Benutzer:Kompetenzkern/Staatsbürgergeld

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Das Staatsbürgergeld ist ein bedingtes Grundeinkommen, das vom Bundestagsabgeordneten René Springer entwickelt wurde. Es handelt sich in Abgrenzung zum bedingungsloses Grundeinkommen um ein Grundeinkommens-Modell, das im Wesentlichen an die Bedingungen der Staatsbürgerschaft sowie der Rechtstreue geknüpft ist. Das Staatsbürgergeld ist ein Modell für einen Ersatz aller wesentlichen Sozial- und Transferleistungen durch eine einzige monatliche Zahlung, die von der Geburt bis zum Tod geleistet wird. Fiskalisch handelt es sich beim Staatsbürgergeld um eine negative Einkommenssteuer.

Ökonomische und soziale Rahmenlage

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Folgen der Digitalisierung

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Durch Digitalisierung und Automatisierung tragen Menschen zukünftig immer weniger zur Wertschöpfung bei, während immer mehr Arbeit von Maschinen und Software verrichtet wird.[1] Damit setzt sich ein Trend fort, der bereits Jahrzehnte andauert. So ist in Deutschland die Zahl der pro Kopf und Jahr geleisteten Arbeitsstunden seit 1960 um 38 Prozent gesunken. [2] Für menschliche Arbeit müssen Arbeitslohn und Sozialversicherungsbeiträge entrichtet werden. Für Software, Roboter und Maschinen, die menschliche Tätigkeiten ersetzen, gilt das hingegen nicht. Schon heute arbeitet in Deutschland ein Viertel aller sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten (7,9 Millionen) in Berufen, in denen mindestens 70 Prozent der anfallenden Tätigkeiten von Computern oder computergesteuerten Maschinen erledigt werden könnten.[3] In den nächsten 20 Jahren könnten 18,3 Millionen Arbeitsplätze durch neue Technologien wegfallen. Im Gegensatz zu früheren Entwicklungen trifft es zukünftig vor allem die Dienstleistungsberufe.

Steigende Armut bei Familien, Alleinerziehenden und Rentnern

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Studien zur Einkommenssituation von Familien zeigen, dass die Armutsrisikoquote von Familien nach neuesten Berechnungen knapp drei Prozentpunkte über den bisher ermittelten Werten liegt: Danach sind 13 Prozent der Paare mit einem Kind armutsgefährdet. Bei zwei Kindern sind es bereits 16 Prozent, bei drei Kindern sogar 18 Prozent. Dies legt nahe, dass mit jedem zusätzlichen Kind die finanzielle Lage von Familien schwieriger wird. Besonders drastisch ist die Situation von Alleinerziehenden. Deren Armutsrisikoquote liegt bei 68 Prozent. [4] Auch die Altersarmut steigt. Rund 50 Prozent der Altersrentner erhalten 2020 eine monatliche Rente von unter 800 €. [5] Im Dezember 2017 bezogen rund 1,06 Millionen Menschen Grundsicherungsleistungen im Alter und bei Erwerbsminderung. Seit 2004 hat sich diese Zahl verdoppelt.[6] Aufgrund der Zunahme atypischer Beschäftigungen, des weiter wachsenden Niedriglohnsektors sowie eines sinkenden Rentenniveaus wird die Zahl der Menschen in Altersarmut sehr wahrscheinlich deutlich ansteigen.[7] Nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) leben in Deutschland schätzungsweise 3 bis 5 Millionen Menschen in verdeckter Armut. Diese Menschen beantragen kein Hartz IV, obwohl sie aufgrund eines geringen Einkommens oder Vermögens Anspruch darauf hätten. Somit verzichten ungefähr 34 bis 44 Prozent der Anspruchsberechtigten auf staatliche Unterstützung. Wesentliche Gründe für die Nicht-Inanspruchnahme staatlicher Unterstützungsleistungen sind gemäß der IAB-Studie u.a. eine geringe Anspruchshöhe oder -dauer, die Kosten der Antragsstellung, eventuelle administrative Auflagen, Wertvorstellungen, Scham oder schlicht Unkenntnis über die Regularien.[8]

