Alexei Grigorjewitsch Bobrinski

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Graf Alexei Grigorjewitsch Bobrinski, ca. 1780
Alexei Grigorjewitsch Bobrinski, Porträt von Carl Ludwig Johann Christineck, ca. 1770

Graf Alexei Grigorjewitsch Bobrinski (russisch Алексей Григорьевич Бобринский; * 31. Märzjul. / 11. April 1762greg. im Winterpalast, St. Petersburg; † 8. Junijul. / 20. Juni 1813greg. in Bogorodizk) war ein russischer Generalmajor.

Bobrinski war ein illegitimer Sohn der Kaiserin Katharina II. (1729–1796) aus der Verbindung mit Graf Grigori Orlow (1734–1783) aus dem Adelsgeschlecht Orlow. Die Schwangerschaft und Geburt wurden als strenges Geheimnis gehütet. Das Neugeborene übergab man sofort in die Obhut des kaiserlichen Kammerdieners Vasili Schkurin, in dessen Familie er bis 1774 aufwuchs.[1] Peter III., der sich mit seiner Geliebten in Oranienbaum aufhielt, wurde davon nicht unterrichtet. Offiziell galt das Kind, das zunächst den Familiennamen Romanow trug, als Sohn des Zaren. Es hätte in der Zukunft Anspruch auf den Thron erheben können. Am 1. Junijul./ 12. Juni 1762greg. wurde Orlow entlassen und die Scheidung sowie Ausweisung Katharinas nach Deutschland besprochen. Eine Verschwörung führte schließlich zum Sturz und der Ermordung Peters III.

Die Kaiserin setzte große Hoffnungen in ihren Sohn, der ihr auffallend glich. Seiner Herkunft wegen wuchs er fern vom Zarenhof auf. Um sich nach dem Wohlbefinden des Kindes zu erkundigen, besuchte sie ihn von Zeit zu Zeit.[2] Nach ihrer Thronbesteigung hatte sie für ihn 1 Million Rubel bei einer Petersburger Leihbank anlegen lassen.[3] Es ist nicht auszuschließen, das Katharina eine Zeit lang beabsichtigte Alexei anstelle Pauls zu ihrem Nachfolger zu ernennen. Nach dem Besuch der Kadettenschule unter Aufsicht des Admirales José de Ribas verbrachte er bis zu seinem 15. Lebensjahr in einer Leipziger Erziehungsanstalt.[4] Im Alter von 13 Jahren besaß er neben Russisch Sprachkenntnisse in Französisch und Deutsch. 1773 erhielt er als Besitzer der namensstiftenden Herrschaft Bobriki im Gouvernement Tula den Familiennamen Bobrinski. 1774 wurde er unter die Vormundschaft von Iwan Iwanowitsch Bezkoi, dem persönlichen Sekretär der Kaiserin gestellt. 1782 schloss er eine Korpsausbildung als Leutnant mit Auszeichnung ab. 1783 begann Bobrinski eine Europareise, die ihn u. a. nach Warschau, Wien, Venedig, Florenz, Rom, Neapel, Turin und Genf führte.

Im Frühjahr 1785 traf er mit seinen Gefährten in Paris ein. Während seines dortigen Aufenthaltes hatte er sich in fragwürdige Gesellschaft begeben.[5] Er machte Schulden, pflegte den Kontakt mit leichten Mädchen und gab sich öffentlich als Sohn und Günstling der Kaiserin aus. In einem Brief an Friedrich Melchior Grimm, der als Vermittler zwischen Bobrinski und seiner Mutter fungierte, gestand die Kaiserin Grimm, das Orlows Sohn für sie eine Enttäuschung sei.[6] Im höchsten Maße unzufrieden wurde er aus Paris heimberufen. Auf Anweisung des kaiserlichen Hauses war er seit 1788 gezwungen seinen Wohnsitz in Reval zu nehmen. Dort musste er mit jährlich 30.000 Rubel, dem Rest seines Kapitals, auskommen. 1788 wurde er zum Kapitän bei der Garde zu Pferd ernannt. 1790 erfolgte die Erhebung in den Rang eines Brigadiers. 1794 erwarb er Schloss Oberpahlen. Zu Gast im Hause des Kommandanten der Festung Reval Waldemar von Ungern-Sternberg verliebte er sich in dessen Tochter. Die Kaiserin gab ihre Einwilligung zur Ehe und empfing das frisch vermählte Paar in St. Petersburg. Kurze Zeit später starb sie. In ihren Nachlasspapieren fand man einige Schenkungsurkunden und das Geld, das Katharina für Bobrinski anlegen ließ, wieder. Paul übergab seinem Bruder zwar die Landgüter seiner Mutter, behielt das Geld jedoch für sich. Möglicherweise verwendete es später Alexander I. für die Kriegsführung gegen Napoleon.[7]

Es wurde gemunkelt, dass Bobrinski nach dem Tode seiner Mutter in Ungnade fallen könnte und ihn eine Verbannung nach Sibirien erwarte. Mit der Inthronisierung Pauls I. erhielt er jedoch die Erlaubnis in St. Petersburg und Moskau zu leben, wo er schließlich jeweils repräsentative Stadthäuser bewohnte. Der Kaiser nannte Bobrinski öffentlich seinen Bruder.[8] Er wurde russischer Generalmajor und Inhaber des St.-Anna-Ordens I. Klasse. 1796 erhob ihn der Kaiser in den erblichen Grafenstand. 1797 erfolgte die Immatrikulation bei der Livländischen Ritterschaft (Nr. 249). Nach dem Ausscheiden aus dem Militärdienst zog sich Bobrinski auf sein Gut nahe Tula zurück. 1798 machte ihm Kaiserin Maria Feodorowna ein Palais in St. Petersburg zum Geschenk, das er jedoch selten bewohnte. Er starb 1813 im Alter von 51 Jahren und wurde im Familienmausoleum in Bobriki bei Donskoi beigesetzt, wo sich sein Leichnam trotz Grabschändung durch die Bolschewiken noch heute befindet.

