Benutzer:Bernd Wältz/Jüdische Anlernwerkstatt Frankfurt

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Die Jüdische Anlernwerkstatt Frankfurt existierte unter wechselnden Bedingungen von 1933 bis zu ihrer Auflösung im Jahr 1942.[1] Vor dem Hintergrund der Verdrängung jüdischer Schüler aus dem beruflichen Ausbildungswesen und der generellen Verdrängung der Juden aus der Berufswelt war sie eine jüdische Selbsthilfeeinrichtung zur Berufsumschichtung und zur beruflichen Grundausbildung. Die Ausbildung der Lernwerkstatt war immer auch auf die Hachschara ausgerichtet, das heißt der Vorbereitung und Tauglichmachung auf ein Leben ausßerhalb Deutschlands, bevorzugt in Palästina. Vergleichbare Einrichtungen wie in Frankfurt gab es unter anderem in Hamburg, Berlin, Ludwigshafen und Stuttgart.[2]:S. 24 Nach Rudolf Stahl gab es bis 1937 „in Deutschland sechzehn solcher Lehrwerkstätten, sechs davon in Berlin und die übrigen in anderen größeren Städten. In jeder Lehrwerkstatt befanden sich zwischen einhundert und zweihundert junge Menschen in Ausbildung.“[3]

Anlernwerkstätten waren als pädagogische und vor allem auch berufspädagogische Einrichtungen schon bekannt, bevor sie sich als Ausbildungsstätten in einem jüdischen Kontext etablierten.

„Die Anlernwerkstätten, haben die Aufgabe, berufsunreife, schulentlassene Jugendlichen, die zwar nach Ortssatzung für die Berufsschulen in Frankfurt berufsschulpflichtig sind, jedoch infolge ihrer schwachen Begabung einem Berufe noch nicht zugeführt und deswegen in den normalen Berufsschulklassen nicht beschult werden können durch eine besondere Ausbildung so zu fördern, dass ihnen der Eintritt in eine geeignete Lehre oder Arbeitsstelle möglich ist. Während das Berufsschulamt die unterrichtlichen Aufgaben der Anlernwerkstätten durchzuführen hat, nimmt das Fürsorgeamt die fürsorgerischen Interessen wahr, da es sich bei den Schülern der Anlernwerkstätten um solche Jugendlichen handelt, die bereits vor ihrer Schulentlassene fürsorgerisch betreut werden mussten und auch weiterhin einer fürsorgerischen Betreuung bedürfen.“

Magistrat der Stadt Frankfurt am Main: Antwort des Magistrats vom 12. Dezember 1930 auf einen Beschluss der Stadtverordnetenversammlung[4]

Die Stellungnahme des Magistrats befasste sich überwiegend mit den Erfahrungen aus den Anlernwerkstätten für Jungen, da „die Zeit des Bestehens der Anlernwerkstätte für Mädchen [,,] noch zu kurz [ist], um hier ein auf ausreichende Erfahrungen gestütztes Urteil abgeben zu können“. Heute werden derartige Einrichtungen als Berufsbildungswerke bezeichnet.

Eine dieser Frankfurter Anlernwerkstätten befand sich in der Berufsschule VI für Hilfs- und Verkehrsgewerbe in der Oppenheimer Landstraße 15 im Stadtteil Frankfurt-Sachsenhausen (heute Sitz der Textorschule). An ihr unterrichtete seit Ostern 1926 Bernhard Beling (* 17. September 1894 in Frankfurt; † 8. Januar 1983), ein Gewerbelehrer mit abgeschlossener Schlosserausbildung und vorangegangenen Lehrtätigkeiten am Landesaufnahmeheim Steinmühle[5] und in der Odenwaldschule.[6]:Personalbogen vom 8. Dezember 1926 Beling war in der Frankfurter Berufsschule VI bis zum 18. Dezember 1931 beschäftigt und bekam in einem Zeugnis vom 27. Dezember 1932 (!) bescheinigt, dass er „mit besonderer Vorliebe in den Klassen der arbeitsschwachen Jugendlichen, bei ehemaligen Hilfsschülern und in der Arbeitsanlernwerkstätte“ unterrichtet habe. Seine Entlassung sei aufgrund der vom Magistrat angeordneten Sparmassnahmen notwendig geworden.[6]:Blatt 049 Zum Zeitpunkt der Ausstellung des zuvor erwähnten Zeugnisses erhielt Beling einen Fortbildungszuschuss, der bis Frühjahr 1933 befristet war. Auf die Anfrage des Frankfurter Berufsschulamtes vom 18. März 1933, ob er weiterhin eine staatliche Beihilfe in Anspruch nehmen wolle, Überlässt er diesem eine Abschrift seines Schreibens vom 1. April 1933 an das Regierungspräsidium. Darin heißt es unter Bezug auf einen zuvor gestellten Antrag auf „Beihilfe an beschäftigungslose Gewerbelehrer“: „Zu meinem obengenannte Schreiben berichte ich ergänzend, dass meine Beschäftigung beim Landesarbeitsamt am 30. April abläuft, dass ich also vom 1. Mai ab ohne Einnahmen aus lehramtlichen oder anderer Beschäftigung bin.“[6]:Blatt 052

Ob Belings Entlassung eine Folge städtischer Sparmaßnahmen war oder auch politische Gründe hatte, ist nicht eindeutig geklärt. Philipp Lenhard zitierte 2017 in einem Aufsatz die israelische Tageszeitung Ma‛ariv, in der behauptet worden sei, dass Beling „wegen seiner Ansichten 1933 von den Nazis aus dem Unterricht entfernt wurde“.[7] In diese Richtung argumentiert auch das Stadtarchiv von Bad Homburg vor der Höhe. In einer Kurzbiografie im Zusammenhang mit dem Nachlass seiner Tochter Friedel Beling heißt es dort, Beling habe Kurse im Auftrag des Landesarbeitsamtes gegeben und sei später zuständig gewesen „für die Führerausbildung im freiwilligen Arbeitsdienst. 1933 wurde er aus dem Dienst entlassen, da er Versuche der NSDAP, dort Fuß zu fassen, stets erfolgreich verhindert hatte.“[8]

Die Gründung der Jüdischen Anlernwerkstatt

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Julius Bloch (1877–1956), „Mitglied der Israelitischen Kultusgemeinde in Frankfurt am Main, wo er auch Vorsitzender des jüdischen Wohlfahrtsausschusses und Leiter des Regionalbüros des Hilfsvereins der Juden in Deutschland war“[9] verfasste am 29. Januar 1956 ein Manuskript, in dem er beschrieb, wie es 1933 zur Gründung der Jüdischen Anlernwerkstatt kam. Deren Notwendigkeit stand für die Jüdische Gemeinde nach dem Judenboykott am 1. April 1933 außer Frage.

„Ich war gleichzeitig Vorsitzender des Hilfsvereins der Juden und des Wohlfahrtswesens und mußte der Lage ins Auge sehen. Neben der Förderung der Auswanderung durch den Hilfsverein der Juden mußte die Jugend die Möglichkeit der Erlernung eines Handwerks haben, um sich im Auslande zurechtzufinden und ihre Eltern oder Angehörige eventuell nachkommen zu lassen. Aber auch die ältere Generation, die ja in der Hauptsache Auslands- und sprachunkundig war, mußte die Möglichkeit haben, Sprachkenntnisse zu erwerben.
Innerhalb vier Wochen nach Ausbruch des Boykotts eröffneten wir eine Anlernwerkstätte für technische Berufe in dem Souterain des ehemaligen Königswärter Hospitals. Ein Lehrmeister wurde engagiert.“

Julius Bloch: Praktische & theoretische Umschichtungsstätten in Frankfurt/M. (1933 - 1939)[10]

Die von Bloch erwähnte Eröffnung der Anlernwerkstatt innerhalb von vier Wochen nach dem 1. April 1933 bedeutete, dass die Einrichtung zunächst ohne behördliche Genehmigung ihre Arbeit aufnahm. Aus den Unterlagen der Stadt Frankfurt. geht nämlich hervor, dass der Antrag auf Einrichtung einer Anlernwerkstatt erst am 29. Juni 1933 von dem zur Jüdischen Wohlfahrtspflege gehörenden "Verein Berufsberatung & Arbeitsnachweis für Juden" beim Berufsschulamt der Stadt gestellt wurde.[11][12] Das Schulamt hatte in einem Vermerk für den Oberbürgermeister vom 3. August 1933 gegen diese Pläne nichts einzuwenden, da der Antrag bezwecke, „jüdische jugendliche Erwerbslose in den einfachen handwerklichen Arbeiten auszubilden, um sie zum Auswandern zu bringen. Die Zeit der Teilnahme in der Anlernwerkstatt wird auf eine Lehrzeit nicht angerechnet. Dadurch können Besucher der Anlernwerkstätten zur Gesellenprüfung nicht zugelassen werden, sodass sich m. E. Schwierigkeiten nicht ergeben können.“[11] Die Stadt aber holte zunächst die Meinung der Gauleitung der NSDAP ein, die am 28. August 1933 beschied:

„Wenn die Juden, mit ihrem Geld und unter ihrer Verantwortung, eine Anlernwerkstätten einrichten wollen, so ist meines Erachtens nichts dagegen einzuwenden. Ob eine solchen Privatschule die Gemeinnützigkeit zugesprochen werden kann, ist eine andere Frage. Vom Parteistandpunkt aus wäre diese Frage abzulehnen.“

NSDAP-Gauleitung Hessen-Nassau[11]

Der Magistrat informierte darüber am 7. September 1933 das Regierungspräsidum Wiesbaden (RP) als formale Genehmigungsbehörde und zeitgleich auch die Jüdische Wohlfahrtspflege, und vom RP folgte dann am 15. September 1933 die offizielle Genehmigung.

