Benutzer:Databs/Kangaku (Schule)

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Kangaku (jap. 漢学) ist das Studium klassischer chinesischer Literatur, chinesischen Denkens und Poesie, die im vormodernen Japan, insbesondere in der Edo-Zeit, aus China übernommen wurden. Als Synonym für allgemeine wissenschaftliche Studien verwendet, steht er den Kokugaku (jap. 国学, dt. „Nationale Schule“) und den Rangaku (jap. 蘭学, dt. „Hollandkunde“) gegenüber. Der Begriff unterscheidet sich inhaltlich ebenfalls von der westlichen Sinologie (jap. 支那学, Shinagaku).[1]

Historische Entwicklung

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Bis zur Mitte der Edo-Zeit war es üblich, dass neues Fachwissen in Form von chinesischsprachigen Werken nach Japan gelangte. Aus diesem Grund wurden allgemein alle gelehrten Schriften aus dem Ausland als Kangaku bezeichnet.

Mit dem Aufkommen der Rangaku, welche sich Wissen unmittelbar aus europäischen Quellen erschließen wollten, entstand jedoch die Notwendigkeit, die traditionellen Kankaku (sowohl die in Japan beheimateten als auch die aus China importierten) von dieser neuen Disziplin abzugrenzen. Aus diesem Grund wurden diese traditionellen Studien dann zunehmend als Kōkangaku (jap. 皇漢学, dt. wörtlich „Japan-China-Studien“) bezeichnet.

Bedeutende Vertreter der Kokugaku („Nationale Schule“) wie Motoori Norinaga sowie des Shinto, lehnten die traditionellen Kangaku jedoch zunehmend ab, da ihrer Meinung nach das darin enthaltene chinesische Gedankengut den "Geist des alten Japan" seit altersher vergifte. Diese Bewegung gewann an Stärke und führte dazu, dass der Begriff Kōkangaku allmählich in Vergessenheit geriet und sich von Kokugaku inhaltlich löste.

Als wichtigste Fähigkeit im Rahmen des Kangaku wurde es betrachtet, Kanshi-Gedichte schreiben zu können, besonders in Form des Kintaishi. Jedoch stellte sich das Erlernen für japanische Sprecher, deren phonologisches System sich stark vom Chinesischen unterschied, als sehr schwierig heraus. Im Japanischen haben viele Kanji-Schriftzeichen, die im Chinesischen unterschiedliche tonale Aussprachen haben, einen gleichbleibenden Klang. Obwohl sie sich beim Lesen im Japanischen reimen, tun sie dies im Chinesischen nicht, was bedeutet, dass man lernen musste, wie man den gleichen Klang beim Lesen verwendet. Anfangs geschah dies durch das Auswendiglernen der Fǎnqiè (jap./chin. 反切) für jedes einzelne Kanji, später wurde die praktische Methode des Jionkanazukai (jap. 字音仮名遣い) entwickelt.

In der Kintaishi-Dichtung war ein entscheidendes Merkmal der Ton, und es war erforderlich, ihn für jedes einzelne Zeichen zu erlernen, was bis zur frühen Meiji-Zeit ein wesentlicher Aspekt der Kangaku blieb.

Vor dem 2. Weltkrieg

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In der frühen Meiji-Zeit existierten zahlreiche Privatschulen, darunter die Nishogakusha und die Kokugakuin. Als die Meiji-Regierung die Integration des Studiums westlicher Wissenschaften vorantrieb, schwand die Bedeutung des traditionellen konfuzianischen Lehrsystems, und stattdessen entstand eine Neuausrichtung als Shinagaku, die westliche wissenschaftliche Forschung einschloss.

Während dieser Zeit gab es auch Strömungen, die eine Trennung von China und eine Betonung der nationalen Identität Japans forderten. Die Befürworter der Trennung strebten nach der Bewahrung der eigenen kulturellen Identität und betrachteten die Annäherung an den Westen als Möglichkeit, sich von der kulturellen Vorherrschaft Chinas zu lösen. Die chinesische Gesellschaft galt ihnen als rückständig im Vergleich zur westlichen Welt, weshalb eine Loslösung als Mittel zur Förderung des Fortschritts angesehen wurde. Dazu kam, dass nationalistische Denker das von den westlichen Mächten de facto kolonisierte China als schwach und abhängig ansahen. Daher forderten sie eine eigenständige politische Richtung für Japan, um sich von beiden Einflüssen zu lösen.

Während sich die Universität Kyōto zu einem Zentrum für die Shinagaku entwickelte, führte ihr wachsender Einfluss zur Entstehung einer Gegenbewegung von nationalistisch gesinnten Intellektuellen an der Universität Tōkyō. Trotz der Etablierung des neuen Begriffs Shinagaku verblieben diese daher beim traditionellen Begriff Kangaku und verdeutlichten so ihren Widerstand gegen die Vereinheitlichung des Konzepts.

Im Jahr 1932 wurde dann die Kangakkai (Gesellschaft für chinesische Studien) von Professor Takata Shinji von der Universität Tōkyō gegründet, um das traditionelle Studium der chinesischen Kultur wiederzubeleben.[2]

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden sowohl Shinagaku als auch Kangaku durch Chūgokugaku ersetzt.[3] Wenn man sich auf das Studium der in vormodernen chinesischen Schriftzeichen verfassten chinesischen Literatur bezieht, wird der Begriff "chinesische Literatur" verwendet.

Einzelnachweise

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  1. Margaret Mehl: Chinese Learning (kangaku) in Meiji Japan (1868–1912). In: History. Band 85, Nr. 277. Wiley, Januar 2000, S. 48–66.
  2. 東京大学百年史編集委員会: 東京大学百年史 部局史一. März 1986 (u-tokyo.ac.jp [abgerufen am 21. Mai 2023] The University of Tokyo).
  3. 漢學會/文学部関連学会/研究活動|国士舘大学 文学部. In: 国士舘大学. Abgerufen am 30. Oktober 2020 (japanisch).