Benutzer:EWa2020/Schulsozialarbeit in Österreich

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Schulsozialarbeit hat in Österreich mittlerweile eine 20-jährige Tradition, ein verstärkter Ausbau und eine intensive Auseinandersetzung mit fachlichen Qualitätsstandards finden seit ca. 10 Jahren statt, da gesellschaftlich ebenso wie in den Bildungslandschaften erkannt wurde, welches Potential professionelle Soziale Arbeit an Schulen einbringen kann. Grundlegende Erfahrungen aus den Entwicklungen der Schulsozialarbeit in Österreich finden im Auftrag von kommunalen Trägern und den österreichischen Bundesländern ihren Niederschlag in unterschiedlichen Organisationsformen: in privaten Trägervereinen der Kinder- und Jugendhilfe bzw. des Bundes, in der öffentlichen Kinder- und Jugendhilfe oder im privaten Schulsystem.

Vielfach wird Schulsozialarbeit noch immer als biegbares Hilfeinstrument bei akuten Anlassfällen, als Hoffnungsträger*in zur Herstellung von Funktionalität der Schüler*innen oder als Auftragnehmer*in für schulstandortbezogene Dienstleistungen verstanden. Da Schulsozialarbeit regional zunehmend implementiert wird, bedarf es einer Positionierung als eigenständiges fachliches Angebot der Sozialen Arbeit an Schulen. Damit verbunden ist nicht nur die anlassfallbezogene Feuerwehrfunktion bei Gewalt an Schulen oder dem Umgang mit Schulabsentismus bzw. Dropout-Prophylaxe sondern differenzierte Angebot an alle Schüler*innen für die Begleitung und Bewältigung ihrer Lebenswelten und Bildungsorte. Die Schüler*innen rücken damit als Zielgruppe schulsozialarbeiterischen Handelns in den Mittelpunkt und alle anderen unmittelbaren – (Lehrer*innen, Eltern) oder mittelbaren Schulakteur*innen (Netzwerke eines Schulstandortes für die Problem- und Konfliktintervention) sind als Kooperationspartner*innen zu sehen.

Eine zielführende Verankerung und (Weiter-)Entwicklung von Schulsozialarbeit in Österreich muss auf unterschiedlichen Ebenen ansetzen: der politischen Absicherung, der Pädagog*innenausbildung, der Schwerpunktsetzung im Studium der Sozialen Arbeit, der Finanzierung von evidenzbasierter Forschung und der fachlichen Präsentation von Schulsozialarbeit auf den webbasierten Auftritten von Bildungsministerium und Bildungsdirektionen. Um den fachlichen Anspruch professioneller Fundierung und Positionierung österreichweit voranzutreiben, wurde 2013 die Arbeitsgemeinschaft AG Schulsozialarbeit unter der Trägerschaft der Österreichischen Gesellschaft für Soziale Arbeit (OGSA) gegründet. Die AG versteht sich als Vernetzungsplattform für Leitungspersonen von schulsozialarbeiterischen Trägerorganisationen, Schulsozialarbeiter*innen aus dem Praxisfeld und fachspezifisch Lehrenden an Fachhochschulstudiengängen für Soziale Arbeit in Österreich (https://www.ogsa.at/arbeitsgemeinschaften/ag-schulsozialarbeit/). Seither ist in diesem Gremium die Schärfung aktueller Themen und die Ausarbeitung von Stellungnahmen eine gemeinsame Schwerpunktsetzung zur fachlichen Weiterentwicklung. Der kontinuierliche Austausch mit den Arbeitsgremien zur Schulsozialarbeit im deutschsprachigen Bildungsraum (DGSA, SGSA) ist dafür förderlich. Als wesentliches Qualitätsmerkmal für dieses Arbeitsfeld feld der Sozialen Arbeit herrscht bei den nationalen Trägerorganisationen Konsens, dass die Angebote ausschließlich von Professionist*innen dieser Berufsgruppe (Absolvent*innen einer Sozialakademie oder eines FH-Studiengangs Soziale Arbeit/Sozialarbeit) geleistet werden.

Zwischen 2010 und 2017 wurden vom Österreichischen Bildungsministerium Forschungsprojekte für die fachliche Entwicklung von Schulsozialarbeit in Auftrag gegeben. Damit liegen für Österreich wichtige Grundlagen für die Implementierung und Evaluierung, für fachliche Standards und zur Professionalisierung des Arbeitsfeldes vor (u.a. vgl. LBI 2013, FHCW/BMBWF 2017). Eine vollständige und übersichtliche Auflistung der Forschungsberichte steht allerdings aus, was den Zugang zur evidenzbasierten Weiterentwicklung erschwert. Parallel dazu wurde von der obersten Bildungsbehörde eine Webseite eingerichtet (www.schul-sozialarbeit.at), ein wichtiges Unterfangen für den fachlichen Austausch, das allerdings einer kontinuierlichen Weiterentwicklung bedürfte. Einen wesentlichen Betrag für den Ausbau und die zunehmende Professionalisierung leisten seit ungefähr 10 Jahren die regionalen Trägerorganisationen in den Bundesländern. So wurden differenzierte Leistungsvereinbarungen mit den Schulen und schulführenden Gemeinden erarbeitet, Dokumentationssysteme und Evaluationsinstrumente zum Ausweisen des Leistungsprofils entwickelt, fachliche Standards auf dieses Arbeitsfeld hin differenziert und die Wirkungswahrnehmung in der Öffentlichkeit erhöht.