„Diese Genehmigung wird unter der Bedingung erteilt, daß die Zeit der Teilnahme an der Anlernwerkstätten auf eine spätere Lehrzeit nicht [unterstrichen] angerechnet wird. Von dem Besuch der gewerblichen Berufsschule können die berufsschulpflichtigen Jugendlichen nur befreit werden, wenn die hierfür bestehenden Voraussetzungen erfüllt sind und der Unterricht nach einem vorschriftsmäßigen Lehrplan mit mindestens 20 aufeinanderfolgenden Unterrichtsstunden mindestens 24 Wochenstunden umfasst. [..] Gegen die Heranziehung des Gewerbelehrers Beling habe ich keine Bedenken.“

Regierungspräsidium Wiesbaden: Genehmigung der Jüdischen Anlernwerkstatt[11]

Der Name Beling, der in Blochs Erinnerungen aus dem Jahr 1956 nicht vorkommt und in den übrigen Dokumenten über die Anlernwerkstatt auch nur sehr selten, taucht hier erstmals in einem Dokument auf und ist ein Beleg dafür, dass Bernhard Beling schon früh in die Planungen für die Einrichtung einbezogen war. Seit wann er, der kein Jude war, mit Bloch und den anderen Planern der Anlernwerkstatt in Verbindung stand, ist nicht bekannt, und auch nicht, ob auf ihn die Verwendung des Begriffs Anlernwerkstatt zurückgeht. Beling blieb bis 1939 Technischer Leiter der Einrichtung, bevor er zum Militärdienst verpflichtet wurde. Sein Beschäftigungsverhältnis mit der Jüdischen Gemeinde blieb formal bestehen, bis diese am 28. Juni 1942 auf Anweisung des Reichsinnenministeriums gezwungen war, die bei ihr „beschäftigten arischen Angestellten und Arbeiter“ zu entlassen. Am Ende dieses Kündigungsschreibens heißt es: „Der Aufbau der Anlernwerkstatt ist Ihr Werk. Vor allem Ihren organisatorischen Fähigkeiten ist es zu verdanken, dass die Anlernwerkstatt sich in der Kriegszeit nicht nur gehalten, sondern unter schwierigsten Umständen auf das Beste bewährt hat.“ Laut dem Schreiben war die Anlernwerkstatt zu dem Zeitpunkt bereits aufgelöst worden.[13]

Die Jüdische Anlernwerkstatt mit dem Fokus auf Umschichtung und Auswanderungsvorbereitung hatte ihren Sitz zunächst in der Königswarterstraße 26 (Lage), wo sich bis 1914 das Hospital der Israelitischen Gemeinde befand. Nach dessen Verlegung in einen Neubau[14] wurde der Gebäudekomplex von der Stadt übernommen und zeitweise weiter als Krankenhaus genutzt. Im Herbst 1931 zog sich die Stadt daraus zurück und überließ es wieder der Jüdischen Gemeinde, die darin ein Wohlfahrtszentrum etablierte, in dem 1933 auch die Anlernwerkstatt ihre erste Heimstatt fand: in Räumen im Erdgeschoss die Anlernwerkstatt für Schreiner, und im Kellergeschoss die Anlernwerkstatt für Schlosser.[15]

Über die Anfänge der Anlernwerkstätten heißt es bei Eva Beling[16]:

„Man begann den Unterricht im September 1933 mit 40 bis 60 Jugendlichen, hauptsächlich aus kaufmännischen Berufen, die nach zionistischer Terminologie umschichten wollten. Sie lernten das Schreiner- oder Schlosserhandwerk. Die Ausbildung richtete sich im Gegensatz zur späteren Grundlehre nur auf die Erlernung des neuen Berufes aus.
Die Lehrlinge arbeiteten täglich acht Stunden in der Werkstatt und erhielten wöchentlich zusätzlich drei bis vier Stunden theoretischen Fachkundeunterricht.“

Eva Beling: Die gesellschaftliche Eingliederung der deutschen Einwanderer in Israel, S. 24 f

Anders als Bloch und Rosy Epstein[17]:pdf-S. 29 (S. 451), die beide den Mai 1933 als Beginn der Arbeit der Anlernwerkstatt angeben, bezieht sich Eva Beling mit dem September 1933 ganz offensichtlich auf deren offizielle und nun auch von Stadt und NSDAP genehmigter Eröffnung.

Im Juli 1934 erschien in Jugend und Gemeinde, einer Beilage zum Frankfurter Istaelitischen Gemeindeblatt, eine erste Zwischenbilanz, in der sich Ausbilder und Auszubildende der Anlernwerkstätten über ihre bisherigen Erfahrungen äußerten. Das Generalthema der Beilage ist Berufsumschichtung, wozu es einleitend heißt: „Zu den Lebensfragen der jüdischen Jugend und des Judentums gehört das umfangreiche Gebiet der Berufsumschichtung. Wir haben die Leiter der jüdischen Berufsumschichtungsstelle in Frankfurt a. M. gebeten, über ihre Ansichten und Erfahrungen zu berichten. Aus jeder der vier Lehrwerkstätten werden diese Berichte durch eine Schilderung des Unterrichtsvorganges ergänzt.“[17]:pdf-S. 29 (S. 451) Die „Leiter der jüdischen Berufsumschichtungsstelle in Frankfurt“, die hier berichten sind:

  • Rudolf Stahl[18] beschäftigt sich einleitend mit der Frage „Warum Berufsumschichtung?“, macht das aber auf einer eher abstrakten Ebene. Berufsumschichtung ist für ihn trotz seines Hinweises auf frühere derartige Bestrebungen etwas grundsätzlich Neues. „Wenn man genauer hinsieht, so verbergen sich unter dem Schlagwort zwei Dinge: Was der einzelne Berufsumschichtler, der Kaufmann, Jurist, Arzt u. s. w. unternimmt, ist nicht nur das Wechseln seines Berufs sondern mehr. Man spricht ja auch bezeichnenderweise nicht von einem Berufs - Wechsel, sondern einer Berufs - Umschichtung. Hiermit kommt das zweite Moment sehr deutlich zum Ausdruck, nämlich das soziale. Die Berufsumschichtler kommen von einer gesellschaftlichen Schicht in eine andere, sie wechslen ihren sozialen Stand. Verbunden mit dieser Aenderung ist zugelich ein Wandel in der Bewerung der Einzelberufe. Die Richtung geht von der Kopfarbeit zur Handarbeit, von den vermittelnden Berufen zu denen der Urproduktion, vom geistigen Arbeiter zum Handwerker und Landwirt.“ Diese Abkehr von den geistigen Berufen erfordere eiserne Selbstdiziplin und eine gründliche handwerkliche Ausbildung, denn: „Die Zukunft des deutschen Judentums und des Judentums überhaupt hängt zu einem erheblichen Teil von dem Erfolg der Berufsumschichtung ab“ – und damit von denjenigen, „die das Werk der Umschichtung an sich vollziehen, wie auch von denen, die für den Vollzug der Umschichtung Sorge tragen“.[17]:pdf-S. 29 (S. 451)
  • Rosy Epstein[19] verspricht in Ihrem Beitrag „Tatsachen zur Berufsumschichtung“, die die Vielschichtigkeit des praktizierten Ausbildungswesens verdeutlichen sollen:</ br>„Heute – im Juni 1934 – sind von Frankfurt aus etwa 350 Menschen untergebracht. Von ihnen sind 220 in auswärtigen Ausbildungsstätten und in Einzelstellen, 130 in unseren eigenen Ausbildungsstätten; dort werden ausgebildet: 20 in der Bauschlosserei, 20 in der Bau- und Möbelschreinerei, 40 in der Gärtnerei, 28 in der Bau- und Autoschlosserei und 22 Mädchen in der Hauswirtschaft. Die einzelnen Abteilungen der Anlernwerkstätte werden von Meistern geleitet. Die Mindestausbildungsdauer beträgt für handwerkliche Berufe 1 1/2 Jahre, für Gärtnerei und Landwirtschaft 1 Jahr, für Hauswirtschaft 1 Jahr. Die für die Umschichtung so wichtige Erlernung von Sprachen wird durch Kurse ermöglicht, an denen jeder, der die Mittel nicht selbst aufbringen kann, kostenlos teilnehmen kann.“[17]:pdf-S. 29 (S. 451)
    Epstein unterstreicht die Belastungen, die sich für Akademiker, Kaufleute und Angestellte aus der Umstellung auf manuelle Arbeit ergeben, betont aber zugleich die Gemeinschaftsbildung durch die Zusammenarbeit in den Werkstätten. Motor dieser Gemeinschaftsbildung sei aber auch, „daß der größte Teil der Umschichtenden nach Palästina gehen will. [..] Es wird hier deutlich, wie sehr ein sichtbares Ziel Menschen formen kann.“[17]:pdf-S. 30 (S. 452)
  • Bernhard Beling berichtete in seinem Beitrag über „Erfahrungen mit Umschichtlern“, relativierte seine Ausführungen aber zugleich mit dem Hinweis, dass man darüber eigentlich erst nach dem Ende einer Ausbildung oder nach anschließender Berufstätigkeit berichten könne. Er verwies eingangs auch auf die langen Verhandlungen mit dem Regierungspräsidium Wiesbaden, die nötig waren, um die Anlernwerkstatt als Privatschule und den Besuch der Werkstätten als Berufsschul-Ersatz genehmigt zu bekommen – ohne anerkannten Lehrabschuss freilich.[17]:pdf-S. 30 (S. 452)
    Belings Bericht fasste die Erfahrungen nach einem Drittel der eineinhalbjährigen Ausbildungszeit zusammen. Er verwies darauf, dass aus der großen Zahl der Bewerbungen nur solche ausgewählt wurden, bei denen technische Fähigkeiten vermutet wurden. Sie mussten dann noch eine sechswöchige Probezeit absolvieren, was aber nur bei wenigen dazu geführt habe, ihnen von der weiteren Ausbildung abzuraten.[17]:pdf-S. 30 (S. 452)
    Die eineinhalbjährige Ausbildung zum Schlosser oder Schreiner sollte den jungen Leuten keine nur flüchtig angeeigneten Kenntnisse vermitteln, sondern sie befähigen, „mit einfachem Werkzeug Brauchbares zu leisten“. Beling wollte auch kein Spezialwissen vermitteln, sondern grundlegende handwerkliche Fähigkeiten, die befähigen, „zuverlässig auch das Einfachste zu erledigen“, um später in Palästina „einmal gute oder mittlere Facharbeiter“ zu werden.[17]:pdf-S. 30 (S. 452)
    Abschließend verwies Beling auf die Schwierigkeiten, die „einem geistigen Menschen“ durch die „Umschichtung zum Handwerk“ entstehen. Sie, die einen gut Teil ihrer Interessen einem neuen Beruf opfern müssten, verweist er auf die im Handwerk liegenden Möglichkeiten „zur geistigen Auswirkung, die der Anfänger zunächst nicht erkennen kann. Dem Judentum jedoch muß ein durchgeistigtes Handwerk ein Kulturträger erster Größe werden!“[17]:pdf-S. 31 (S. 453)

