1-Tetralon
Strukturformel | ||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||
Name | 1-Tetralon | |||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C10H10O | |||||||||||||||
Kurzbeschreibung | ||||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||
Molare Masse | 146,19 g·mol−1 | |||||||||||||||
Aggregatzustand |
flüssig | |||||||||||||||
Dichte | ||||||||||||||||
Schmelzpunkt |
2–7 °C[2] | |||||||||||||||
Siedepunkt | ||||||||||||||||
Dampfdruck |
2,7 Pa (20 °C)[1] | |||||||||||||||
Löslichkeit |
praktisch unlöslich in Wasser[1], löslich in Diethylether,[4] Benzol,[5] Toluol und p-Xylol[6] | |||||||||||||||
Brechungsindex | ||||||||||||||||
Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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Toxikologische Daten | ||||||||||||||||
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). Brechungsindex: Na-D-Linie, 20 °C |
1-Tetralon ist ein bicyclischer aromatischer Kohlenwasserstoff mit α-ständiger Ketogruppe (Benzocycloalkanon), das auch als benzoanelliertes Cyclohexanon aufgefasst werden kann und als Ausgangsstoff für Agro- und Pharmawirkstoffe Verwendung findet.
Vorkommen und Darstellung
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Der Grundkörper des α-Tetralons kommt auch in Naturstoffen vor, wie z. B. in dem so genannten Aristelegone A (4,7-Dimethyl-6-methoxy-1-tetralon) aus der in der traditionellen chinesischen Medizin verwendeten Familie der Aristolochiaceae.[8]
1-Tetralon durch Oxidation von Tetralin
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Wie bereits 1933 von Heinrich Hock beschrieben, neigt Tetralin zur Autoxidation und bildet mit Luftsauerstoff allmählich das 1-Hydroperoxid.[9] Die schwermetallionenkatalysierte Luftoxidation von Tetralin mit Cr3+[10] oder Cu2+ in flüssiger Phase führt über das Hydroperoxid zu einem Gemisch aus der Zwischenstufe 1-Tetralol und dem Endprodukt 1-Tetralon.[11]
Wegen der praktisch identischen Siedepunkte der Hauptkomponente 1-Tetralon (255–257 °C) und der Nebenkomponente 1-Tetralol (255 °C)[12] wird letztere durch chemische Umsetzung entfernt.[5]
1-Tetralon durch Friedel-Crafts-Reaktion von 4-Phenylbuttersäure
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Ausgangsverbindung 4-Phenylbuttersäure (dessen Natriumsalz Natriumphenylbutyrat zur Behandlung der Hyperammonämie eingesetzt wird) ist aus 3-Benzoylpropionsäure über katalytische Hydrierung an einem Palladium-Kontakt mit einer Ausbeute von 96 % zugänglich.[4] 3-Benzoylpropionsäure[13] selbst ist durch eine nach Robert Downs Haworth benannte Haworth-Reaktion (einer Variante der Friedel-Crafts-Reaktion) aus Benzol und Bernsteinsäureanhydrid in 77- bis 82%iger Ausbeute erhältlich.
Ein neueres Patent[14] beansprucht die Synthese von 4-Phenylbuttersäure über eine Friedel-Crafts-Acylierung von Benzol und γ-Butyrolacton mit Aluminiumchlorid bei 60 °C und Aufarbeitung mit verdünnter Natronlauge und anschließendem Ansäuern in 94%iger Rohausbeute und 81 % Reinstausbeute.
