Amann & Söhne

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Amann & Söhne GmbH & Co. KG

Logo
Rechtsform GmbH & Co. KG
Gründung 1854
Sitz Bönnigheim, Deutschland Deutschland
Leitung
  • Wolfgang Findeis
  • Ivo Herzog
  • Peter Morgalla
  • Arved Westerkamp[1]
Mitarbeiterzahl ca. 2.500[1]
Umsatz ca. 230 Mio. EUR[1]
Branche Textilindustrie
Website amann.com
Stand:
Eingang des Amann-Unternehmenshauptsitzes in Bönnigheim
Hochregallager im Amann-Industriezentrallager in Erligheim

Amann & Söhne (Eigenschreibweise: AMANN) ist ein 1854 gegründeter, deutscher Hersteller von Industrie-, Näh- und Stickgarnen. Der Hauptsitz des Unternehmens befindet sich im baden-württembergischen Bönnigheim, die Produktionsstätten sind in Europa und Asien zu finden. In Deutschland ist Amann Marktführer im industriellen Bereich, weltweit zählt Amann zu den größten Produzenten.[2]

Das Unternehmen wurde 1854 in Bönnigheim von Alois Amann (1824–1892) und dem Stuttgarter Kaufmann Immanuel Böhringer (1822–1906) unter der Firma Amann & Böhringer „zum Zwecke der Fabrikation gezwirnter und gefärbter Seiden“ gegründet.[3][4]

Das industrielle Zeitalter war zu diesem Zeitpunkt noch nicht in Bönnigheim angekommen. Zu Beginn wurden die Produkte in einer Färberei in Rau in Berg gefärbt und anschließend nach Bönnigheim gebracht, wo sie von zwölf Zwirnerinnen überarbeitet und auf einer Haspel gehaspelt wurden. Die Antriebskraft lieferten zwei Radtreiber, die ein großes Schwungrad beschwerlich drehten. Die Kraft dieser Männer erwies sich jedoch bis 1855 infolge der weiteren aufgestellten Maschinen als unzureichend, und ihre menschliche Leistung wurde daher durch ein von zwei Eseln (später zwei Ochsen) getriebenes Göpelwerk ersetzt. 1856 kamen vier neue Zwirnmaschinen, sechs weitere Windmaschinen sowie weitere Spul- und Haspelmaschinen zum Einsatz. Alle Maschinen wurden durch eine 4-Pferdestärke-Dampfmaschine angetrieben, die die Ochsen ersetzte.[5]

Das Unternehmen entwickelte sich schnell zu einer Fabrik, was die Gründer dazu veranlasste, in eine Dampfmaschine mit Dampfkessel sowie weitere moderne Maschinen zu investieren. 1857 beschäftigte Amann & Böhringer rund 100 Angestellte.[6] Mit der Aufnahme einer eigenen Schwarzfärberei wurde Amann & Böhringer in Deutschland zu einem Pionier der Seidenzwirnerei.[7] In einer 1879 in Leipzig erschienenen Industriebiographie Württembergs wurde das Unternehmen wie folgt beschrieben: „Die Firma Amann & Söhne gilt heute als das bedeutendste und leistungsfähigste Unternehmen der Seidenzwirnerei im ganzen deutschen Vaterlande.“[8]

1880 wurde die Konkurrenzfabrik Payr & Mayer in Augsburg sowie deren Tochtergesellschaft in Mössingen aufgekauft und das Führungspersonal in Bönnigheim konzentriert. 1882 verließ Imanuel Böhringer das Unternehmen. Alois Amann baute es zu einem Familienunternehmen um und integrierte seine Söhne Emil (1862–1935) und Alfred Amann als Teilhaber. Folglich benannte er das Unternehmen in Amann & Söhne um.[9]

Emil Amann unternahm Versuche mit der Herstellung von synthetischen Fasern, kam aber schließlich zu dem Urteil, dass die Naturseide noch durch nichts Gleichwertiges zu ersetzen sei.[10] In den 1880er Jahren expandierte das Unternehmen und eröffnete in den oberitalienischen Ortschaften Seriate und Telgate zwei Fabriken. Emil Amann bereiste Deutschland und die fernsten europäischen Staaten, um den Absatz der Fabriken zu erweitern, während sein Vater und sein Bruder sich auf die Leitung des Unternehmens konzentrierten.[11] Alfred Amann ging in Lyon, London und Krefeld als Färber in die Lehre und kehrte 1888 nach Bönnigheim zurück, um den Posten des technischen Direktors zu besetzen.[10] 1892 starb Alois Amann im Alter von 68 Jahren. Seine Söhne Emil und Alfred Amann leiteten das Unternehmen fortan eigenverantwortlich – 1917 zog sich Emil Amann allerdings aus dem Unternehmen zurück.

1902 wurde das alte Bönnigheimer Fabrikgebäude zugunsten eines Neubaus abgerissen. Der Neubau aus dem Jahr 1902 steht heute unter Denkmalschutz und ist nach wie vor der Unternehmenssitz.