Die von Rosy Epstein referierten Zahlen erfordern eine Präzisierung, da die von ihr erwähnten „130 in unseren eigenen Ausbildungsstätten“ mehr Personen umfassen, als zu der Zeit in der eigentlichen Anlernwerkstatt ausgebildet wurden. Dazu zählen lediglich die „20 in der Bauschlosserei [und die] 20 in der Bau- und Möbelschreinerei". Die „28 in der Bau- und Autoschlosserei“, mindestens aber die Autoschlosser unter ihnen, erhielten ihre Ausbildung in Rüsselsheim, wie aus dem Bericht eines angehenden Autoschlossers hervorgeht.[17]:pdf-S. 32 (S. 454) Über diese Ausbildungsstätte liegen allerdings keine weiteren Hinweise vor.

Für das Schuljahr 1934/35 existiert in den Magistratsakten der Stadt Frankfurt eine 44 Personen umfassende Liste.[20]

Schüler der Jüdischen Anlernwerkstatt Frankfurt im Schuljahr 1934/35
Name Geburtstag Wohnort Straße Abgegangen nach
1 Adler, Max 21.05.1911 Frankfurt Ulmenstr. 7 keine Angabe
2 Bacharach, Siegfried 06.08.1915 Frankfurt Quinckestr. 24 Palästina
3 Bindefeld, Menny 31.01.1916 Frankfurt Einhorngasse 4 Palästina
4 Blumenfeld, Alfred 02.08.1912 Marburg Südamerika
5 Blumenfeld, Siegfried 25.07.1907 Frankfurt Kaiserstr. 58 keine Angabe
6 Bodenheimer, Julius 25.04.1917 Darmstadt Palästina
7 Deutschmann, Walter 05.03.1911 Frankfurt Einhorngasse 4 Palästina
8 Erlanger, Curt 11.05.1913 Frankfurt Röderbergweg 64 Argentinien
9 Eisenberg, Scholem 06.08.1917 Frankfurt Schwanenstr. 7 München
10 Farkas, Moritz 11.05.1916 Frankfurt Grünestr. 38 keine Angabe
11 Findling, David 04.04.1904 Frankfurt Mauerweg 34 keine Angabe
12 Fisch, Manfred 28.05.1907 Frankfurt Eschersheimer Landstr. 15 keine Angabe
13 Fürth, Lothar 28.11.1914 Frankfurt Quinckestr. 17 New York
14 Gottschalk, Ernst 10.10.1914 Frankfurt Einhorngasse 4 Palästina ()
15 Grass, Bertram 17.11.1915 Frankfurt Baumweg 37 keine Angabe
16 Hammelsdorf, Oskar 30.09.1914 Frankfurt Sandweg 9 Argentinien
17 Jochimek, Nathan 11.03.1914 Frankfurt Schwanenstr. 7 Palästina
18 Katzenstein, Erich 16.04.1906 Frankfurt Gartenstr. 102 III. Südamerika
19 Kiefer, Adolf 03.08.1904 Frankfurt Einhorngasse 4 Palästina
20 Kiefer, Hans 22.02.1914 Frankfurt Einhorngasse 4 Palästina
21 Krieger, Hermann 16.08.1913 Frankfurt Quinckestr. 24 Palästina
22 Leb, Julius 09.09.1915 Frankfurt Einhorngasse 4 Palästina
23 Lesem, Julius 18.08.1910 Frankfurt Sandweg 34 Südamerika ()
24 Mandelbaum, Eli 28.01.1915 Frankfurt Wöhlerstr. 13 keine Angabe
25 Mayer, Adolf 16.03.1911 Frankfurt Quinckestr. 24 Palästina ()
26 Meyer, Ludwig 29.11.1913 Frankfurt Quinckestr. 2 Gelsenkirchen ()
27 Oppenheim, Walter 05.01.1915 Frankfurt Quinckestr. 24 Palästina
28 Preiss, Isaak 11.08.1917 Frankfurt Quinckestr. 24 Palästina ()
29 Rosenbaum, Max 14.12.1907 Frankfurt Röderbergweg 63 keine Angabe
30 Rosenwald, Paul 17.06.1910 Frankfurt Einhorngasse 4 Palästina
31 Rothschild, Helmuth 18.01.1917 Egelsbach USA
32 Sachs, Ludwig 01.05.1912 Frankfurt Günthersburgallee 78 gestorben
33 Seiferheld, Bernhard 21.01.1917 Langenselbold keine Angabe
34 Speiser, Moses 22.06.1899 Frankfurt Fichtestr. 10 Palästina
35 Schapiro, Bernhard 11.08.1918 Frankfurt Wöhlerstr. 13 Palästina
36 Schwarzschild, Dr. Erich 12.01.1909 Offenbach USA
37 Schwarzschild, Werner 17.11.1911 Frankfurt Einhorngasse 4 Palästina
38 Sturm, Simon 03.06.1906 Frankfurt Friedberger Landstr. 61 Palästina
39 Strauss, Jakob 27.09.1916 Frankfurt Eschersheimer Landstr. Palästina
40 Tempelhof, Jakob 10.08.1911 Marburg Palästina
41 Wartensleben, Ludwig 11.07.1917 Darmstadt USA
42 Weinberg, Otto 23.10.1913 Frankfurt Heiligkreuzgasse 9 keine Angabe
43 Wolf, Kurt 06.06.1918 Marburg Marburg
44 Wolf, Leopold 09.05.1909 Frankfurt Uhlandstr. 57 keine Angabe

Die Liste gibt einige Aufschlüsse über die Auszubildenden der Anlernwerkstatt aus der noch relativ frühen Phase ihrer Existenz.

  • Das Alter der Absolventen lag zwischen 17 und 36 Jahren. Mehr als die Hälfte war 21 Jahre alt oder älter, drei älter als dreißig. Ein Absolvent war promoviert.
  • Die Angaben zum Wohnort legen nahe, dass die Absolventen überwiegend aus Frankfurt kamen (35 Personen). Das trifft aber nur bedingt zu, denn die Adressen Quinckestraße 24 und Einhorngasse 4 verweisen auf Wohnheime oder wohnheimähnliche Einrichtungen. Bei der Quinckestraße handelt es sich um die von den Nazis 1936 umbenannte Königswarterstraße, und die Hausnummern 24-26 waren die Anschrift der dort ansässigen jüdischen Einrichtungen einschließlich der Anlernwerkstatt und des Hauses der Pioniere (Bet Chaluz).[21][22]. Die Einhorngasse 4 wiederum gehörte dem Israelitischen Hilfsverein Ffm e.V..[23] Hier befand sich 1932/33 ein „Durchwandererheim. Adresse: Einhorngasse 4. 50 Plätze. (z. Z. geschlossen)“.[24] Zieht man die 13 an diesen beiden Adressen lebenden Absolventen von den 35 Frankfurtern ab, da Frankfurter Besucher der Anlernwerkstatt eher zu Hause lebten und nicht in einem der beiden Wohnheime, dann bedeutet das, dass zu diesem Zeitpunkt bereits die Hälfte der Absolventen aus dem Umland kamen
  • 29 Absolventen der Anlernwerkstatt wanderten aus, davon 20 nach Palästina, 5 nach Südamerika und 4 in die USA. Für 11 Absolventen liegen keine Angabe über einen an die Ausbildung anschließenden Aufenthalt vor, drei gingen in deutsche Städte, einer war verstorben.

Fischerfeldstraße 13

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Nach Blochs Darstellung wurden die Räume in der Königswarterstraße bald zu klein. Als einen Grund dafür benennt er:

„Es strömten mit Verschärfung der Lage aus Hessen, Rheinhessen, Oberhessen, Bayern und Württemberg die Leute nach Frankfurt.“

Julius Bloch: Praktische & theoretische Umschichtungsstätten in Frankfurt/M. (1933 - 1939)[10]

Dieser Trend zu mehr Schülern von außerhalb Frankfurts hatte sich bereits in der zuvor zitierten Liste der Schüler im Schuljahr 1934/35 angedeutet und führte zur Anmietung einer neuen Liegenschaft. Die Wahl fiel auf die stillgelegte Möbelfabrik Schneider & Hanau[25] in der Fischerfeldstraße 13[10][26], heute in einem Neubau Sitz der Meixner Schlüter Wendt Architekten. Die Gebäude befanden sich nach Bloch in einem schlechten Zustand und mussten erst gebrauchsfähig gemacht werden. Danach boten sie auf drei Stockwerken Platz für den Schlosserei-, Schweißerei-, Feinmechanik- und Schreinerei-Lehrgang.[10] Ergänzt wurden die Werkstätten durch ein Internat ,„das für die auswärtigen Schüler neben Wohnung und Essen auch religiöse Betreuung und Kurse in jüdischen und allgemeinen Fächern anbot“.[1]

Am 4. Mai 1936 startete in der Fischerfeldstraße die Grundlehre für Jungen[27], die „170 schulentlassenen Jungen und Mädchen die Berufsausbildung, die ihnen sonst versagt wäre[, ermöglicht]. Sie vermittelt jüdische und allgemeine Bildungswerte und erstrebt so die geistige Formung der jungen jüdischen Menschen.“ Diese konzeptionelle Kurzdarstellung stammt aus dem zeitgleich oder kurz danach erschienenen Prospekt mit dem Titel Die Grundlehre ist eröffnet!. Auf seinen vier Seiten geben Fotos einen Einblick in die den Jungen vorbehaltenen Werkstätten für Metall- und Holzbearbeitung und in die Ausbildungsbereiche für Mädchen (Hauswirtschaft, Schneiderei) Die Gärtnerei stand beiden Geschlechtern offen. Hauptzweck des Prospekts aber war die Gewinnung von Geld- und Sachspenden, um „den Aufbau zu vollenden“.[28] Der Umzug von der Königswarterstraße in die Fischerfeldstraße war nicht nur ein lokaler Wechsel. Mit ihm einher gingen auch eine Neuausrichtung der Ausbildung, die fortan eng mit dem schon erwähnten Begriff Grundlehre verbunden war, einer einjährigen Vorstufe zur stärker berufsbezogenen Ausbildung in der Anlernwerkstatt, die aber weiterhin das Dach der Ausbildungseinrichtungen blieb.

