Altkoreanische Sprache

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Altkoreanisch
Zeitraum 5. bis 10. Jahrhundert

Ehemals gesprochen in

Korea
Linguistische
Klassifikation
Sprachcodes
ISO 639-1

ISO 639-2

ISO 639-3

oko

Altkoreanisch (koreanisch 고대 한국어 Kodae han'gugŏ oder 고대국어 Kodae Kugŏ) ist die älteste schriftlich attestierte Sprachstufe des Koreanischen und wird allgemein in die Zeit der Drei Königreiche ab dem 2. Jahrhundert bis ins Jahr 668 und das der Vereinten-Silla von 668 bis 935 periodisiert.[1]

Chronologische Einordnung

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Allgemein bezeichnet Altkoreanisch die Sprache, die aus der Vereinigten-Silla Zeit überliefert ist. Alternativ bezieht sich der Begriff Spätaltkoreanisch auch auf die Sprachperiode bis zum 12. Jahrhundert, aufgrund der Kontinuität literarischer Gewandtheiten zwischen dem späten Silla mit dem frühen Goryeo und dem späten Goryeo mit dem frühen Joseon.[2] Die untere Zeitspanne wird für gewöhnlich in das 5. Jahrhundert eingeordnet, jedoch ist es nicht klar, ob es sich beispielsweise bei der Gwanggaeto-Stele aus dem Jahr 414 um einen in Idu oder einen im klassischem Chinesisch verfassten Text handelt. Andernfalls ist die erstmalige Volltextüberlieferung die Jungwon Goguryeo Stele (Hangul: 중원 고구려비; Hanja: 忠州高句麗碑), die nach der Eroberung Zentralkoreas durch Jangsu von Goguryeo errichtet wurde. In älteren Quellen lassen sich Ortsnamen und davon herleitbare Lexeme vorfinden, jedoch sind diese oft nicht ausschlaggebend über deren linguistische Zuordnung.

Vor der Erfindung von Hangeul wurde Koreanisch mithilfe von unterschiedlichen verschiedenen Schriftsystemen überliefert. Die Verwendung chinesischer Zeichen um koreanische Texte zu schreiben wird als chaja bezeichnet und erscheint in Form von einem der Schriftsysteme Idu, Gugyeol and Hyangchal.

Idu-Texte sind erkennbar durch ihre koreanische SOV Syntax als auch der festgelegten Zuordnung von bestimmten Zeichen zu koreanischen Flexionsmorphemen. Zeichen werden anhand ihrer semantischen Deutung hun (訓) gelesen, statt ihrem phonetischen Inhalt eum (音). Beispielsweise wird 節, was 'wann' bedeutet als das Mittelkoreanische Wort tìGwúy 'Zeit' gelesen und 以 repräsentiert den funktional zieldeutenden Suffixmorphem úlwó (으로). Idu wurde bis in das 15. Jahrhundert weiterverwendet und ist das am längsten verwendete und bekannteste der drei Schriftsysteme.

Gugyeol ist ein System um chinesische Texte mit Interlinearglossierungen zu versehen. Die Annotationen dienten zur Verbesserung des Kontextverständnisses, vor allem von buddhistischen Sutras, konnten trotzdem auch als koreanischer Volltext gelesen werden. Es machte Gebrauch von einem komplexen System von Symbolen, Linien und Punkten um morphosyntaktische Informationen an den koreanischen Leser zu übermitteln. Solche morphosyntaktischen Glossierungen enthalten unter anderem Inversionsglosse (yeokto 逆吐), die die Wortstellung in der koreanischen Version vorgeben und Punktglosse (jeomto 點吐), die funktionelle Morpheme bestimmen, ohne auf sie direkt mit Laut oder Bedeutung hinzudeuten.[3]

Das folgende ist ein Ausschnitt aus dem Jinbon Hwaeom-gyeong 晋本華嚴經 des Blumengirlanden Sutra, Ausgabe 20.[4]

Originaltext ohne Annotierung:

一切衆生 悉 能 諸 障閼業 除滅 亽〢

Verdeutlichung der koreanischen morphologischen Partikel:

一切衆生-ɨr 悉 能-ti 諸 障閼業-ɨr 除滅 hɐi-miǝ

Interlinearglossierung:

all.living.beings-ACC all capable every obstacle-ACC destroy CAUS-LINK

Übersetzung:

‘causes all living beings to be able to surmount every obstacle, und...'

Im Originaltext drückt ein einzelner Punkt in der mittig-unteren Position auf der linken Seite außerhalb von 生 den the Akkusativpartikel /ɨr/ (eul) aus. Dies zeigt, dass 一切衆生 es kontextgemäß ein/das Objekt ist. Ein einzelner Punkt am oberen-linken Rand von 能 drückt -/ti/ aus und zeigt, dass 能 als das Adverb 能-ti interpretiert wird. Drei Punkte bilden ein Cluster bei 業. Der Punkt auf der mittig-unteren Position auf der linken Seite außerhalb drückt das akkusative -/ɨr/ aus. Das zeigt, dass 諸障閼業 als ein Objekt gelesen wird. Ein Punkt unterhalb eines Striches an der mittleren Position auf der rechten Seite außerhalb von 業 ist das to Partikel welches das kausative -/həi/ ausdrückt. Dies sollte der Verwendung von 令 im chinesischen Original entsprechen, stattdessen dient das to als Suffix zu 除滅. Ein Punkt unten-links von 業 drückt -/miǝ/ aus, ein Suffix-Bindeglied der zwei Satzteile verbindet. Es gibt viele weitere Punkt-Glosse die bis heute nicht entschlüsselt sind.

