Anne de Bretagne

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Anna von Bretagne)
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Anne de Bretagne, Ausschnitt aus einem Gemälde von Jean Bourdichon

Anne de Bretagne, auch Anne/Anna von (der) Bretagne (bretonisch Anna Breizh; * 25. Januar 1477 in Nantes; † 9. Januar 1514 in Blois), war zwischen 1489 und 1491 und von 1498 bis zu ihrem Tod Herzogin der Bretagne. Sie war durch ihre Ehen auch Erzherzogin von Österreich (1490–1491), Königin von Frankreich (1491–1498), Königin von Sizilien und Jerusalem und erneut Königin von Frankreich (1499–1514) sowie Herzogin von Mailand. Bekannt wurde sie unter anderem durch ihr Interesse an den von ihr geförderten Künsten.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anne erhält von Antoine Dufour ein Buch. Miniatur, die dem Maler Jean Bourdichon zugeschrieben wird, entstanden um 1508. „Musée Dobrée“, Nantes.

Kindheit[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Anne war die älteste Tochter von Herzog Franz II. der Bretagne (1435–1488) und seiner zweiten Gemahlin Margarete von Foix, Infantin von Navarra (um 1449–1486). Ihre jüngere Schwester Isabeau starb schon 1490 in jugendlichem Alter.[1] Ihr Vater hatte auch mehrere Kinder von seiner Mätresse Antoinette de Maignelais, mit denen Anne vermutlich gemeinsam aufwuchs.[2]

Da Franz II. keine legitimen Söhne hatte, wurde Anne als seine Erbtochter nach den Konventionen der Prinzenerziehung auf die Übernahme der Herrschaft in der Bretagne vorbereitet. Dem Herzog ging es vor dabei vor allem um die Erhaltung der Unabhängigkeit seines Reichs von Frankreich. Annes Erziehung und Bildung wurde in die Obhut von Françoise de Dinan gegeben, die einer der ältesten und vornehmsten Familien (Haus Dinan-Rohan) der Bretagne entstammte. Unter ihrer Aufsicht wurde Anne in mehreren Sprachen, u. a. Französisch, Bretonisch und Latein, unterrichtet. Daneben erhielt sie Lektionen in Tanz, Musik, Literatur, Malerei, Stickerei, Geschichte, Gesetzgebung und Geographie.[3]

Gemäß dem vor dem Bretonischen Erbfolgekrieg geltenden Erbfolgerecht hatten zwar adlige Frauen im Fall des Aussterbens der männlichen Linie Thronfolgerinnen werden können, doch war später festgelegt worden, dass im Fall des Fehlens eines männlichen Erben aus dem Haus Montfort (dessen letzter Vertreter Franz II. war) die Erben der Gräfin Johanna von Penthièvre zum Zug kommen sollten. Diese Erbin war die Gräfin Nicole von Penthièvre, die 1480 ihre Thronfolgerechte um 50.000 Livres an den französischen König Ludwig XI. verkaufte.[4]

Um die Thronfolge Annes in der Bretagne gegen die Ansprüche Ludwigs XI. zu sichern, schmiedete Franz II. für seine Tochter frühzeitig Heiratspläne. Durch die hiermit in Aussicht gestellte Eheverbindung samt Anspruch auf die Bretagne versuchte er Verbündete gegen Frankreich zu gewinnen. Dabei führte er mit verschiedenen französischen und ausländischen Fürsten Heiratsverhandlungen. 1480 wurde Anne offiziell dem englischen Thronfolger Eduard V., dem ältesten Sohn König Eduards IV., als Braut versprochen. Kurz nach dem Tod Eduards IV. (9. April 1483) wurde Eduard V. vom Regenten Englands, dem späteren König Richard III., gemeinsam mit seinem Bruder im Tower festgesetzt. Es gab keine Zeugen, die die beiden Knaben nach dem Jahre 1483 gesehen haben, so dass allgemein davon ausgegangen wird, dass sie in diesem Jahr starben.[5]