Veränderungen am Arbeitsmarkt

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Ein in der Bundesrepublik Deutschland seit langem zu beobachtender Trend ist die Erosion der Normalarbeitsverhältnisse], das über Jahrzehnte das arbeitsmarktpolitische Leitbild der Sozialen Marktwirtschaft war. Gemeint ist der Rückgang unbefristeter, sozial abgesicherter und tariflich entlohnter Vollzeitarbeit zu Gunsten einer ständig steigenden Zahl atypischer, prekärer, befristeter Arbeitsverhältnisse in Leiharbeit und Teilzeit.[9] Die Arbeitsmarktreformen der Agenda 2010 haben zu einem großen Niedriglohnsektor geführt, der mit Einkommensunsicherheit, einem Mangel an arbeits- und sozialrechtlichem Schutz, geringer Vorsorgemöglichkeiten sowie Unzufriedenheit wegen fehlender Perspektiven einhergeht. Prekäre Beschäftigung führt schließlich zu geringen Renten.[10] Abzüge von gegenwärtig bis zu 90 Prozent entwerten Hinzuverdienste im Grundsicherungsbezug (Hartz IV), wodurch die Arbeitsaufnahme für Leistungsbezieher oft unattraktiv wird. So bleiben einem Hartz IV-Empfänger beispielsweise von monatlich 900 € Hinzuverdienst nach allen Abzügen etwa 260 €.[11] Auch das Lohnabstandsgebot wird verletzt. Löhne und Sozialleistungen liegen oftmals nicht weit genug auseinander, sodass sich Arbeit für Geringverdiener kaum lohnt.

Steuern und Sozialabgaben

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Die Belastung durchschnittlicher Bruttoarbeitseinkommen mit Steuern und Abgaben lag in Deutschland 2017 mit 39,9 Prozent deutlich über dem Durchschnitt der OECD-Länder von 25,5 Prozent. Gemäß der OECD-Studie Taxing Wages 2018 lag bei der Abgabenquote nur noch Belgien mit 40,5 Prozent vor Deutschland. Für alleinstehende Durchschnittsverdiener ohne Kinder lag sie 2017 im OECD-Schnitt bei 35,9 Prozent, in Deutschland allerdings bei ganzen 49,7 Prozent.[12]

Landflucht durch Rückgang der Wirtschaft

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2019 lebten 16,4 Prozent der deutschen Bevölkerung in einer Großstadt. Prognosen zufolge wird dieser Anteil bis 2030 auf 19 Prozent ansteigen.[13] Die zunehmende Urbanisierung führt zu Bevölkerungsrückgang und einem Investitionsdefizit im ländlichen Raum, was mit dem Verlust von Arbeitsplätzen, dem Verfall dörflicher Infrastrukturen und wiederum neuerlicher Abwanderung einhergeht.

Mangelnde Wertschätzung von Arbeit jenseits der klassischen Lohnarbeit

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Der gegenwärtig vorherrschende und selten hinterfragte Arbeitsbegriff versteht Arbeit wesentlich als Erwerbs- bzw. Lohnarbeit. Andere, für den Erhalt der Gesellschaft unverzichtbare Arbeitsformen, die allerdings nicht am Markt stattfinden und die nicht bezahlt werden, erfahren oftmals weder eine ideelle noch eine finanzielle Anerkennung – mit Risiken insbesondere für Frauen.[14] Denn überwiegend Frauen schultern unbezahlte, aber wertvolle Fürsorge- und Familienarbeit, Kultur- und Bürgerarbeit sowie das Ehrenamt. 2013 wurden in Deutschland rund 35 Prozent mehr Arbeitsstunden in unbezahlter Arbeit geleistet als in bezahlter Arbeit.[15]

