Hereditäre diffuse Leukenzephalopathie mit axonalen Sphäroiden

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Klassifikation nach ICD-10
E75.2 Sonstige Sphingolipidosen
ICD-10 online (WHO-Version 2019)

Die Hereditäre diffuse Leukenzephalopathie mit axonalen Sphäroiden (HDLS) ist eine sehr seltene, typischerweise im Erwachsenenalter beginnende, zur Gruppe der Sphingolipidosen und Leukodystrophien zu zählende angeborene Erkrankung des Zentralnervensystems mit den Hauptmerkmalen einer fortschreitenden Bewegungsstörung (v. a. Gangstörung) und einer geistigen Beeinträchtigung.[1]

Die HDLS wird zusammen mit einer weiteren seltenen Erkrankung, der POLD (Pigmentary Orthochromatic Leukodystrophy) unter dem Oberbegriff Leukodystrophie mit axonalen Spheroiden und pigmentierter Glia (ALSP, Adult-Onset Leukoencephalopathy With Axonal Spheroids and Pigmented Glia) zusammengefasst.[2]

Synonyme sind: ALSP (Adulte Leukoenzephalopathie mit axonalen Sphäroiden und pigmentierter Glia); Familiäre Demenz Typ Neumann; FPSG (Familiäre progressive subkortikale Gliose); GPSC; HDLS (Hereditäre diffuse Leukoenzephalopathie mit Sphäroiden); Orthochromatische pigmentierte Leukodystrophie; Autosomal dominante Leukoenzephalopathie mit neuroaxonalen Sphäroiden; POLD; Subkortikale Gliose Neumann

Verbreitung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Häufigkeit wird mit unter 1 zu 1.000.000 angegeben, die Vererbung erfolgt autosomal-dominant.[2]

Ursache[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Erkrankung liegen häufig sporadische Mutationen entweder im CSF1R-Gen am Genort 5q32 zugrunde[3][4] oder im AARS2-Gen mit dann autosomal-rezessiver Vererbung.[5]

Es gibt auch Fälle von HDLS, bei denen bisher kein Gen identifiziert werden konnte.[5][4]

Der Mechanismus, durch den es bei Vorliegen dieser Mutationen zur Erkrankung kommt, ist bisher unbekannt, jedoch Gegenstand aktueller Forschung.[6]

Klinische Erscheinungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Beginn der Symptome zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr.[7]
  • Anfänglich Wesensänderungen wie Impulskontrollstörung, Aggression und Depressionen.[1]
  • Im Verlauf fortschreitende, sehr unterschiedlich ausgeprägte, Bewegungsstörung und Verlust der Sprache.
  • Schnell voranschreitender Abbau geistiger und körperlicher Fähigkeiten, bis zur vollständigen Lähmung und dem Verlust sämtlicher kognitiver Fähigkeiten.
  • Geistiger Abbau bis zu einer Demenz.

Diagnostik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Diagnostik beruht auf dem klinischen Bild und den Befunden bei der MR-Bildgebung: Hinweisende Befunde sind eine zunehmende Leukenzephalopathie im Frontalhirn zusammen mit einer Hirnatrophie.[8]

Die Diagnose kann humangenetisch oder durch eine Hirnbiopsien histologisch gesichert werden. Für das histologische Bild typisch sind ausgeprägter Myelinverlust, axonale Sphäroide und pigmentierte Makrophagen.[4]

Differentialdiagnose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Liste klinisch ähnlicher Erkrankungen ist umfangreich, auch die Bildgebung ist nicht spezifisch.