Die Frankfurter Grundlehre

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Der theoretische Begründer der Frankfurter Grundlehre war Hans Epstein (* 11. März 1905 in Frankfurt am Main; † 2 September 1967 in San Martino di Castrozza), der vom Frühjahr 1936 an als Pädagogischer Leiter der Anlernwerkstatt fungierte.[29] Ihm zur Seite standen für die direkte handwerkliche Ausbildung der „Gewerbelehrer Beling“, der „Schlossermeister M. Philipp“ der „Schreiner Steinhauer“, der „Gärtner Holz“ sowie die „Gärtnerin Möller“. Das Team komplettieren die Lehrer und Heimleiter Rosenberg und Heinz Warschauer (1913–1981)[30] und der Lehrer Aronstein.[31]

Die oben angeführte Tabelle über den Ausbildungsjahrgang 1934/35 weist eine breite Altersdifferenzierung aus. Dies war nach Eva Beling ein Grund, das Konzept im Hinblick auf Menschen im Alter über 30 Jahre zu ändern, „weil sich erwiesen hatte, daß eine »Umschichtung« in diesem Alter nur geringen Erfolg versprach. Man beschränkte sich auf Lehrlinge, die zwischen 17 und 30 Jahre alt waren.“[2]:S. 25 Tatsächlich stand aber auf der Ebene der Reichsvertretung der Deutschen Juden spätestens seit 1935 eine noch jüngere Altersklasse im Fokus der Interessen. Der Berliner Rechtsanwalt und Soziologe Georg Lubinski (1902–1974), der sich nach seiner Emigration nach Palästina Giora Lotan nannte, war bis zu seiner Emigration Leiter der Abteilung für Berufsausbildung für Jugendliche und Erwachsene in der Reichsvertretung der Deutschen Juden[32] und beschrieb die Herausforderung für das jüdische Ausbildungswesen so:

„Ohne jedes Aufsehen nach außen vollzieht sich in der jüdischen Jugend Deutschlands eine Umwälzung, die das Gesicht und die Struktur dieser Generatioıı entscheidend ändern. Waren im Leben der jüdischen Jugend bis zum Jahre 1933 Obersekundareife, Abiturium und Abschluß des akademischen Studiums die kennzeichnenden Einschnitte, so sind es jetzt Abschluß der Volkschule, Abschluß der Lehre und Zertifikatsreife. Der junge Mensch befand sich früher in der Zeit von 14 bis zu 20, oft bis zu 25 Jahren, immer im Stadium der Vorbereitung für irgendein Examen. Heute sind die Vorbereitungsjahre auf den Zeitraum zwischen 14–18 Jahren zusammengedrängt.“

Georg Lubinski: Das neunte Schuljahr, in: Jüdische Wohlfahrtspflege und Sozialpolitik. […] Zeitschrift der Zentralwohlfahrtsstelle und der Abteilung Wirtschaftshilfe bei der Reichsvertretung der Juden in Deutschland, Band 5, 1935, S. 162 ff.[33]

Dass dabei vor allem im Hinblick auf eine Auswanderung nach Palästina der berufliche (Vor-)Bildung eine entscheidende Rolle zukommt, steht auch für Lubinski nicht in Frage. Für ihn stellen sich aber in dem Zusammenhang auch einige Probleme:

  • Lehr- und Ausbildungsplätze stehen für jüdischge Jugendliche außerhalb der noch vorhandenen jüdischen Betriebe kaum und immer weniger zur Verfügung. Gegen den vermeintlichen Ausweg, die Schaffung von Ausbildungsplätzen in Anlernwerkstätten spricht aber aus Lubinskis Sicht, dass „die Schaffung und Unterhaltung solcher Werkstätten [..] erhebliche Kosten [verursacht], die die jüdische Gesellschaft wahrscheinlich für eine große Zahl von Jugendlichen nicht wird aufbringen können.“[33]
  • Ein weiteres Problem sieht Lubinski in der Zertifikatsreife, die zur Einwanderung nach Palästina berechtgende Arbeiterzertifikate für Arbeiter und Handwerke unter 18 Jahren ausschließt. Wenn aber davon auszugehen ist, „daß cler junge Mensch die Schule mit Vollendung des 14. Lebensjahres verläßt und daß die Ausbildung in einer Anlernwerkstatt oder in einem landwirtschaftlichen Betrieb etwa zwei Jahre dauert, so entsteht bis zu seiner Zertifikatsreife, die erst mit der Vollendung des 18. Lebensjahres eintritt, der Zeitraum zwischen dem 16. und dem 18. Lebensjahr“.[33]

Nach Lubinski standen sich in der innerjüdischen Debatte zwei Auffassungen gegenüber, wie mit dieser Situation umzugehen sei. „Die eine Auffassung will — unter dem Eindruck der tiefen Umwälzung, die das deutsche Judentum zur Zeit erlebt — während der Lernjahre einen Teil der eigentlichen Berufsausbildung bereits vorwegnehmen. Die andere Auffassung will das neunte Schuljahr im wesentlichen der geistigen Weiterbildung vorbehalten, neben der die körperliche Entwicklung durch Turnen und Sport gefördert wird, ohne daß eine berufliche Ausbildung bereits beginnen soll.“[33]

Epstein, der über gute Kontakte zur Abteilung für Berufsausbildung der Reichsvertretung verfügte und ebenfalls die früh vor eine Entscheidung gestellten Jugendlichen im Blick hat, geht in seinem Artikel über die Frankfurter Grundlehre[34] von zwei Prämissen aus:

  • Der Schulmüdigkeit der jüdischen Vierzehnjährigen, die noch verstärkt wird durch die Not vieler Elternhäuser und das dadurch bedingte ungenügende Lernumfeld für rein theoretische Arbeit, woraus bei den jüdischen Jugendlichen selber die Forderung nach einer frühzeitigen beruflichen Ausbildung resultiere.
  • Die Antwort darauf kann für Epstein – und aus seiner Sicht auch für die meisten Vierzehnjährigen – deshalb nur eine berufliche Ausbildung sein, "die Hand in Hand geht mit einer weiteren charakterlichen und gesitigen Formung" der Jugendlichen. Für die Frankfurter Grundlehre heißt das:

„Berufliche Ausbildung, geistige und charakterliche Formung sind mithin – ganz allgemein gesagt – die Bildungsziele der Frankfurter Gruncllehre. Erziehung also zu sauberer, durchdachter, durch praktische und theoretische Kenntnisse unterbauter Arbeit, Erziehung zur Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit und Ausdauer auch bei gleichförmiger Arbeit, Erziehung zu Menschen, die sich bewußt in die jüdische Gemeinschaft einordnen, und deshalb: Erziehung zu einer durch Wissen gesicherten jüdischen Haltung, Schulung der schöpferischen und aufnehmenden Kräfte der jungen Menschen, Vermittlung des für das spätere Lehen notwendigen Wissens.“

Hans Epstein: Die Frankfurter Grundlehre, S. 198

Hinsichtlich der von Lubinski skizzierten unterschiedlichen Auffassungen über die richtige Ausbildung der Jugendlichen tendiert Epstein eindeutig zum Primat der Berufsausbildung, bekennt aber auch:

„Für einen Teil der Jungen, für die in der Vorpubertät stehenden, wäre ein neuntes Schuljahr sicherlich recht gut gewesen. Die anderen aber sind durchaus berufsreif, wenn ihnen wåhnend der Berufsausbildung die ihnen fehlenden Kenntnisse vermittelt werden können; denn die „Beruísreife“ hängt ja nicht so wesentlich ab von den „Kenntııissen“, sondern von der Gesamtentwicklung des einzelnen Jugendlichen. Ein Junge, der keine anständige Rechtschreibung und keinerlei Geschichtskenntnisse hat, muß deshalb nicht „berufsunreif“ sein.
Es ist die Aufgabe der Grundlehre, diesen verschiedenartigen Jugendlichen neben ihren beruflichen Kenntnissen eine ihrer Gesamthaltung entsprechende geistige und charakterliche Formung zu gehen, sie in jüdische Gemeinschaft neu einzuordnen.“

