Benutzer:Lumpeseggl/Baustelle2

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Der Hanauer Schweinetrieb war eine Einrichtung der Stadt Hanau im Mittelalter und der frühen Neuzeit, der es den Bürgern erlaubte, Hausschweine zu halten. Die Sitte der städtischen Schweinezucht lässt sich als Althanauer Hutegerechtsame für Schweine (d.h. die Sitte, Schweine in die umliegenden Wälder zu treiben) bis ins Mittelalter zurückverfolgen. Auf Beschluss des Stadtrats wurde dies 1878 eingestellt und der letzte Schweinehirte entlassen.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Ursprünge des Hanauer Schweinetriebs lassen sich nur erahnen. Der älteste urkundliche Beleg für Schweinezucht in Hanau liegt aus dem Jahr 1240 vor, als dem Mainzer Mariengredienstift das Recht, Schweine in den Hanauer Wäldern zu weiden, bestätigt wird. Dies wurde von Heinrich von Hanau bestritten.[1] Der Hanauer Historiker Ernst Julius Zimmermann sah in der Althanauer Hutegerechtsame kein Bürgerrecht, sondern einen Gnadenerweis der Herren und Grafen von Hanau. Dies wird in einer Auseinandersetzung des Jahres 1540 deutlich, als die Hanauer Bürger darauf bestanden, es sei Brauch, Herkommen und Gerechtigkeit, dass sie zur Eckernzeit ihre Schweine in die Bulau treiben dürften. Die gräfliche Kanzlei habe darauf geantwortet, daß meine gn. Herrn von Hanawe aus Gnaden ihnen etliche Schweine in die Eckern zu treiben vergünstigt haben. Der Begriff etliche Schweine umfasste damals immerhin 350 Tiere.

Bei der Gründung der Neustadt Hanau 1597 wurde das Hüterecht nicht berücksichtigt. Dieser Zustand hatte Rechtsstreitigkeiten zwischen Alt- und Neustadt zur Folge, da die Althanauer davon ausgingen, der Neustadt stünde überhaupt kein Recht zum Viehtrieb zu. Später erreichte die Neustadt von der gräflichen Regierung die Erlaubnis, 100 Rinder auszutreiben. Diese Zahl erschien als zu gering, weshalb Neu-Hanau bis vor das Reichskammergericht klagte, wo die Klage aber liegen blieb. Schließlich einigte man sich, dass der Viehhirte der Altstadt eine festgelegte Zahl Rinder von Neustadtbewohnern gegen Bezahlung mit austrieb. Über Schweine und Schafe wird in diesem Vergleich von 1657 nichts gesagt. Es ist aber durchaus möglich, dass der Altstädter Schweinehirte auch Schweine aus der Neustadt mitführte, da der Weg der Herde nach Osten durch die Neustadt und das Nürnberger Tor führte. 1642 wurde das Hüterecht der Altstadt nochmals in einer Urkunde von Georg von Fleckenstein-Dagstuhl als Vormund des Hanauer Grafen Friedrich Casimir bestätigt.[2]

Durch Stadtratsbeschluss der mittlerweile vereinigten Städte Alt- und Neu-Hanau wurde der Viehtrieb zum 30. März 1878 eingestellt. Er war in der Zeit der Industrialisierung in der wachsenden Stadt zum Anachronismus geworden.

Organisation[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

„Mei sein schon beisamme!“[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bei den Hirten muss es sich um recht derbe Originale gehandelt haben. So ist von dem Schweinehirten Ernst Helm überliefert, dass er die Herde häufig sich selbst überließ und im Forsthaus an der Niederrodenbacher Straße zum Zechen einkehrte.

Einen folgenschweren Scherz erlaubte sich einer der letzten Hanauer Schweinehirten: Nicolaus Ickler. Aufgrund späterer Legendenbildung sind bei der Überlieferung wohl mehrere Ereignisse zusammengefasst worden. Während eines Umbaus der Kaserne am Paradeplatz (heute Finanzamt) waren die Soldaten auf die Häuser der Altstadt verteilt. In dieser Zeit soll der vorletzte Schweinehirte mit seinem Horn, mit dem er eigentlich Signale blasen musste, um die Schweine zusammenzutreiben, Militärsignale gegeben haben. Einmal habe er dabei einem wartenden Offizier zugerufen: „Mei sein schon beisamme!“ und sei dafür für sechs Wochen ins Gefängnis gesperrt worden.[3] Nachweisbar ist ein solcher Vorgang in Gerichtsakten des Garnisonsgerichts in Kassel, wonach im Jahr 1851 der Schweinehirtengehilfe Ickler wegen Verhöhnung der kurhessischen Truppe und wortliche Widersetzlichkeit angeklagt wurde (der Fall wurde aber nach Hanau zurück verwiesen). Ickler hatte mit seiner Trompete das Signal des 3. kurhessischen Infanterieregiments sehr täuschend nachgeahmt.

Ein Umbau der Kaserne ist nachweisbar für die Jahre 1856-58. Der Hanauer Chronist Wilhelm Ziegler berichtet, dass in dieser Zeit es dem Schweinehirten verboten wurde, die Trompete zu blasen. Er musste stattdessen auf den Fingern pfeifen.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Heinrich Reimer: Hessisches Urkundenbuch. Abt. 2, Urkundenbuch zur Geschichte der Herren von Hanau und der ehemaligen Provinz Hanau. Bd. 1. 767-1300. Hirzel, Leipzig 1891 (Publikationen aus den königlich-preußischen Staatsarchiven 48) Nr. 214.
  2. Meise S. 145.
  3. Hanauer Zeitung vom 5. Februar 1903

Kategorie:Schweinezucht Kategorie:Geschichte (Tierhaltung) Kategorie:Geschichte Hanaus