Die intramolekulare Cyclisierung der 4-Phenylbuttersäure zu 1-Tetralon in 75- bis 86%iger Ausbeute kann durch Erhitzen mit Polyphosphorsäure herbeigeführt werden.[4]
Die säurekatalysierte Cyclisierung kann auch mit Methansulfonsäure durchgeführt werden.[15] Dieser Reaktionsweg mit Ausbeuten zwischen 23 und 80 % ist als Arbeitsvorschrift für den Chemieunterricht beschrieben worden.[16]
Auch durch Zugabe katalytischer Mengen an starken Lewis-Säuren, wie z. B. dem relativ einfach zugänglichen Bismut (III)-bis(trifluormethansulfonyl)amid Bi(NTf2)3 [17] kann 4-Phenylbuttersäure bei 180 °C quantitativ in 1-Tetralon überführt werden.[6]
1-Tetralon durch Friedel-Crafts-Reaktion von 4-Phenylbuttersäurechlorid
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Deutlich kürzere Reaktionszeiten als die Friedel-Crafts-Acylierung mit 4-Phenylbuttersäure ermöglicht die Verwendung des Säurechlorids (durch Umsetzung mit Phosphorpentachlorid) mit überstöchiometrischen Mengen von Zinn(IV)-chlorid SnCl4, wobei nach der Methode B der Vorschrift Gesamtausbeuten von 85 bis 91 % erzielt werden.[5]
4-Phenylbuttersäurechloride mit elektronenabgebenden Gruppen (Elektronendonatoren) können bereits in dem starke Wasserstoffbrückenbindungen ausbildenden Lösungsmittel Hexafluorisopropanol HFIP unter milden Reaktionsbedingungen in Ausbeuten größer 90 % zu 1-Tetralonen cyclisiert werden.[18]
1-Tetralon durch Friedel-Crafts-Reaktion von γ-Butyrolacton
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]Die Acylierung von Benzol mit γ-Butyrolacton mit überschüssigem Aluminiumchlorid liefert nach Methode A[5] α-Tetralon in Ausbeuten von 91 bis 96 %.
Nachteilig bei vielen Varianten der Friedel-Crafts-Acylierung ist die Verwendung großer Mengen an AlCl3, Polyphosphorsäure oder PCl5 für die Darstellung der eingesetzten Säurechloride, die erheblichen Aufarbeitungsaufwand und Abfallvolumen verursachen.
Für die Reaktion von Benzol mit γ-Butyrolacton wurde auch die Verwendung von festen sauren Katalysatoren auf Basis von Zeolithen und Alumosilikaten vorgeschlagen, aber keine Angaben zu ihrer Effizienz gemacht.[19] Auf diesem Weg ist mit dem Sechsring-Lacton δ-Valerolacton das Siebenring-Keton 1-Benzosuberon zugänglich.
Eigenschaften
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1-Tetralon ist eine klare, hellgelbe bis dunkelbraune Flüssigkeit mit schwachem Geruch,[20] die mit Wasser praktisch nicht mischbar ist. Mit unpolaren organischen Lösungsmitteln ist α-Tetralon mischbar.
Anwendungen
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]1-Tetralon lässt sich mit Lithium in flüssigem Ammoniak in einer Birch-Reduktion mit 96%iger Ausbeute zu Tetralin reduzieren.[21]
Bei veränderter Prozessführung und Zugabe von wässriger Ammoniumchlorid-Lösung nach Abdampfen des Ammoniaks wird die Ketogruppe zum sekundären Alkohol reduziert und man erhält 1-Tetralol in 70%iger Ausbeute.[22]
Mit Calcium in flüssigem Ammoniak bei −33 °C erfolgt Reduktion zum 1-Tetralol in 81%iger Ausbeute.[23]
Die zur Ketogruppe α-ständige Methylengruppe ist besonders reaktiv und wird von Formaldehyd in Form des trimeren Paraldehyd in Gegenwart des Trifluoressigsäuresalzes von N-Methylanilin mit Ausbeuten bis 91 % zum 2-Methylen-1-tetralon umgesetzt.
Das 2-Methylenketon ist bei Temperaturen unter −5 °C haltbar, polymerisiert jedoch bei Raumtemperatur innerhalb 12 Stunden vollständig.[24]
Bei der Pfitzinger-Reaktion von Isatin mit 1-Tetralon entsteht die als Tetrophan bezeichnete 3,4-Dihydro-1,2-benzacridin-5-carbonsäure.