Die japanische Interlinearglossierung kunten war nominell ähnlich, ist aber deutlich weniger komplex oder systematisch als Gugyeol von welchem er wahrscheinlich zunächst beeinflusst wurde.

Während der Silla und Goryeo-Zeit wurden Volkslieder und Gedichte genannt Hyangga mit dem Schriftsystem Hyangchal verfasst.

Grammatik und Syntax

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Die altkoreanische Grammatik scheint weitgehend identisch zu ihrem Nachfolger gewesen zu sein.

Die Phonologie ist weitgehend identisch zu ihrem mittelkoreanischen Nachfolger.

Hangeul (Yale) Altkoreanisch (8. Jhd.) Mittelkoreanisch (15. Jhd.) Moderner Seoul-Dialekt (21. Jhd.)
(a) /a/
(e) /ə/​ /ʌ~ə/
(wo) /o/
(wu) /u/
(o) /ʌ/ Zusammengeführt mit anderen Vokalen
(u) /ɨ/ /ɨ~ɯ/
(i) /i/
(ye) /e/ Zusammengeführt nach /jʌ~jə/

Das Vokal /i/ stellt aufgrund der mittelkoreanischen Vokalharmonie einen eigenartigen Fall dar, daher wird vermutet, dass es sich bei dem Diphtongㅕ/jʌ/ um einen Nachfolger eines früheren Vokals handelt. Eventuell lässt er sich als /e/ rekonstruieren, als ein neutraler Gegenpart zum ebenfalls koronalen /i/.

Es ist umstritten ob Altkoreanisch die Aspirate /kʰ/, /tʰ/, /pʰ/, and /t͡sʰ/ oder nur die Plosive und Affrikate /p/ /t/ /k/ /c/ besaß. Mittelkoreanische Konsonantencluster ergaben sich durch die Eliminierung von Vokalen, insbesondere die der „minimalen“ Vokalen /ɨ/ und /ʌ/.

Originaltext des Hyangga-Gedichts Wonwangsaeng-ga (願往生歌).[5]

月下伊底亦

西方念丁去賜里遣

無量壽佛前乃

惱叱古音多可支白遣賜立

誓音深史隐尊衣希仰支

兩手集刀花乎白良

願往生願往生

慕人有如白遣賜立

阿邪此身遺也置遣

四十八大願成遣賜去

Rekonstruktion in Hangeul:

ᄃᆞᆯ하 이 뎨여

西方 넘뎌 가시리고

無量壽佛 前나

놋곰 함짓디 ᄉᆞᆲ고시셔

벼김 기프신 尊의긔 울월디

두 손 모도 고조 ᄉᆞᆯ바

願往生 願往生

그릴 사람 잇다 ᄉᆞᆲ고시셔

아야 이 몸 기티야 두고

四十八 大願 이리고실가

Transkription:

tʌlha i tjejə

西方 nʌmtjə kasiriko

無量壽佛 前na

noskom hamcisti sʌlpkosisjə

bjəkim kipɨsin 尊ɨjkɨj uluəlti

tu son moto koco sʌlpa

願往生 願往生

kɨril saram ista sʌlpkosisjə

aya i mom kithija tuko

四十八 大願 irikosilka

Übersetzung:

Oh Mond, an diesem Ort

wirst du bis in den Westen ziehen?

vor Amitabha, den Buddha des Unendlichen Lebens

sprich viele Worte in Ehrfurcht

mit Ehrfurcht schaue ich auf den, dessen Gelübde tief ist (Amitabha Buddha)

Beide Hände zusammen, bitte ich demütig

möge ich im Reinen Land wiedergeboren werden, möge ich im Reinen Land wiedergeboren werden

gibt es jemanden, den du suchst, teile es bitte mit

Oh, meinen Körper hier zurücklassend

wirst du die 48 großen Gelübde erfüllen

  • Ki-Moon Lee, S. Robert Ramsey: A History of the Korean Language. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-66189-8.
  • John Whitman: Old Korean. In: The Handbook of Korean Linguistics. 1. Auflage. Wiley, 2015, ISBN 978-1-118-35491-9, S. 419–438.
  • Pung-hyun Nam: Old Korean. In: The Languages of Japan and Korea (= Routledge Language Family Series). 1. Auflage. Routledge, Abingdon 2012, ISBN 978-0-415-46287-7, S. 41–72.

Einzelnachweise

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  1. Ki-Moon Lee, S. Robert Ramsey: A History of the Korean Language. Cambridge University Press, Cambridge 2011, ISBN 978-0-521-66189-8, doi:10.1017/cbo9780511974045 (englisch).
  2. Pung-hyun Nam: Old Korean. In: The Languages of Japan and Korea (= Routledge Language Family Series). 1. Auflage. Routledge, Abingdon 2012, ISBN 978-0-415-46287-7, S. 41 (englisch).
  3. John Whitman: Old Korean. In: The Handbook of Korean Linguistics. 1. Auflage. Wiley, 2015, ISBN 978-1-118-35491-9, S. 426, doi:10.1002/9781118371008.ch24 (englisch).
  4. Pung-hyun Nam: Old Korean. In: The Languages of Japan and Korea (= Routledge Language Family Series). 1. Auflage. Routledge, Abingdon 2012, ISBN 978-0-415-46287-7, S. 47 (englisch).
  5. 노준 박: 원왕생가 (願往生歌). In: 한국민족문화대백과사전 [Encyclopedia of Korean Culture]. Academy of Korean Studies (aks.ac.kr [abgerufen am 10. August 2024]).