Benutzer:Bernd Schwabe in Hannover/Goseriede

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Die Goseriede[1] (auch: Goseriede-Platz)[2] in Hannover ist sowohl ein öffentlicher Platz[2] als auch eine Innerortsstraße im heutigen Stadtteil Mitte, die von der Straße Lange Laube bis zur Straße Am Klagesmarkt führt.[1]

Straßenschild mit Legendentafel zur Goseriede, die „1498 als “Gänseanger” erstmals genannt“ wurde
Die Hut von Hausgänsen durch das Mädchen Gänseliesel in feuchter Umgebung, 1898 durch Carl Dopmeyer als Brunnenfigur am Gänselieselbrunnen verdeutlicht

Grabung des Forschers Helmut Plath an der Nikolaikapelle, dem ältesten erhaltenen Gebäude Hannovers, hatten ergeben, das die Grundmauern der Kapelle noch aus der Zeit zwischen 1250 und 1284 stammen.[3] Ebenfalls „vor dem Steintor“, außerhalb der mittelalterlichen Stadtbefestigung Hannovers, wurde „mutmaßlich [schon] vor 1256“ das damals vom Stadtrat Hannovers gestiftete Leprosen-Hospital Nikolai-Stift errichtet, wenngleich das Stift bisher erst später urkundlich nachgewiesen werden konnte.[4] „Wahrscheinlich im Zusammenhang“ mit dem Bau dieser beiden Einrichtungen war seinerzeit auch der Alte St.-Nikolai-Friedhof angelegt worden.[5] Die Umgebung vor dem Stift[4] wurde allerdings erstmals im Jahr 1498 urkundlich erwähnt als „Gänseanger“, als Anger zur Hut von Hausgänsen.[6] Ab dem Jahr 1563 war dann der Name „Goseride“ bekannt.[1]

Noch zur Zeit des Kurfürstentums Hannover führte der Hofbuchdrucker Johann Thomas Lamminger im ersten Adressbuch der Stadt Hannover[7] das östlich des Nikolaifriedhofes etablierte Gartenlokal Wegeners Garten auf, das später als Konzertgarten Odeon zum Treffpunkt welfentreuer Hannoveraner wurde.[8]

Zur Zeit des Königreichs Hannover, das seinerzeit noch in der Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover regiert wurde,[9] wurde am Ort des „Gänsegrabens“,[1] der ebenso wie die nahegelegene, später angelegte Kanalstraße vor den Festungungs-Wälle der alten Stadtbefestigung Hannovers lag,[10] 1830 die Straße Goseriede angelegt.[1][11] Wenige Jahre später wurde die Artilleriekaserne am Steintor gebaut, deren Gelände von der Goseriede bis zur Kanalstraße verlief[12] Nach der Ausrufung des Deutschen Kaiserreichs und den dann folgenden Gründerjahren wurde der gesamte Militärkomplex von dem Bauunternehmer Ferdinand Wallbrecht übernommen und durch die Anlage der diagonal auf die Goseriede zulaufende Nordmannstraße ersetzt.[13]

Das neu erbaute Goseriedebad und der Gänseliesel-Brunnen;
Ansichtskarte um 1905
Goseriede und Nicolaistraße, links die Sparkasse, ein leerer Bauplatz und das Goseriedebad, in der Bildmitte der von der hannoverschen Straßenbahn umrundete begrünte Platz mit dem Goseriedebrunnen und der Nikolaikapelle, rechts die Gebäude der „Nicolaistraße“

1898 war an der Goseriede der Gänseliesel-Brunnen[14] auf einer Grünfläche[6] fertiggestellt worden,[14] im selben Jahr wurde sowohl das alte Nikolai-Stift als auch die bis dahin vor Ort befindliche Georgstädter Bürgerschule abgerissen, auf deren Grundstücken an der Goseriede bis 1905 das erste städtische Hallenbad errichtet wurde, das mit seinem Namen Goseriedebad ebenfalls Bezug auf die Geschichte des Ortes nahm.[15]

