Enter Technikwelt Solothurn

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Enter Technikwelt Solothurn

Gesamtansicht des Museums
Daten
Ort Derendingen
Art
Technikgeschichte
Eröffnung Dezember 2023,
2011 (ENTER in Solothurn)
Besucheranzahl (jährlich) 9000 (2019)
Betreiber
Stiftung ENTER
Leitung
Violetta Vitacca
Website
Das funktionsfähige Pult der Sendeanlage Champ de l’Air

Die Enter Technikwelt Solothurn ist ein Museum für Technikgeschichte in Derendingen, Schweiz. Es stellt Computer, Unterhaltungselektronik, Rechen- und Druckmaschinen sowie Filmfahrzeuge aus. Das Museum wurde am 1. Dezember 2023 eröffnet. Die Druckereitechnik wurde aus dem ehemaligen «Gutenberg Museum» in Freiburg im Üechtland übernommen, Radiotechnik aus dem «Audiorama» in Montreux. Das Museum bezeichnet die Anzahl noch funktionierender Computersysteme als «vermutlich weltweit einzigartig».[1] Ein Vorgänger bestand seit 2011 als Museum ENTER (ENTER.ch) in Solothurn.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Museum ENTER in Solothurn[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Grossprojektor Spitlight vor dem früheren Museumsgebäude

Das Museum geht auf die Sammlung des Unternehmers Felix Kunz zurück, der über 30 Jahre Computer sammelte.[2] Zunächst bewahrte er die Objekte in den eigenen vier Wänden auf, später in seinem Unternehmen Digital-Logic AG auf 200 m².[3] Als auch dort der Platz zu klein wurde, präsentierte man ab 2003 einen Teil der 5000 Objekte in der ausgebauten Scheune Lischerhof mit 600 m².[3] Damals lag der Sammlungsschwerpunkt bei Computern.[3] 2010 gründete Kunz zusammen mit Monique und Peter Regenass die Stiftung ENTER. Der Sammler Regenass steuerte rund 300 mechanische Rechenmaschinen zur Sammlung bei. Dank des Fördervereins Enter und gespendeter Sammlungen konnte das Ausstellungsspektrum erweitert werden. Radio-, Fernseh- und Studiotechnik kamen hinzu.[3]

Im Jahr 2011 wurden 1800 m² grosse Räumlichkeiten eines ehemaligen Getränkedepots am Bahnhof Solothurn zum Museum umgebaut, welches am 2. Dezember 2011 seine Tore öffnete.[4] Das Museum zeigte rund 10'000 Ausstellungsstücke aus der Radio-, Fernseh- und Computergeschichte aus den Anfangsjahren bis zur Gegenwart.[5] Da die RBS eine Bahnhofserweiterung plant, musste das Museum weichen.

Umzug und Neubau in Derendingen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nachdem die Stadt Solothurn und die Bahnen Bedarf am damaligen Grundstück des Museums angemeldet hatten, wurde im Herbst 2020 beschlossen, das Museum zu verlegen. Die Wahl fiel auf ein teilweise bebautes Gewerbegrundstück in Derendingen mit 9400 m² Fläche und eine angrenzende Baulandreserve von 3800 m². Die Finanzierung wurde mithilfe der Ernst Göhner Stiftung und der Hasler Stiftung geleistet.[6] Als Museumsgestalter fiel die Wahl auf die Steiner Sarnen Schweiz AG.[7] Das Grundstück wurde am 1. Januar 2021 übernommen.[7]

In der Folge hat das erheblich vergrösserte Museum «Enter Technikwelt Solothurn» den Betrieb am 1. Dezember 2023 in einem Neubau in Derendingen wieder aufgenommen.[8] Neben dem bestehenden Lagergebäude entstand mit grossen Anteilen von Eigenleistung ein Neubau aus Beton, Glas und Metall.[9] Begehbare Dioramen, die mit zeitlich passenden Geräten ausgestattet sind, führen durch die Jahrzehnte.[10] Insgesamt beträgt die Ausstellungsfläche über 10'000 m², denn auch Lager und Werkstatt können besichtigt werden. Workshops in zwei «Academy»-Räumen sollen Verständnis, technisches Handwerk und Grundlagenwissen für Technik fördern.[11]

Relevanz[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ziel der neuen Einrichtung ist die Erhaltung und Vermittlung des materiellen und immateriellen Kulturgütererbes. Der Fokus ist regional, die Perspektive global angelegt.[11] Das Museum präsentiert eine Sammlung über Industrie- und Technikgeschichte von nationaler und europäischer Bedeutung, die qualitativ laufend weiterentwickelt wird.[10] Es ist europaweit eine der grössten und vielfältigsten Sammlungen dieser Art.[12] Durch das Erhalten der Funktionsfähigkeit von Datenträgern und Lesegeräten aller Generationen wird ein Stück Kulturgeschichte bewahrt,[10] nicht zuletzt durch die Digitalisierung von alten, analogen Datenträgern für jedermann.[13]