Therapie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Eine ursächliche Behandlung ist bislang nicht bekannt und richtet sich mit Physiotherapie, Logopädie und Ergotherapie gegen die Symptome. Zudem können Medikamente gegen Spastik und Rigidität eingesetzt werden. Da die Erkrankung sehr selten und daher wenig bekannt ist, erfolgt die Betreuung der Patienten meist in Zentren für seltene Erkrankungen (ZSE), wie beispielsweise dem ZSE der Universitätsklinik Tübingen.[6]

Prognose[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die durchschnittliche Überlebenszeit beträgt sechs Jahre, die Todesursache ist meist eine Folge der Bewegungsstörung wie Lungenentzündung und Mangelernährung.[7]

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Erstbeschreibung erfolgte im Jahre 1984 durch den Schweden R. Axelsson und Mitarbeitern.[9]

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b R. Axelsson, M. Röyttä, P. Sourander, H. O. Akesson, O. Andersen: Hereditary diffuse leucoencephalopathy with spheroids. In: Acta psychiatrica Scandinavica. Supplementum. Band 314, 1984, S. 1–65, PMID 6595937.
  2. a b Hereditäre diffuse Leukoenzephalopathie mit axonalen Sphäroiden und pigmentierter Glia. In: Orphanet (Datenbank für seltene Krankheiten).
  3. Leukoencephalopathy, diffuse hereditary, with spheroids. In: Online Mendelian Inheritance in Man. (englisch)
  4. a b c R. Rademakers, M. Baker, A. M. Nicholson, N. J. Rutherford, N. Finch, A. Soto-Ortolaza, J. Lash, C. Wider, A. Wojtas, M. DeJesus-Hernandez, J. Adamson, N. Kouri, C. Sundal, E. A. Shuster, J. Aasly, J. MacKenzie, S. Roeber, H. A. Kretzschmar, B. F. Boeve, D. S. Knopman, R. C. Petersen, N. J. Cairns, B. Ghetti, S. Spina, J. Garbern, A. C. Tselis, R. Uitti, P. Das, J. A. Van Gerpen, J. F. Meschia, S. Levy, D. F. Broderick, N. Graff-Radford, O. A. Ross, B. B. Miller, R. H. Swerdlow, D. W. Dickson, Z. K. Wszolek: Mutations in the colony stimulating factor 1 receptor (CSF1R) gene cause hereditary diffuse leukoencephalopathy with spheroids. In: Nature genetics. Band 44, Nummer 2, Dezember 2011, S. 200–205, doi:10.1038/ng.1027, PMID 22197934, PMC 3267847 (freier Volltext).
  5. a b D. S. Lynch, W. J. Zhang, R. Lakshmanan, J. A. Kinsella, G. A. Uzun, M. Karbay, Z. Tüfekçioglu, H. Hanagasi, G. Burke, N. Foulds, S. R. Hammans, A. Bhattacharjee, H. Wilson, M. Adams, M. Walker, J. A. Nicoll, J. Chataway, N. Fox, I. Davagnanam, R. Phadke, H. Houlden: Analysis of Mutations in AARS2 in a Series of CSF1R-Negative Patients With Adult-Onset Leukoencephalopathy With Axonal Spheroids and Pigmented Glia. In: JAMA neurology. [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Oktober 2016, doi:10.1001/jamaneurol.2016.2229, PMID 27749956.
  6. a b medizin.uni-tuebingen.de
  7. a b C. Sundal, J. Lash, J. Aasly, S. Øygarden, S. Roeber, H. Kretzschman, J. Y. Garbern, A. Tselis, R. Rademakers, D. W. Dickson, D. Broderick, Z. K. Wszolek: Hereditary diffuse leukoencephalopathy with axonal spheroids (HDLS): a misdiagnosed disease entity. In: Journal of the neurological sciences. Band 314, Nummer 1–2, März 2012, S. 130–137, doi:10.1016/j.jns.2011.10.006, PMID 22050953, PMC 3275663 (freier Volltext).
  8. B. Bender, U. Klose, T. Lindig, S. Biskup, T. Nägele, L. Schöls, K. N. Karle: Imaging features in conventional MRI, spectroscopy and diffusion weighted images of hereditary diffuse leukoencephalopathy with axonal spheroids (HDLS). In: Journal of neurology. Band 261, Nummer 12, Dezember 2014, S. 2351–2359, doi:10.1007/s00415-014-7509-2, PMID 25239393.
  9. R. Axelsson, M. Röyttä, P. Sourander, H. O. Akesson, O. Andersen: Hereditary diffuse leucoencephalopathy with spheroids. In: Acta psychiatrica Scandinavica. Supplementum. Band 314, 1984, S. 1–65, PMID 6595937.

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]