Begehrte Heiratskandidatin im Guerre folle[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als der französische König Ludwig XI. am 30. August 1483 starb, verfolgte dessen Tochter Anne de Beaujeu, die als Regentin für ihren minderjährigen Bruder, den König Karl VIII. fungierte, die Pläne zur Annexion der Bretagne durch Frankreich weiter. Mehrere gegen Franz II. und vor allem gegen dessen einflussreichen Günstling Pierre Landais revoltierende bretonische Adlige – darunter der Marschall Jean IV. de Rieux und der Fürst von Orange (ein Cousin von Herzog Franz II.) – mussten sich nach Frankreich zurückziehen und unterzeichneten mit Anne de Beaujeu am 22. und 28. Oktober 1484 den Vertrag von Montargis. Sie anerkannten darin König Karl VIII. als Nachfolger von Franz II., falls dieser ohne männlichen Erben sterben sollte.[1]

Andererseits wurde der Hof des Herzogs der Bretagne aufs Neue der Sammelplatz unzufriedener französischer Adeliger, die den Feudalismus vor der Unterdrückung durch die stärker werdende königliche Zentralgewalt zu retten suchten. Vor allem Ludwig, Herzog von Orléans (der spätere französische König Ludwig XII.) akzeptierte die Regentschaft von Anne de Beaujeu und deren Gatten nicht. Er war von Ludwig XI. zwangsweise mit dessen missgestalteter Tochter Jeanne verheiratet worden und hatte gleich nach dem Tod des Königs noch im August 1483 Geheimverhandlungen mit dem bretonischen Herzog aufgenommen, um nach der von ihm angestrebten Annullierung seiner Ehe mit Jeanne eine neue Ehe mit Anne de Bretagne einzugehen. Diesem Heiratsprojekt stand Herzog Franz II. wohlwollend gegenüber. Ludwig von Orléans sollte seine Heirat mit Anne aber erst nach seiner Thronbesteigung 1498 realisieren können. Da er seine politischen Ziele gegen die Regentschaft der Beaujeu nicht durchzusetzen vermochte, stiftete er 1485 mit anderen adligen Opponenten wie dem Grafen von Dunois, dem bretonischen Herzog und Alain d’Albret eine zum Guerre folle („verrückter Krieg“) ausartende Revolte an.[6]

Trotz des Vertrags von Montargis war ein Teil des bretonischen Adels dem Herzog Franz II. treu geblieben. Dieser berief im Februar 1486 eine Versammlung des Adels und der Stände in Rennes ein und ließ sie Anne und deren Schwester Isabeau mangels eines männlichen Erben als Thronfolgerinnen anerkennen und ihnen die Treue schwören. Dafür versprach der Herzog, seine Töchter nur mit Zustimmung der Stände zu verheiraten.[7] Nach dem Tod des Ministers Landois (Juli 1485) hatten sich auch der Marschall de Rieux, der Prinz von Orange und andere unzufriedene bretonische Adlige wieder mit Franz II. versöhnt.

Der Herzog von Orléans hatte unter seinen Mitstreitern gegen die französische Zentralregierung Mitbewerber um die Hand Annes. Sie wollten sich ebenso wie Ludwig von Orléans durch die Heirat mit der Erbtochter Franz’ II. in den Besitz der Bretagne setzen. Der Prinz von Orange schlug den ebenfalls zur Allianz gegen den französischen König gehörenden Erzherzog Maximilian (der spätere römisch-deutsche Kaiser Maximilian I.) als Ehemann für Anne vor. Der Graf von Comminges unterstützte Alain d’Albret als Heiratskandidaten für die bretonische Prinzessin. Alain d’Albret war aber bereits über 40 Jahre alt. Der Marschall de Rieux empfahl François de Rohan, ältester Sohn des Vicomte Jean II. de Rohan, als Bräutigam für Anne. Herzog Franz II. lehnte indessen das letztgenannte Heiratsangebot ab.[8][9]

Bevor eine Entscheidung hinsichtlich Annes Verheiratung erfolgte, führte die von Franz II. den aufständischen französischen Adligen gewährte Hilfe zum Einfall königstreuer französischer Truppen in die Bretagne. Durch die entscheidende Niederlage der Bretonen und ihrer Verbündeten in der Schlacht bei Saint-Aubin-du-Cormier (28. Juli 1488), nach welcher der Herzog von Orléans und der Prinz von Orange in Gefangenschaft gerieten, musste Herzog Franz II. am 19. August 1488 den Vertrag von Sablé unterschreiben. Darin sagte er sich von aller Verbindung mit den Feinden des französischen Königs los und versprach, seine Töchter nicht ohne Einwilligung des französischen Königs zu vermählen. Kurz darauf, am 9. September 1488, starb Franz II.[8]