Hans Epstein: Die Frankfurter Grundlehre, S. 201

Die Frankfurter Grundlehre basierte auf den drei Grundberufen Metallbearbeitung, Holzbearbeitung und Gartenbau, für die im ersten Ausbildungsjahr die Grundlagen geschaffen werden sollten. Im zweiten Ausbildungsjahr folgte dann eine Ausdifferenzierung nach spezifischen auf den Grundberufen aufbauenden Berufsbildern (Anwendungsbereichen). Die handwerkliche Grundausbildung wurde im ersten Ausbildungsjahr viereinhalb Stunden täglich praktiziert und durch eine Stunde Fachkunde ergänzt.[35]:S. 199 Integraler Bestandteil der Grundlehre sollte aber auch die „geistige und charakterliche Formung“ der Auszubildenden sein, um „sie in jüdische Gemeinschaft neu einzuordnen“.[35]:S. 201 Dies stellte eine große Herausforderung dar, da die Auszubildenden eine sehr heterogene Gruppe von Jugendlichen waren, die vor dem Hintergrund sehr unterschiedlicher religiöser, sozialer und ökonomischer Voraussetzungen ihre Ausbildung aufnahmen: ost- und westjüdische Jungen trafen aufeinander, Großstädter auf Kleinstädter, Jugendliche vom Land auf Städter, Jugendliche aus großbürgerlichen Elternhäusern auf Altersgenossen aus ärmlichen Verhältnissen.[35]:S. 200 f Die Grundlehre kann vor diesem Hintergrund auch als Versuch verstanden werden, die von Lubinski skizzierten zwei Auffassungen über den richtigen Ausbildungsweg in einem Modell zusammenzuführen.[36] Ein wesentlicher Baustein zum Gelingen dieses Modells waren laut Epstein die über die rein handwerkliche Ausbildung hinausweisenden „geistigen Fächer“: Gemeinschaftskunde, Judentumskunde, Hebräisch, Deutsch, Englisch, Singen, freie Arbeit, gemeinsame Gymnastik, Vorlesestunden, Sicha[37] und Feiern. Der Gemeinschaftskunde kam dabei eine doppelte Funktion zu. Sie war der Ort, an dem über das zusammen Leben und Arbeiten gesprochen wurde; sie war aber auch der Ort, an dem die Jugendlichen die Einordnung in die jüdische Gemeinschaft erfahren und praktizieren sollten. Sie war jedoch auf überwiegend säkulare Themen ausgerichtet, während das Religiöse der Judentumskunde oblag. Hier wurden die Jugendlichen, „abweichend von allen anderen Fächern“, getrennt nach ihrer Herkunft „aus gesetztestreuen und aus nicht gesetzestreuen Häusern“ unterrichtet, und das auch von entsprechend ausgerichteten Lehrern.[35]:S. 201 f

Abschließend verweist Epstein noch einmal darauf, dass die Grundlehre keine Findungsphase für einen bestimmten Beruf sei, sondern vielmehr die Berufsentscheidung immer schon vor dem Eintritt in die Grundlehre gefallen sein müsse. Ein Wechsel von einem Berufsfeld in ein anderes war nur in Ausnahmefällen erlaubt, und dass dies in den ersten Monaten der Arbeit nach dem neune Modell tatsächlich nur selten passiert sei, scheint ihm „ein gewisser Erfolg unserer Arbeit“ zu sein. Sein insgesamt positives Resümee lautet:

„Wir glauben, daß die Grundlehre für die meisten unserer Jungen die richtige Auabildungsstätte darstellt. Wir glauben, daß psychische Haltung und wirtschaftliche Situation vieler jüdischer Jugendlicher, wie eingaııgs gezeigt, eine Synthese von handwerklich-beruflicher Ausbildung und charakterlich-geistiger Fornıung notwendig macht, daß aber – das hat die Frankfurter Grundlehre doch schon erwiesen – eine solche Synthese auch möglich ist.“

Hans Epstein: Die Frankfurter Grundlehre, S. 203

Epsteins Ausblick gilt Ostern 1937, zu der der erste Grundlehrgang abgeschlossen sein sollte. Vorgesehen war, dass die Absolventen dann „aus der Grundlehre in die Mittlerenklasse unserer Anlernwerkstatt kommen werden“, wo sie „dann täglich 6–7 Vollstunden handwerklich und etwa 2 Stunden täglich und am Wochenende geistig arbeiten“.[35]:S. 203

Die Anlernwerkstatt in den Jahren 1937/38

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Am 23. Dezember 1936 legte die Jüdische Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe ihren Haushaltsplanentwurf für 1937/38 vor.[38]:Scan – Internet Archive In den Vorbemerkungen werden die drei Schwerpunkte „produktiver jüdischer Sozialarbeit“ aufgeführt, durch die „jüdischen Menschen beim Neuaufbau ihres Lebens und bei der Erhaltung ihrer gefährdeten wirtschaftlichen Existenz“ geholfen werden soll. Diese drei Schwerpunkte waren:

  • Wirtschaftshilfe zur Erhgaltung von Existenzen des jüdischen Mittelstandes
  • Berufsumschichtung für diejenigen, die aus ihrem früheren Beruf ausscheiden mussten
  • Berufsausbildung „der Schulentlassenen im Alter von 14 – 16 Jahren, die in Frankfurt insbesondere in Form der Grundlehre durchgeführt wird“.[38]:Scan – Internet Archive Laut dem Etatentwurf wurden monatlich 600 Menschen in Ausbildung von der Beratungsstelle betreut. Davon befanden sich 125 Jungen und 50 Mädchn in der Grundlehre sowie 32 Personen (vermutlich ebenfalls Jungen) in der Anlernwerkstatt. Der Rest verteilte sich auf Gärtnerei, Haushaltungsschule Einzelstellen sowie wenige betriebliche Ausbildungsstellen. Weitere 214 Personen wurden außerhalb Frankfurts betreut.[38]:Scan – Internet Archive Bezogen auf die Anlernwerkstatt heißt das, dass sich hier 157 Personen (125 Jungen plus die 32 der ihr direkt zugeordneten Personen) in der Ausbildung befanden. 50 der 125 Jungen in der Grundlehre kamen aus Frankfurt, 75 von außerhalb. Unter den 50 Frankfurtern befanden sich nur 9 Jugendliche, deren Eltern aus eigener Kraft die Ausbildung bezahlen konnten; die restlichen 41 mussten teilweise (ein geringer Perwsonenkreis) oder komplett aus Mitteln der jüdischen Gemeinde bezuschusst werden. Auch bei den Auswärtigen gab es nur 13 Selbstzahler, aber 62 Bezuschusste.[38]:Scan – Internet Archive

Rückblickend auf den Ausbildungsjahrgang 1935/36, der noch ohne die Grundlehre zu absolvieren war, heißt es im Etatentwurf, dass aus diesem Jahrgang 393 Personen ausgewandert seien. Die Auswanderungsquote unter den in der Schlosserei und der Schreinerei Ausgebildeten habe 80 % betragen, die der ausgebildeten Gärtner 90 %.[38]:Scan – Internet Archive

Am 19. Januar 1937 fand eine Besprechung statt, an der Bernhard Beling, Hans Epstein und Erich Hirsch (ein Mitarbeiter aus der Verwaltung der Beratungsstelle, der diese 1939 leitete und eine weitere „Anlernwerkstatt für Weißzeugnäherei und Berufskleidung in der Fahrgasse 115“ gründete[39]) teilnahmen. Es ging um Fragen, „die für die Neuaufnahme, bezw. Weiterführung der Grundlehre-Klassen wesentlich sind“. Erster Punkt der Besprechung war die Auslese unter den zur Ausbildung drängenden Bewerbern, die im Vorfeld der Ostern 1936 begonnenen Grundlehre nicht befriedigend verlaufern sei. Offenbar gab es bei der Eignung ein großes Stadt-Land-Gefälle, das eine stärkere Auslese unter den vom Land kommenden Jugendlichen erfordert hätte, und Probleme aufgrund der häuslichen Verhältnisse, aus denen einige Jungen gekommen waren oder noch lebten. Deshalb sollten künftig handwerkliche Eignung, geistige Reife und Einordnungsfähigkeit stärker beachtet werden, damit „im Geistigen auf jeden Fall die Debilen ausgeschaltet werden [..], und im Zusammenleben die als asozial sicher Festgestellten ebenfalls ausgegliedert werden“. Für die Prüfung sollten Beling und Epstein verantwortlich sein.[40]:Scan – Internet Archive

Große Schwierigkeiten zeigten sich laut Besprechungsprotokoll auch bei der Betreuung der Jugendlichen in dem der Anlernwerkstatt angegliederten Heim. Es gab dort räumliche Probleme, aber gravierender sei die Überlastung der dortigen Mitarbeiter aufgrund der angestrebten „individuelle[n] und intensitive[n] Führung jedes Einzelnen“. Als Ausweg wurde ein Konzept erachtet, das Bernhard Beling spätestens seit seiner Zeit an der Odenwaldschule vertraut gewesen sein dürfte: die Bildung von Wohngruppen, den „Familien“, deren Oberhaupt ein Erzieher oder ein Erzieher-Ehepaar sein sollte. Man ging davon aus, dass mit dem Beginn des Ausbildungsjahres 1937/38 50 Jungen aus dem ersten Grundlehre-Jahr im Heim bleiben würden und „unter Umständen 60-70 Jungen neu hinzukommen können“.[40]:Scan – Internet Archive

Ein weiterer Gegenstand der Besprechung war die Ausbildung in der Gärtnerei, wobei in dem Zusammenhang nur von Gärtnern die Rede war, obwohl dieser Ausbildungsgang ja auch Mädchen offen stehen sollte (siehe oben). Man ging davon aus, dass aus dem ersten Grundlehre-Jahrgang „15 geeignete Gärtner übrig bleiben, die für ein 2. Jahr der Ausbildung in Frage kommen“. Angedacht wurde dafür eine Gärtnerei und Landwirtschaft kombinierende Ausbildung, doch wurde als Alternative für das zweite Ausvildungsjahr auch die Ausbildung auf dem jüdischen Friedhof ins Auge gefasst. Es klang an, dass das erste Jahr der gärtnerischen Grundlehre ungünstig verlaufen war, was teils ein Leitungsproblem gewesen sei, teils aber auch ein Problem der abgelegenen Lage des Gartengeländes, was eine Zusammenarbeit mit der Fischerfeldstraße erschwert habe.[40]:Scan – Internet Archive

Für die künftige Grundlehre sollte der erheblichen Nachfrage nach einer Ausbildung in Metallbearbeitung Rechnung getragen werden, weshalb 50 Ausbildungsplätze in der Metallverarbeitung und 30 in der Holzbearbeitung zur Verfügung gestellt werden sollten. Begründet wurde dies auch mit der Möglichkeit, innerhalb der Metallbearbeitung eher selbständige Berufsgruppen bilden zu können als in der Holzbearbeitung. Für den bevorstehenden Wechsel aus der Grundlehre in die Mittelstufe zeige sich das unter anderem daran, dass sich aus deren Metallern 30 Bauschlosser, 20 Elektromechaniker und 10 Spengler als Berufsgruppen herauskristallisierten.[40]:Scan – Internet Archive

Ein weiteres Thema der Besprechung war die Lehrplangestaltung in den von Epstein so bezeichneten „geistigen Fächern“ (siehe oben). Im Vordergund stand eine mögliche Überlastung der Jugendlichen durch eine zu schulische Form der Wissensvermittlung. „Aus der Praxis hat sich ergeben, dass mehr Freizeit den Jugendlichen zur Selbstarbeit zur Verfügung stehen muss und vermieden werden soll, eine zu starke Anlehnung an die Wissensvermittlung, die in Schulen üblich ist.“ Daraus folgten modifizierte Vorschläge für den Unterricht in der Grundlehre und in der Mittelstufe, die verdeutlichen, dass in der Mittelstufe vor allem die Reduzierung der „geistigen Fächer“ zur Entlastung der Auszubildenden beitragen sollte.[40]:Scan – Internet Archive Die handwerkliche Arbeitszeit von sechseinhalb bis sieben Stunden täglich sollte in der Mittelstufe nicht reduziert werden.

