Benutzer:Antimatzist/Eichplatz

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Auseinandersetzung um die Zukunft des Eichplatzes

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Eichplatz 2011
Blick von der Rathausgasse in Richtung Johannistor

Planungen bis 2010

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Nach der Wende begannen Pläne für eine Neugestaltung des Platzes. 1990 gab es einen Architektenworkshop in Jena, der sich mit der Entwicklung des Altstadtareals beschäftigte.[ref] 1992 wurde eine ergebnisoffene Bürgerbeteiligung durchgeführt. Der Arbeitskreis Stadtgestaltung/Nutzung formulierte unter anderem folgendes Ziel: „im Gebiet der Innenstadt haben große, klotzige Gebäude – wie z. B. supermoderne Warenhäuser – nichts zu suchen.“ Der Arbeitskreis Verkehr/Freiflächen forderte, „die Verkehrsströme um das Stadtzentrum herumzuleiten“.[1] 1993 gab es einen städtebaulichen Wettbewerb, den das Architektenbüro „Trojan, Trojan + Neu“ aus Darmstadt gewannen.[2] Im Juli 1993 beschloss der Stadtrat mehrheitlich die Erstellung eines Bebauungsplans auf Grundlage des Siegerentwurfs. 1995 formulierten Bürgerarbeitskreise ein abschließendes Thesenpapier. Laut dem damals beteiligten Siegfried Ferge seien die von den Bürgern erarbeiteten Thesen „dann mehr oder weniger im Nichts verschwunden“.[3]

2001 beschloss der Stadtrat eine Überarbeitung des städtebaulichen Entwurfs, der die veränderten Besitzverhältnisse beim Platz berücksichtigen sollte. So war der Jentower und sein Umfeld, das seit 1997 Teil des Bebauungsplans war, mittlerweile verkauft. Bis 2003 wurde dieser erste Entwurf auch in Folge von Bürgerbeteiligungen, die unter anderem mehr Grünanlagen forderten, weiter überarbeitet.

2010 folgte eine Realisierbarkeitsstudie zur Eichplatzbebauung.[4]

Der Platz befand sich im Eigentum der Stadt Jena (Stand Anfang 2011), die beabsichtigte, ihn an Investoren zu verkaufen.[5][6] Als Bodenrichtwert wurde 870 €/m² angegeben (Stichtag 31. Dezember 2010).[7] Der Bebauungsplan sah eine großflächige Bebauung vor: „Neben der Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung geht es vor allem auch um eine weitgehende Investitionssicherheit an diesem exponierten Standort“.[8] Der Plan orientiere sich im Grundriss vage an den mittelalterlichen Grenzen. Die beiden vorgesehenen Baukörper fassten die ursprünglich kleinteilige Struktur zu großen Volumina zusammen.[9] Der Nutzungsschwerpunkt im südlichen Gebäude solle Einzelhandel sein. Mit 10.000 m² Verkaufsfläche erfüllte es die definitorische Untergrenze eines Einkaufscenters.

Darunter solle eine mehretagige Tiefgarage betoniert werden. Das hydrogeologische Gutachten kam hier zu der Bewertung: „Die für die 2-geschossige Tiefgarage berechneten Aufhöhungen von 0,23 m bis 0,59 m und entsprechende abstromige Absenkungen lassen eine signifikante Beeinflussung der Umgebungsbebauung besorgen“. Weiter hieß es: „Grundsätzlich wird auf Grund des anstehenden und somit drückenden Grundwassers im voraussichtlichen Gründungsbereich die Ausführung einer Weißen Wanne (wasserundurchlässiger Beton) empfohlen“.[10]

