die Skulpturensammlung Berlin sind keine Auftraggeber oder Besitzer dokumentiert.

  • Frida Schottmüller: Die Bildwerke in Stein, Holz, Ton und Wachs. Die italienischen Bildwerke der Renaissance und des Barock. Hrsg.: Kaiser-Friedrich-Museum Berlin (Staatliche Museen zu Berlin). Band 2, Berlin 1933.
  • Genevieve Bresc-Bautier (Hrsg.): Les sculptures europeennes du musée du Louvre, Paris 2006.
  • Sergej Androsov: Museo Statale Ermitage – La scultura italiana dal XIV al XVI secolo, Mailand 2008, S. 26–29.
  • Heinz Gottschalk: Antonio Rossellino, Liegnitz 1930.
  • Leo Planiscig: Bernardo und Antonio Rossellino, Wien 1942.
  • John Pope-Hennessy: The forging of Italian Renaissance Sculpture, in: The Study and Criticism of Italian Sculpture, New York 1980, S. 223–270, S. 239.
  • Giancarlo Gentilini: Bastianini e i falsi da museo, in: Gazetta Antiquaria 2 (1988), S. 35–47.
  • Giancarlo Gentilini: Bastianini e i falsi da museo, in: Gazetta Antiquaria 3 (1988), S. 27–43.
  • Anita F. Moskowitz: The Case of Giovanni Bastianini: A Fair and Balanced View, in: Artibus et Historiae 25 (2004), S. 157–185.
  • Anita F. Moskowitz: The Case of Giovanni Bastianini – II: A Hung Jury?, in: Artibus et Historiae 27 (2006), S. 201–217.
  • Anita F. Moskowitz: Forging Authenticity – Bastianini and the Neo-Renaissance in Nineteenth-Century Florence, Florenz 2013, S. 102; siehe in dem Buch auch die aktuellste Bibliografie zu Bastianini.
  • Francesco Negri Arnoldi: An Exhibition of Italian Sculpture in London, in: The Burlington Magazine 114 (1972), S. 646–653.
  • Marco Pizzo: Katalogbeitrag 26: Bottega di Antonio Rossellino, Madonna con il Bambino, in: Davide Banzato, Franca Pellegrini, Monica De Vincenti (Hrsg.): Dal Medioevo a Canova – Sculture dei Musei Civici di Padova dal Trecento all’Ottocento (Ausst.-Kat. Padua, Musei Civici agli Eremitano, 20.2.–16.7.2000), Venedig 2000, S. 103–104.
  • Alfredo Bellandi: Gregorio di Lorenzo – il maestro delle madonne di marmo, Morbio Inferiore 2010, S. 340, Nr. III.1.59.
  • Birgit Langhanke: Die Madonnenreliefs im Werk Antonio Rossellino. Dissertation, LMU München: Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften, München 2013.

Einzelnachweise

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  1. Madonna vor der Girlande. In: Staatliche Museen zu Berlin - Datenbank. SMB Berlin, abgerufen am 9. Juli 2020.
  2. Museo Statale Ermitage: La scultura italiana dal XIV al XVI secolo. Hrsg.: Sergej Androsov. Mailand 2008, S. 317 f.
  3. Eremitage Museum: Madonna and Child (Relief). In: Online Datenbank Eremitage Museum. Abgerufen am 5. Juli 2020 (englisch).
  4. Barnebys Auctions: Madonna and Child. In: Barnebys Auctions. Abgerufen am 5. Juli 2020 (englisch).
  5. a b Frida Schottmüller: Die Bildwerke in Stein, Holz, Ton und Wachs, Bände 1-2 Staatliche Museen zu Berlin : Die Bildwerke des Kaiser-Friedrich-Museums. Die italienischen Bildwerke der Renaissance und des Barock. Hrsg.: Kaiser-Friedrich-Museum Berlin. Band 1-2. De Gruyter, Berlin 2013, S. 50.
  6. Birgit Langhanke: Die Madonnenreliefs im Werk Antonio Rossellino. Dissertation. Hrsg.: LMU München: Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften. München 2013, S. 286.
  7. John Pope-Hennessy: The forging of italian renaissance sculpture. In: The study and criticism of Italian sculpture. New York 1980, S. 239.