Stadtkirche Naunhof

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Stadtkirche Naunhof von Norden
Ansicht von Südost
Blick zum Kanzelaltar

Die Stadtkirche Naunhof ist das evangelische Kirchengebäude in Naunhof bei Leipzig im Landkreis Leipzig. Das Gotteshaus gehört zur Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens.

Geschichte[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Erbauungsjahr der Stadtkirche zu Naunhof bei Leipzig konnte bisher weder durch einen urkundlichen Nachweis, noch durch archäologische Befunde genau festgestellt werden. Heute kann aber als sicher gelten, dass die Kirche viel älter ist, als bisher angenommen wurde. Für einen Stein, der aus der südlichen Friedhofsmauer geborgen werden konnte und der wahrscheinlich als Säulenkapitell in einem Turmfenster gedient hat, verweisen die Fachleute auf Parallelen aus dem Ende des ersten Jahrtausends. Aus diesem ersten Kirchenbau ist z. B. das Unterteil des Turmes erhalten geblieben.

Das heutige Kirchenschiff samt Altarraum ist vermutlich (nach dem Abbruch älterer Bauteile) um 1500 erbaut worden. 1581 wurde das Denkmal für Georg Rudolf von Ponickau in der Kirche aufgestellt. Am 31. Dezember 1716 ist die Naunhofer Kirche niedergebrannt und hat dabei alle hölzernen Ausstattungsgegenstände sowie das Gewölbe des Kirchenschiffes eingebüßt. Bis 1719 konnte das Kirchendach mit neuer Kassettendecke wieder aufgebaut werden. 1724 erfolgte die Einrichtung des Kirchenraumes im barocken Stil durch den Einbau der Emporen und die Fertigstellung des Kanzelaltars; die malerische Gestaltung jener Zeit wurde seit 1995 restauriert. 1733 hat man das Denkmal für Pfarrer Johann Georg Schöne in der Kirche aufgestellt. Um 1810 entstand der hölzerne Taufstein, der 1996 restauriert worden ist. In den Jahren 1896 bis 1901 wurden die Bleiglasfenster im Altarraum geschaffen und eingebaut, die 1994 restauriert worden sind. 1996 erhielt die Kirche eine Ausmalung entsprechend barockem Stil von 1724.

Musik in der Kirche[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Klassische Musik im Gotteshaus: Das Mozart-Requiem 2010

Zusätzlich zum regen, vielfältigen Leben der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinde Naunhof ist die Stadtkirche weit über die Region hinaus bekannt als Ort zahlreicher meist kirchenmusikalischer Veranstaltungen. Mit einem vielfältigen Spektrum von Orgelkonzerten, Abendmusiken, der Aufführung großer Oratorien, Chor-, Orchesterkonzerten und Kammermusik in verschiedenen Besetzungen bis hin zu Jazz ist die Naunhofer Stadtkirche seit Jahren ein kulturelles Zentrum der Region. Zu Gast waren in jüngster Zeit etwa der Landesjugendchor Sachsen, der Thomanerchor Leipzig, Nikolaikantor Jürgen Wolf, die Kammerphilharmonie Leipzig, das Westsächsische Symphonieorchester, der Philharmonische Jugendchor Leipzig, Thomaskantor Gotthold Schwarz mit Concerto Vocale[1] und Sächsisches Barockorchester[2][3] sowie das Trio Bending Times[4]. Auch musizieren in der Stadtkirche die Kantorei und das Collegium Vocale unter Leitung des einstigen Kantors Marcus Friedrich.

Mit Johann Sebastian Bach durch das Kirchenjahr

Im Dezember 2014 begann Espen Melbø, Kantor in Naunhof von Januar 2012 bis Februar 2017, in der Orgel-Konzertreihe Mit Johann Sebastian Bach durch das Kirchenjahr sämtliche Werke dieses Komponisten für die Orgel zu Gehör zu bringen. Die Konzertreihe fand beachtliches Publikumsecho. Auch nach seiner Rückkehr nach Norwegen setzte Melbø dieses Projekt fort und kam mehrmals jährlich für die Orgelkonzerte nach Naunhof.[5] Die Orgelkonzertreihe ging Ende August 2018 erfolgreich zu Ende.[6]

Kirchgemeinde[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Pfarrer der Stadtkirche Naunhof ist Norbert George, die Kantorin ist Cornelia Schneider.[7]