Das mikroklimatische Gutachten prognostizierte: „Der PMV-Wert, ein Maß für das thermische Behaglichkeitsempfinden, erfährt in Bereichen z. B. des neuen kleinen Eichplatzes und der südlichen Rathausgasse eine z. T. signifikante Verschlechterung, die in erster Linie auf verminderte Strömungsgeschwindigkeiten zurückzuführen ist. Bereiche jeweils nördlich der beiden Baufelder der Neubebauung erhalten durch die Schattenwirkung hingegen positive bioklimatische Effekte. Veränderungen im geplanten Baumbestand könnten hier positive Wirkung zeigen. Mit Ausnahme des Bereichs der zukünftigen Tiefgaragenzufahrt in der Weigelstraße gibt es momentan keine Anhaltspunkte für eine Verschlechterung der lufthygienischen Situation im Untersuchungsgebiet durch die geplante Bebauung des Eichplatzes. Sämtliche Veränderungen hinsichtlich der Partikelkonzentrationen bewegen sich dabei in einer Größenordnung deutlich unterhalb des zulässigen Grenzwertes.“[11]

Bürgerinitiative „Mein Eichplatz“

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Im Herbst 2010 gründete sich eine Bürgerinitiative, die den damals aktuellen Plan ablehnte. Aus ihrer Sicht entspreche die Planung weder den Bedürfnissen der Einwohner noch erfülle es den Anspruch einer integrierten Stadtentwicklung.[12] Sie beklagte, dass keine Diskussion über eine andere Schwerpunktsetzung als Gewerbe stattgefunden habe. Andere denkbare Konzepte, wie beispielsweise Markthalle[13], Stadtpark, Kulturzentrum, Kunstmuseum oder Mischformen daraus seien nie ernsthaft in Erwägung gezogen worden. Ihre Straßenumfrage unter mehr als 300 Passanten habe zudem ergeben, dass sich über 90 Prozent der Jenaer gegen den Verkauf des Platzes aussprächen.[14] Der Antrag auf ein Bürgerbegehren, das eine stärkere Bürgerbeteiligung umzusetzen suchte, wurde vom Rechtsamt der Stadt Jena mit der Begründung einer Verfristung abgelehnt.[15]

Im Mai 2011 begann mit der Ausschreibung des Grundstücks ein europaweiter Wettbewerb um „die überzeugendsten Ideen und die schlüssigsten Konzepte“.[16] Zehn Interessenten stellten sich diesem Verfahren. Die Namen dieser potentiellen Investoren wurden nicht veröffentlicht. Sie sollten Konzepte einreichen, welche nach städtebaulichen, architektonischen, ökologischen und wirtschaftlichen Kriterien von einer Jury beurteilt wurden.[17]

Neben drei Vertretern des Jenaer Stadtrates und fünf Fachjuroren gehörten auch drei Bürger dieser Jury an, die per Losverfahren ausgewählt wurden. Die Bürgerinitiative kritisierte diese Jury.[18] Beide Jurysitzungen fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Am 22. Februar 2012 präsentierten der Oberbürgermeister Albrecht Schröter und die Stadtverwaltung drei Empfehlungen der Jury: Jenawohnen, ECE und OFB.[19][20] Schröter gehörte zum Stiftungsrat der ECE-nahen Stiftung Lebendige Stadt. Kurz nach der Bekanntgabe des Votums wandte sich ein Jurymitglied mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit: Es sei ausschließlich Jenawohnen empfohlen worden.[21] Die Bürgerinitiative „Mein Eichplatz – Unser Jena“ forderte, das Verfahren zu stoppen.[22]

Vom 19. Juni bis zum 19. Juli 2012 fand eine Bürgerbefragung statt. 15.000 repräsentativ ausgewählten Bürger konnten ihr Votum schriftlich abgeben, zusätzlich fand eine Online-Umfrage statt. Die wissenschaftliche Begleitung und Auswertung wurde durch die Ernst-Abbe-Fachhochschule durchgeführt. Etwa 2200 Bürger haben von dieser Möglichkeit der Abstimmung im Internet Gebrauch gemacht. Rund 4600 ausgefüllte Fragebögen wurden zurück gesandt (entspricht Rücklaufquote von 30,5 %). Im Ergebnis der Befragung sprachen sich 69 % für eine Wiederbebauung des Eichplatzareals aus.[23]