Unübersichtliches und ineffektives Steuer- und Transfersystem

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Der deutsche Sozialstaat ist in den letzten Jahrzehnten stetig gewachsen, seine Ausgaben beliefen sich 2019 auf knapp 30 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).[16] 2021 werden die sozialstaatlichen Ausgaben bereits rund 1,1 Billionen € betragen, was monatlich mehr als 1.000 € pro Bürger entspricht.[17] Aufgrund der Komplexität des deutschen Sozialstaats und bürokratischer Hürden erhalten nicht alle Anspruchsberechtigten Leistungen, wodurch Gerechtigkeitslücken entstehen können und Vertrauen in den Sozialstaat verloren gehen kann. 46 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass es in Deutschland alles in allem eher ungerecht zugeht.[18]

Stigmatisierender Sozialstaat

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Wer heute Leistungen der Grundsicherung beantragt, muss sich einer umfassenden Bedürftigkeitsprüfung unterziehen und Auskunft über seine finanziellen und familiären Verhältnisse geben. Dies wird von den Betroffenen oft als erniedrigend empfunden. Insbesondere ältere Leistungsempfänger empfinden den regelmäßigen Gang zum Amt oft als Abwertung ihrer Person und Lebenssituation. Zudem wirkt das Hartz IV-Stigma häufig sozial ausgrenzend. Nicht selten führt das Schamgefühl schließlich in die Passivität, sodass jegliche Zusammenarbeit mit dem Jobcenter verweigert wird, was wiederum Sanktionen, also eine Kürzung der Regelleistung nach sich zieht. Die Angst vor Überwachung und Repressalien gefährden häufig auf Dauer Gesundheit und Mitwirkung der Hilfebedürftigen, was dem Schutz vor Armut und gesellschaftlicher Teilhabe entgegenwirken kann.

Kompliziertes und intransparentes Steuersystem

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Das Steuersystem in Deutschland ist komplex und begünstigt nicht selten diejenigen, die Kenntnis von der Vielzahl der Umgehungs- und Absetzungsmöglichkeiten im Steuerrecht haben. Viele Bürger verstehen ihre eigene Steuererklärung nicht mehr und Unternehmen leiden zunehmend unter dem hohen zeitlichen Aufwand, der anfällt, um sämtlichen Anforderungen des Fiskus zu genügen.[19] Als problematisch gilt zudem, dass mit der wachsenden Vielschichtigkeit der Lebens- und Arbeitsverhältnisse auch das Steuerrecht immer komplexer geworden ist und dem Prinzip der leistungsbezogenen Besteuerung nicht mehr in jedem Fall gerecht werden kann. Die Forderung nach Vereinfachung, mehr Transparenz und Steuergerechtigkeit wird immer wieder in die Debatte getragen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass dem deutschen Staats durch Steuervermeidung und Steuerhinterziehung jährlich ein Steuerschaden von bis zu 160 Milliarden € entsteht.[20] Durch ein vereinfachtes Steuersystem könnte dieser Ausfall an Steuerzahlungen vermieden werden.

Das Staatsbürgergeld-Modell

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Theoretische Grundlagen

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Das Staatsbürgergeld ist ein Modell eines bedingten Grundeinkommens, das finanztechnisch als negative Einkommensteuer ausgestaltet ist. Es ist dahingehend an Bedingungen geknüpft, als dass grundsätzlich nur deutsche Staatsbürger einen Anspruch darauf haben, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben und nicht wegen steuer-, arbeits-, sozialversicherungsrechtlicher Delikte oder anderer Straftaten verurteilt worden sind. Beim Staatsbürgergeld handelt es sich um eine modifizierte Form des Solidarisches Bürgergelds, das vom früheren thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus 2006 erstmals öffentlich vorgestellt und seitdem weiterentwickelt wurde.[21]

