Benutzer:HhnCh/Betty Schwabe

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Betty Schwabe verh. Francken (* 27. Februar 1875 in Aachen, † 16. Juli 1943 in Sobibór) war eine jüdisch-deutsche Violinistin und Violinpädagogin. Von den Nazionalsozialisten verfolgt, floh sie in die Niederlande, wo sie 1943 verhaftet wurde. Nur wenige Tage nach ihrer Verhaftung starb sie im Vernichtungslager Sobibor.[1]

Betty Schwabe wurde am 27. Februar 1875 als Tochter von Fanny Schwabe geb. Prenslau (1853–1915) und dem Kaufmann Heino Schwabe (?–1915) in Aachen geboren. Sie war die älteste von drei Geschwistern – die neun Jahre jüngere Schwester Alice (1876–?) wurde Pianistin und Klavierlehrerin, ein Bruder starb bereits wenige Monate nach der Geburt. Um 1885 verließ die Familie Aachen und zog nach Berlin.

Im September 1989 heiratete Betty Schwabe Alfred Francken (1866–1928), mit dem sie bis zu dessen Tod in Aachen lebte. Dort brachte sie ihre Tochter Ellen Francken (1899–?), die spätere Pianistin und Klavierpädagogin Margot Francken Verh. Wilson (1901–?) und ihren Sohn Joachim Phillip Francken (1906–1995) zur Welt.

Nachdem ihr 1936 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft von der Reichsmusikkammer die Arbeitserlaubnis als Musikerin und Pädagogin entzogen wurde, floh sie, mittlerweile verwitwet, um 1937 in die Niederlande. Hier wurde sie am 20. Juni 1943 verhaftet und im Durchgangslager Westerbork inhaftiert. Die Cellistin Hedda von Kaulbach, Tochter der Violinistin Frida Scotta, schreibt in einem Brief vom 20. Juli 1943 (Transkription Sebastian Elverfeldt).:

„Zu unserem Schrecken ist die liebe Betty bei einem Transport aus Westerbork nach Polen am 13. Juli mitgenommen worden. Ganz unbegreiflicherweise ist ihr Gesuch für Theresienstadt abgewiesen worden.[2]

Von Westerbork aus wurde Betty Schwabe am 13. Juli 1943 ins Vernichtungslager Sobibor deportiert, wo sie am 16. Juli 1943, dem Tag ihrer Ankunft im Vernichtungslager, umkam.[2]

Musikalischer Werdegang

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Erste Klavierstunden erhielt Betty Schwabe im Alter von drei Jahren. Ihre Ausbildung an der Violine begann vermutlich 1883 beim Konzertmeister Max Winkelhaus , dem städtischen Kapellmeister Aachens. Anschließend setzte sie ihre Ausbildung bei Gustav Hollaender fort, zunächst privat und später im Rahmen ihres Studiums am Kölner Konservatorium. Der australische Violinist Johann Secundus (John) Kruse bereitete sie auf das Studium an der Königlichen Hochschule für Musik in Berlin vor, wo sie von Oktober 1888 bis Frühjahr 1893 bei John Kruse und Joseph Joachim, der als einer der bedeutendsten Violinisten seiner Zeit galt , studierte. 1891 erhielt sie das Felix Mendelssohn Bartholdy-Staatsstipendium für ausübende Tonkünstler. Das Studium in Berlin schloss sie nach Aktenlage nicht ab.[2]

Ihr solistisches Debüt gab sie am 18. Februar 1892 mit dem Berliner Philharmonischen Orchester in der Berliner Singakademie mit Joseph Joachims Violinkonzert G-Dur, Ballade und Polonaise op. 38 von Henri Vieuxtemps und Felix Mendelssohns Violinkonzert e-Moll op. 64. Weitere Konzerte mit dem Berliner Philharmonischen Orchester folgten innerhalb der nächsten Jahre. In der Zeitschrift Signale für die musikalische Welt (Signale 1897, S. 790) heißt es nach einem Konzert im Oktober 1897:

„Der Schule Joachim’s macht sie mit ihrer gründlich durchgearbeiteten, hervorragend entwickelten Technik, ihrem saftigen, edlen Ton, ihrer stilvollen Auffassung und künstlerisch besonnenen Vortragsweise alle Ehre. Wie tapfer und in jeder Hinsicht glücklich sie sich heute ihres anspruchsvollen Pensums […] entledigte, das war für Jedermann ein Vergnügen zu hören. Aus vollster Ueberzeugung können wir uns somit auch diesmal dem Urtheil des Publicums anschließen, welches der jungen Dame Beifall in Hülle und Fülle nach jedem Vortrag spendete.“[2]