Erhebung zur Herzogin der Bretagne[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Mit zwölf Jahren wurde Anne Herzogin der Bretagne. Die Regentschaft für die minderjährige Herzogin übernahmen Marschall de Rieux und Alain d’Albret, ein Halbbruder von Franz II. Zu Annes Beraterstab zählten auch die Grafen von Dunois und Comminges sowie der Kanzler Montauban. Gouvernante von Anne blieb Madame de Dinan-Laval. Alain d’Albret erneuerte seine Versuche, die Hand der jungen Herzogin zu erhalten und wurde dabei von Annes Erzieherin und dem Marschall de Rieux unterstützt. Er konnte auch ein ihm vom verstorbenen Herzog gegebenes schriftliches Heiratsversprechen vorweisen und wandte sich an den Papst zum Erhalt der nötigen Dispens für die Ehe mit Anne. Diese lehnte aber das Eheprojekt entschieden ab und erhob laut einer Urkunde vom Dezember 1488 formell dagegen Einspruch. Wütend zogen sich Rieux und Albret nach Nantes zurück.[10]

Die französische Regentin hatte inzwischen Boten zu Anne gesandt, um ihr die offizielle Annahme des Titels einer Herzogin untersagen zu lassen, solange nicht zu diesem Zweck ernannte Kommissare eine Entscheidung getroffen hätten. Anne protestierte dagegen; im Januar 1489 kam es zu neuen Gefechten zwischen bretonischen und französischen Heeren.[8] Rieux und Albret verwehrten Anne den Einlass in Nantes, als sie dort Zuflucht suchen wollte. So wich sie nach Rennes aus und wurde am 10. Februar 1489 in der dortigen Kathedrale zur Herzogin der Bretagne gekrönt. Sie erneuerte die Verträge ihres Vaters mit England, Kastilien und dem inzwischen zum römisch-deutschen König aufgestiegenen Erzherzog Maximilian und erhielt von ihnen einige militärische Unterstützung. Am 22. Juli 1489 schlossen König Karl VIII. und Maximilian den Vertrag von Frankfurt, in dem beide Herrscher Anne als legitime Herrscherin der Bretagne anerkannten. Auch sollten die französischen Truppen aus der Bretagne abziehen, wenn Annes englische und kastilische Hilfstruppen heimkehrten. Etwa zur gleichen Zeit söhnte sich der Marschall von Rieux mit Anne aus.[11]

Ehe mit Maximilian I.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Stellvertreter Polheim bestieg in voller Rüstung das Hochzeitsbett, um mit seinem entblößten Knie Anne zu berühren.[12]
(Illustration aus La Lecture Journal des Romans N°83, 1857)

Im Frühjahr 1490 unternahm Anne eine zweimonatige Rundreise durch die Bretagne, um mit dem Volk Fühlung aufzunehmen.[13] Zur Besänftigung ihrer bretonischen Unzufriedenen berief sie im Juli 1490 die Stände ihres Herzogtums ein und bewilligte u. a. dem Marschall de Rieux eine Zahlung von 100.000 Talern sowie eine jährliche Pension von 12.000 Livres und ihrer Gouvernante Madame de Dinan-Laval eine Zahlung von 100.000 Talern.[14]