Das Staatsbürgergeldmodell umfasst zwei Komponenten: Eine Steuerreform mit einer zweistufigen Steuer auf alle Einkünfte sowie die Einführung des Staatsbürgergeldes in Höhe von 500,- € im Monat für jeden deutschen Staatsbürger von der Geburt bis zum Tod. Das Staatsbürgergeld deckt das soziokulturelle Existenzminimum ab. Dieses soll jedem Menschen diejenigen materiellen Voraussetzungen garantieren, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben unerlässlich sind. Das Staatsbürgergeld wird aufgrund seiner rein existenzsichernden Ausgestaltung als partielles Grundeinkommen bezeichnet. Zugrunde gelegt werden ein einheitlicher Steuersatz in Höhe von 25% auf alle Einkünfte bis 250.000 € pro Jahr (entspricht 20.833 € pro Monat) und von 50% bei Einkünften über diesem Betrag. Würde an jeden deutschen Staatsbürger von der Geburt bis zum Tod ein Staatsbürgergeld in Höhe von 500 € pro Monat ausgezahlt, entspräche das bei einem Steuersatz von 25% einem Grundfreibetrag von 2.000 € im Monat bzw. 24.000 € pro Jahr. Einkommensteuer und Staatsbürgergeld wirken also komplementär. Die Verpflichtungen aus der Einkommensteuer werden mit dem Staatsbürgergeld verrechnet. Wer mit seiner Einkommensteuer über einer bestimmten Grenze liegt, bekommt kein Staatsbürgergeld ausgezahlt. Wer unterhalb dieser Grenze liegt bzw. kein zu versteuerndes Einkommen hat, erhält einen staatlichen Transfer in Form einer negativen Einkommensteuer als Steuergutschrift.

Alleinstellungsmerkmal

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Der zentrale Unterschied zum konzeptionell verwandten Solidarischen Bürgergeld besteht darin, dass das Staatsbürgergeld grundsätzlich nur deutschen Staatsbürgern gewährt wird. Ausländer (auch EU-Bürger) mit Daueraufenthaltsrecht in Deutschland haben dem Konzept zufolge keinen Anspruch auf das Staatsbürgergeld. Andernfalls wäre möglicherweise mit einer massiven Einwanderung in unser Sozialsystem zu rechnen. Sozialleistungen an diese Personengruppe würden – wie bisher auch – nach behördlicher Bedürftigkeitsprüfung erfolgen. Denkbar sei auch, dass integrierte Ausländer mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht einen Staatsbürgergeldanspruch erwerben können, wenn sie im Inland zehn Jahre lang steuerpflichtige Einkünfte erzielt haben und damit ihren Lebensunterhalt ohne staatliche Hilfe oder Hilfe Dritter bestreiten konnten. Befürworter des Staatsbürgergeldes sehen darin einen starken Anreiz für ausländische Staatsbürger, sich in die bundesdeutsche Gesellschaft zu integrieren.

Staatsbürgergeld als neues Sozialstaatsmodell

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Unabhängig von der Höhe des Einkommens läge die individuelle steuerliche Entlastungswirkung beim Staatsbürgergeld-Modell immer bei 500 € pro Monat. Insbesondere bei geringen und mittleren Einkommen käme es den Annahmen zufolge zu einer erheblichen Entlastungswirkung. Das Staatsbürgergeld bündelt viele der heutigen steuerfinanzierten Sozialtransfers und soll so zu einer Entbürokratisierung beitragen. Entfallen würden demnach beispielsweise die Sozialleistungen Hartz IV, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Sozialgeld, Sozialhilfe, Finanzierungshilfen für Studenten (BAföG), Berufsausbildungsbeihilfe, Elterngeld, Wohngeld, Kinderzuschlag etc. Hieraus resultierten den Berechnungen zufolge Einsparungen in mehrstelliger Milliardenhöhe durch Bürokratieabbau. Mehrbedarfe für Behinderungen, Pflegebedürftigkeit, Kosten der Unterkunft etc. können dem Modell zufolge auch weiterhin nach behördlicher Bedürftigkeitsprüfung beantragt werden. Das Staatsbürgergeld soll außerdem mit den bekannten Sozialversicherungen kombinierbar sein.