Pfarrer seit 1522[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • 1522 – Ratz, Heinrich
  • 1533 – Rosenbach, Julius
  • 1535 – Scheerbaum, Kilian
  • 1541 – Umlauf, Vincenz
  • 1562 – Gärtner, Burkhard
  • 1581 – Schemmel, Martin
  • 1592 – Franke, Georg
  • 1597 – Stiller, Johannes
  • 1605 – Schlegel, Johann
  • 1629 – Schuster, Christian
  • 1629 – Arras, Valentin
  • 1633 – Hauck, Kaspar
  • 1634 – Otto, Johann
  • 1638 – Reumann, Sebastian
  • 1665 – Müller, David
  • 1672 – Salender, Johann Eduard (Eckardt)
  • 1694 – Schöne, Johann Georg
  • 1727 – Caspari, Johann David
  • 1734 – Ungibauer, Christoph Gottfried
  • 1759 – Schulze, Christian Friedrich
  • 1770 – Krug, Elias
  • 1788 – Grimm, Johann Traugott
  • 1807 – Riedel, Karl Fürchtegott
  • 1840 – Riedel, Carl Julius
  • 1858 – Claus, August Ferdinand Robert
  • 1866 – Schulze, Moritz Hermann
  • 1897 – Herbrig, Georg
  • 1927 – Hahne, Friedrich *Felix
  • 1931 – Molwitz, Paul *Gerhard
  • 1934 – Kaluschke, *Hermann Rudolf
  • 1936 – Heilmann, *Fritz Johannes
  • 1939 – Lutteroth, Ascan
  • 1946 – Quosdorf, Friedrich *Ernst
  • 1954 – Friedrich, Max *Helmut
  • 1959 – Arendt, Boguslaw
  • 1989 – Wagner, Volker[8]

Förderverein[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Der Förderverein Ladegastorgel Naunhof war maßgeblich an der Organisation und Realisierung von Konzerten in der Kirche Naunhof beteiligt. Gegründet wurde er 2004, um ursprünglich die Restaurierung der Ladegastorgel zu ermöglichen. Dies gelang im September 2011, als das Instrument originalgetreu in die Klangkraft und -qualität von 1882 zurückversetzt wurde. Seitdem ging es dem Verein um die langfristige Förderung der Kirchenmusik in Naunhof.[9][10]

Ladegast-Orgel[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Naunhofer Ladegastorgel und die beiden Emporen der Kirche

1882 erbaute die Firma Friedrich Ladegast (Weißenfels) eine neue zweimanualige Orgel mit 21 Registern. Diese ist damit eine von weltweit nur 200 erhaltenen Instrumenten des berühmten Orgelbaumeisters und eine von drei Orgeln in der Leipziger Region. 1950 erfolgte ein durchgreifender Umbau der Orgel, verbunden mit einer Dispositionsveränderung nach barockem Klangideal, ausgeführt von der Firma Jehmlich Orgelbau (Dresden). Dies veränderte das Ladegastsche Klangbild enorm. 2008 begann die Orgelwerkstatt Wegscheider mit der Restaurierung der Ladegastorgel und der Wiederherstellung der ursprünglichen Disposition von 1882. Dafür gründeten engagierte Naunhofer Bürger einen Förderverein und riefen eine Orgelkommission ins Leben, der auch Gewandhausorganist Michael Schönheit und der damalige Kantor Marcus Friedrich angehörten. Mit Konzerten und Veranstaltungen konnten über Jahre hinweg mehr als 100.000 Euro Spenden zusammengetragen werden. So gastierte bei Benefizkonzerten in der Stadtkirche auch der Thomanerchor Leipzig.[11][12]

Disposition der Orgel[13]
Orgelprospekt
I Hauptwerk C–f3
1. Bordun 16′
2. Principal 8′
3. Gambe 8′
4. Doppelflöte 8′
5. Flauto amabile 8′
6. Principal 4′
7. Gemshorn 4′
8. Doublette II 3′+ 2′
9. Cornett III
10. Mixtur III 2′
II Oberwerk C–f3
11. Gedackt 16′
12. Geigenprincipal 8′
13. Salicional 8′
14. Flauto traverso 8′
15. Lieblich Gedackt 8′
16. Flauto minor 4′
17. Gedackt 4′
Pedal C–d1
18. Subbaß 16′
19. Violonbass 16′
20. Octavbass 8′
21. Bassflöte 8′
22. Posaunenbass 16′

Glocken[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Geläut besteht aus drei Glocken: zwei Bronze-Glocken – die eine aus dem Jahr 1717 mit dem Ton e′, gegossen von Johann Christian Fischer, die andere aus dem Jahr 1798 mit dem Ton a′, gegossen von der Glockengießer-Familie Ulrich aus Apolda – sowie eine Eisenhartguss-Glocke mit dem Ton h′ aus dem Jahr 1957, gegossen von Schilling & Lattermann.[14]

Varia[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Der Komponist und langjährige Thomaskantor Georg Christoph Biller hat im „Naunhofer Choralbuch“[15] acht seiner Kompositionen veröffentlicht (Biller-Werk-Verzeichnis BiWV 16; ISMN M-50106-015-3) – auf der Titelseite ist die Stadtkirche Naunhof abgebildet.[16] Von Juli 1990 bis Juli 1992 war Georg Christoph Biller interimistischer Kantor an der Stadtkirche Naunhof.[17]