Grundlehre Mittelstufe
(Stunden wöchentlich)
Fachtheorie/-kunde 4 4
Judentumskunde 2 2 Stunden: „Besprechung
wesentlicher Fragen,
besonders jüdischen Inhalts“
Gemeinschaftskunde 2
Deutsch 2
Hebräisch oder Englisch 3 2
Total 13 8

Am 15. März 1937 fand in Berlin eine "Tagung über Grund- und Vorlehre und neuntes Schuljahr" statt.[41]:Scan – Internet Archive Teilnehmer aus Frankfurter waren Bernhard Beling und Hans Epstein sowie der Sozial- und Berufspädagoge Ernst Kantorowicz.[42] Auf dieser von der Reichsvertretung (Abteilung für Berufsausbildung für Jugendliche und Erwachsene) ausgerichteten Veranstaltung zeigte sich, dass der Dissens zwischen den Befürwortern eines neunten Schuljahres und den Befürwortern der Grundlehre keineswegs überwunden war und das Frankfurter Modell vielfach abgelehnt wurde. Die Ablehnung basierte aber nicht überwiegend auf pädagogischen Begründungen, sondern zu meist auf finanziellen Aspekten, die unter anderem in dem Vorwurf gipfelten, dass die Frankfurter Grundlehre viel zu teuer sei. Die Vertreter der Reichsvertretung plädierten in einer nicht zur Abstimmung gestellten Resolution für ein neuntes Schuljahr (für dessen Kosten überwiegend die Eltern aufzukommen hätten) mit anschließender Ausbildung in Einzelstellen. Eigene Lehrwerkstätten sollten eher Ausnahmen bleiben.[41]:Scan – Internet Archive Dieses Modell basierte auf der Annahme, dass für die jüdischen Jugendlichen insgesamt eine Zeitspanne von vier Jahren zu überbrücken sei – vom vollendeten 14. Lebensjahr bis zum vollendeten 18. Lebensjahr, da erst dann eine Einwanderung nach Palästina möglich werde.

Beling und Epstein, die sich in ihrem Bericht sehr unzufrieden mit dem Verlauf der Berliner Tagung zeigten, fragten sich im Anschluss daran, ob diese Festlegung auf eine vierjährige Ausbildungszeit nicht zu sehr auf die Einzelauswanderung nach Palästina fixiert sei. Es gäbe ja schließlich für viele Jugendliche die Möglichkeit, mit ihren Eltern schon vor der Vollendung des 18. Lebensjahres auszuwandern – nach Palästina oder in ein anderes Land. Und auch eine Einzelauswanderung vor Vollendung des 18. Lebensjahres sei in ausserpalästinensische Länder möglich. All diesen Jugendlichen sei doch durch eine frühzeitig einsetzende handwerkliche Qualifizierung besser gedient als durch ein neuntes Schuljahr.[41]:Scan – Internet Archive Beling und Epstein bezweifeln auch, ob für die Mehrzahl der Jugendlichen tatsächliche eine vierjährige Überbrückungsperiode notwendig sei. Gestützt auf ihre Frankfurter Erfahrungen – etwa 15 bis 18 Jugendliche der Frankfurter Grundlehre seien schon im ersten Ausbildungsjahr ausgewandert – gehen sie davon aus, dass das Frankfurter Modell durchweg vier Jahre Ausbildung und Betreuung vorhalten müsse. Das treffe wahrscheinlich nur auf eine Minderheit zu, wodurch das Kostenargument an Bedeutung verliere. Stattdessen würden die Ausgewanderten „gerade durch den Anschluss der Grundlehre an den 8jährigen Volksschulbesuch ganz wesentlich in der ihnen gemässen Weise gefördert“.[41]:Scan – Internet Archive

Blick in den Abgrund

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Während in den Vorbemerkungen der Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe zum Etatentwurf 1937/38 „produktive jüdischer Sozialarbeit“ (siehe oben) noch als Aufgabe definiert wurde, durch die „jüdischen Menschen beim Neuaufbau ihres Lebens und bei der Erhaltung ihrer gefährdeten wirtschaftlichen Existenz“ geholfen werden sollte, spricht der am 3. Februar 1938 vorgelegte Etatplan für das Jahr 1938/39 nicht mehr von Nruaufbau, sondern von Liquidation.als Kernaufgabe „produktive jüdischer Sozialarbeit“.

„Inzwischen ist uns jedoch in immer wachsendem Masse zum Bewusstsein gekommen, dass diese produktive Sozialarbeit eine wesentliche Aufgabe für die Liquidationdes deutschen Judentums ist. Es steht fest, dass keine andere Möglichkeit bleibt, all den Menschen. die wanderungsfähig sind, eine gut vorbereitete Auswanderungsmöglichkeit zu schaffen. Es gilt deshalb eine gründliche Berufsausbildung und Berufsumschichtung als Vorbereitung für die Auswanderung durchzuführen.“

Jüdische Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe: Voranschlag der Juedischen Beratungsstelle fuer Wirtschaftshilfe fuer 1938/39 (Vorbemerkung)[43]:Scan – Internet Archive

Bei der Bewältigung dieser Aufgabe geht es nicht nur um die Interessen derer, die auf eine Auswanderung vorbereitet werden müssen, sondern auch um die Interessen der Angehörigen, die „zunächst in Deutschland zurückbleiben müssen“.

„Auch für sie gibt es dann nur eine Hilfe auf weite Sicht, wenn die Jüngeren, die auswandern, auf Grund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse eine Existenz finden, die es ermöglicht, entweder die alten Eltern oder Verwandten nachkommen zu lassen oder sie zum mindesten wirtschaftlich zu unterstützen.“

Jüdische Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe: Voranschlag der Juedischen Beratungsstelle fuer Wirtschaftshilfe fuer 1938/39 (Vorbemerkung)[43]:Scan – Internet Archive

Verwiesen wird darauf, dass in den letzten Jahren zu Handwerkern, Landwirten und Gärtnern umgeschichteten oder ausgebildeten jungen Menschen in der Lage waren, in steigendem Maße ihre Angehörigen nachkommen zu lassen. Um diese „planvolle und reibungslose Liquidation“ fortsetzen zu können, sei es erforderlich, „dass die grossen Opfer, die bisher die jüdische Gemeinschaft auf sich nahm, auch künftig gebracht werden“.[43]:Scan – Internet Archive In der sich an die Vorbemerkung anschließenden Überischt werden Berufsumschichtung, Berufsausbildung Anlernwerkstatt als Einheit behandelt. Die Ausbildung zu Beginn des Jahres 1938 erstreckte sich auf Metallbearbeitung, Holzbearbeitung, Landwirtschaft, Gärtnerei, Hauswirtschaft, Schneiderei, Kindergarten, Krankenpflege, Frisieren etc. und wurde von 680 Menschen wahrgenommen. Diese verteilen sich auf:

Ausbildungsstellen in Frankfurt
in der Anlernwerkstatt
einschließlich der Gärtnerei
278
im Bathe Chaluz 96
in der jüdischen
Haushaltungsschule
32
in Einzelstellen 54
in Betrieben 7
Frankfurt total 467
Ausbildungsstellen außerhalb von Frankfurt
in Deutschland 176
im Ausland

(Incl. Jugendalijah)

37
außerhalb total 213
Gesamtzahl der Auszubildenden 680
Zahlenformatierung korrigieren (rechtsbündig)