Da das ursprüngliche Produkt, die Seide, nach und nach von moderneren Rohstoffen verdrängt wurde, begann Alfred Amann ab 1919 mit der Herstellung von Schappeseide. Im Jahr 1923 erhielt dann die mercerisierte Baumwolle Einzug. Emil Amann gründete 1900 eine Kunstseidenfabrik in Kelsterbach. Aus ihr entwickelten sich die Vereinigten Kunstseidefabriken AG Frankfurt am Main mit weiteren Betriebsstätten in Bobingen bei Augsburg, Spreitenbach und Glattbrugg (Schweiz).

1942 starb Alfred Amann. Als Nachfolger wurde Amanns Schwiegersohn Alfred Pielenz (1898–1989) bestimmt. Dieser führte das Unternehmen durch die letzten Kriegsjahre, in denen die Produktion stillstand, und durch die Nachkriegszeit, in welcher der Geschäftsbetrieb schrittweise wieder aufgebaut wurde.[12] 1955 leistete Amann & Söhne mit der Produktion von endlosen synthetischen Nähfäden Pionierarbeit.[13] 1968 übergab Pielenz die Unternehmensleitung an seinen Sohn Hanns A. Pielenz (1939–2013).[1]

Serafil-Mustersortiment

1993/94 übernahm Amann das Augsburger Unternehmen Ackermann-Göggingen mitsamt seiner Nähgarnfärberei.[14] Zudem wurde 1996 in Erligheim ein vollautomatisches Industriezentrallager in Betrieb genommen. 2002 erweiterte das Unternehmen sein Produktportfolio und brachte neue Produkte für technische Textilien auf den Markt.[15] 2004 übernahm Bodo Bölzle den Geschäftsführerposten von Hanns Pielenz.[1]

2006 eröffnete das Unternehmen im rumänischen Brașov eine neue Produktionsstätte. 2008 wurde mit Oxley Thread Ltd. einer der bekanntesten Nähfadenhersteller Europas übernommen.[16] 2009 eröffnete Amann in Yancheng eine neue Produktionsstätte. 2013 expandierte das Unternehmen nach Bangladesch und nahm nahe der Hauptstadt Dhaka in Mawna eine weitere neue Produktionsstätte in Betrieb.[17]

2016 eröffnete Amann mit dem AMANN Innovation Lab ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum. 2017 eröffnete Amann das Sewing Technology Center (STC), welches sich in der Firmenzentrale in Bönnigheim befindet. In der vietnamesischen Küstenstadt Đà Nẵng eröffnete Amann im Jahr 2019 seine dritte Produktionsstätte auf asiatischem Boden. In diesem Werk werden vorrangig Nähfäden für die Bekleidungs- und Schuhindustrie hergestellt.[18]

Amann trat 2019 dem UN Global Compact[19] bei und veröffentlichte seinen ersten Sustainability Report. Anfang 2020 brachte Amann ein nachhaltigeres Produktsortiment auf den Markt. Dieses besteht aus der Recycled-Linie (Nähfäden, die zu 100 % aus recycelten PET-Flaschen hergestellt werden sollen) und der Cradle-to-Cradle-Gold-zertifizierten Lifecycle-Linie.[20] Das Produkt Lifecycle Polyamide ist ein recycelter Polyamidnähfaden. Im Jahr 2020 wurde Amann von den Vereinten Nationen zu einem der Top 50 Sustainability & Climate Leaders ernannt. Die Organisation hob hervor, dass die Amann-Produktionsstätte in Bangladesch „als erstes Werk die GRS-Zertifizierung erhalten hat, indem sie die besten Praktiken in Bezug auf Sicherheit, Service und Qualität befolgt – unter Einsatz hochentwickelter Maschinen zur Herstellung von Näh- und Stickgarnen für die Modeindustrie“.[21]

Gegenwärtig hat Amann inklusive Produktionsstandorten, Tochtergesellschaften und Vertriebspartnern ca. 2.500 Mitarbeiter in mehr als 100 Ländern. Die Unternehmensführung besteht aus Wolfgang Findeis, Ivo Herzog, Peter Morgalla und Arved Westerkamp.[22]

Die Produktpalette reicht vom klassischen Nähfaden für die Bekleidungsindustrie über Nähfäden für die Automobilindustrie bis hin zu Spezialfäden für technische Anwendungen.

Produktionsstätten

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Inländische Standorte der Amann & Söhne GmbH & Co. KG befinden sich in:

Amann-Werk in Yancheng, China

Amann produziert im Ausland ausschließlich in eigenen Produktionsstätten in:

Darüber hinaus besitzt Amann eigene Niederlassungen in 21 Ländern und ist mit Handelsvertretungen in mehr als 100 Ländern präsent.