1906 als „Englische Kapelle“
Ansichtskarte Nr. 28 von Ludwig Hemmer

Zur selben Zeit fuhr entlang der Goseriede als auch im ehemaligen Verlauf der Nicolaistraße die bereits elektrifizierte hannoverschen Straßenbahn, für die an der zur Stadtmitte weisenden Spitze der Grünfläche des Alten St. Nikolai Friedhofs ein Wendegleis angelegt worden war. War das Straßenbild zu der Zeit ansonsten noch vor allem durch Pferdefuhrwerke geprägt,[6] dokumentierte der Verleger Ludwig Hemmer mit seiner Ansichtskarte Nummer 28 vor der[6] - seinerzeit durch die Englische Gemeinde genutzten[16] - Nikolaikapelle eines der ersten Automobile in der Geschichte der Stadt Hannover.[6]

1909 bis 1910 ließ der Allgemeine Deutsche Gewerkschaftsbund (ADGB) zwischen der Odeonstraße und der Nikolaistraße sein Gewerkschaftshaus errichten nach Plänen des Architekten Rudolf Schröder, das bald auch Sitz der hannoverschen SPD wurde und als Pressehaus der sozialdemokratischen Tageszeitung Volkswille diente. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde hier während der Novemberrevolution der hannoversche Arbeiter- und Soldatenrat gegründet.[17] Der benachbarte, frühere Konzertgarten Odeon hatte sich längst als „Kriegerheim“ ruiniert und wurde ab 1919 dann vom ADGB übernommen, der es dann als „Volkheim“ weiterführte.[8]

Nach der durch den Ersten Weltkrieg ausgelösten Deutschen Hyperinflation in der Weimarer Republik ließ der Verleger August Madsack nach Vorentwürfen von Emil Lorenz das von dem Architekten Fritz Höger 1928 fertiggestellte Anzeiger-Hochhaus errichten, das als Hauptwerk des norddeutschen Klinkerexpressionismus mit Anklängen des Art déco-Stils ein Wahrzeichen der Stadt wurde.[18]

Die Zeit des Nationalsozialismus schlug an der Goseriede besonders früh zu: Schon am 1. April 1933 besetzten die Nazis das Gewerkschaftshaus des ADGB, „die Gewerkschaften wurden zerschlagen, Gewerkschafter verfolgt, verhaftet und ermordet“.[6] Das Gebäude wurde nun der Sitz der Deutschen Arbeitsfront (DAF) und anderer NS-Organisationen.[17]

Während des - nicht nur von Adolf Hitler gewünschten - Zweiten Weltkrieges legten die Luftangriffe auf Hannover mit ihren Fliegerbomben und Feuerstürmen rund 85 Prozent der Innenstadt in Schutt und Asche,[19] erstaunlicherweise blieb an der Goseriede jedoch insbesondere das Anzeiger-Hochhaus relativ unbeschädigt.[18] Und so konnte hier der Verleger Rudolf Augstein mit seinem Freund Leo Brawand und mit Genehmigung der Britischen Militärregierung schon 1946 hier das Nachrichtenmagazin Der Spiegel gründen.[20]

In der noch jungen Bundesrepublik Deutschland wurde anstelle des im Krieg zerstörten ehemaligen Konzertgartens Odeon nun 1957 an der Goseriede ein Neubau für die Neue Presse (NP) errichtet. Nach dem Umzug der NP dienen die Gebäude seitdem unter dem Namen „ver.di-Höfe“ als Büro- und Veranstaltungszentrum der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di.[17]

Bei der Einweihung des neu gestalteten Goseriedeplatzes am 23. Mai 2014 war Oberbürgermeister Stefan Schostok für das Stadtradeln und die Velo City Night

Medienecho (Auswahl)