noch zu bearbeiten

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  • Eva Beling: Die gesellschaftliche Eingliederung der deutschen Einwanderer in Israel. Eine soziologische Untersuchung der Einwanderung aus Deutschland zwischen 1933 und 1945, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt am Main 1967.
  • Rachel Heuberger/Helga Krohn: Hinaus aus dem Ghetto ... Juden in Frankfurt am Main 1800–1950, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-10-031407-7.
  • Monica Kingreen (Hrsg.): »Nach der Kristallnacht«. Jüdisches Leben und antijüdische Politik in Frankfurt am Main 1938-1945, Campus Verlag, Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-593-36310-0. Darin die Beiträge:
    • Monica Kingreen: Zuflucht in Frankfurt. Zuzug hessischer Landjuden und städtische antijüdische Politik, S.119–155.
    • Gudrun Maierhof: Selbsthilfe nach dem Novemberpogrom. Die Jüdische Gemeinde in Frankfurt am Main 1938 bis 1942, S. 157–186.
    • Hanna Becker: »... das Leben in die Tiefe kennengelernt ...«. Martha Wertheimer und ihr Wirken nach der »Kristallnacht«, S. 187–210.
  • Monica Kingreen: Die Deportation der Juden aus Hessen 1940 bis 1945. Selbstzeugnisse - Fotos - Dokumente, Kommission für die Geschichte der Juden in Hessen, Wiesbaden 2023, ISBN978-3-921434-37-6.
  • Kommission zur Erforschung der Geschichte der Frankfurter Juden (Hrsg.): Dokumente zur Geschichte der Frankfurter Juden 1933–1945, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1963. Darin auch:
    • Willy Mainz: Gemeinde in Not 1933–1938, geschrieben 1946, S. 239–255. Mainz legt in seinem Kapitel Berufsumschichtung (S. 241–242) allerdings nahe, dass die Anlernwerkstätte erst in der Fischerfeldstraße ihre Arbeit aufgenommen habe. Dieser Fehler findet sich dann auch in Monika Kingreens Aufsatz Zuflucht in Frankfurt, die sich auf Mainz bezieht.
  • Albert J. Phiebig: Statistische Tabellen. In: Almanach des SchockenVerlags auf das Jahr 5699. Schocken Verlag, Berlin 1938/39, DNB 011839953.
  • Rudolf Stahl:
    • Berufsausbildung in Zahlen, in: Jüdische Wohlfahrtspflege und Sozialpolitik. Blätter der Zentralwohlfahrtsstelle und der Abt. Wirtschaftshilfe bei der Reichsvertretung der Juden in Deutschland, Jahrgang 7, Neue Folge 1937, S. 52–55.
    • Vocational Retraining of Jews in Nazi Germany 1933-1938, in: Jewish Social Studies, Vol. 1, No. 2, April 1939, pp. 169-194 (Online bei Jstor). Der Artikel bezieht sich nicht direkt auf die Frankfurter Anlernwerkstatt, gibt aber einen guten Überblick über die Konzepte und Schwierigkeiten dieser Einrichtungen und die Veränderungsprozesse.
  • Wolfgang Wippermann: Das Leben in Frankfurt zur NS-Zeit, I Die nationalsozialistische Judenverfolgung, Darstellung, Dokumente und didaktische Hinweise, Stadt Frankfurt am Main – Amt für Volksbildung/Volkshochule, Frankfurt am Main 1986, ISBN3-7829-0316-1.
  • Ernst Karpf: Anlernwerkstätte und „Berufsumschichtung“, Beiträge „Jüdisches Leben und Judenverfolgung“ auf der Webseite Frankfurt am Main 1933–1945.
  • Materialien zur Jüdischen Anlernwerkstatt und zur Frankfurter Grundlehre aus der Hugo Hahn Collection im Center for Jewish History[44]
    • Hans Epstein: Die Ausbildung in der „Jüdischen Anlernwerkstatt“. In: Stephani Forchheimer (Hrsg.): Almanach für das Jahr 5698 (1937/38). Frankfurt am Main, S. 11–14 (PDF-S. 273–275 in der Hugo Hahn Collection, Scan – Internet Archive).
    • Plan zur Errichtung einer Jugendlichen-Anlernwerkstatt in Frankfurt am Main. S. 1–5. Das fünfseitige Maschinenskript ohne namentlich genannten Verfasser endet mit der Zeile „Frankfurt am Main, den 28. Oktober 1935“ (PDF-S. 260–264 in der Hugo Hahn Collection, Scan – Internet Archive). Der Verfasser des Textes ist mit sehr hoher Wahscheinlichkeit Hans Epstein.
    • Jüdische Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe: Die Grundlehre, dreiseitiges Maschinenskript mit dem handschriftlichen Zusatz „Frankfurt am Main [Mai 1936]“ (PDF-S. 150–152 in der Hugo Hahn Collection, Scan – Internet Archive). Auch dieser Text ist mit sehr hoher Wahscheinlichkeit Hans Epstein zuzurechnen.
    • Die Grundlehre ist eröffnet!, vierseitiges Prospekt aus dem Jahre 1936, (PDF-S. 154–157 in der Hugo Hahn Collection, Scan – Internet Archive)
    • Hans Epstein: Die Frankfurter Grundlehre. In: Jüdische Wohlfahrtspflege und Sozialpolitik. […] Zeitschrift der Zentralwohlfahrtsstelle und der Abteilung Wirtschaftshilfe bei der Reichsvertretung der Juden in Deutschland. (laut Impressum letztes Heft des Jahrgangs 1936), S. 198–204 (PDF-S. 183–186 in der Hugo Hahn Collection Scan – Internet Archive oder direkt in der Zeitschrift Jüdische Wohlfahrtspflege und Sozialpolitik Scan – Internet Archive).
    • Die Hans Epstein Collection des Center for Jewish History enthält überwiegend biographisches und im Folder „Series III: The Anlernwerkstatt, undated, 1963–1976“ auch falsch zugeordnetes Material, das sich auf Epsteins vorhergehende Tätigkeit am Philanthropin (Frankfurt am Main) bezieht. Der Folder „Heinz Warschauer (successor of Hans Epstein at the Anlernwerkstatt), 1976“ über Heinz Warschauer, der 1938, nach Epsteins Emigration in die USA, dessen Nachfolger als Leiter der Anlernwerkstatt wurde.
  • Materialien zur Jüdischen Anlernwerkstatt und zur Frankfurter Grundlehre aus der Hans Epstein Collection im Center for Jewish History:
    • „Aus der Jüdischen Anlernwerkstaff Frankfurt a. M.“. Es handelt sich offenbar um eine auch als Prospekt gestaltete Fotosammlung, die deutlich umfangreicher ist als jene im Prospekt Die Grundlehre ist eröffnet! Scan – Internet Archive, PDF-S. 424 ff.) Die Fotos stammen aus dem Jahr 1936 oder später, da als Anschrift für die Jüdische Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe bereits die Quinkestr. 24 angeben ist, die 1936 von den Nazis umbenannte Königswarterstraße.