Am 19. Dezember 1490 schloss der römisch-deutsche König Maximilian I., ein 31-jähriger Witwer, mit der knapp 14-jährigen Waise die Ehe per procurationem. Die Trauung fand in der Kathedrale von Rennes statt. Stellvertretend für Maximilian stand Wolfgang Freiherr von Polheim an der Seite von Anne. Da die Einwilligung des französischen Königs zu der Heirat nicht eingeholt worden war, wie im Vertrag von Sablé festgelegt, protestierte Karl VIII. offiziell gegen die Eheschließung.[15] Seine Regentschaftsregierung duldete die dauerhafte Verbindung der Bretagne mit Maximilian und dem Heiligen Römischen Reich nicht. Hierdurch wären Frankreichs West- und Ostgrenzen bedroht gewesen. Französische Truppen marschierten in die Bretagne ein, und Alain d’Albret übergab ihnen wegen seines Ärgers über Annes Heirat mit Maximilian im März 1491 das stark befestigte Nantes. Aus Finanznot konnte Maximilian seiner Braut keine größeren Hilfstruppen schicken. Die Bretonen waren auf sich allein gestellt, die französische Armee rückte rasch vor und belagerte lange den bretonischen Hof und die Herzogin in Rennes. Die schlecht bezahlten englischen und deutschen Söldner drohten abzuziehen. Da Maximilians Hilfe ausblieb und seine Ehe mit Anne nicht vollzogen worden war, fanden ab Oktober 1491 Geheimverhandlungen zwischen Franzosen und Bretonen zur Beilegung des Konflikts statt.[16]

König Karl VIII. hatte sich selbst in die Bretagne begeben und betrieb, obwohl er symbolisch mit Margarete, einer Tochter Maximilians, vermählt war, seine Heirat mit Anne, wofür seine und Annes bisherige Ehe annulliert werden mussten. Er ließ u. a. den mittlerweile freigelassenen Herzog von Orléans für sich als Brautwerber auftreten. Obgleich Anne einer Heirat mit dem französischen König abgeneigt war, kam es schließlich zu einem Treffen der beiden Herrscher, das zu ihrer Annäherung führte. Am 15. November 1491 wurde ein Friedensvertrag unterzeichnet, in dem das Eheprojekt nicht erwähnt war. Am 19. November verlobte sich Anne heimlich in der Kathedrale von Rennes mit Karl VIII. Bei dieser Zeremonie waren u. a. Anne de Beaujeu und Ludwig von Orléans anwesend. Am 23. November, kurz vor der Abreise von Anne und ihrem Hofstaat zum Ort der Hochzeit mit Karl VIII. nach Langeais, übergab man Polheim ein Schreiben, das Maximilian darüber informierte, dass Anne am 6. Dezember 1491 den französischen König heiraten werde und ihn zur Hochzeit einlade.[17]

Ehe mit Karl VIII.[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Heirat mit Karl VIII. von Frankreich im Schloss Langeais am 6. Dezember 1491.

Die Situation für Maximilian war nun doppelt prekär. Im Mai 1483 hatte Karl VIII. bereits Maximilians dreijährige Tochter Margarete von Österreich aus dessen Ehe mit Maria von Burgund geheiratet. Durch die Hochzeit zwischen Karl VIII. und Anne de Bretagne verlor Maximilian nun seine Frau an seinen eigenen Schwiegersohn und den Ehemann für seine Tochter. Obwohl Maximilian Protest gegen die Ehe des französischen Königs einlegte und auch keine päpstliche Dispens[18] vorlag, das beide zuvor geschlossenen Ehen auflöste, fand die Trauung zwischen Anne und Karl VIII. statt.

Mit dieser Hochzeit wurde Anne Königin von Frankreich, und die Bretagne verlor ihre Selbständigkeit. Im Ehevertrag wurde die Nachfolge, unter welchen Bedingungen die Bretagne für immer ein Teil Frankreichs würde, geregelt. Sollte Karl VIII. vor Anne sterben, fiele die Bretagne wieder an Anne zurück. Eine Wiederverheiratung von Anne käme nur mit dem neuen König von Frankreich in Frage, falls dieser in eine Verbindung mit ihr einwilligen würde. Stürbe Anne, erlösche die Unabhängigkeit der Bretagne für immer. Mit diesem Schritt in die Abhängigkeit Frankreichs wollte Anne befürchtete Unruhen und blutige Auseinandersetzungen der bretonischen Adeligen für ihr Land vermeiden, das weitgehend isoliert keinen europäischen Bündnispartner finden konnte.