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  • Denis Lochte: Nach Umbau an der Goseriede / Bürgersteig breiter als Straße, in: Bild vom 15. Oktober 2012; online zuletzt abgerufen am 14. August 2014
  • Carsten Richter: Hannover / Goseriede: Wer braucht so viel Platz? / Die neue Goseriede im Herzen Hannovers nimmt Form an, macht aber auch ein bisschen ratlos: Wer braucht eigentlich so einen großen Platz?, in: Neue Presse vom 18. Juli 2013; online zuletzt abgerufen am 14. August 2014
Commons: Goseriede (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise und Anmerkungen

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  1. a b c d e Helmut Zimmermann: Goseriede, in: Die Strassennamen der Landeshauptstadt Hannover, Verlag Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1992, ISBN 3-7752-6120-6, S. 95
  2. a b Dirk Sarnes (Verantw.): Goseriede-Platz auf der Seite hannover.de, „Offizielles Portal der Landeshauptstadt und der Region Hannover in Zusammenarbeit mit der Mediengruppe Madsack“, zuletzt abgerufen am 14. August 2014
  3. Helmut Plath: Zur Baugeschichte der Nikolaikapelle. Ein Grabungsbericht. In: Hannoversche Geschichtsblätter. Neue Folge 11 (1958), S. 381–394
  4. a b Rainer Kasties M.A.: Nikolai-Stift, in: Stadtlexikon Hannover, S. 477f.
  5. Waldemar R. Röhrbein: Nikolaifriedhof (I) Alter St. Nikolai Friedhof, in: Stadtlexikon Hannover, S. 476
  6. a b c d e f Vergleiche die Dokumentation bei Commons (siehe unter dem Abschnitt Weblinks)
  7. Jakob Franck: Lamminger, Johann Thomas. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 17, Duncker & Humblot, Leipzig 1883, S. 569 f.
  8. a b Ludwig Hoerner, Waldemar R. Röhrbein: Odeon, in: Stadtlexikon Hannover, S. 484f.
  9. Klaus Mlynek: Personalunion, in: Stadtlexikon Hannover, S. 498
  10. Helmut Zimmermann: Kanalstraße, in: Die Straßennamen ..., S. 136
  11. Anmerkung Helmut Zimmermann gab als Quelle für die Angabe „Gänsegraben“ die Hannoverschen Geschichtsblätter von 1914 an.
  12. Vergleiche diese Vogelperspektive von 1872 und diesen Stadtplan Hannover von 1873, Ziffer 6
  13. Helmut Zimmermann: Nordmannpassage, in: Die Straßennamen ..., S. 183
  14. a b Rainer Ertel, Ernst-Friedrich Roesener: Hannoversches Brunnenbuch. Wasserspiele und Brunnen in Hannover. Fackelträger, Hannover 1988, ISBN 3-7716-1497-X, S. 34f.
  15. Peter Rutenberger: Badeanstalt im Bild, in: Peter Rutenberger (Hrsg.), Wolfgang Wagner (Red).: Anzeiger ... (siehe Literatur), S. 148–167
  16. Waldemar R. Röhrbein: Nikolai-Kapelle, in: Stadtlexikon Hannover, S. 477
  17. a b c Helmut Knocke: Gewerkschaftshaus des ADGB, in: Stadtlexikon Hannover, S. 221
  18. a b Helmut Knocke: Anzeiger-Hochhaus, in: Stadtlexikon Hannover, S. 30
  19. Conrad von Meding: Alte Häuser in der City „Es muss Schluss sein mit Abrissen“ / Erneut werden in Hannovers City zwei historische Gebäude abgerissen. Hannovers Baudenkmalstiftung fordert angesichts der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und des Verschwindens vieler weiterer alter Häuser bis heute, dass in der Innenstadt damit endlich Schluss sein müsse. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 16. September 2013, online zuletzt abgerufen am 14. August 2014
  20. Simon Benne: Krebsleiden / „Spiegel“-Mitbegründer Leo Brawand ist tot / Der „Spiegel“-Mitbegründer und langjährige Chefredakteur des „Manager Magazins“, Leo Brawand, ist im Alter von 84 Jahren gestorben, in: Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 9. Juli 2009; online zuletzt abgerufen am 14. August 2014