Benutzer:Edoe/Italienischer Faschismus

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Der Italienische Faschismus war eine politisch-autoritäre Bewegung, die im Jahre 1922 unter Benito Mussolini die Macht in Italien erlangte und erst 1943 endete, als Italien von alliierten Truppen besetzt wurde. Er gilt als Brutstätte des Faschismus, der sich in Deutschland als Nationalsozialismus etablierte.

Wesentliche Kennzeichen

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Benito Mussolini auf einem Propagandaplakat

Zunächst war Fascismo nur die Bezeichnung der politischen Bewegung, die aus den von Mussolini 1919 gegründeten Fasci Italiani di Combattimento („Italienische Kampfbünde“) hervorging und 1922 die Macht in Italien eroberte.

Ihre wesentlichen Elemente waren:

  • Extrem nationalistische, populistische Herrschaftsform mit ausgeprägtem Führerkult.[1]
  • Nachdrückliche Ästhetisierung von Politik und die Betonung des voluntaristischen Zuges der Politik, also des Vorrangs des Willens vor der Ökonomie. Der Faschismus knüpft hier an den Futurismus und seine Theorien an.[2]
  • Der umfassende Gebrauch von politischen Symbolen wie Fahnen, Marschkolonnen und Uniformen in rituellen Massenzeremonien.
  • Ein an der Antike ausgerichteter Traditionalismus, der sich besonders im Kult der römischen Vergangenheit äußerte, zugleich aber auch eine revolutionär-dynamische Selbstdarstellung und entsprechende, expansive Politikansätze.[3]
  • Ein korporatives Wirtschaftsmodell mit nach Produktionszweigen gegliederter Organisation, mit einem das Parlament ersetzenden Plenarorgan („Kammer der Fasci und der Korporationen“, Camera dei Fasci e delle Corporazioni, seit 1938/39) und einem aus Partei- und Staatsfunktionen gemischten Organ, dem Großen Faschistischen Rat (Gran Consiglio del Fascismo, seit 1922, seit 1928 Staatsorgan), an der Spitze.
  • Die ideologische Verherrlichung und Anwendung von Gewalt[4]; auch in der Tradition von Georges Sorel.[5]
  • Irredentismus, das Streben, weite Teile der kroatischen Ostküste der Adria für Italien zu annektieren.
  • Parteienkritik, wie sie etwa der Soziologe Robert Michels betrieb, und Selbstverständnis als (während der Bewegungsphase 1919 bis 1922) Anti-Partei, bzw. danach als Massenpartei eines neuartigen Typus.

Zwischen dem modernistisch-revolutionären und dem konservativ-traditionalistischen Flügel kam es immer wieder zu Spannungen. Mussolini schwankte lange zwischen den Positionen und hatte dabei vor allem in der Zeit zwischen 1921 und 1925 große Mühe, die gegensätzlichen Kräfte zusammenzuhalten. Gleichzeitig aber diente die widersprüchliche Selbstdarstellung und unklare Identität nach außen zur Bindung verschiedener gesellschaftlicher Strömungen an den Fascismus.

Erst die europäische politische Debatte der 1930er Jahre, seinerzeit vor allem von kommunistischer Seite, ließen den bis dahin auch in Deutschland üblichen Begriff Fascismus zugunsten des über Italien hinaus üblichen Begriffes Faschismus zurücktreten.

Der Gründer des italienischen Faschismus, Benito Mussolini, hatte seine politischen Wurzeln in der Sozialistischen Partei Italiens (PSI), in der er den linkssyndikalistischen Flügel vertrat. Mussolini war unter anderem Chefredakteur der Parteizeitung Avanti!.

Obwohl Mussolini 1914 das Anti-Kriegsmanifest der PSI unterzeichnet hatte, gründete er kurz darauf die „Bünde der revolutionären Aktion“ (Fasci d’Azione Rivoluzionaria, FAR), die für den Kriegseintritt Italiens eintraten. Zusammen mit anderen rechtsgerichteten nationalistischen Gruppen wie beispielsweise der 1910 gegründeten Associazione Nazionalista Italiana vertrat Mussolini mit seiner Organisation das Ziel, auch die terre irredente („unerlöste Gebiete“) – die damals noch zu Österreich-Ungarn gehörenden italienischsprachigen Regionen Trentino und Triest – Italien anzugliedern. Daraufhin wurde er aus der PSI ausgeschlossen. In der Folgezeit bekämpfte Mussolini mit seinen Kampfbünden sozialistische und kommunistische Parteien und Organisationen der entsprechend ausgerichteten Arbeiterbewegung mit oft massiven gewaltsamen Übergriffen.

Nach dem Ersten Weltkrieg beteiligte sich Mussolini im März 1919 in Mailand an der Gründung der Fasci di Combattimenti („Kampfbünde“), die eine autoritäre Ordnung und die Revision der Versailler Verträge zugunsten Italiens forderten, zumal Frankreich und Großbritannien einige ihrer bei der Londoner Geheimkonferenz von 1915 gemachten Zusagen, die Italien zum Verlassen des Dreibunds mit Österreich-Ungarn und Deutschland und zum Kriegseintritt gegen Österreich bewogen hatten, nicht mehr einhalten wollten, und so die Legende des „verstümmelten Sieges“ (Vittoria mutilata) landesweit die Runde machte. Tatsächlich aber hatte Italien Südtirol, das Trentino und Istrien vom zerfallenen Kaiserreich Österreich-Ungarn erhalten, weit mehr als italienische Truppen im Laufe des Krieges hatten einnehmen können, aber weniger als die irredentistischen Träume beinhalteten. Die Squadri, die paramilitärischen Verbände der Fasci, übten unter Mussolinis Oberbefehl jahrelang Terror gegen Gewerkschafter, linke Parteien und unliebsame Politiker in Nord- und Mittelitalien aus.

Ebenfalls bereits 1919 schuf Gabriele D’Annunzio, Schriftsteller und Kampfpilot im Ersten Weltkrieg, mit der handstreichartigen Eroberung der kroatischen Hafenstadt Fiume (heute Rijeka) ein erstes „präfaschistisches“ System, das von einer korporativen Ordnung, Massenzeremonien und den Faschismus vorwegnehmender Symbolik gekennzeichnet war.

Die fasci wuchsen vor allem 1921 und 1922, nachdem sich ihnen gewerkschaftliche Landarbeiter-Verbände angeschlossen hatten, rasch zur größten Massenbewegung Italiens. Am 7. November 1921 wurde in Rom die Umwandlung der Fasci di Combattimento in die Partito Nazionale Fascista, eine umfassendere politische Vereinigung und Volkspartei, vollzogen. Mussolini wurde, als er 1922 beim Marsch auf Rom mit einem Putsch drohte, von König Viktor Emanuel III. zum Ministerpräsidenten ernannt.

Noch zu diesem Zeitpunkt hatte die faschistische Bewegung keine einheitliche Organisationsstruktur. Es gab mehrere, oft an lokale Anführer gebundene „Kristallisationskerne“. Während sich die Gruppierungen in den ländlichen Regionen weiterhin als militärische Organisationen begriffen, begann in den mittelitalienischen Städten schnell die Formierung als politische Bewegung. Die ländlichen Faschisten verstanden sich als progressive Kader-Bewegung und wandten sich entschieden gegen Ansätze der Entwicklung zu einer Volkspartei, was nach dem Marsch auf Rom zu Spannungen mit Mussolini führte. <br\> Dieser stützte sich innerhalb der Bewegung mehr auf die städtischen Gruppen, insbesondere in Rom und Neapel. Bis 1924 besetzten sie nach und nach die Führungspositionen in der sich nun ausformenden Parteistruktur. Das Mussolini-Lager wurde zudem durch zahlreiche etablierte Politiker verstärkt, die sich ihm nach 1922 anschlossen. Trotzdem kam es immer wieder zu Spannungen und Auseinandersetzungen zwischen den ländlichen „Extremisten“ und der städtischen „Duce-Partei“. Dabei scheiterten mehrere Versuche, Arbeiterorganisationen über die Landarbeiter hinaus in die Partei zu integrieren.

In den Jahren 1924 und 1925 brachen die internen Machtkämpfe offen aus. Mussolini reagierte darauf, indem er zunehmend nicht mehr nur als Anführer der Bewegung, sondern als Duce („Führer“) ganz Italiens auftrat. 1925 stellten die „Extremisten“ für kurze Zeit den Generalsekretär der faschistischen Partei und setzten getreu ihrer Kader-Idee Aufnahmebeschränkungen durch. Schließlich versuchten sie Ende 1925, einen Streik zu organisieren, der sich auch gegen Mussolini wandte. <br\> Nach dessen Scheitern wurden parteiinterne Wahlen abgeschafft und die „Extremisten“ aus wichtigen Positionen entfernt. In den folgenden Jahren scheiterten mehrere Versuche, die alten Eliten sowie Offiziere in die Partei zu integrieren. Der Zulauf kam vor allem aus der Beamtenschaft. Eine Dominanz über alle gesellschaftlichen Bereiche wie die NSDAP in Deutschland erreichte die faschistische Partei Italiens daher nie.

1925 verbot Mussolini die Sozialistische Partei und antifaschistische Organisationen und schuf mit seinem Führerkult – dem mussolinismo – ein Modell für andere faschistische Diktaturen. Der Duce präsentierte sich als Mann des Volkes: Arbeiter, Vater, Sportler, Frauenheld, Soldat, mit Uniform und martialischem Auftreten. Der Großmachtanspruch des antiken Römischen Reiches blieb leitende Idee des italienischen Faschismus und führte namentlich zum Überfall auf Äthiopien 1935. Ab 1938 verfolgte der Faschismus auch offiziell eine antisemitische Politik, die gemäß neuerer Forschung aus eigenem Antrieb entstand, und nicht auf deutschen Druck, wie lange angenommen worden war.

Kriegsteilnahme

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1939 folgten die Okkupation Albaniens und das als „Stahlpakt“ bezeichnete offizielle Kriegsbündnis Italiens mit dem Deutschen Reich. Mussolini proklamierte zwar noch 1939 die „Nichtkriegführung“ (non belligeranza) Italiens, das angekündigte „entscheidende Gewicht“ (peso determinante) seines Landes warf er aber schon im Juni 1940 in den Kampf, als England und Frankreich der Krieg erklärt wurde. Als Kriegsziel wurde ein italienisches Reich, das „Impero“ erklärt, wozu der Zugang zu den Ozeanen gehörte: Nizza, Korsika, Malta, Tunesien und Korfu, die Sinai-Halbinsel, Teile Marokkos und Algeriens, sowie eine Reihe afrikanischer Gebiete.

Die italienischen Operationen waren jedoch nicht erfolgreich: Der Angriff gegen das bereits geschlagene Frankreich blieb in den Alpen stecken; die Offensive gegen die Briten in Nordafrika Ende 1940 und der Feldzug gegen Griechenland scheiterten und konnten nur durch das Eingreifen der deutschen Wehrmacht überdeckt werden. Die neuere Forschung schreibt die desaströsen Ergebnisse vor allem dilettantischer strategischer Planung und maßloser Selbstüberschätzung insbesondere des „Duce“ selbst zu.

1941 nahm ein italienisches Expeditionskorps am deutschen Feldzug gegen die Sowjetunion teil. 1942 scheiterte die letzte deutsch-italienische Offensive in Nordafrika. Die Kette der Niederlagen für das faschistische Regime setzte sich nun fort: Nach der Kapitulation der Achsentruppen in Tunesien im Mai 1943 eroberten Amerikaner und Briten die Inseln Lampedusa und Pantelleria und landeten im Juli 1943 in der Operation Husky auf Sizilien.

Absetzung Mussolinis und Kampf in Italien

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Unter dem Eindruck dieser verheerenden Niederlagen wurde Mussolini 1943 vom Großen Faschistischen Rat, dem faschistischen Exekutivorgan, abgesetzt. Diese Absetzung erfolgte systemkonform mit einfachem Mehrheitsbeschluss, da der Rat die höchste Instanz des faschistischen Staates war. Mussolini wurde inhaftiert. König Viktor Emanuel III. übernahm den Oberbefehl über die Streitkräfte und beauftragte Marschall Badoglio, eine Militärregierung zu bilden. Dieser erklärte die faschistische Partei und ihre Gliederungen per Gesetz für aufgelöst.

Monte Cassino im Mai 1944

Das Deutsche Reich versuchte darauf, die Schwarzhemden in Italien wieder an die Macht zu bringen: Am 12. September 1943 befreiten deutsche Fallschirmjäger in der Kommandooperation Eiche mit Lastenseglern den auf dem Gran Sasso von königstreuen italienischen Truppen gefangengehaltenen Duce Mussolini. Norditalien wurde bis nach Rom durch deutsche Truppen besetzt und in diesem Gebiet eine Marionettenregierung unter Mussolini installiert, die "Italienische Sozialrepublik". Diese Parallel-Regierung blieb mit Deutschland verbündet, erklärte seinerseits dem von den Alliierten besetzten Teil Italiens den Krieg und bekämpfte in Norditalien echte oder vermeintliche Partisanen.