Das Museum wird von der Stiftung ENTER getragen und von privaten Stiftern und Sponsoren, u. a. über einen Förderverein, finanziert.[14] Die Stiftung hat sich zum Ziel gesetzt, «die Anwendung und Verbreitung von Informations-, Multimedia-, Unterhaltungs-, Kommunikations- und anderen Technologien, deren Geschichte, Nutzen und Potentiale der Allgemeinheit zu vermitteln».[4] Der englische Ausdruck für diese Kombination von Fachgebieten lautet: TIME = Telecommunications, Information Technology, Media, Electronics.[15]

Sammlung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

«Themenwelt» der Druckmaschinen

Konzeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das neue Museum zeigt in mehr als zehn «Themenwelten» 30'000 Objekte auf über 10'000 Quadratmetern.[16] Durch die Integration des Gutenberg Museums spannt sich der Bogen von der Druckpresse des 15. Jahrhunderts bis zum Internet oder Supercomputer «Cray XT4».

Viele der Exponate wurden in der Region Solothurn entwickelt und produziert, z. B. von Autophon oder Anton Gunzinger.[17] Zum Ende jeder Technikära landen alte Geräte auf dem Müll – oder bei Sammlern.[18] Die Gegenstände stammen grösstenteils aus den Sammlungen der Stiftungsgründer oder von Privatpersonen.[17] Beispielsweise konnten 2013 mithilfe der Stiftung Enter und der Swiss Computer Graphic Association vierzig Objekte des Sammlers Robert Weiss in das Museum integriert werden. Historische Halbleiter zählen zu den wichtigen Exponaten.[18]

Fotos von 4400 Exponaten waren 2021 über die Internetseite des Museums abrufbar.[6] Der Philosophie des Museums entsprechend ist der Besucher eingeladen, viele Stücke anzufassen.[19]

Die Sammlung umfasst die Solothurner Industriegeschichte, Schweizer Technikhighlights und internationale Raritäten. Im Museum wird besonderer Wert darauf gelegt, dass die Geräte funktionstüchtig sind, was das Museum von anderen Technikmuseen unterscheidet.[2]

Ausgewählte Exponate[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der funktionsfähige Apple I
  • Champ de l’Air
    Die erste Schweizer Radiosendestation (Flugplatzsender Lausanne) stammt von 1922. Diese Sendeanlage am Champ de l’Air in Lausanne begann am 26. Februar 1923 mit dem Ausstrahlen eines täglichen Rundfunkprogramms.[20] Der erste Radiosender der Schweiz ist funktionsfähig.[17]
  • Mechanische Rechenmaschinen, wie «Millionär» (1893–1935) und «Curta» (1947–1970)
  • Chiffriergeräte wie die elektromechanische deutsche Enigma[8] sowie unterschiedliche Verschlüsselungsgeräte der Schweizer Firma Gretag wie den röhrenbestückten KFF 58 (Funkfernschreiber der Schweizer Armee) und spätere transistorisierte Geräte wie die Gretacoder GC 517 und GC 518
  • Apple I
    Im Museum werden alle Apple-Modelle gezeigt, die je produziert wurden. Fast alle Exponate sind noch betriebsfähig, darunter auch einer von weltweit noch «acht oder neun» (Museumsgründer Kunz) funktionierenden Apple I. Vom Apple I wurden nur 200 Stück produziert; die ersten Modelle noch in der Garage von Steve Jobs’ Eltern, mit einem Gehäuse aus Holz. Kunz hat sein Exemplar in den 1990er-Jahren für 10 US$ auf einem Flohmarkt gekauft. Des Weiteren sind zum Beispiel die seltene Sonderserie Twentieth Anniversary Macintosh oder der erste iPod zu sehen.[14]
  • Frühe Heimcomputer wie der Mark-8 Minicomputer und der Commodore PET 2001
  • Grossrechner wie ein IBM System/370 von 1970 oder ein Sperry UNIVAC Modell 90/30 von 1972
  • Erster elektronischer Tischrechner in Röhrentechnik ANITA (1961) sowie erster transistorisierter Tischrechner Friden 132 (1965)
  • Smaky Computer von Jean-Daniel Nicoud, EPFL, 1977–83
  • Mobil/ Auto-Telefon Natel A von 1978
    Ein weiteres Ausstellungsstück ist ein Autotelefon im Aktenkoffer von 1978. Das 15 Kilogramm schwere mobile Telefon kostete ca. 20.000 DM. Die maximale Dauer eines Gespräches betrug drei Minuten, damit auch andere aufs Netz konnten.[21] Ein Mitbegründer des Museums, Kunz, montierte als Lehrling bei Autophon Teile dieses Modells.[22]
  • Motosacoche Studio Recorder, Magnetband-Tonaufnahmegerät für Rundfunkstudios – erstes Tonbandgerät der Schweiz
  • Erster Videoprojektor Eidophor, ETH Zürich, Ing. Fritz Fischer, 1939–75
  • Erster Röhrenfernseher, Marconi, 1934
  • Spitlight, Outdoor-Projektor, 1955/56
    Der 170 PS starke Lastzug, der den Projektor trägt, wurde vom Museum zur Strassentauglichkeit restauriert. Dabei wurde Wert drauf gelegt, die alte Technik zu erhalten.[12] Finanziert wurde die Massnahme unter anderem durch Crowdfunding.[23] Der Spitlight hat mittels der Gobo-Technik Bilder auf Wolken oder Berge projiziert.[24] Die dazu verwendete sehr lichtstarke Lichtbogenlampe wurde durch die Dr. Edgar Gretener AG in Regensdorf gebaut.
  • Soletta 750, 1956 vorgestelltes, in Solothurn gefertigtes Konzeptfahrzeug
  • DeLorean DMC-12, Umbau als Zeitmaschine mit «Fluxkompensator» aus dem Film Zurück in die Zukunft.