Finanzierbarkeit

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Zieht man die Volkswirtschaftliche Gesamtrechnung heran, deren Daten als Grundlage für Gutachten, Wachstumsprognosen, Steuerschätzungen und Rentenanpassungen dienen, würde die Einführung des Staatsbürgergeldes jährlich zu einem Überschuss von rund 11,7 Mrd. € führen. Geht man davon aus, dass das Staatsbürgergeld an die gesamte Bevölkerung ausgezahlt wird, sind die Bruttokosten gut darstellbar. Man multipliziert die Brutto-Staatsbürgergeld-Ausgaben pro Einwohner und Jahr (500,00 € x 12) mit der Einwohnerzahl. Ebenso verhält es sich mit der Einnahmenseite: Das Volkseinkommen in der Bundesrepublik Deutschland betrug im Jahr 2016 insgesamt 2,34 Billionen €. Der größte Teil des Volkseinkommens unterliegt beim Staatsbürgergeldmodell einer Flat-Tax in Form der 25-prozentigen einheitlichen Einkommensteuer. Erst bei Jahreseinkünften von über 250.000 € fiele für Einkünfte über 250.000 € eine Einkommensteuer von 50 Prozent an. Diese duale Flat-Tax führt zu Bruttoeinnahmen bei der Einkommensteuer von 730 Mrd. €. Davon sind rund 290 Mrd. € zu subtrahieren, die der Staat im Jahr 2020 durch Lohnsteuer, veranlagte und nicht veranlagte Einkommensteuer, Abgeltungssteuer, Körperschaftssteuer, sowie erhöhte und normale Gewerbesteuerumlage einnimmt. Davon aushehend, dass alle Bürger das Staatsbürgergeld erhalten, sollen Leistungen überflüssig werden, die der Staat zuvor finanziert hat, darunter Arbeitslosengeld II, Sozialgeld, Kindergeld und Kinderfreibetrag, Elterngeld, Grundsicherung im Alter und finanzielle Unterstützung Studierender (BAföG). Dafür werden gegenwärtig über 70 Mrd. € aufgebracht. In der Folge müssten also über 220 Mrd. € Steuereinnahmen, die durch den Wegfall bisheriger Steuern fehlen, ausgeglichen werden. Subtrahiert man die bisherigen Steuereinnahmen, die im Staatsbürgergeld-Konzept wegfallen – wie die alte Lohn- und Einkommensteuer etc. – von den Brutto-Einnahmen der Einkommensteuer in Höhe von 730,7 Mrd. €, verblieben den Berechnungen zufolge über 500 Mrd. €. zur Finanzierung des Staatsbürgergeldes. Subtrahiert man die Brutto-Ausgaben des Staatsbürgergeldes von den Einnahmen, die die neue Einkommensteuer – nach Abzug der wegfallenden Steuern und Gegenrechnung der nicht mehr notwendigen Ausgaben – an Mehreinnahmen einbrächte, ergäbe sich den Angaben zufolge ein Überschuss in Höhe von über 10 Mrd. €. Befürworter halten das Staatsbürgergeld daher für finanzierbar.

Erwartete Wirkungen

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Mehr Sicherheit und Freiheit trotz Automatisierung und Digitalisierung

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Das Staatsbürgergeld soll eine berufliche Neuorientierung infolge veränderter Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt vereinfachen und die Folgen eines Erwerbsausfalls abmildern. Berufliches Scheitern oder ein Arbeitsplatzverlust infolge von Digitalisierung und Automatisierung gefährden demzufolge nicht die Existenz, daher soll das Staatsbürgergeld das Sicherheitsgefühl der Bürger erhöhen.

Bessere Anpassungsfähigkeit in Zeiten des technologischen Wandels

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Das Staatsbürgergeld soll es Arbeitnehmern ermöglichen, jederzeit die Arbeitszeit für eine Fort- und Weiterbildung zu reduzieren oder vorübergehend aus der Erwerbsarbeit auszusteigen. Dadurch soll es vor allem für Geringverdiener einen Anreiz darstellen, sich über Qualifizierungsmaßnahmen an die Veränderungen einer zunehmend digitalen Arbeitswelt anzupassen.