Die Reaktivität der α-ständigen Methylengruppe macht sich auch die Reaktion von 1-Tetralon mit Methanol bei 270–290 °C zunutze, bei der unter Dehydrierung und Ausbildung des aromatischen Naphthalin-Ringsystems in 66%iger Ausbeute 2-Methyl-1-naphthol entsteht.[25]
Bei der Reaktion des Oxims von 1-Tetralon mit Acetanhydrid entsteht unter Aromatisierung des Cycloalkanonrings N-(1-Naphthyl)acetamid,[26] das wie 1-Naphthylessigsäure als synthetisches Auxin wirksam ist.
Der bei der Grignard-Reaktion von 1-Tetralon mit Phenylmagnesiumbromid entstehende tertiäre Alkohol reagiert mit Acetanhydrid unter Wasserabspaltung zum 1-Phenyl-3,4-dihydronaphthalin, das mit elementarem Schwefel in einer Gesamtausbeute von ca. 45 % zum 1-Phenylnaphthalin dehydriert wird.[27]
Die Ruthenium(II)-katalysierte Arylierung von 1-Tetralon mittels Phenylboronsäure-neopentylglycolester liefert 8-Phenyl-1-tetralon in bis zu 86%iger Ausbeute.[28]
Mit 5-Aminotetrazol und einem aromatischen Aldehyd reagiert 1-Tetralon in einer Mehrkomponentenreaktion unter Mikrowellenbestrahlung zu einem viergliedrigen heterocyclischen Ringsystem.[29]
Die weitaus wichtigste Anwendung von 1-Tetralon liegt in der Synthese von 1-Naphthol durch aromatisierende Dehydrierung, z. B. an Platin-Katalysatoren bei Temperaturen von 200 bis 450 °C.[30]
1-Naphthol ist Ausgangsstoff für das Insektizid Carbaryl und die Betablocker Propranolol[31] und Nadolol,[32][33] sowie für das Antidepressivum Sertralin[34] und das Anti-Protozoen-Therapeutikum Atovaquon.[35]
Die Anwendung des 1-Tetralons als Gift gegen Kleidermotten[20] hat sich trotz seines „kaum noch unangenehm auf die menschlichen Sinnesorgane wirkenden Geruchs“ am Markt nicht durchgesetzt.
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ a b c d e Eintrag zu α-Tetralone bei TCI Europe, abgerufen am 25. November 2017.
- ↑ a b c d e f Datenblatt α-Tetralon bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 25. November 2017 (PDF).
- ↑ a b William M. Haynes: CRC Handbook of Chemistry and Physics, 97th Edition. CRC Press, Boca Raton, FL, U.S.A. 2016, ISBN 978-1-4987-5429-3, S. 3–504.
- ↑ a b c H.R. Snyder, F.X. Werber: α-Tetralone In: Organic Syntheses. 20, 1940, S. 94, doi:10.15227/orgsyn.020.0094; Coll. Vol. 3, 1955, S. 798 (PDF).
- ↑ a b c d C.E. Olson, A.R. Bader: α-Tetralone In: Organic Syntheses. 35, 1955, S. 95, doi:10.15227/orgsyn.035.0095; Coll. Vol. 4, 1963, S. 898 (PDF).
- ↑ a b D.-M. Cui, M. Kawamura, S. Shimada, T. Hayashi, M. Tanaka: Synthesis of 1-tetralones by intramolecular Friedel-Crafts reaction of 4-arylbutyric acids using Lewis acid catalysts. In: Tetrahedron Lett. Band 44, Nr. 21, 2003, S. 4007–4010, doi:10.1016/S0040-4039(03)00855-4.
- ↑ Datenblatt 1-Tetralone, 97% bei Alfa Aesar, abgerufen am 25. November 2017 (Seite nicht mehr abrufbar).
- ↑ P.-C. Kuo, Y.-C. Li, T.-S. Wu: Chemical constituents and pharmacology of the Aristolochia species. In: eJTCM. Band 2, Nr. 4, 2012, S. 249–266, doi:10.1016/S2225-4110(16)30111-0.
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