Alfred de Quervain (Geophysiker)
Alfred de Quervain (* 15. Juni 1879 in Uebeschi bei Thun; † 13. Januar 1927 in Zürich)[1] war ein Schweizer Geophysiker und Arktisforscher.
Leben
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]De Quervain war bereits zu seiner Studienzeit Praktikant am Observatoire de Météorologie Dynamique in Trappes bei Versailles und führte im Winter 1900/01 einige Aufstiege von Registrierballonen (Vorläufer der Radiosonden) in Russland durch. Er promovierte 1903 mit der Dissertation Die Hebung der atmosphärischen Isothermen in den Schweizer Alpen und ihre Beziehung zu den Höhengrenzen.[2]
Von 1902 bis 1906 war de Quervain Sekretär der internationalen Kommission zur Erforschung der höheren Atmosphäre in Strassburg, wo er sich 1905 als Privatdozent für Meteorologie habilitierte und die Illustrierten Aeronautischen Mitteilungen, eine „Fachzeitschrift für alle Interessen der Flugtechnik mit ihren Hilfswissenschaften, für aeronautische Industrie und Unternehmungen“, redigierte.
Ab 1906 und bis zu seinem Tod war de Quervain Direktor-Adjunkt an der Meteorologischen Zentralanstalt in Zürich (heute MeteoSchweiz) sowie ab 1913 Titularprofessor an der Universität Zürich und an der ETH Zürich.
Zusammen mit Auguste Piccard konstruierte de Quervain um 1922 einen neuartigen Seismographen, der in einer Erdbebenwarte des Schweizerischen Erdbebendienstes eingesetzt wurde. De Quervain war Leiter dieses Dienstes.
In der Öffentlichkeit bekannt wurde de Quervain durch seine Grönlandexpeditionen 1909[3][4] und 1912. Bei der Expedition von 1912[5] unter seiner Leitung wurde erstmals das mittelgrönländische Inlandeis von Ilulissat bis zum Sermilik durchquert, eine bedeutend längere Strecke als Fridtjof Nansen 1888 in Südgrönland zurückgelegt hatte. Zuständig für die geographische Ortsbestimmung sowie Vermessungsarbeiten war der Architekt Roderich Fick[6], die weiteren Expeditionsteilnehmer der Durchquerung waren der Arzt Hans Hössli aus St. Moritz und der Ingenieur Karl Gaule aus Zürich.[7] Erstmals wurden dabei die grönländischen Gletscher in einem Höhenprofil erfasst.[8][9] De Quervain beschrieb seine Expeditionen in den Büchern Durch Grönlands Eiswüste (1911) und Quer durchs Grönlandeis (1914) und dokumentierte Teile davon in einem Film.[10]
Nach de Quervain wurde der Quervain Peak, ein Berg in Grahamland auf der Antarktischen Halbinsel, benannt.
Der Chirurg Fritz de Quervain war sein Bruder.
Er war mit Ella, Tochter des Pfarrers Edwin Nil, verheiratet.
Werke (Auswahl)
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Die Hebung der atmosphärischen Isothermen in den Schweizer Alpen und ihre Beziehung zu den Höhengrenzen. Wilhelm Engelmann, Leipzig 1903 (Diss. phil. Bern[2]).
- Durch Grönlands Eiswüste : Reise der Deutsch-Schweizerischen Grönlandexpedition 1909 auf das Inlandeis. Josef Singer, Strassburg; Leipzig 1911.
- Film de l’expédition suisse au Groenland 1912.
- Quer durchs Grönlandeis : die schweizerische Grönland-Expedition 1912/13. Kober, Basel 1914.
- Neuausgabe: Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 1998, ISBN 3-85823-708-6.
- Alfred de Quervain; Paul-Louis Mercanton: Ergebnisse der Schweizerischen Grönlandexpedition. Komm. Georg & Co., Basel; Genf; Lyon 1920.
Literatur
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Hermann Aellen (Begr. und Red.): Schweizerisches Zeitgenossen-Lexikon. 2. Ausg. Gotthelf-Verlag, Bern; Leipzig 1932.
- Heinz Balmer: Alfred de Quervain. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Biographisches Lexikon verstorbener Schweizer. Schweizerische Industriebibliothek, Zürich, Bd. 2. 1948.
- Stefan Kern: Alfred de Quervain. Erforscher physikalischer Extreme und Überquerer des grönländischen Inlandeises. Polararchiv Schweiz, Zürich 2013.
- Marcel de Quervain: Quervain, Alfred de. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, ISBN 3-428-11202-4, S. 42 f. (Digitalisat).
Weblinks
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- Publikationen von und über Alfred de Quervain (Geophysiker) im Katalog Helveticat der Schweizerischen Nationalbibliothek
- Alfred de Quervain (1879–1927) auf der Website des Museums für Seismologie und terrestrischen Magnetismus in Strassburg (französisch)
- Digitalisierte Fotografien de Quervains in der ETH-Bibliothek
- Streubestände in der Burgerbibliothek Bern
- Andrej Abplanalp: Der Eismann im Blog des Schweizerischen Nationalmuseums vom 6. Februar 2020
Einzelnachweise
[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]- ↑ Die kleine Enzyklopädie, Encyclios-Verlag, Zürich, 1950, Band 2, Seite 417
- ↑ a b online bei Archive.org.
- ↑ Arnold Heim: Die Reise der Schweizer Grönlandfahrer zum grossen Karajak-Eisstrom. In: Die Schweiz. Schweizerische illustrierte Zeitschrift. Band 14, 1910, S. 39–41. (e-periodica.ch).
- ↑ Arnold Heim: Die Schweizer Grönlandfahrer und Dr. Cook. In: Die Schweiz – schweizerische illustrierte Zeitschrift. Band 13, 1909, S. CX–CXII (e-periodica.ch).
- ↑ Stephan Orth: Die vergessenen Arktis-Pioniere. In: Spiegel Online am 2. August 2012, abgerufen am 10. Februar 2020.
- ↑ Friederike Hellerer (Hrsg.): Roderich Fick – Baumeister in Herrsching. Herrsching 2007, S. 20/21.
- ↑ Alfred de Quervain: Quer durchs Grönlandeis : die schweizerische Grönland-Expedition 1912/13. Verlag Ernst Reinhardt, München 1914, S. 10.
- ↑ NZZ Format - Geheimnisse im Gletscher. Filmtexte ( vom 7. März 2005 im Internet Archive)
- ↑ Projekt Grönlanddurchquerung ( vom 23. August 2007 im Internet Archive)
- ↑ Alfred de Quervain: Film de l’expédition suisse au Groenland 1912 (Videoportal ETH Zürich)
Personendaten | |
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NAME | Quervain, Alfred de |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Geophysiker |
GEBURTSDATUM | 15. Juni 1879 |
GEBURTSORT | Uebeschi |
STERBEDATUM | 13. Januar 1927 |
STERBEORT | Zürich |