  • Jörg Alexander Mann: Die Villa des Fabrikanten Alfred Amann in Bönnigheim: Ein Landhaus im Chalet-Stil als Beispiel der malerischen Architektur in Württemberg an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Dissertation, Fakultät für Architektur, Universität Karlsruhe, 2007. S. 7ff.
Commons: Amann & Söhne – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Jürgen Kunz: Zum Tod von Hanns A. Pielenz: Ein Weltbürger mit Bönnigheimer Wurzeln. Bietigheimer Zeitung, 15. Juni 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 4. Juli 2016.
  2. Wirtschaftsförderung Region Stuttgart: Zusammenhalt bis 370 Grad (Memento vom 24. Juni 2015 im Internet Archive)
  3. Josef Kurz, Kurt Sartorius, Werner Holbein, Dieter Gerlinger: Die ersten 50 Jahre der Firma Amann. In: Stadt Bönnigheim (Hrsg.): Die wechselvolle Geschichte einer Ganerbenstadt: Bönnigheim Hohenstein - Hofen. Bönnigheim 1984, S. 165.
  4. Jörg Alexander Mann: Die Villa des Fabrikanten Alfred Amann in Bönnigheim: Ein Landhaus im Chalet-Stil als Beispiel der malerischen Architektur in Württemberg an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. 2007, doi:10.5445/IR/1000007216 (kit.edu [abgerufen am 2. August 2024]).
  5. Elisabeth Zipperlen: Bedeutende Persönlichkeiten aus Bönnigheim (II) - Alois, Emil und Alfred Amann. In: Zabergäuverein, Sitz Güglingen (Hrsg.): Heimatblätter aus dem Zabergäu. Zeitschrift des Zabergäuvereins, Heft 6, 1982, S. 61.
  6. Jörg Alexander Mann: Die Villa des Fabrikanten Alfred Amann in Bönnigheim: Ein Landhaus im Chalet-Stil als Beispiel der malerischen Architektur in Württemberg an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. In: Fakultät für Architektur, Universität Karlsruhe (Hrsg.): Dissertation. Karlsruhe 2007, S. 7.
  7. Hermann Brendle: Ein großer – in seiner Heimat aber unbekannter Saulgauer. Schwäbische Zeitung, 10. September 2008, archiviert vom Original am 19. September 2016; abgerufen am 11. Januar 2021.
  8. Bietigheimer Zeitung (Hrsg.): Bönnigheim und seine Nähfäden - Generationen haben in den Nähseidenfabriken gearbeitet. Ausgabe 261. Bietigheim-Bissingen 10. November 1979.
  9. Bönnigheimer Zeitung (Hrsg.): Die Lebensgeschichte des Herrn Kommerzienrates Emil Amann. 4. Februar 2000, S. 16.
  10. a b Josef Kurz et al.: Die wechselvolle Geschichte einer Ganerbenstadt. 1984, S. 168.
  11. Josef Kurz et al.: Die wechselvolle Geschichte einer Ganerbenstadt. 1984, S. 169.
  12. Paul Wentz: Meine Erinnerungen an die Firma Amann. In: Historische Gesellschaft Bönnigheim e.V. (Hrsg.): Ganerbenblätter. 31. Jahrgang 2008. Bönnigheim 2008, S. 3 ff.
  13. Amann & Söhne GmbH & Co. KG – Unternehmensgeschichte. Ludwigsburger Kreiszeitung, 14. August 2014, abgerufen am 6. Juli 2016.
  14. Amann-Gruppe: Nähgarn-Marktführer steigerte 1996 seinen Umsatz um 2,9 % auf 360 Mill. DM. TextilWirtschaft, 27. März 1997, archiviert vom Original am 4. Juli 2016; abgerufen am 11. Januar 2021.
  15. Thomas Sümmerer: Megatrend Integration. In: TextilWirtschaft. Band 16, 17. April 2003.
  16. Amann übernimmt in England. Heilbronner Stimme, abgerufen am 12. Februar 2008.
  17. Tim Dörpmund: Funktion, aber natürlich. In: TextilWirtschaft. Band 24, 11. Juni 2009.
  18. Printwear & Promotion: Amann Group opens new production site in Vietnam. 28. August 2018, abgerufen am 2. August 2024 (amerikanisches Englisch).
  19. Communication on Progress (Memento vom 2. Juni 2021 im Internet Archive) auf unglobalcompact.org. Abgerufen am 2. August 2024.
  20. Cradle to Cradle certified sewing thread for technical cycle by Amann. In: textile-network.com. 18. Februar 2020, abgerufen am 2. August 2024 (englisch).
  21. AMANN Group. In: 50climateleaders.com. Abgerufen am 2. August 2024 (britisches Englisch).
  22. Tradition und Innovation seit 1854: AMANN Group. In: amann.com. Abgerufen am 2. August 2024.
  23. Varaverghiream India! AMANN Group establishes new production facility in South India. Amann & Söhne, abgerufen am 20. Juni 2023 (englisch).

Koordinaten: 49° 2′ 20″ N, 9° 5′ 38,4″ O