Nachhaltige Finanzierung des Sozialstaats

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Die Digitalisierung führt zu einem Anstieg von Arbeitsproduktivität und Wertschöpfung. Weniger Menschen schaffen mithilfe neuer Technologien mehr Werte. Wenn nur den Eigentümern dieser Technologien der dadurch geschaffene Mehrwert zufließt, führt das zu einer sich weiter öffnenden Schere zwischen Arbeits- und Kapitaleinkommen. Beim Staatsbürgergeldmodell soll das gesamte Einkommen gleichermaßen an der Quelle der Entstehung besteuert werden. Beamte, Selbständige sowie Kapitalerträge, Zinsen, Dividenden, Mieteinkommen etc. werden genauso wie die Löhne der Beschäftigten oder die mit Robotern und der Wertschöpfung im Internet erzielten Unternehmensgewinne in die Solidarpflicht eingebunden.

Existenzsicherheit im Alter

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Das Staatsbürgergeld würde über die gesamte Lebensspanne hinweg an alle deutschen Staatsbürger ausgezahlt. Damit soll ist ein existenzsicherndes Mindesteinkommen auch im Alter garantiert werden. Mehrbedarfe wegen Krankheit und Pflege könnten dem Modell zufolge zusätzlich beantragt werden. Einkommensarmut und der Verzicht auf Sozialleistungen aus Scham, Angst, Unkenntnis oder Überforderung gehörten, nach Ansicht der Befürworter, beim Staatsbürgergeldmodell der Vergangenheit an.

Entlastungswirkung für Gering- und Durchschnittsverdiener

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Das Staatsbürgergeld hätte für jeden Empfänger eine steuerliche Entlastungswirkung in Höhe von monatlich 500 €. Erst ab einem Einkommen von 2.000 € im Monat müssten tatsächlich Steuern an den Staat abgeführt werden. Laut der Befürworter des Staatsbürgergeldes würden davon besonders Beschäftigte im Niedriglohnsektor profitieren. Das heutige Sozialsystem nimmt durch seine hohen Abzüge von bis zu 90 Prozent beim Hinzuverdienst von Hartz IV-Empfängern häufig den Anreiz für den Übergang von Erwerbslosigkeit in Arbeit. Beim Staatsbürgergeld gilt der einheitliche Steuersatz von 25 Prozent. Wer arbeitet, verbessert also dem Modell zufolge seine Einkommenssituation unabhängig von der Einkommenshöhe. Vor diesem Hintergrund erwarten Befürworter des Staatsbürgergeldes auch einen Rückgang der Schwarzarbeit. Das Staatsbürgergeld soll den Grundsatz der Leistungsgerechtigkeit durchsetzen helfen, indem Arbeitende deutlich bessergestellt werden als Erwerbslose.

Abschaffung von Hartz IV

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Das Staatsbürgergeld soll das Arbeitslosengeld II (Hartz IV) ersetzen, da das soziokulturelle Existenzminium nun über die negative Einkommensteuer abgesichert wird. Durch die Abschaffung von Hartz IV soll die gesellschaftliche Herabwürdigung und Ausgrenzung von Erwerbslosen überwunden werden.

Wertschätzung für alle Formen von Arbeit

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Das Staatsbürgergeld als garantiertes Existenzminimum soll das Nebeneinander und Miteinander verschiedener Arbeitsformen über unterschiedliche Lebensphasen hinweg ermöglichen. Es soll finanzielle Anerkennung und damit Wertschätzung für gesellschaftserhaltende Arbeitsformen jenseits klassischer Erwerbsarbeit gewährleisten. Auch Formen der Sorgearbeit und des Ehrenamtes, die im heutigen Sozialstaat un- bzw. unterbezahlt sind, sollen mit dem Staatsbürgergeld auf eine sichere Einkommensbasis gestellt werden.