Am 8. Februar 1492 wurde Anne in der Kathedrale von St. Denis zur französischen Königin gekrönt. Der Erzbischof von Bordeaux vollzog das Krönungsritual. Kurz nach der Krönung zog der Hofstaat nach Paris, wo Anne das erste Mal auf Margarete von Österreich, die ehemalige Kinderbraut ihres neuen Mannes traf. Erst am 13. Juni 1493 reiste Margarete zurück zu ihrem Vater, der sie 1497 an den Infanten von Spanien verheiratete.

Annes erstes Kind, der Dauphin von Frankreich, wurde am 10. Oktober 1492 geboren. Aus Gründen der Verehrung für Karl den Großen wollte Karl VIII. seinen Erstgeborenen nach dem Lieblingsneffen von Karl dem Großen Roland nennen. Man einigte sich auf einen Kompromiss und nannte den Thronfolger gemäß der Tradition der französischen Könige Karl-Orland. Bereits drei Jahre später – bis heute ist unsicher, ob am 6.[19] oder 16. Dezember 1495 – starb der kleine Dauphin. Auch der am 8. September 1496 geborene Sohn starb nach nur einem Monat. Die Gräber aller sechs früh gestorbenen Kinder von Anne und Karl VIII. sind in einer gesonderten Kapelle in der Kathedrale von Tours zu sehen.

Erst 27 Jahre alt, starb Karl VIII. am 7. April 1498 bei einem Unfall auf Schloss Amboise. Während eines Festes stieß er seinen Kopf so unglücklich an einen Türsturz, dass er durch eine Hirnblutung starb. Ludwig von Orléans, als Cousin des Verstorbenen und nach der Erbfolgeregel sein Nachfolger, wurde nun als Ludwig XII. König von Frankreich.

Gemäß der Tradition schloss sich Anne vierzig Tage in ihre Gemächer auf Schloss Amboise zur Trauer ein.

Ehe mit Ludwig XII. von Orleans[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach der Krönung zum französischen König am 27. Mai 1498 in Reims wurde Ludwig XII. auch zum König von Sizilien, Apulien, Kalabrien und Neapel, zum König von Jerusalem und zum Herzog von Mailand ausgerufen. Ludwig war seit dem 8. September 1476 mit Johanna von Frankreich verheiratet. Da die Ehe kinderlos war, begann Ludwig bereits kurz nach dem Tod seines Cousins erste Gespräche mit Papst Alexander VI. zu führen, um eine Annullierung seiner Ehe in die Wege zu leiten, um die Witwe seines Cousins heiraten zu können.

Am 10. August 1498 berief Papst Alexander VI. eine Kommission aus einem Kardinal und zwei Bischöfen ein, die die Annullierung der Ehe zwischen Johanna von Frankreich und Ludwig XII. prüfen sollte. Die päpstliche Kommission, bestehend aus Fernando de Almeida o Coutinho (1493–1499), Louis d’Amboise und Philipp von Luxemburg, reiste nach Frankreich und lud Johanna persönlich zu einer Prüfung des Anliegens ihres Mannes vor. Ludwig schwor vor der Kommission, die Ehe nie vollzogen zu haben und von seinem Vater mit Gewalt zur Eheschließung gezwungen worden zu sein. Eine Prüfung ihrer Unberührtheit lehnte Johanna ab und fügte sich schließlich der Entscheidung der Kommission bzw. den Wünschen ihres Mannes. Sie erhielt als Abfindung das Herzogtum Berry mit dem dazugehörigen Titel einer Herzogin.

Grab von Ludwig XII. und der Anne de Bretagne in der Kathedrale von Saint-Denis

Als Gegenleistung für die Ehescheidung verlangte Alexander VI. die Verheiratung seines Sohnes Cesare Borgia mit einer französischen Prinzessin. Cesare war es auch, der als ehemaliger Kardinal und Sohn des Papstes die päpstliche Bulle nach Frankreich brachte und so die neue Heirat mit Anne offiziell ermöglichte. In Frankreich heiratete er dann Charlotte d’Albret, die Tochter des Herzogs von Guyenne und Schwester des Königs von Navarra.