Vor der Stadtratsentscheidung zum Verkauf des Eichplatzes wurde für die 9975 m² mit einem Erlös von ca. 8 Mio. Euro gerechnet.[24][25] Von dieser Summe sind aber noch die archäologischen Grabungen zur Baufeldfreimachung zu begleichen, die ab dem Frühjahr 2014 beginnen und bis 2015 andauern sollen.[26][27] Insgesamt rechnet die Stadtverwaltung auch wegen notwendiger Erschließungsmaßnahmen und Medienverlegungen sowie entgangener Einnahmen nicht mit einem Gewinn aufgrund des Verkaufs.[28] Auf einer nichtöffentlicher Sitzung am 4. Dezember 2013 entschied sich die Koalitionsmehrheit im Stadtrat, bestehend aus CDU, SPD und Bündnisgrünen, für das Gesamtkonzept der Unternehmen OFB und jenawohnen.[29][30]

In der Bürgerbefragung 2014 votierte eine Mehrheit von 62,0 Prozent der mindestens 16 Jahre alten Jenaer Bürger gegen die Bebauungspläne.[31][32] Der Stadtrat beschloss in Folge einen zwischenläufigen Stopp der Bebauungspläne.

Planung seit 2015

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2015 wurde der damalige Oberbürgermeister Albrecht Schröter vom Stadtrat beauftragt, die Entwicklung des Eichplatzes wieder aufzunehmen. Gleichzeitig wurde der Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan „Eichplatz“ aus dem Jahr 1993 aufgehoben. Im Anschluss wurden in Zusammenarbeit mit Bürgern zehn Grundsätze erarbeitet, denen die Bebauung folgen sollte.

Den daraufhin im Rahmen einer Ideenwerkstatt von Albert Speer + Partner geänderten Plänen stimmte der Stadtrat im Februar 2017 zu; der Verkauf eines Teils des Platzes wurde im Juni genehmigt.[33][34] Im September 2020 wurde nach einem Auswahlverfahren dann der Siegerentwurf gekrönt. Dieser wurde von der STRABAG Real Estate GmbH eingereicht. Er beinhaltete drei Hochpunkte, mit Höhen von 66,5 50 und 33 Metern.