Höheres Familieneinkommen

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Vom Staatsbürgergeld sollen vor allem Familien profitieren. Erwachsene und Kinder erhielten das Staatsbürgergeld in gleicher Höhe ausgezahlt. Somit stiege das Haushaltseinkommen pro Kind von derzeit 204 € auf 500 €, sodass eine vierköpfige Familie über ein monatliches Netto-Mindesteinkommen von 2000 € verfügen würde. Familienarbeit würde damit honoriert werden, und Eltern könnten sich mehr Zeit für ihre Kinder nehmen, ohne um die eigene Existenz fürchten zu müssen. Die familien- und bevölkerungspolitische Wirkung des Staatsbürgergeldes wird von seinen Anhängern als positiv eingeschätzt.

Wirkung auf ländliche Räume und strukturschwache Regionen

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Das Staatsbürgergeld soll einen Beitrag zur Stabilisierung ländlicher Räume leisten, indem es die negative Rückkopplung aus zurückgehenden Investitionen, Unternehmensverlagerung, Arbeitsplatzverlust und Abwanderung durchbrechen helfen soll. Bedrohte dörfliche Siedlungen und Lebensweisen sollen mit Hilfe des Staatsbürgergeldes wiederbelebt werden, indem es mittels Einkommenssicherung die Kaufkraft in ländlichen Räumen erhöht.

Entbürokratisierung beim Sozialleistungssystem

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Das Staatsbürgergeld soll viele der heutigen steuerfinanzierten Sozialtransfers bündeln und so zu einer deutlichen und nachhaltigen Entbürokratisierung beitragen. Entfallen sollen demnach beispielsweise die Sozialleistungen Hartz IV, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Sozialgeld, Sozialhilfe, Finanzierungshilfen für Studenten (BAföG), Berufsausbildungsbeihilfe, Elterngeld, Kindergeld, Kinderzuschlag etc. Hieraus resultieren Einsparungen in Milliardenhöhe durch Bürokratieabbau.

Vereinfachtes und transparenteres Steuersystem

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Befürworter des Staatsbürgergeldmodells halten das gegenwärtige Steuersystem der Bundesrepublik für zu kompliziert und intransparent. Das Staatsbürgergeld soll zu Steuervereinfachung und Steuertransparenz beitragen. Durch die Einführung der zweistufige Einkommensteuer auf alle Einkommen wird eine Entlastungswirkung des Freibetrages in Höhe des Existenzminimums für alle Steuerpflichtigen gleichermaßen erwartet. Zudem soll damit das Leistungsprinzip insbesondere im unteren Einkommensbereich gestärkt und Steuerschlupflöcher geschlossen werden.

Kritiker von Modellen unbedingter und bedingter Grundeinkommen vermuten, dass deren Bezieher aufhören würden zu arbeiten und Auszubildenden oder Studenten der Anreiz zur Berufsausbildung genommen würde. Umfragen zeigen allerdings, dass bei einem Grundeinkommen in einer Höhe von 500,- € kaum jemand aufhören würde zu arbeiten. Befürworter weisen im Gegenteil darauf hin, dass derzeit durch hohe Steuer- und Abgabenquoten sowie Abzüge von bis zu 90 Prozent bei Hinzuverdiensten von Hartz IV-Empfängern die individuelle Leistungsbereitschaft gemeinhin eher eingedämmt wird. Einem Bezieher von Staatsbürgergeld stünde demnach deutlich mehr von seinem Zuverdienst zur Verfügung. Dennoch gibt es Unsicherheiten, wie sich das Staatsbürgergeld auf die Motivation und generell auf das Verhalten der Menschen auswirkt.