Der neue Ehevertrag zwischen Anne und Ludwig regelte auch die Unabhängigkeit der Bretagne neu. Im Gegensatz zum Vertrag von Langeais erhielt die Bretagne einige Freiheiten zurück. Auch die Nachfolge der Herzöge der Bretagne wurde neu geregelt. Der erstgeborene Sohn von Anne und Ludwig würde Dauphin von Frankreich, während der Zweitgeborene Sohn die Bretagne erben würde. Sollte die Ehe kinderlos bleiben, würde Ludwig als Regent bis zu seinem Tod über die Bretagne regieren. Nach seinem Tod würde die Bretagne an die Nachkommen von Anne fallen und als selbständiges Herzogtum weiter bestehen. Am 8. Januar 1499 wurde das Paar in der Schlosskapelle von Nantes getraut. Anne war zu dieser Zeit erst seit neun Monaten Witwe und Johanna von Frankreich erst seit drei Wochen von Ludwig XII. geschieden.

Am 13. Oktober 1499 brachte Anne ein gesundes Mädchen zur Welt, das auf den Namen Claude getauft wurde. Claude heiratete 1514 Franz von Angoulême, den späteren König Franz I. von Frankreich, und wurde später Mutter des Königs Heinrich II. Zu Beginn des Jahres 1503 wurde Anne von einem Sohn entbunden, den sie Franz nannte und der kurz nach der Taufe starb. In der Kathedrale von St. Denis wurde Anne am 18. November 1504 zum zweiten Mal zur Königin von Frankreich gekrönt.

Die Heirat zwischen Claude und Franz von Angoulême wurde Anfang des Jahres 1505 durch Ludwig XII. bereits testamentarisch festgelegt. Die offizielle Verlobung zwischen den Kindern im Alter von fünf und zwölf Jahren fand am 22. Mai 1506 im Schloss von Plessis-lès-Tours statt. Am 25. Oktober 1510 brachte Anne in Blois wieder ein gesundes Kind zur Welt. Das Mädchen wurde auf den Namen Renée getauft. Renée heiratete später den Herzog von Ferrara, Ercole II. d’Este, einen Sohn der Lucrezia Borgia. Anfang 1512 brachte Anne einen weiteren Sohn auf die Welt, der nicht lebensfähig war.

Letzte Tage und Tod[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Reliquie aus Gold: Annes Herz im „Musée Dobrée“ in Nantes

Im Winter 1513/14 erkrankte Anne ernsthaft. Laut Jurewitz-Freischmidt soll sie an Harngrieß gelitten haben.[20] Nach einer dritten Kolik konnte Anne ihre Krankheit nicht mehr verbergen und beschäftigte sich ab dieser Zeit unablässig mit ihrer Nachfolge. In ihrem Testament verfügte sie, dass ihr Herz in der Krypta der Kathedrale von Nantes, in der Nähe der Grabstätte ihrer Eltern beigesetzt werden sollte. Am 9. Januar 1514 um 6 Uhr morgens starb Anne de Bretagne in Blois.

Erst am 4. Februar 1514 brach der Trauerzug nach Paris auf, wo er am 12. Februar ankam. Ihr Leib wurde in der Grablege der französischen Könige, der Kathedrale von Saint-Denis, beigesetzt, ihr Herz in Nantes. Bei der Plünderung der Königsgräber von Saint-Denis während der Französischen Revolution wurde ihr Grab am 18. Oktober 1793 geöffnet und geplündert, ihre Überreste wurden in einem Massengrab außerhalb der Kirche beerdigt.

Ludwig XII. starb knapp ein Jahr nach seiner Frau, in der Nacht vom 31. Dezember 1514 auf den 1. Januar 1515, knapp drei Monate nach der Hochzeit mit der 34 Jahre jüngeren Maria Tudor.

Nachkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Kinder[21] aus der Ehe mit Karl VIII. (1470–1498) von Frankreich:

  • Charles Orland (* 10. Oktober 1492; † 6.[19] Dezember 1495),
  • François (*/† 1493),
  • eine Tochter (*/† 1495),
  • Charles (* 8. September 1496; † 2. Oktober 1496),
  • François (*/† 1497),
  • Anne (*/† 1498).

