Benutzer:Dhrupad/Ekmelische Musik

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Ekmelische Musik (von griechisch „ek melos“: außerhalb der Reihe) ist eine Form der mikrotonalen Musik, beruhend auf einem temperierten Tonsystem mit 72 gleichen Stufen in der Oktave (Duoseptuagesimal-System). Der Halbton wird dabei in sechs gleiche Stufen unterteilt. Es stellt somit eine Erweiterung des traditionellen 12-stufigen Tonsystems mit allen wichtigen Partialtönen dar und erfasst die mikrotonalen Drittel-, Viertel-, Sechstel- und Zwölfteltonskalen, die ungleichstufige Naturtonskala, sowie auch viele Tonsysteme außereuropäischer Musikkulturen, z.B. in der arabischen, indischen und javanischen Musik.

Im Jahr 1970 begannen die beiden Professoren Franz Richter Herf und Rolf Maedel am Institut für Musikalische Grundlagenforschung an der Hochschule Mozarteum Salzburg mit der Untersuchung und Systematisierung von Mikrotönen. Sie erkannten, dass nicht einfach alle zwischen den traditionellen 12 Stufen liegenden Töne als falsch intoniert aufgefasst oder zurechtgehört werden können. Auch mikrotonale Tonfolgen und Zusammenklänge können, abhängig von der inneren Logik des Systems, richtig oder falsch sein. Sie wählten den Begriff ekmelisch aus der altgriechischen Musiktheorie. Dort wurden damit Töne bezeichnet, die in den Tonsystemen nicht enthalten waren. In gleicher Weise werden heute die systematisierten Mikrotonstufen zwischen den zwölf Halbtonstufen als ekmelische Töne und die praktische Anwendung dieses Tonsystems als ekmelische Musik bezeichnet.[1]

Das ekmelische Tonsystem definiert ein Raster, in dem jeder Tonwert der Partialtonreihe und nahezu jedes Tonsystem mit der größten Genauigkeit, die für das Gehör noch differenzierbar ist, systematisiert dargestellt werden kann. Die Abweichungen liegen meist unterhalb der Hörempfindlichkeit von etwa 5 bis 8 Cent. Eine einzelne Tonstufe — 1/6 Halbton — beträgt 16 2/3 Cent (ein temperierter Halbton entspricht 100 Cent). Die folgende Tabelle enthält die sechs Tonplätze innerhalb eines Halbtonschritts (C bis Cis), sowie deren Abstände und Zurechthörbereiche in temperierten Cent-Werten:[1]

Name Schrittweite Tonplätze Zurechthörbereiche
  91 2/3
C   0 8 1/3
C 1/6 Halbton höher 16 2/3 25
C 1/3 Halbton höher 33 1/3 41 2/3
C 1/2 Halbton höher 50 58 1/3
Cis 1/2 Halbton tiefer
Cis 1/3 Halbton tiefer 66 2/3 75
Cis 1/6 Halbton tiefer 83 1/3 91 2/3
Cis   100 108 1/3
Pfeile als Zusatzzeichen zur Notation ekmelischer Musik

Die herkömmliche Notation wird einfach durch drei Zusatzzeichen ergänzt. Nach Richter Herf / Maedel sind dies Pfeile, die über den Noten stehen. Sie gelten, wie die Vorzeichen, für den jeweiligen Takt. Ein Schrägstrich setzt sie wieder außer Kraft. Bei Akkorden werden jedoch geknickte Pfeile links oder rechts neben der betreffenden Note gesetzt.

Tartinische Haken als Zusatzzeichen zur Notation ekmelischer Musik

Andere Komponisten verwenden als Zusatzzeichen sogenannte Tartinische Haken, benannt nach Giuseppe Tartini.

Ekmelische Skalen

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Die Partialtonreihe liefert lediglich das Tonmaterial, sie stellt aber in ihrer Gesamtheit noch keine Tonleiter dar und ergibt einen viel zu komplexen Klang. Vielmehr müssen aus den Partialtönen nach einem bestimmten Verfahren diatonische Auswahl-Skalen und "Sonanzreihen" gebildet werden. Vor allem Skalen, die aus arithmetischen Reihen abgeleitet sind, liefern brauchbare Tonleitern und homogene Harmonien. Messungen an Oboen- und Klarinetten-Spaltklängen zeigten, dass sich Kombinationstöne in arithmetischen Reihen aufbauen. Diese ekmelischen Skalen bilden eine Grundlage für die Kompositionstechnik mit Mikrotönen in der ekmelischen Musik. Eine arithmetische Reihe wird gebildet durch wiederholtes Addieren der gleichen Differenz d zu einem Anfangswert a. Sie wird Reihe d auf a genannt oder abgekürzt d||a. Die Reihe liefert die Frequenzverhältnisse jener Partialtöne, die in der Skala enthalten sein sollen. Aus der Reihe wird ein bestimmter Ausschnitt gewählt (eine Sonanzreihe), alle Oktaven (also Verdoppelungen) weggelassen, und die verbliebenen Töne in den Bereich einer Oktave versetzt, wobei tiefer liegende Töne oktaviert, die Werte also ein- oder mehrfach verdoppelt werden müssen.[2]

  • Die Reihe 1 auf 1 (1, 2, 3, 4, 5, 6 usw.) liefert die vollständige Partialtonreihe.
  • Die Reihe 2 auf 1 (1, 3, 5, 7, 9, 11 usw.) enthält nirgendwo die Oktave (Verhältnis 1 : 2) und ist daher zur Skalenbildung weniger eignet.
  • Die Reihe 3 auf 2 (2, 5, 8, 11, 14, 17 usw.) liefert vom 8. bis zum 32. Partialton die folgende achtstufige diatonische Skala:
    16   :   17   :   20   :   22   :   23   :   26   :   28   :   29   :   32
 0      105      386,3    551,3    628,3    840,5    968,8   1029,6   1200   Cent
    Sie enthält keine reine Quinte (2 : 3) und auch keine reine Quarte (3 : 4).

Eine einzelne ekmelische Skala ergibt eine diatonische Musik. Eine Skala kann mit leiterfremden Tönen chromatisch erweitert werden, oder es kann auch eine Kombination mehrerer Skalen mit gleichem Grundton verwendet werden.[3]

Das ekmelische System ist also ein gleichstufiges Tonsystem zur Darstellung ungleichstufiger Skalen. Es nimmt eine Mittelstellung zwischen den mikrotonalen gleichstufigen und ungleichstufigen Systemen ein. Jede Skala ist auf jede der 72 Stufen transponierbar. Das ekmelische System erweitert sowohl die Harmonik durch eine große Anzahl völlig neuer, wohlklingender Akkorde (in ganzzahligen Proportionen), sogenannte stabile Klänge, also auch die Melodik. Damit ist auch eine Einbeziehung und Darstellung vieler Musikkulturen der Welt möglich.

Einzelnachweise

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  1. a b Rolf Maedel, Franz Richter Herf: Ekmelische Musik, Schriften der Hochschule Mozarteum Salzburg, Heft 4, 1977
  2. Franz Richter Herf: Bildung Ekmelischer Skalen als Material einer feinstufigen Melodik In: Ekmelische Musik, Schriften der Hochschule Mozarteum Salzburg, Heft 4, 1977, S. 14-17
  3. Rolf Maedel, Franz Richter Herf: Ekmelische Musik, Edition Helbling, 1983