Zwergspinnen

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Zwergspinnen

Erigone atra - Männchen, ein Vertreter der Unterfamilie

Systematik
Ordnung: Webspinnen (Araneae)
Unterordnung: Echte Webspinnen (Araneomorphae)
Teilordnung: Entelegynae
Überfamilie: Radnetzspinnen (Araneoidea)
Familie: Baldachinspinnen (Linyphiidae)
Unterfamilie: Zwergspinnen
Wissenschaftlicher Name
Erigoninae
Emerton, 1882

Die Zwergspinnen (Erigoninae Emerton, 1882)[1] sind Echte Webspinnen und gehören der Familie der Baldachinspinnen (Linyphiidae) an. Es sind je nach Autor um die 400 Gattungen mit mehr als 2.000 beschriebene Arten bekannt. Sie sind mit Ausnahme von Neuseeland weltweit verbreitet, mit Verbreitungsschwerpunkt in den gemäßigten (temperaten) Zonen der Alten Welt. Diese Spinnen sind unter anderem von zentraler Bedeutung in der Ökologie der Agrarsysteme. In der Tat zeigen neue Forschungen, dass in Mitteleuropa zwei der drei aktivsten Arten in der Erbeutung von Insekten folgende sind: Erigone atra (23,5 %) und Oedothorax apicatus (14,5 %)[2]

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Spinnen sind morphologisch relativ homogen[3] und einheitlich grazil gebaut, mit der typischen Körpergestalt der Linyphiidae. Große und markante Unterschiede zeigen vor allem die männlichen und weiblichen Begattungsorgane (Pedipalpen und Epigynen), die für die Artdiagnose wesentlich sind. Bei vielen, aber nicht allen Gattungen weisen die Männchen manchmal lange und bizarr geformte Auswüchse im Kopfbereich auf, deren Funktion lange Zeit rätselhaft war; inzwischen wurden sie als Träger von Drüsen erkannt,[4] die bei der Begattung eine Rolle spielen. Erigoninae sind überwiegend kleine Spinnen von 1 bis 3 Millimeter Körperlänge (deshalb auch „Zwergspinnen“ genannt), einige erreichen aber 6, ausnahmsweise sogar 10 Millimeter Länge.

Klassischerweise werden die europäischen Erigoninae von den anderen Linyphiidae daran unterschieden, dass bei ihnen eine große Borste am Ende (distal) der Tibien des vierten Beinpaares fehlt, die bei den anderen Linyphiidae vorhanden ist (eine, gegenüber zwei Macrosetae dorsal auf der Tibia). Als weiteres morphologisches Merkmal gilt die Ausbildung der Tracheen im Cephalothorax, bei der die mittleren Tracheenäste fein verzweigt sind (sog. „desmitracheates“ Tracheensystem). Neuere Analysen unter Einschluss südamerikanischer und anderer außereuropäischer Taxa haben gezeigt, dass diese Merkmale zwar auf die europäischen, aber nicht auf alle Erigoninae zutreffen.[5]

Verteilung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Über 300 Arten sind in Nordeuropa einheimisch, wo sie fast ein Viertel der gesamten Population der Spinnen darstellen. In Nordamerika sind ca. 650 Arten bekannt. Insgesamt kann man behaupten, dass die Erigoninae hauptsächlich in den borealen Regionen der Erde verbreitet sind und weniger in der Südhalbkugel.[6]

Taxonomie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Derzeit wird die Unterfamilie nach Tanasevitch[7] in 401 Gattungen und nach Platnick[6] in 390 Gattungen eingeteilt:

Gattung verschoben, umbenannt, nicht mehr in Gebrauch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Forschungsgeschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Seit der Bearbeitung des französischen Arachnologen Eugène Louis Simon in den 1920er Jahren wurde die Familie Linyphiidae in zwei Unterfamilien, die Erigoninae und die Linyphiinae, geteilt. Hermann Wiehle erhob die Erigoninae sogar zu einer eigenen Familie, von ihm Micryphantidae genannt. Spätere Bearbeitungen auf strikt kladistischer Basis erwiesen dann, dass zwar die Erigoninae monophyletisch sind, die ihnen gegenübergestellten Linyphiinae aber eine paraphyletische Stammgruppe darstellen.[1] Die Monophylie der Erigoninae wurde in jüngeren Untersuchungen[10] sowohl auf morphologischer wie auch auf molekularer Basis (durch Vergleich homologer DNA-Sequenzen) bestätigt.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Gustavo Hormiga: Higher Level Phylogenetics of Erigonine Spiders (Araneae, Linyphiidae, Erigoninae). In: Smithsonian Contributions to Zoology. No. 609, 2000.
  2. The role of Perennial habitats for Central European farmland spiders.
  3. Michael Roberts: The Spiders of Great Britain and Ireland. Vol. 2: Linyphiidae and Check List. Harley Books, Colchester, UK 1987, ISBN 90-04-07667-0.
  4. Peter Michalik, Gabriele Uhl: Cephalic Modifications in Dimorphic Dwarf Spiders of the Genus Oedothorax (Erigoninae, Linyphiidae, Araneae) and Their Evolutionary Implications. In: Journal of Morphology. 272, 2011, S. 814–832. doi:10.1002/jmor.10950
  5. Jeremy A. Miller, Gustavo Hormiga: Clade stability and the addition of data: A case study from erigonine spiders (Araneae: Linyphiidae, Erigoninae). In: Cladistics. 20, 2004, S. 385–442.
  6. a b c d e f g h i The world spider catalog, Linyphiidae
  7. a b c A. V. Tanasevitch: Linyphiid spider of the World.
  8. Nicht in der Liste der Gattungen nach Tanasevitch, aber in der Liste der Arten
  9. I Nesticidae im World Spider Catalogue
  10. Miquel A. Arnedo, Gustavo Hormiga, Nikolaj Scharff: Higher-level phylogenetics of linyphiid spiders (Araneae, Linyphiidae) based on morphological and molecular evidence. In: Cladistics. 25, 2009, S. 231–262. doi:10.1111/j.1096-0031.2009.00249.x

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Zwergbaldachinspinnen – Sammlung von Bildern und Videos