Kinder[21] aus der Ehe mit Ludwig XII. (1462–1515) von Frankreich:

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Tracy Barrett: Anne of Brittany, in: Anne Commire (Hrsg.): Women in World History, Bd. 1 (1999), ISBN 0-7876-4080-8, S. 379–383.
  • E. Gabory: Anne 8) de Bretagne. In: Dictionnaire de Biographie française. Bd. 2 (1936), Sp. 1326–1331.
  • Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. Königinnen und Maitressen um den Lilienthron. Piper, München 2003, ISBN 3-492-23805-X.
  • Jean Markale: Anne de Bretagne, Paris 1980.
  • Anne de Bretagne, in Gerd Treffer: Die französischen Königinnen, Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1996, ISBN 3-7917-1530-5, S. 216–221 und 229 ff.
  • Brunhilde Wehinger: Anne de Bretagne, in: Margarete Zimmermann, Roswitha Böhm (Hrsg.): Französische Frauen der Frühen Neuzeit, Primus-Verlag, Darmstadt 1999, ISBN 3-89678-139-1, S. 19–28.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Anne de Bretagne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b E. Gabory: Anne 8) de Bretagne. In: Dictionnaire de Biographie française. Bd. 2 (1936), Sp. 1326.
  2. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. Königinnen und Maitressen um den Lilienthron. Casimir Katz Verlag, Gernsbach 1996, ISBN 3-925825-61-4, S. 82.
  3. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser, 1996, S. 82; Gerd Treffer: Die französischen Königinnen, 1996, S. 216.
  4. Peter Shervey Lewis: The Recovery of France in the Fifteenth Century, 1972, S. 211.
  5. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser, 1996, S. 83; Gerd Treffer: Die französischen Königinnen, 1996, S. 216.
  6. Neithard Bulst: Ludwig XII. In: Peter Claus Hartmann (Hrsg.): Die Französischen Könige und Kaiser der Neuzeit 1498–1870. Beck, München 1994, ISBN 3-406-38506-0, S. 27 ff.
  7. E. Gabory: Anne 8) de Bretagne. In: Dictionnaire de Biographie française. Bd. 2 (1936), Sp. 1326–1327.
  8. a b c E. Gabory: Anne 8) de Bretagne. In: Dictionnaire de Biographie française. Bd. 2 (1936), Sp. 1327.
  9. Anne of Bretagne, in: Biographical Dictionary of the Society for the Diffusion of Useful Knowledge, Bd. 2 (1843), S. 800.
  10. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser, 1996, S. 84 f.; Anne of Bretagne, in: Biographical Dictionary of the Society for the Diffusion of Useful Knowledge, Bd. 2 (1843), S. 800–801.
  11. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser, 1996, S. 85 f.; Anne of Bretagne, in: Biographical Dictionary of the Society for the Diffusion of Useful Knowledge, Bd. 2 (1843), S. 801.
  12. Manfred Hollegger: Maximilian I., Kohlhammer-Urban. Stuttgart, 2005, ISBN 3-17-015557-1.
  13. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser, 1996, S. 86.
  14. E. Gabory: Anne 8) de Bretagne. In: Dictionnaire de Biographie française. Bd. 2 (1936), Sp. 1327-1328.
  15. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser, 1996, S. 86 ff.
  16. Neithard Bulst: Karl VIII. In: Joachim Ehlers, Heribert Müller, Bernd Schneidmüller (Hrsg.): Die französischen Könige des Mittelalters. Beck, München 1996, ISBN 3-406-40446-4, S. 369; E. Gabory: Anne 8) de Bretagne. In: Dictionnaire de Biographie française. Bd. 2 (1936), Sp. 1328.
  17. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser, 1996, S. 88-93; Anne of Bretagne, in: Biographical Dictionary of the Society for the Diffusion of Useful Knowledge, Bd. 2 (1843), S. 801.
  18. Die päpstliche Dispens traf erst mehr als ein Jahr später ein.
  19. a b Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. S. 119.
  20. Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. S. 154 f.
  21. a b Sylvia Jurewitz-Freischmidt: Die Herrinnen der Loire-Schlösser. S. 485.
VorgängerAmtNachfolger
Franz II.Herzogin von Bretagne

1488–1514
Claudia von Frankreich
Charlotte von Savoyen
Johanna von Frankreich
Königin von Frankreich

1491–1498
1499–1514
Johanna von Frankreich
Mary Tudor