Zwiebel-Rispengras

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Zwiebel-Rispengras

Zwiebel-Rispengras (Poa bulbosa)

Systematik
Commeliniden
Ordnung: Süßgrasartige (Poales)
Familie: Süßgräser (Poaceae)
Unterfamilie: Pooideae
Gattung: Rispengräser (Poa)
Art: Zwiebel-Rispengras
Wissenschaftlicher Name
Poa bulbosa
L.

Das Zwiebel-Rispengras (Poa bulbosa), auch Knolliges Rispengras genannt, ist eine Pflanzenart innerhalb der Familie der Süßgräser (Poaceae). Dieses fast unscheinbare Süßgras zeichnet sich durch vegetative Organe, sogenannte Brutknospen (Bulbillen), aus, die sich häufig in den Ährchen der Blütenstände („falsche Viviparie“) und immer an der Basis der Stängel unter Beteiligung der Blattscheiden (zwiebelartige Verdickungen) bilden. Auf die basalen Verdickungen nimmt das Art-Epitheton (lat.) bulbosa für zwiebelig Bezug.

Beschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Illustration aus Flora Batava, Volume 19
Die Stängel sind am Grund zwiebelartig verdickt.
Blütenstand
Viviparer Blütenstand
Ährchen mit einem Laubspross statt einer Blüte
Illustration aus Sturm, Poa bulbosa rechts; links Poa annua

Vegetative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Knollige Rispengras ist eine überwinternd grüne, ausdauernde krautige Pflanze, die Wuchshöhen von 5 und 40 Zentimetern erreicht. Sie wächst horstförmig. Die im Querschnitt runden Halme sind dünn und wachsen aufrecht, zuweilen vom Grund an gebogen ausgebreitet. Die Stängel sind unverzweigt, mit zwei bis vier Knoten und glatt. Die Stängelbasis ist durch Blattscheiden zwiebelartig verdickt, daher der Name. Die glatten Blattscheiden sind purpurfarben gefärbt, die oberen sind grün. Die Inneren sind am Grunde vergrößert und fleischig verdickt. Sie bilden die knollige, birnenähnliche Verdickung am Grunde des vegetativen Triebes, in die Reservestoffe eingelagert werden (Brutknospen).

Die Laubblätter sind kahl. Die Blattspreiten sind sehr schmal mit kapuzenförmig zusammengezogener Spitze. Die unteren Blattspreiten sind 1 bis 10 Zentimeter lang und 1 bis 2 Millimeter breit, gefaltet oder geöffnet, an den Rändern sehr fein rau, sonst glatt. Sie vertrocknen bald und brechen ab. Die weißlich-häutigen oder grünen, länglich und spitzen Blatthäutchen sind bis zu 4 Millimeter lang.

Generative Merkmale[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Blütezeit erstreckt sich je nach geographischer Lage von März bis Juli. Der aufrechte, lockere, fein verzweigte rispige Blütenstand ist bei einer Länge von 2 und 6 Zentimetern sowie einer Breite von 1 bis 2,5 Millimetern eiförmig bis länglich. Die Rispenäste sind aufsteigend, haarähnlich und sehr fein rau. Die Stielchen sind zwischen 0,3 und 3 Millimeter lang. Die in Grün-, Purpur- und Goldtönen vielfarbigen Ährchen sind bei einer Länge von 2 bis 6 Millimetern eiförmig bis breit-länglich zusammengedrückt und enthalten drei bis sechs Blüten. Sie bringen häufig blatttragende Brutknospen hervor. Die ausdauernden und breit hautrandigen Hüllspelzen sind 2 bis 3 Millimeter lang, gekielt und dünn zugespitzt. Sie sind auf den Kielen rau. Die Unteren sind ein- bis dreinervig, die Oberen dreinervig. Die Deckspelzen überlappen sich. Sie sind lanzettlich bis lanzettlich-eiförmig. Sie sind zwischen 2,5 und 3,5 Millimeter lang, gekielt, häutig und fünfnervig. Sie tragen einen dichten Besatz aus langen, welligen Haaren am Grund. Kürzere, wellige Haare sind auf den Randnerven und auf den Kielen vorhanden. Die Vorspelzen sind so lang wie die Deckspelzen und auf den Kielen sehr fein behaart. Die Staubbeutel sind 1 bis 1,5 Millimeter lang. Die Samen werden von den Deckspelzen fest umschlossen.

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 14, 28, 42, 45 oder 58.[1]

Ökologie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Beim Knolligen Rispengras handelt es sich um einen Hemikryptophyten. Es lebt in Mitteieuropa apomiktisch und ist die einzige echte Zwiebelpflanze unter den Gräsern Mitteleuropas.[2]

Die Bestäubung erfolgt durch den Wind.

Neben der generativen Vermehrung stehen dem Knolligen Rispengras Brutknospen (Bulbillen) zur vegetativen Verbreitung und Vermehrung zur Verfügung (Blastochorie). Nachdem die oberirdischen Pflanzenteile abgestorben sind, verbleiben die nun nicht mehr miteinander verbundenen basalen zwiebelartigen Brutknospen, in die Reservestoffe eingelagert sind. Sie können vom Wind verweht werden. Jede Brutknospe bildet dann die Grundlage für eine neue Pflanze. Ferner kommt bei dem Knolligen Rispengras häufig die „falsche Viviparie“ vor, ähnlich wie bei dem Alpen-Rispengras (Poa alpina). Dabei bilden sich in den Ährchen nach der Blütezeit Tochterpflanzen, die sich nicht aus den Samen entwickeln (Viviparie), sondern aus blatttragenden Brutknospen. Diese Jungpflanzen fallen später zu Boden oder verbleiben an der Mutterpflanze. Die Rispen biegen sich unter dem Gewicht der Jungpflanzen hinab, wo diese unmittelbar wurzeln können.