Wenige Monate später kritisiert ein Rezensent der Neuen Zeitschrift für Musik (NZfM 1897, S. 565) nach der Aufführung von Ludwig van Beethovens Violinkonzert D-Dur op. 61:

„Es war ja eine größere Vertiefung in den musikalischen Gehalt zu bemerken und auch technisch war ihre Leistung eine vollendetere, abgerundetere. Trotzdem muß ich hinzufügen, daß der echt weibliche, sentimentale Zug, der ihr eigen ist, den ich sonst einer Künstlerin als einen Vorzug anrechnen würde, mich gerade beim Beethoven’schen Concerte störte, denn dieses Werk erfordert eine männliche Auffassung, eine männliche Hand.“[2]

Mehrmals konzertierte Betty Schwabe in Berlin, Hamburg, Frankfurt a.M. und Aachen, weiterhin sind Auftritte in Straßburg, Neubrandenburg, Köthen, Zerbst, Bremen, Leipzig, München, Hannover, Reichenberg, Breslau, Annaberg, Chemnitz, Petersburg und Pforzheim bekannt. Ihre Konzertreisen führten sie zudem nach Russland, Italien, Frankreich, Belgien, in die Niederlande und in die Schweiz.

Kammermusikalische Auftritte von Betty Schwabe sind kaum begannt. 1898 interpretierte sie jedoch im Bechsteinsaal in Berlin mit der Pianistin Clotilde Kleeberg die Kreuzersonate und die Frühlingssonate von Ludwig van Beethoven.

Von Herbst 1892 bis mindestens 1893 wurde Betty Schwabe von der Künstleragentur Konzertdirektion Hermann Wolff und um 1896 von der Konzertdirektion Cavour als Violinistin vertreten.

Mit ihrer Heirat 1898 stelle Betty Schwabe ihre Konzerttätigkeit weitgehend ein. Zwischen 1923 und 1930 sind einzelne solistische und kammermusikalische Auftritte in Aachen bekannt. Nachdem sie 1933 aufgrund ihrer jüdischen Herkunft ihre Anstellung am Konservatorium verlor, beantragte sie am 19. Oktober 1934 eine Mitgliedschaft bei der Reichsmusikkammer, um weiterhin als Solistin auftreten zu dürfen. Am 12. März 1936 wurde ihr jedoch endgültig die Arbeitserlaubnis entzogen. Nachdem sie um 1937 in die Niederlande flüchtete, trat sie dort mehrmals solistisch sowie zusammen mit der Pianistin Betsy von Prag auf. Mindestens zweimal leistete sie musikalische Beiträge bei Konzerten zugunsten jüdischer Geflüchteter. [2]

Nachdem sie zunächst die Kinder ihrer Schwester Alice im Klavierspiel unterrichtete, erteilte Betty Schwabe ab etwa 1930 am privaten Konservatorium Direktor Schnitzler Aachen Unterricht an der Violine. Um 1933 verlor sie mit der Regierungsübernahme der Nationalsozialisten aufgrund ihrer jüdischen Herkunft die dortige Anstellung.

Betty Schwabe spielte die Violine 'Cadiz, Willmotte', gebaut 1722 oder 1697 in Cremona vom italienischen Geigenbaumeister Antonio Stradivari[3], die sie um 1892 erwarb. Den Wert des Instruments gaben die "Strassburger neuesten Nachrichten" vom 9. November 1893 mit 28.000 Mark an. Zuletzt spielte sie eine Violine des italienischen Geigenbauers Guarneri del Gesù, von der sie im Durchgangslager Westerbork getrennt wurde.[2]

  1. Silke Wenzel: Betty Schwabe. In: MUGI Musik und Gender im Internet. Hochschule für Musik und Theater Hamburg und Hochschule für Musik FRANZ LISZT Weimar, 2007, abgerufen am 5. Juni 2024.
  2. a b c d e f g Jannis Wichmann: Schwabe, Betty, verh. Francken, Schwabe-Francken, Francken-Schwabe. In: Sophie Drinker Institut für musikwissenschaftliche Frauen- und Geschlechterforschung. Sophie Drinker Institut gGmbH, 2012, abgerufen am 5. Juni 2024.
  3. Antonio Stradivari, Cremona, 1722, the 'Cadiz, Willmotte'. In: Tarisio Fine Instruments & Bows. Abgerufen am 5. Juni 2024 (englisch).