Siehe auch[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Stadtkirche Naunhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Volker Wagner, Hermann Schulze: Aus der Geschichte der Stadtkirche Naunhof. S. 125 in: Naunhofer Geschichte. Hrsg.: Stadt Naunhof, 152 Seiten, Format > A5, Beucha 1998, ISBN 3-930076-64-0
  • Volker Dornbusch: Zur Geschichte der Orgel(n) der Stadtkirche. S. 126–130 in: Naunhofer Geschichte. Hrsg.: Stadt Naunhof, 152 Seiten, Format > A5, Beucha 1998, ISBN 3-930076-64-0
  • Wolfgang Hügle (Redaktion): Die Ladegastorgel in der Stadtkirche zu Naunhof – Festschrift zur Wiedereinweihung im September 2011. Hrsg.: Förderverein Ladegastorgel e.V. und Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Naunhof. Naunhof 2011 (50 Seiten, ohne ISBN, Auflage 500 Exemplare).
  • Von Altenhain bis Zschirla – Kirchen, sakrale Schätze und christliches Leben im Kirchspiel Muldental. Ev.-Luth. Kirchspiel Muldental, Grimma 2021, ISBN 978-3-00-071256-2 (Porträt des Kirchspiels Muldental mit seinen 103 Ortschaften und 45 Kirchtürmen, 116 Seiten).

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. http://www.leipziger-musikgesellschaft.de/vocale.php - abgerufen am 26. November 2018
  2. Konzert am 25. November 2018
  3. http://www.stadtkirche-naunhof.de/index.php?page=316 - abgerufen am 26. November 2018
  4. http://bending-times.de/
  5. Frank Pfeifer: Kantor Espen Melbö verlässt Naunhof – Wer in Naunhof momentan über Kirchenmusik spricht, verwendet eher Moll- als Dur-Töne. Kantor Espen Melbö verlässt die Stadt, was seine Fans traurig stimmt. Es geht ein Mann, der Akzente setzte, an der Orgel und im persönlichen Miteinander. Am Sonntag wird er offiziell verabschiedet. Den Draht zu Naunhof lässt er aber nicht ganz abreißen., Leipziger Volkszeitung online, 24. Februar 2017, abgerufen am 26. August 2018
  6. Frank Pfeifer: Espen Melbö beendet Naunhofs Bach-Reihe – Seine Konzertreihe mit allen Orgelwerken Bachs beendet Espen Melbö am 30. August. Der Norweger kommt dafür zurück in die Naunhofer Stadtkirche. Aber wird das wirklich seine Abschiedsvorstellung?, Leipziger Volkszeitung online, 25. August 2018, abgerufen am 26. August 2018
  7. https://stadtkirche-naunhof.de/de/Kontakt – abgerufen am 29. September 2019
  8. https://pfarrerbuch.de/sachsen/stelle/1256, abgerufen am 10. Mai 2020
  9. https://web.archive.org/web/20200810115537/http://www.ladegastorgel.de/
  10. Frank Pfeifer: Naunhofer Orgelverein sieht sich vor großen Herausforderungen – Der alte Vorstand des Fördervereins Ladegastorgel Naunhof arbeitet weiter. Einstimmig wählten die Mitglieder dieser Tage Ina Heintzschel, die ihnen seit 2013 vorsteht, zur Chefin für die nächsten zwei Jahre. Eine besondere Herausforderung für sie und ihre Mitstreiter wird es sein, die Kirchenmusik auch nach dem Weggang des norwegischen Kantors Espen Melbö zu unterstützen., Leipziger Volkszeitung, online, 7. März 2017, abgerufen am 4. September 2017
  11. Nähere Informationen zur Orgel
  12. https://web.archive.org/web/20190803170537/http://www.ladegastorgel.de/index.php?id=geschichte
  13. https://web.archive.org/web/20170905002902/https://www.leipzig.travel/region/de/kultur/poi-detailseite-region/poi/infos/ladegast-orgel-in-der-stadtkirche-zu-naunhof/
  14. S. 333 in: Rainer Thümmel: Glocken in Sachsen – Klang zwischen Himmel und Erde. Leipzig 2015, ISBN 978-3-374-02871-9
  15. https://web.archive.org/web/20180715123539/http://www.naunhof.de/new-cms/cms/upload/pdf/nn/2016/19_Okt_1.pdf, PDF, Seite 14, abgerufen am 28. April 2021
  16. Das Biller-Werk-Verzeichnis – Eine Auswahl aus seinen Kompositionen und Bearbeitungen. Hrsg.: Verlagshaus Gotthardt, S. 5, Berlin 2015
  17. Förderverein Ladegastorgel e.V. und Evangelisch-Lutherische Kirchgemeinde Naunhof (Hrsg.): Die Ladegastorgel in der Stadtkirche zu Naunhof – Festschrift zur Wiedereinweihung im September 2011. Naunhof 2011 (Seite 7).

Koordinaten: 51° 16′ 43,8″ N, 12° 35′ 17″ O