Auswahl Exponate «ENTER Technikwelt Solothurn»[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehemaliges «Museum ENTER»[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Enter Technikwelt Solothurn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: ehemaliges Museum ENTER – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Was ist die Tätigkeit des Enter. Museum Enter, abgerufen am 18. Dezember 2011.
  2. a b Solothurn: Feldschlösschen-Depot wird zum Computermuseum. In: ICT Kommunikation. 8. Dezember 2011, abgerufen am 2. Juli 2021.
  3. a b c d Felix Kunz, Violetta Vitacca: Konzept Enter Derendingen. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn Dezember 2020, S. 44.
  4. a b Felix Kunz, Violetta Vitacca: Stiftung Enter Jahresbericht 2020. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn Juni 2021, S. 19.
  5. Andreas Kaufmann: Im Enter-Museum vereinen sich 100 Jahre Radiotechnologie. In: solothurnerzeitung.ch. Solothurner Zeitung, 7. November 2013, abgerufen am 2. Juli 2021.
  6. a b Felix Kunz, Violetta Vitacca: Stiftung Enter Jahresbericht 2020. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn Juni 2021, S. 8.
  7. a b Felix Kunz, Violetta Vitacca: Stiftung Enter Jahresbericht 2020. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn Juni 2021, S. 7.
  8. a b Dominik Landwehr: Schätze aus 200 Jahren Technikgeschichte: Ein Museum in Solothurn zeigt die skurrilsten Erfindungen. In: Neue Zürcher Zeitung. 3. Dezember 2023, abgerufen am 3. Dezember 2023.
  9. Felix Kunz, Violetta Vitacca: Konzept Enter Derendingen. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn Dezember 2020, S. 6.
  10. a b c Felix Kunz, Violetta Vitacca: Konzept Enter Derendingen. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn Dezember 2020, S. 28.
  11. a b Felix Kunz, Violetta Vitacca: Konzept Enter Derendingen. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn Dezember 2020, S. 4.
  12. a b Gülpinar Günes: Beam mich hoch,Scotty! In: CH Regionalmedien AG (Hrsg.): Solothurner Zeitung. Solothurn 11. Juni 2020, S. 17 (enter.ch [PDF]).
  13. Felix Wirth: Museumsguide. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn 9. Juni 2021.
  14. a b «Apple 1» – Rarität erhält in Solothurn einen Ehrenplatz. In: srf.ch. Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), 21. Mai 2016, abgerufen am 2. Juli 2021.
  15. TELECOMMUNICATIONS, INFORMATION TECHNOLOGY, MEDIA & ELECTRONICS (TIME). Arthur D. Little. Abgerufen 2023-12-05
  16. enter.ch: Ausstellung besuchen. Zeitreisen durch die Technikgeschichte. (abgerufen am 5. Dezember 2023)
  17. a b c Lara Frey: Museum Enter entführt auf eine Reise durch die Geschichte der Elektronik. In: solothurnerzeitung.ch. Solothurner Zeitung, 12. August 2019, abgerufen am 2. Juli 2021.
  18. a b Museum «Enter» – Im Solothurner Computer-Museum stehen neue Sammlerstücke. In: solothurnerzeitung.ch. Solothurner Zeitung, CH Regionalmedien AG, 6. Juni 2013, abgerufen am 2. Juli 2021.
  19. Felix Wirth: Museumsguide. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn 9. Juni 2021, S. 2.
  20. Felix Wirth: Museumsguide. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn 9. Juni 2021, S. 25.
  21. Felix Wirth: Museumsguide. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn 9. Juni 2021, S. 60.
  22. 40 Jahre Natel – Die Schweizer Mobiltelefonie beginnt in Solothurn. In: srf.ch. Schweizer Radio und Fernsehen (SRF), 11. Oktober 2018, abgerufen am 2. Juli 2021.
  23. Felix Kunz, Violetta Vitacca: Stiftung Enter Jahresbericht 2020. Hrsg.: Enter.ch Das Museum für Computer und Unterhaltungselektronik. Solothurn Juni 2021, S. 20.
  24. Das Androli-Spitlight - der erste Wolkenprojektor. Abgerufen am 18. Juli 2021.

Koordinaten: 47° 11′ 48,8″ N, 7° 35′ 50,5″ O; CH1903: 612027 / 227338