Der konzeptionelle Rahmen der österreichischen Schulsozialarbeit baut auf folgendem fachlichen Selbstverständnis auf:

  • Soziale Arbeit versteht sich als Profession, die zur Erhöhung von Chancengerechtigkeit, sozialem Zusammenhalt und Gleichberechtigung beiträgt. Im Mittelpunkt schulsozialarbeiterischer Angebote stehen das Kindeswohl und die Kinderrechte (u.a. Recht auf Bildung, Partizipation, Nicht-Diskriminierung).
  • Schulsozialarbeit ist ein unabhängiges und eigenständiges Handlungsfeld der Profession Soziale Arbeit und definiert ihr Selbstverständnis als „connecting link“ auf mehreren Ebenen: zu bestehenden Hilfs- und Unterstützungsangeboten inkl. Helfer*innensystemen in der jeweiligen Bildungsregion/im Sozialraum, zu bewährten Angeboten und/oder sozialen Ressourcen im Schulsystem sowie Familiensystem, zu den Jugendlichen bzw. ihren „Jugendräumen“ wie jene der Peers oder der virtuellen Lebenswelt.
  • Kinder und Jugendliche, die selbst mit der Schulsozialarbeit in Kontakt treten wollen, können dies eigenständig tun – ohne vorherige Abklärung oder Zuweisung durch Erwachsene.
  • Schulsozialarbeit leistet Unterstützung in Krisensituationen und versteht sich dabei als generelle Entwicklungs- und Sozialisationshilfe zur Förderung aller Kinder und Jugendlichen. Sie ist jedoch weder ausschließlich als Kriseninstrument zu sehen noch für eine bestimmte soziale bzw. benachteiligte Gruppe einzusetzen, da damit eine unmittelbare Stigmatisierung der Nutzer*innen erfolgen könnte.

Schulsozialarbeit in Österreich orientiert sich an folgenden Zielsetzungen:

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  • Förderung einer gelingenden möglichst ganzheitlichen Bewältigung sozialer und schulischer Herausforderungen durch präventive, früherkennende und intervenierende Angebote auch im Bereich Gesundheitsförderung, vor allem mittels konstruktiver Zusammenarbeit mit Lehrpersonen und Eltern / Erziehungsberechtigten sowie unter Einbezug des Sozialraums
  • Stärkung der Teilhabemöglichkeiten (Partizipation) und Erhöhung der Chancengerechtigkeit von Kindern und Jugendlichen
  • Anerkennung von Diversität und Abbau von Benachteiligungen
  • Früherkennung sozialer Problemlagen durch den regelmäßigen Kontakt zu Schüler*innen, Lehrer*innen, Erziehungsberechtigten und anderen inner- und außerschulischen Personen
  • Verbesserung des sozialen Klimas in der Schule als Lern- und Lebensort von Kindern und Jugendlichen durch die Stärkung des sozialen Miteinanders – auch im Sinne der Konfliktbewältigung
  • Unterstützung der Kinder und Jugendlichen bei der Erschließung und Gestaltung von Bildungsräumen und -möglichkeiten und
  • Unterstützung der Schule bei der Umsetzung eines erweiterten Bildungsauftrages u.a. in der Förderung von Autonomie und Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen

Um eine nachhaltige Qualitätsentwicklung und -sicherung der Schulsozialarbeit in Österreich zu gewährleisten, stehen aktuell folgende Forderungen zur Diskussion:

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  • Regelmäßige (auch interdisziplinäre) Teambesprechungen am Schulstandort, Supervision, Evaluierung, standardisierte Weiterbildung, Vernetzung und Intervision mit Kolleg*innen aus dem Berufsfeld
  • Regionaler und überregionaler Austausch für Reflexion, Selbstevaluation und Verbreiterung der Expertise sowie Schärfung der fachlichen und ethischen Standards
  • Eine aussagekräftige Dokumentation und transparente Evaluation zur kontinuierlichen Ergebnissicherung
  • Die Finanzierung von Grundlagenforschung, welche über punktuelle Auftragsforschung hinausgeht
  • Die Sicherstellung fachlicher Standards: Als Handlungsfeld der Sozialen Arbeit wird sie von qualifizierten Fachkräften der Sozialen Arbeit (BA/Mag.a (FH)/DSA) durchgeführt und baut auf fachlich adäquaten Rahmenbedingungen auf, was vor allem den Betreuungsschlüssel (350 Schüler*innen auf 1 VZÄ), eigenes Büro, angemessene Infrastruktur betrifft.
  • Orientierung an einem fachlichen Rahmenkonzept: Grundlage der standortspezifischen Arbeit bildet ein Rahmenkonzept professioneller Schulsozialarbeit, das auf spezifische Bedarfslagen jeweiliger Schulstandorte adaptiert wird.
  • Definition des Arbeitsortes: Der Arbeitsort liegt direkt an der Schule. Darüber hinaus kann Schulsozialarbeit auch im sozialen Umfeld der Kinder und Jugendlichen, vor allem im jeweiligen Sozialraum, agieren, wodurch sie eine Schnittstellenfunktion zu den außerschulischen Lebenswelten einnimmt.