Verbreitung und Standort[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Knollige Rispengras ist in Eurasien und Nordafrika weitverbreitet. Sein Verbreitungsgebiet reicht von Europa bis zum nordwestlichen China, von Makaronesien bis zum Himalaja und umfasst auch die Capensis. In Nord- bis Südamerika, Australien und Neuseeland ist die Art ein Neophyt.[3]

Das Knollige Rispengras besiedelt vorwiegend sommertrockene, zuweilen ruderal beeinflusste, lückige Trocken- und Halbtrockenrasen, auf sandigen und steinigen Rainen, Mauern, Hängen sowie in lichten Trockenwäldern. Sein Schwerpunkt liegt in warmen und sonnigen, leicht beschatteten Lagen, oft in Küstennähe. Er gedeiht auf stickstoffarmen bis stickstoffärmsten, sehr trockenen und mäßig sauren, meist kalkhaltigen Böden. Es gedeiht in Mitteleuropa in Gesellschaften der Klasse Sedo-Scleranthetea, auch der Klasse Festuco-Brometea oder der Verbände Polygonion avicularis oder Cynosurion. Im Mittelmeergebiet kommt es in Gesellschaften der Klasse Thero-Brachypodietea vor.[1] Es steigt in Mitteleuropa im Kanton Wallis im Nicolaital bis 2300 Meter Meereshöhe auf.[2] Das Knollige Rispengras ist eine Halblicht- bis Volllichtpflanze. Seine ökologischen Zeigerwerte der Pflanze nach Ellenberg lauten: L = 8, T = 7, K = 7, F = 3, R = 5, N = 2, S = 0. Die ökologischen Zeigerwerte nach Landolt et al. 2010 sind in der Schweiz: Feuchtezahl F = 1+ (trocken), Lichtzahl L = 4 (hell), Reaktionszahl R = 3 (schwach sauer bis neutral), Temperaturzahl T = 4+ (warm-kollin), Nährstoffzahl N = 3 (mäßig nährstoffarm bis mäßig nährstoffreich), Kontinentalitätszahl K = 4 (subkontinental), Salztoleranz 1 = tolerant.[4]

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Man kann zwei Unterarten unterscheiden:

  • Poa bulbosa subsp. bulbosa: Bie dieser Unterart sind die Deckspelzen zwischen den Nerven behaart. Sie Kommt im ganzen Gebiet der Art vor.
  • Poa bulbosa subsp. pseudoconcinna (Schur) Domin (Syn.: Poa pseudoconcinna Schur): Bei ihr sind die Deckspelzen zwischen den Nerven kahl. Sie kommt von den Gebirgen der Balkanhalbinsel (hier in Höhenlagen von 1000 bis 2000 Meter) bis Ungarn und Niederösterreich vor.[2] Sie hat Vorkommen in Italien, Österreich, Tschechien, in der Slowakei, Ungarn, Bulgarien und Griechenland.[5]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Henning Haeupler, Thomas Muer: Bildatlas der Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Hrsg.: Bundesamt für Naturschutz (= Die Farn- und Blütenpflanzen Deutschlands. Band 2). Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 2000, ISBN 3-8001-3364-4.
  • Charles Edward Hubbard: Gräser. Beschreibung, Verbreitung, Verwendung (= UTB. Band 233). 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Eugen Ulmer, Stuttgart (Hohenheim) 1985, ISBN 3-8001-2537-4, S. 170–171 (englisch: Grasses. Übersetzt von Peter Boeker).
  • Ernst Klapp, Wilhelm Opitz von Boberfeld: Taschenbuch der Gräser. Erkennung und Bestimmung, Standort und Vergesellschaftung, Bewertung und Verwendung. 12., überarbeitete Auflage. Paul Parey, Berlin / Hamburg 1990, ISBN 3-489-72710-X, S. 148, 214.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Stuttgart, Verlag Eugen Ulmer, 2001. ISBN 3-8001-3131-5. Seite 223.
  2. a b c Hans Joachim Conert: Familie Poaceae. In Gustav Hegi: Illustrierte Flora von Mitteleuropa. 3. Auflage, Band I, Teil 3, Seite 687–690. Verlag Paul Parey, Berlin und Hamburg 1996. ISBN 3-489-52020-3.
  3. Poa bulbosa. In: POWO = Plants of the World Online von Board of Trustees of the Royal Botanic Gardens, Kew: Kew Science, abgerufen am 12. November 2016..
  4. Poa bulbosa L. In: Info Flora, dem nationalen Daten- und Informationszentrum der Schweizer Flora. Abgerufen am 2. Mai 2022.
  5. B.Valdés & H.Scholz; with contributions from E. von Raab-Straube & G.Parolly (2009+): Poaceae (pro parte majore). Datenblatt Poa bulbosa subsp. pseudoconcinna In: Euro+Med Plantbase - the information resource for Euro-Mediterranean plant diversity.

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Zwiebel-Rispengras (Poa bulbosa) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien