Benutzer:KWa/Felsarchitektur

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Historische buddhistische Klosteranlage Ajanta (Maharashtra) aus der Perspektive des 8 km entfernten Aussichtspunkts

Felsarchitektur bezeichnet vom Menschen architektonisch genutzte frei stehende Felsen oder natürliche Felshöhlen, -wände oder -kuppen, in die Höhlen künstlich eingeschlagen oder aus der architektonische Elemente herausgeschlagen sind. Da die Nutzung von Festgesteinen und natürlichen Felshöhlen den aufwändigen Transport von Baumaterialien zum Bauplatz überflüssig machte, wurde die Felsarchitektur schon früh zur Realisierung monumentaler Repräsentations- oder Sakralbauten genutzt.

Unterschiedliche Erscheinungsformen von Felsarchitektur treten seit der Zeit der frühen Hochkulturen in Nordafrika, Mittel- und Südamerika, Süd- und Osteuropa und in weiten Teilen Asiens hervor. Felsbauten dienten zunächst vorrangig wohl als Wohn-, Schutz- und Depotstätte (zum Beispiel Kappadokien in der heutigen Türkei) oder als Wohnhöhlen. Zu den kleineren baulichen Formen der Felsarchitektur, die vor allem in den an das östliche Mittelmeer grenzenden Ländern auftraten, zählten zudem Felsengrab-Anlagen (zum Beispiel Petra in Jordanien).

Als umfangreichere sakrale Ausprägungen der Felsarchitektur entwickeln sich in verschiedenen Kulturkreisen und zu unterschiedlichen Epochen Höhlenkloster (zum Beispiel das Kiewer Höhlenkloster), Felsenkirche (zum Beispiel Matera in Süditalien), monolithische Felsentempel sowie Höhlentempel (zum Beispiel Ajanta in Indien). Die bedeutendste Ausprägung des Profanbaus im Fels ist die europäische Höhlen- oder Grottenburg, die im Hochmittelalter als Flucht- oder Wohnburg überwiegend in Regionen mit weichem Felsmaterial auftrat. Sie zeichnete sich durch den erheblichen strategischen Vorteil aus, militärischen Angriffen nur von der Eingangsseite her ausgesetzt zu sein (zum Beispiel die Höhlenburg Lueg in Slowenien).

Prähistorische Felsarchitektur und frühe Hochkulturen

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Großer Tempel des Ramses II. (Ausschnitt), Abu Simbel, Ägypten
Das sogenannte „Schatzhaus des Pharao“ in Petra, Jordanien
Lykische Gräber, die in die Kliffs am Fluss Dalyan geschlagen wurden

Bereits in prähistorischer Zeit dienten Höhlen Menschen als Zufluchts-, Begräbnis- oder Kultstätten. Die Markierung der Höhle wandelte diese vom faszinierenden Ort zur heiligen Stätte. Zur kultischen Nutzung zählten während des jüngeren Abschnitts der Altsteinzeit und der Mittelsteinzeit die rituelle Einweihung, eine dauerhafte Kennzeichnung (zum Beispiel in Form von Höhlenmalerei) und regelmäßig wiederholte Riten.[1] Die prähistorische Felskunst findet ihre Fortsetzung in den neolithischen Felsengräbern der Megalithkulturen, wie sie vor allem im atlantischen und mediterranen Raum vorkommen.

Zu den markantesten Komplexen der Felsarchitektur weltweit zählen die monumentalen Felsentempel des ägyptischen Pharaonenreichs in Abu Simbel (hier auch unter der Bezeichnung Speos). Der Große Tempel von Ramses II. in Abu Simbel am westlichen Nilufer entstand bereits um 1280 v. Chr. Die Tempelanlage, die ein Sanktuarium und diverse Kammern umfasst, wurde komplett in das Felsmassiv eingeschnitten.[2]

Weitere frühe Felsbauten sind vor allem in Vorderasien erhalten. Hethitische Schreine wurden im 15. bis 13. Jahrhundert v. Chr. in Yazılıkaya in der heutigen türkischen Provinz Çorum aus dem Fels geschlagen. Im 5. Jahrhundert v. Chr. bauten die Lykier im südlichen Anatolien (zum Beispiel bei Dalyan, Provinz Muğla, Türkei) hunderte von Felsengräbern. Auch die Nabatäer schlugen in Petra (Jordanien) zwischen 100 v. Chr. und 150 n. Chr. Tempel und Gräber mit Monumentalfassaden aus dem anstehenden Fels, die zum Teil griechisch-hellenistischen und römischen Einfluss aufweisen. Zur christlichen Felsarchitektur zählen neben den bereits genannten Höhlenklostern verschiedene christliche Höhlensiedlungen mit weitläufigen Wohnanlagen und Felsenkirchen in Göreme im türkischen Kappadokien (seit dem 4. Jahrhundert n. Chr.).