  1. Albrecht Keller: Innenstadt Jena – Mit dem Bürger planen. In: 10 Jahre Stadterneuerung in Jena, Stadtverwaltung Jena
  2. Trojan, Trojan & Neu: Wiederbebauung der westlichen Altstadt mit Integration des Henselmann-Turms@2Vorlage:Toter Link/www.german-architects.com (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im April 2018. Suche in Webarchiven)
  3. Siegfried Ferge zu den Bürgerideen von 1993
  4. DU Diederichs: Positives Interesse (Memento vom 8. Oktober 2011 im Internet Archive)
  5. Ortsteilbürgermeister Kristian Philler: Die Stadt verkauft den Eichplatz! (Memento vom 1. April 2011 im Internet Archive)
  6. KIJ: Grundstücksverkauf mit Bauverpflichtung (Memento vom 7. Juli 2011 im Internet Archive)
  7. Bodenrichtwertinformationssystem Thüringen
  8. 3. Entwurf für den Bebauungsplan Eichplatz: Begründung (Memento vom 2. Januar 2011 im Internet Archive)
  9. Stadtarchitekt Dr. Matthias Lerm: Zur Rückgewinnung der städtischen Mitte Jenas am Eichplatz (Memento vom 5. Juli 2011 im Internet Archive)
  10. Tagesordnungspunkt. Beschlussvorlage Oberbürgermeister - Abwägungsbeschluss zum 3. Entwurf für den Bebauungsplan „Eichplatz“. In: sessionnet.jena.de. 11. Mai 2011, abgerufen am 5. März 2024 (Hydrogeologisches Gutachten und Baugrundgutachten des JENA-GEOS-Ingenieurbüros).
  11. Tagesordnungspunkt. Beschlussvorlage Oberbürgermeister - Abwägungsbeschluss zum 3. Entwurf für den Bebauungsplan „Eichplatz“. In: sessionnet.jena.de. 11. Mai 2011, abgerufen am 5. März 2024 (Mikroklimatisches Gutachten für das B-Plangebiet Eichplatz des Thüringer Instituts für Klimaschutz und Nachhaltigkeit).
  12. Stellungnahme zum Abwägungsmaterial (Memento vom 11. August 2011 im Internet Archive)
  13. Ideenskizze Markthalle Jena, November 2015
  14. Michael Groß: Favoriten beim Eichplatz in Jena: Grün und Tiefgarage. In: Ostthüringer Zeitung. 18. November 2010, abgerufen am 4. Mai 2024 (original auch Thüringische Landeszeitung).
  15. Begründung der Ablehnung des Antrags auf Zulassung eines Bürgerbegehrens (Memento vom 30. März 2013 im Internet Archive)
  16. Kommunale Immobilien Jena: Zeitungsbeilage (Memento vom 13. Januar 2012 im Internet Archive) (PDF; 1,3 MB)
  17. Aspekte zur städtebaulichen, funktionalen und architektonischen Gestaltung@2Vorlage:Toter Link/egov1.kommunenonline.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Dezember 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  18. Jenapolis: Feigenblatt: Bürgerbeteiligung nach der Entscheidung (Memento vom 23. September 2011 im Internet Archive)
  19. Oberbürgermeister Albrecht Schröter: Wir haben heute drei Entwürfe, die wir vorstellen können (Memento vom 2. März 2012 im Internet Archive)
  20. Kommunale Immobilien Jena: Wettbewerbsbeiträge (Memento vom 14. März 2012 im Internet Archive)
  21. Bürgerjuror Wolfram Opel: Einzig der Entwurf von Jenawohnen wurde von der Jury empfohlen (Memento vom 12. März 2012 im Internet Archive)
  22. Jenapolis: Bürgerinitiative „Mein Eichplatz – Unser Jena“ fordert sofortigen Stopp des Investorenauswahlverfahrens (Memento vom 9. März 2012 im Internet Archive)
  23. Kommunale Immobilien Jena: Bürgerbefragung ausgewertet, Ernst-Abbe-Fachhochschule stellt Ergebnisse vor (Memento vom 31. März 2013 im Internet Archive)
  24. Lutz Prager: Verträge mit Eichplatz-Investoren in Jena sind gemacht. Ostthüringer Zeitung, 15. November 2013, abgerufen am 17. November 2013.
  25. D-Jena: Verkauf von Grundstücken (Memento vom 12. Dezember 2013 im Internet Archive) 2011/S 102-167224, BAUKONZESSION, pdf, 133kB
  26. Fällungen auf dem Eichplatz beginnen. MeinAnzeiger.de, 29. Januar 2013, archiviert vom Original am 22. März 2016; abgerufen am 17. November 2013.
  27. Probegrabungen auf dem Eichplatz. Dtoday.de, 24. September 2013, abgerufen am 13. November 2013.
  28. Tobias Netzbandt: Eichplatz-Verkauf bringt kaum finanzielle Vorteile. Jenapolis.de, 13. September 2013, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 17. November 2013.@2Vorlage:Toter Link/www.jenapolis.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  29. OFB/jenawohnen zum Sieger gekürt. Kommunale Immobilien Jena, 5. Dezember 2013, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 14. Dezember 2013; abgerufen am 10. Dezember 2013.
  30. Thomas Beier: Eichplatz: 10.500 Jenaer Bürger enttäuscht, Stadtregierung ist glücklich. Ostthüringer Zeitung, 5. Dezember 2013, abgerufen am 10. Dezember 2013.
  31. Bürgerbefragung beendet - Bebauung abgelehnt. eichplatz.jena.de, 3. April 2014, archiviert vom Original am 8. April 2014; abgerufen am 3. April 2014.
  32. Pressekonferenz am 4. April 2014. jenapolis.de, 23. April 2014, abgerufen am 23. April 2014.
  33. MDR:Stadtrat stimmt neuen Plänen für Eichplatz zu (Memento vom 22. Dezember 2017 im Internet Archive)
  34. MDR:Eichplatz-Bebauung nimmt Fahrt auf (Memento vom 22. Dezember 2017 im Internet Archive)