Einzelnachweise

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  1. a b Ernst Karpf: Anlernwerkstätte und „Berufsumschichtung“ in Frankfurt am Main
  2. a b Eva Beling: Die gesellschaftliche Eingliederung der deutschen Einwanderer in Israel
  3. „By 1937 there were sixteen such training workshops in Germany, six of them in Berlin and the rest in other larger cities. In each workshop there were between one hundred and two hundred young people in training.“ (Rudolf Stahl: Vocational Retraining of Jews in Nazi Germany, S. 182)
  4. Institut für Stadtgeschichte (Frankfurt am Main): Bestand A.02.01 Nr. 9174 – Einrichtungen von Fachkursen für ausgesteuerte Erwerbslose, Fortbildung und Umschulung von Erwerbslosen, insbes. von Jugendlichen
  5. Das Landesaufnahmeheim Steinmühle in Ober-Erlenbach wurde 1907 als Arbeitslehr-Kolonie und Beobachtungsanstalt eröffnet und sollte nach 1922 nach einem Besitzerwechsel als Landesaufnahmeheim fortbestehen. (Online im Arcinsys Hessen: Signatur HHStAW, 430/1, 12729) In der ursprünglichenFunktion war die Steinmühle eine „Arbeitskolonie für Minderbefähigte“ (Mechthild Bereswill / Theresia Höynck / Karen Wagels: Heimerziehung 1953–1973 in Einrichtungen des Landeswohlfahrtsverbandes Hessen. Bericht zum Interdisziplinären Forschungs- und Ausstellungsprojekt, Januar 2013, S. 22) oder – wie es im Rückgriff auf lokalhistorische Forschungen in der Begründung zu einem Bebauungsplan der Stadt Bad Homburg 2016 heißt – „eine Ausbildungsstätte für junge Leute („schulentlassene, minderbefähigte und geistig abnorme Kinder“)“. (Stadt Bad Homburg: BEBAUUNGSPLAN NR. 136 „Steinmühle“) Diese Funktion hatt die Einrichtung auch noch zur Zeit als Bernhard Beling dort arbeitete (23. August 1922 – 1. April 1923), bevor sie 1926 „in ein Landesaufnahmeheim für „gefährdete Mädchen“ umgewandelt und ab 1933 [..] als Erholungsheim für die Hitlerjugend und als Müttergenesungsheim genutzt“ wurde. (Stadt Bad Homburg: BEBAUUNGSPLAN NR. 136) Teile der ursprünglichen Gebäude sind noch erhalten und beherbergen heute eine Außenstelle des Berufsbildungswerks Südhessen in Karben. Angeboten wird eine „berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme (BvB)[..], die umfangreiche Möglichkeiten der beruflichen Orientierung bietet“. (Staatliche Berufsschule im Berufsbildungswerk Südhessen: Standorte)
  6. a b c Institut für Stadtgeschichte (Frankfurt am Main): Bestand A.11.02 Nr. 192996 – Personalakte Bernhard Beling
  7. Der Ma'ariv-Artikel wird zitiert in dem Aufsatz von Philipp Lenhard: Reconstruction und Reeducation. Max Horkheimer und die deutsch-israelische Freundschaft, 1948 – 1973, in: Naharaim, 2017, Nr. 11(1-2), S. 36. (beschränkter Online-Zugang) Naharaim ist eine Zeitschrift für deutsch-jüdische Literatur und Kulturgeschichte.
  8. Stadtarchiv Bad Homburg vor der Höhe: Signatur StadtA HG, E 040 – Nachlass Friedel Beling
  9. Refugee Map: Documents from The Wiener Holocaust Library
  10. a b c d Bloch-Manuskript in der Sammlung der Wiener Holocaust Library
  11. a b c d Institut für Stadtgeschichte: Magistratsakten – Einrichtung von jüdischen Anlernwerkstätten (Bestand A.02.01 - Nr. 9175)
  12. Der Antrag vom 29. Juni 1933 ist in der Magsitratsakte nicht enthalten.
  13. Jüdische Gemeinde Frankfurt: Kündigungsschreiben für Bernhard Beling vom 28. Juli 1942 (Archiv des Jüdischen Museums Frankfurt, Signatur JMF2015-0368)
  14. Jüdische Pflegegeschichte: Das Krankenhaus der Israelitischen Gemeinde in der Gagernstraße 36
  15. Ernst Schragenheim: Das neue Wohlfahrtszentrum in der Königswarterstraße, Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt am Main, 13. Jg., Nr. 4, Dezember 1934, S. 129–130 (Online im Compact Memory der Universitätsbibliothek Frankfurt). Ernst Schragenheim war der Architekt des Umbaus des ehemaligen Krankenhauses in ein Wohlfahrtszentrum.
  16. Eva Beling (* 12. Januar 1931 in Frankfurt am Main; † 3. Februar 2007 in Bad Homburg) ist die Tochter von Bernhard Beling, dem Mitbegründer und langjährigen Technischen Leiter der Jüdischen Anlernwerkstatt in Frasnkfurt. Ihr Buch basiert auf ihrer von Max Horkheimer betreuten Dissertation.
  17. a b c d e f g h i j Jugend und Gemeinde online im Compact Memory der Universitätsbibliothek Frankfurt
  18. Die Identität von Rudolf Stahl ist nicht abschließend geklärt. Im Frankfurter Adressbuch von 1934 existiert kein Eintrag für ihn. In dem unten aufgeführten Aufsatz (siehe Literatur) firmiert er aber, anders als in der hier erwähnten Schrift von 1934, als Dr. Rudolf Stahl, und für das Jahr 1938 findet sich nun auch ein Eintrag im Frankfurter Adressbuch von 1938. Er ist dort eingetragen als „Dr. jur., Soz. Beamt.“. Dies verweist auf den am 10. Mai 1899 in Friedberg (Hessen) geborenen Dr. Rudolf Stahl, der 1936 als Jude aus der Liste der Rechtsanwälte gelöscht wurde. (Arcinsys Hessen: Signatur HStAD, G21 B, 3880 – Stahl, Dr. Rudolf) Zu dieser Akte ist auch vermerkt, dass Stahl als Referendar und Rechtsanwalt in Bad Nauheim tätig war. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass er der Sohn von Arthur Stahl (1869-1929) war, der vor seinem Tod als Rechtsanwalt und Notar in Bad Nauheim gewirkt hatte. (Alemannia Judaica: Bad Nauheim (Wetteraukreis – Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt)
    Laut einem Artikel in der CV-Zeitung vom 22. April 1937 war Stahl zu der Zeit Leiter der Jüdischen Wirtschaftshilfe (Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe) in Frankfurt, der Trägerin der Anlernwerkstatt. (CV-Zeitung: Die Grundlehre baut aus, 16. Jahrgang, Nr. 16, 22.April 1937, S. 6)
    Stahl konnte emigrieren und reiste laut einer Passagierliste in der Datenbank von Ellis Island am 6. Mai 1937 von Hamburg kommend in die USA ein. 1939 erschien von ihm (nun mit Vornamen Rudolph) der Aufsatz Vocational Retraining of Jews in Nazi Germany 1933-1938 (siehe Literatur).
  19. Rosy Epstein (geborene Fischer, * 23. September 1934 in Frankfurt am Main; † 16. Januar 1987) war laut dem Zeugnis der Jüdischen Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe „seit Gründung der Jüdischen Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe, Frankfurt/M, im Jahre 1933 bis zum Zeitpunkt ihrer Auswanderung bei uns tätig“. (Hans Epstein Collection im Center for Jewish History: Zeugnis der Jüdischen Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe, ausgestellt am 20. Mai 1938) Das Zeugnis dokumentiert sehr ausführlich Rosy Epsteins breites Aufgabenfeld rund um die Anlernwerkstatt.
    Rosy Epstein war verheiratet mit dem seit 1936 amtierenden Pädagogischen Leiter der Anlernwerkstatt, Hans Epstein.
  20. Hier zitiert nach: Kommission zur Erforschung der Geschichte der Frankfurter Juden (Hrsg.): Dokumente zur Geschichte der Frankfurter Juden 1933–1945, Verlag Waldemar Kramer, Frankfurt am Main 1963, S. 313 f. Die Verwendung des Staßenamens Quinckestraße legt allerdings nahe, dass die Liste später, also nachträglich, erstellt wurde, denn die bei der Quinckestraße handelt es sich um die Königswarterstraße, in der sich die Anlernwerkstatt zunächst befand. Deren Umbenennung Quinckestraße erfolgte erst 1936. (Siehe hierzu: Liste der Straßennamen von Frankfurt am Main.) Die Liste wurde um die Spalte Wohnort erweitert.
  21. Willy Mainz: Gemeinde in Not, S. 241–242
  22. Zur Bedeutung und Funktion eines Bet Chaluz im Kontext der Hachschara siehe: Perez Leshem: Straße zur Rettung. Der Weg deutscher Juden nach Palästina, in: aus politik und zeitgeschichte, Beilage zur Wochenzeitung Das Parlament, B 16–17/73, 21. April 1973 (Online), S. 9 ff.
  23. Stadt Frankfurt: Die „Miersch-Liste“: „Arisierung“ jüdischer Immobilien durch die Stadt Frankfurt am Main
  24. Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen: Jüdische Wohlfahrtspflege 1932/33
  25. Bloch erwähnt „Schneider & Hanauer“, aber in einem Eintrag in der Deutschen Nationalbibliothek (DNB) wird der Name der 1931 liquidierten Firma mit Schneider und Hanau wiedergegeben. (DNB-Katalog: Schneider & Hanau)
  26. Für eine Außenaufnahme des damaligen Fabrikgebäudes siehe das Titelblatt der Sammlung „Aus der Jüdischen Anlernwerkstaff Frankfurt a. M.“ in der Hans Epstein Collection
  27. Jüdische Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe: Die Grundlehre
  28. Die Grundlehre ist eröffnet!
  29. Hans Epstein Collection im Center for Jewish History: Brief von Hans Epstein an Dr. Max Michel, Hilfsverein der Juden in Deutschland, vom 3. April 1938. Der Brief gibt einen Überblick über Epsteins Studium und berufliche Praxis. Zusammen mit seiner Frau Rosy, die ebenfalls für die Jüdischen Beratungsstelle für Wirtschaftshilfe, die Trägerin nder Anlernwerkstatt arbeitete, emigrierte er 1938 in die USA. Die Datenbank von Ellis Island verzeichnet ihre Ankunft am 8. Juni 1938. Die Webseite des Epstein Memorial Fund gibt Auskunft über ihren weiteren Lebensweg.
  30. Zu Heinz Warschauer siehe: Remembering Heinz Warschauer z”l auf der Webseite des Holy Blossom Temple in Toronto. Heinz Warschauer gehörte seit 1936 zum Team der Anlernwerkstatt und blieb hier bis zu deren Schließung im Jahre 1939 – unterbrochen nur von einer Internierung im KZ Buchenwald nach den Novemberpogromen 1938. Er konnte danach nach England emigrieren, wurde aber von dort aus in ein kanadisches Internierungslager verbracht, wo er in der Camp-Schule unterrichtete. Nach seiner Entlassung blieb er in Kanada und wurde 1943 Mitarbeiter am Holy Blossom Temple (siehe den Artikel in der englischsprachigen Wikipedia: en:Holy Blossom Temple), wo er über 30 Jahre als Lehrer und als Direktor für Religiöse Erziehung wirkte. (Hans Epstein Collection des Centers for Jewish History, PDF-S. 653 (Scan – Internet Archive) und Library and Archives Canada: Heinz Warschauer fonds (textual record, graphic material))
  31. Anlagen zum Etat 1937/38 der Jüdischen Beratungsstelle Fuer Wirtschaftshilfe (Scan – Internet Archive, PDF-S. 96)
  32. Enzyklopädie Judaica: Lotan, Giora auf ENCYCLOPEDIA.com
  33. a b c d Scan – Internet Archive
  34. Epsteins Artikel ist kein theoretissches Konzept im Vorfeld der Einrichtung der Grundlehre, sondern ein Erfahrungsbericht nach etwa fünfeinhalbmonatiger Arbeit mit diesem Konzept. Der Artikel entstand Ende 1936.
  35. a b c d e Hans Epstein: Die Frankfurter Grundlehre
  36. Dies scheint auch in Berlin so verstanden worden zu sein, denn im „Voranschlag der Juedischen Beratungsstelle fuer Wirtschaftshilfe fuer 1937/38“ findet sich die folgende Passage: „Die [Jüd.] Gemeinde [Frankfurt/M] hat im Frühjahr 1936 unter grossen Opfern die Grundlehre in Frankfurt eingerichtet und damit - der Not der Stunde gehorchend - die für die schulentlassene Jugend notwendige Berufserziehung durchgeführt. Die unternommene Aufgabe ist - wie von der Reichsvertretung, Berlin, ausdrücklich anerkannt wurde - vorbildlich und auf die sparsamste Weise gelöst worden.“ (Scan – Internet Archive)
  37. „Sicha, hebräisch für „Gespräch“, ist eine Organisationsform, die den wichtigen, andauernden Dialog zwischen klassischen jüdischen Texten und dem modernen Leben fördert und es jüdischen Gemeinden und ihren Führern ermöglicht, die jüdische Vergangenheit in den Dienst der jüdischen Zukunft zu stellen.“ (About Sicha)
  38. a b c d e Voranschlag der Jüdischen Beratungsstelle fuer Wirtschaftshilfe. Fuer 1937/38
  39. Gudrun Maierhof: Selbsthilfe nach dem Novemberpogrom, S. 169
  40. a b c d e Fragen zur Neuaufnahme und Weiterführung der Grundlehre-Klassen
  41. a b c d Bernhard Beling. Hans Epstein: Bericht über die Tagung über Grund- und Vorlehre und neuntes Schuljahr am 15. März 1937 in Berlin
  42. Kantorowicz war vermutlich aufgrund seiner fachlichen Expertise Tagungsteilnehmer. Für eine besondere Nähe zur Frankfurter Anlernwerkstatt gibt es keine Anhaltspunkte.
  43. a b c Voranschlag der Juedischen Beratungsstelle fuer Wirtschaftshilfe fuer 1938/39
  44. Zur Person von Hugo Hahn (1893–1967) heißt es dort: „Hugo Hahn war von 1921 bis 1938 Rabbiner der Jüdischen Gemeinde in Essen. Im Jahr 1939 war er einer der Mitbegründer der Kongregation Habonim in New York.“