Weiterführende (Forschungs-)Berichte zur österreichischen Schulsozialarbeit unter:

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https://www.fh-campuswien.ac.at/lehre/hochschullehre/projekte/detail/schulsozialarbeit-als-profession.html

https://soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/issue/view/13

Bakic, Josef / Coulin-Kuglitsch, Johanna (Hrsg.) (2012) Blickpunkt: Schulsozialarbeit in Österreich. Wien: Löcker

Schörner, Barbara/Würfl, Christine (2011): Aufgaben- und Kompetenzprofil von Schulsozialarbeit: Abgrenzung und Synergie mit schulischen Unterstützungssystemen. Wien: BMUKK

Schörner, Barbara/Würfl, Christine (2013): Zum Aufgaben- und Kompetenzprofil von Schulsozialarbeit in Österreich. In: Soziales Kapital - wissenschaftliches Journal österreichischer Fachhochschul-Studiengänge Soziale Arbeit 10, unter: http://soziales-kapital.at/index.php/sozialeskapital/article/view/288

Würfl, Christine/Schörner, Barbara (2013): Aufgaben‐ und Kompetenzprofil von Schulsozialarbeit – Abgrenzung und Synergie mit schulischen Unterstützungssystemen am Beispiel Wien. In: STVG, BMUKK (Hrsg.): Schulsozialarbeit in Österreich“. Dokumentation zum 3. Vernetzungstreffen vom 17. Jänner – 18. Jänner 2013 in Salzburg, S. 61-65. Wien, Graz: STVG, BMUKK, unter: https://www.bmb.gv.at/schulen/pwi/pa/ssa_vernetzungstreffen_3_2013.pdf?5te7x8

Würfl, Christine (2013): Schulsozialarbeit in Wien. In: STVG, BMUKK (Hrsg.): Wissenschaftliches Enquete "Schulsozialarbeit in Österreich". Wissenschaftlicher Fachdiskurs zur Sozialen Arbeit an Schulen in Österreich, S. 15-20. Wien, Graz: STVG, BMUKK

Schörner, Barbara/Würfl, Christine/Völker, Benedikt (2014): Schulsozialarbeit als Systempartner? Strukturbezogene Aufgaben aus Sicht von Wiener Schulleitungen. In: STVG, BMBF (Hrsg.): Wissenschaftliche Positionen zur „Schulsozialarbeit in Österreich“. Graz, Wien, S. 17-31, unter: http://schul-sozialarbeit.at/wp-content/uploads/2015/05/Wissenschaftliche-Positionen-Vol.1_FINAL1.pdf

Schörner, Barbara/Würfl, Christine (2017): Schulsozialarbeit als Profession. International vergleichende Länderanalyse zur Schulsozialarbeit: BMB, FHCW

Würfl, Christine/Schörner, Barbara (2017): International vergleichende Länderanalyse zur Schulsozialarbeit. In: Marterer, Michaela (Hrsg.): Schulsozialarbeit in Österreich“. Dokumentation der bundesweiten Fachtagung am 09. Mai. 2017. Wien: STVG, FHCW

Schörner, Barbara/Würfl, Christine (2018): Schulsozialarbeit in Österreich. In: Bassarak, Herbert (Hrsg.): Lexikon der Schulsozialarbeit. Baden-Baden: Nomos, S.437-438

Schörner, Barbara/Würfl, Christine (2018): Kompetenzen. In: Bassarak, Herbert (Hrsg.): Lexikon der Schulsozialarbeit. Baden-Baden: Nomos, S.287-288

Schörner, Barbara/Würfl, Christine (2018): Schulleitungen. In: Bassarak, Herbert (Hrsg.): Lexikon der Schulsozialarbeit. Baden-Baden: Nomos, S. 420-421

Schörner, Barbara/Würfl, Christine (2018): Schulische psychosoziale Unterstützungssysteme in Österreich. In: Bassarak, Herbert (Hrsg.): Lexikon der Schulsozialarbeit. Baden-Baden: Nomos, 419-420

Vyslouzil, Monika / Weißensteiner, Markus (Hrsg) (o.J.): Schulsozialarbeit in Österreich - Projekte mit Zukunft. Wien: Verlag des ÖGB

Würfl, Christine/ Schörner, Barbara (2017): Schulsozialarbeit als Profession. Analyse des Professionalisierungsgrades der österreichischen Schulsozialarbeit. Forschungsbericht Modul 3. Wien: BMB, FHCW

Würfl, Christine/ Schörner, Barbara (2018): SiO Schulsozialarbeit. Professionalisierung der österreichischen Schulsozialarbeit. In: Fachzeitschrift für Soziale Arbeit in Österreich. Ausgabe 1/18, S.12-17