Mittelalterliche Felsarchitektur

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Felsarchitektur in Asien

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Die Longmen-Höhlen nahe des Yi-Flusses bei Luoyang, China

In Asien treten vor allem die umfangreichen künstlich geschaffenen Höhlentempel-Komplexe (subterranea) hervor, die sich auf Indien, wo etwa 1.200 Anlagen belegt sind, und die angrenzenden Regionen Asiens konzentrieren. Die Grundform der Höhlentempel wurde seit dem zweiten Jahrhundert v. Chr. im westlichen Indien aus der Vorform der Bergklause, einer freistehenden Hütte oder einer Höhle als Behausung von Asketen, entwickelt. Entlang der Fernhandelsrouten verbreiteten sich Höhlentempel von Südasien bis nach Zentral- und Ostasien. In Südostasien wurden anstelle künstlicher Höhlen überwiegend natürliche Höhlen als unterirdische Heiligtümer genutzt. Siehe auch Höhlentempel in Asien.

Zur überwiegend im Mittelalter entstandenen Höhlenarchitektur in der Zentraltürkei siehe Höhlenarchitektur in Kappadokien.

Felsarchitektur in Europa, Afrika und Amerika

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Beispiele christlicher Felsarchitektur des Mittelalters existieren in Matera in Süditalien (frühmittelalterlich) sowie ein weiterer Komplex, der im 12.-13. Jahrhundert in Lalibela im Norden Äthiopiens entstand.

In den präkolumbischen Hochkulturen Amerikas sind vorwiegend sakrale Felsbauten belegt und Felsen zu Kultstätten mit Treppen, Plattformen, Sitzen und Becken gestaltet worden. Diese konnten wie in Macchu Picchu mit Grabanlagen, einer Siedlung oder Tempelanlage verbunden sein. Belegt sind Beispiele unterirdischer Anlagen für kultische Zwecke (Xochicalco, Mexiko; Los Amates, Guatemala) und frei stehende Felsentempel (zum Beispiel Kenko mit einem Pumaaltar bei Cusco oder der Templo Principal bei Malinalco in Mexiko-Staat, 16. Jahrhundert n. Chr.).

Felsarchitektur der Neuzeit

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In Anlehnung an die christliche Vorgängerbauten des Mittelalters sind im 20. Jahrhundert auch moderne Felsen- und Höhlenkirchen entstanden, unter anderem die in Granitfels geschlagene Temppeliaukio-Kirche in Helsinki (Finnland, 1969) oder eine Salzkathedrale in Zipaquirá (Kolumbien, 1954/1999).

Zu Aushöhlungen in der Neuzeit, die zu reinen Wohnzwecken genutzt werden, siehe Wohnhöhle.

  • Erich Brandenburg: Die Denkmäler der Felsarchitektur und ihre Bedeutung für die vorderasiatische Kulturgeschichte. Leipzig: Hinrichs 1930.
  • Kurt Heinrichs: Diagnose der Verwitterungsschäden an den Felsmonumenten der antiken Stadt Petra, Jordanien. Aachen: Mainz 2005.
  • Herbert Plaeschke, Ingeborg Plaeschke: Indische Felsentempel und Höhlenklöster: Ajaṇṭā und Elūrā. Leipzig: Koehler & Amerlang 1982.
  • Marcell Restle: Höhlenkirchen, -klöster, -malerei. In: Lexikon des Mittelalters 5. München 1980ff. Sp. 85-86.
  • Andreas Schmidt-Colinet: Nabatäische Felsarchitektur. Bemerkungen zum gegenwärtigen Forschungsstand. Köln: Rheinland 1980.
  • Andrea-Christina Thiem: Speos von Gebel es-Silsileh: Analyse der architektonischen und ikonographischen Konzeption im Rahmen des politischen und legitimatorischen Programmes der Nachamarnazeit. Wiesbaden: Harrassowitz 2000.
  • Jörg Wagner: Göreme. Felsentürme und Höhlenkirchen im türkischen Hochland. Stuttgart: Kohlhammer 1979.
  • Gerold Walser: Persepolis: die Königspfalz des Darius. Tübingen: Wasmuth 1980.

Einzelnachweise

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  1. Dorothea Baudy: Art. „Heilige Stätten. I. Religionswissenschaftlich“. In: Religion in Geschichte und Gegenwart (RGG4). Bd. 3, F-H. Hrsg. von H.D. Betz, Don S. Browning, B. Janowski, E. Jüngel. Tübingen: Mohr Siebeck 2003. Sp. 1551f.
  2. Weitere Felsentempel in Ägypten sind in der Regel als Mischformen gestaltet, bei denen ein Teil des Tempels in den Fels gehauen ist und die Vorhallen, Fassade und Skulpturen vor dem Tempel aus dem gewachsenen Gestein herausgeschält sind oder als gebaute Architektur ergänzt wurden, darunter Beit el-Wali bei Kalabscha, Beni Hasan und Deir el-Bahari.

en:Rock cut architecture