Wappen des Grafen Bobrinski
Gräfin Anna Wladimirowna Bobrinski, geb. von Ungern-Sternberg

In einem quer geteilten Schild, belegt mit goldenen Herzschild, ein gekrönter kaiserlicher (russischer) schwarzer Doppeladler. Die obere Schildhälfte ist wieder gespalten. Sie zeigt im vorderen von Silber und Blau gespaltenen Felde einen Adler (Wappen von Orlow) verwechselter Tinktur. In der unteren silbernen Schildeshälfte klimmt auf den Zinnen ein einer schräg links absteigenden roten Mauer mit goldenen Tor ein gekrönter schwarzer Bär mit Goldhalsband (Wappen von Anhalt).[9]

Auf der den Schild bedeckten Grafenkrone ruht ein gräflich gekrönter Helm mit Decken in Blaugold und Schwarzgold, welcher den Adler des Herzschildes wiederholt trägt. Das Schild ruht auf braunen Marmor-Postament, durch dessen zwei Seitenöffnungen ein silbernes Spruchband mit der Devise: "Dein Leben für Gottes Ruhm" in russischer Sprache und schwarzer Lapidarschrift gezogen ist.[10]

1796 vermählte er sich mit Anna Dorothea von Ungern-Sternberg (1769–1846).[11] Aus der Ehe sind eine Tochter und drei Söhne hervorgegangen:

  • Maria Alexandrowna (1798–1835), ⚭ Fürst Nikolai Sergejewitsch Gagarin (1784–1842).
  • Alexei Alexandrowitsch (1800–1868), ⚭ Sofia Alexandrowna Samoilova (1797–1866).
  • Pawel Alexandrowitsch (1801–1830), ⚭ Julia Stanislawowna Sobakina (1804–1892).
  • Wassili Alexandrowitsch (1804–1874).

Er hinterließ einen weiteren natürlichen Sohn:

  • Nikolai Alexandrowitsch Raiko (1794–1854).
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Iwan Iwanowitsch Orlow
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Grigori Iwanowitsch Orlow
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Grigori Grigorjewitsch Orlow
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Iwan Nikititsch Sinowiew
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Lukeria Iwanowna Sinowiewa
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Marfa Stepanowna Koslowskaja
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Alexei Grigorjewitsch Bobrinski
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Johann Ludwig I. von Anhalt-Zerbst
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Christian August von Anhalt-Zerbst
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Christine Eleonore von Zeutsch
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Katharina II. von Russland
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Christian August von Schleswig-Holstein-Gottorf
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Johanna Elisabeth von Schleswig-Holstein-Gottorf
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Albertine Friederike von Baden-Durlach
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Commons: Alexey Bobrinsky – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Georg Adolf Wilhelm von Helbig: Russische Günstlinge, Tübingen 1809, S. 311–312.
  2. Friedrich Christoph Schlosser: Geschichte des achtzehnten Jahrhunderts und des neunzehnten bis zum Sturz des französischen Kaiserreichs: mit besonderer Rücksicht auf geistige Bildung. J.C.B. Mohr, 1842 (google.de [abgerufen am 15. Januar 2020]).
  3. A. Kleinschmidt: Russland's Geschichte und Politik. Рипол Классик, 1877, ISBN 978-5-87277-464-8 (google.de [abgerufen am 15. Januar 2020]).
  4. Arthur Kleinschmidt: Russland's Geschichte und Politik dargestellt in der Geschichte des russischen hohen Adels. Ray., 1877 (google.de [abgerufen am 1. Januar 2020]).
  5. russianhalt: Anhaltisch- russische Schnittpunkte durch Katharina II. in Bogorodizk wiederbelebt. In: russianhalthistory. 2. September 2015, abgerufen am 1. Januar 2020 (deutsch).
  6. Winfried Wolf: Friedrich Melchior Grimm, ein Aufklärer aus Regensburg: Strohsessel und Kutsche - ein Leben zwischen Paris und Sankt Petersburg. epubli, 2017, ISBN 978-3-7450-0668-1 (google.de [abgerufen am 1. Januar 2020]).
  7. The Linguist Institute: LingQ. Abgerufen am 15. Januar 2020.
  8. Magnus Jakob von Crusenstolpe: Der Russische Hof von Peter I. bis auf Nicolaus I.: mit einer Einleitung Russland vor Peter dem Ersten. Dritter Band. Hoffmann und Campe, 1856 (google.de [abgerufen am 1. Januar 2020]).
  9. Carl Arvid von Klingspor: Baltisches Wappenbuch, mit Zeichnungen von Adolf Matthias Hildebrandt, Stockholm 1882, S. 70, Tfl. 13(4).
  10. Johann Siebmacher: J. Siebmacher's grosses und allgemeines Wappenbuch: in einer neuen vollständig geordneten und reich vermehrten Auflage mit heraldischen und historisch-geneaolgischen Erläuterungen. Bauer und Raspe, 1871 (google.de [abgerufen am 16. Januar 2020]).
  11. Otto Magnus von Stackelberg (Hrsg.): Genealogisches Handbuch der estländischen Ritterschaft, Bd.: 1, Görlitz, [1931], S. 28.