In den folgenden knapp zwei Jahren wurde vor allem Mittelitalien von den schweren Kämpfen entlang der nur langsam vorrückenden Front - Befreiung Roms am 4. Juni 1944 - teilweise völlig verwüstet. Kommunistische, sozialistische, katholische und liberale Partisanen der Resistenza kämpften dort gegen die deutschen Truppen. Später wurde dieser Kampf vom Gros der Italiener als „nationaler Befreiungskrieg“ empfunden. Daneben hat sich auch der aus der ursprünglich neofaschistischen Geschichtsschreibung stammende Begriff des „Bürgerkriegs“ etabliert, der in Italien kontrovers diskutiert wird.

Anfang April 1945 wurde Mussolini von kommunistischen Partisanen gefangengenommen und standrechtlich erschossen.

Am 29. April 1945 kapitulierten die deutschen Streitkräfte bedingungslos.

Gesellschaftliche Verarbeitung

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Nach Kriegsende wurde in Italien die Zeit des Faschismus - die Beseitigung demokratischer Strukturen, die Zusammenarbeit mit den deutschen Nationalsozialisten und die aktive Beteiligung an der Vertreibung und Ermordung von einem Viertel der italienischen Juden - vollkommen anders rezipiert und verarbeitet als in Deutschland. Ursachen dafür waren nicht nur der im Vergleich zum Nationalsozialismus geringere Wirkungsradius der faschistischen Innen-, Außen- und Militärpolitik, sondern auch das Ausbleiben eines internationalen Kriegsverbrecherprozesses, wie der Nürnberger Prozesse. Diese Entwicklung war wiederum bedingt durch den intern herbeigeführten Sturz des Regimes, während dieser in Deutschland erst mit der Niederlage und Kapitulation erfolgte.

Heute wird die Person Benito Mussolinis an seinen Wirkungsstätten, dem Amtssitz der von ihm geführten Sozialrepublik in Salò am Gardasee, der Familiengruft in Predappio oder in einem Mussolini-Museum in der Nähe von Forlì, teils von neofaschistischen Gruppierungen mystifiziert und ein Personenkult gepflegt. Die Verherrlichung des Faschismus ist nach geltender italienischer Rechtslage zwar strafbar, zu einer konsequenten Anwendung kommen diese Gesetze jedoch nicht.

Als bekennende neofaschistische Politikerin gilt Alessandra Mussolini, die Enkelin des ehemaligen italienischen Diktators, die Mitglied des Europäischen Parlaments ist und dort der Fraktion Identität, Tradition, Souveränität bis zu ihrer Auflösung vorstand.

Einzelnachweise

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  1. Clemens Zimmermann: Das Bild Mussolinis. Dokumentarische Formungen und die Brechungen medialer Wirksamkeit. In: Gerhard Paul: Visual History. Ein Studienbuch. S. 225f. („Mussolinis Selbstdarstellung und die mit ihr verbunden Ästhetisierung, Spektualisierung und Personalisierung von Politik (in einer spezifischen Form von Versammlungsöffentlichkeit) stellten wesentliche Kennzeichen politischer Kultur des Faschismus dar. […] Der ‚Mussoliniismus‘ wurde schrittweise zum Charakteristikum der Selbstdarstellung des Systems, zur Hauptbedingung seines Zusammenhalts.“)
  2. Manfred Hinz: Die Zukunft der Katastrophe. Mythische und rationalistische Geschichtstheorie im italienischen Futurismus. S. 1–18 und 89–111.
  3. Benito Mussolini: La Dottrina del Fascismso. 1933. („Lo Stato fascista è una volontà di potenza e d'imperio. La tradizione romana è qui un'idea di forza. Nella dottrina del fascismo l'impero non è soltanto un'espressione territoriale o militare o mercantile, ma spirituale o morale. […] Per il fascismo la tendenza all'impero, cioè all'espansione delle nazioni, è una manifestazione di vitalità; il suo contrario, o il piede di casa, è un segno di decadenza:“)
  4. Jens Petersen: Kriminalität und politische Gewalt im faschistischen Italien. Ein deutscher Blick auf ein italienisches Problem. In: Sigrid Schmitt und Michael Matheus (Hrsg.): Kriminalität und Gesellschaft in Spätmittelalter und Neuzeit. S. 119. („In der historischen besteht weitgehend Übereinstimmung darüber, die Gewalt als einen ‚fundamentalen Bestandteil‘, ja als die ‚eigentliche Substanz des Faschismus‘ zu betrachten.“)
  5. Klaus von Beyme: Politische Theorien im Zeitalter der Ideologien. S. 685.