Andere Stimmen halten generell Grundeinkommens-Modelle nicht für demokrartisch mehrheitsfähig. Umfragen, die sich konkret auf das Staatsbürgergeld beziehen, existieren bisher nicht. Anderen Umfragen zufolge, die sich die Akzeptanz anderer Grundeinkommens-Varianten untersuchten, steht eine knappe Mehrheit der Deutschen der Idee positiv gegenüber: Einer repräsentativen INSA-Umfrage aus dem Juni 2018 zufolge sind 51 Prozent der Befragten für die Einführung eines Grundeinkommens. Unter AfD-Wählern liegt dieser Wert sogar bei 53 Prozent. [22]

Wirtschaftlich konservative Kritiker halten Grundeinkommens-Modelle grundsätzlich für sozialistisch. Ein Hauptmerkmal sozialistischer Gesellschaftsordnungen ist allerdings die Steuerung der Wirtschaft durch eine zentrale Planung sowie die Beschneidung oder Abschaffung des Privateigentums an den Produktionsmitteln. Beides ist beim Staatsbürgergeld nicht der Fall; auch handelt es sich nicht um eine Umverteilung im Sinne sozialistischer Politikmodelle. Weitere kritische Stimmen erwarten eine Erhöhung der Lohnkosten sowie der Verbraucherpreise durch steigende Konsumausgaben.

Einzelnachweise

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  1. The Future of Jobs Report. (PDF) World Economic Forum, 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  2. Arbeitsstunden pro Jahr je Erwerbstätigen 1960–2017. In: Sozialpolitik Aktuell. 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  3. Substituierbarkeitspotenziale von Berufen. In: IAB.de. 1. April 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  4. Jan Marvin Garbuszus, Notburga Ott, Sebastian Pehle, Martin Werding: Wie hat sich die Einkommenssituation von Familien entwickelt? In: Bertelsmann Stiftung (2018). 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  5. Deutscher Bundestag: Schriftliche Fragen mit den in der Woche vom 9. Juli 2018 eingegangenen Antworten der Regierung. In: Deutscher Bundestag Drs.-Nr. 19/3384. 13. Juli 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  6. Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen: Empfänger von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung 2003 -2017. In: Sozialpolitik Aktuell. 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  7. Deutsche Rentenversicherung: Rentenniveau. In: Rentenniveau. 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  8. Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung: Simulationsrechnungen zum Ausmaß der Nicht-Inanspruchnahme von Leistungen der Grundsicherung. In: IAB-Kurzbericht 5/2013. 1. Mai 2013, abgerufen am 8. Juni 2020.
  9. Christoph Butterwegge: Aktivierender oder aktiver Sozialstaat? In: dr-wo.de. 2020, abgerufen am 8. Juni 2020.
  10. Hans Böckler Stiftung: Von der Regel zur Ausnahme – Strategien gegen die Prekarisierung der Arbeitsbedingungen. In: WSI-Mitteilungen 8/2011. 2011, abgerufen am 8. Juni 2020.
  11. Hartz-4-Zuverdienst – was Sie zu den Freibeträgen wissen müssen. In: Hartz4.de. 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  12. OECD: Taxing Wages 2018. In: OECD Publishing. 26. April 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  13. Henrik Müller: Demokratie in der Demografie-Falle – Landluft macht unfrei. In: Spiegel Online. 5. August 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  14. Gabriele Voßkühler: Die unsichtbare Arbeit in Deutschland ist eine Billion € wert. In: Welt.de. 22. Januar 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  15. Statistisches Bundesamt: Entwicklung der unbezahlten Arbeit privater Haushalte. In: Wista – Wirtschaft und Statistik 02/20. 5. August 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  16. Statistisches Bundesamt: Entwicklung der unbezahlten Arbeit privater Haushalte. In: Wista – Wirtschaft und Statistik 02/20. 5. August 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  17. Bundesministerium für Arbeit und Soziales: Entwicklung der unbezahlten Arbeit privater Haushalte. In: Sozialbericht 2017. 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  18. Marvin Milatz: Wie steht es um die Gerechtigkeit in Deutschland? In: NDR.de. 9. November 2019, abgerufen am 8. Juni 2020.
  19. Carsten Knop: Unsere Steuererklärung ist viel zu kompliziert. In: FAZ.net. 20. November 2015, abgerufen am 8. Juni 2020.
  20. Deutscher Bundestag: Bedeutung und Ausmaß der Steuervermeidung anhand von Steuervermeidungsmodellen. In: Deutscher Bundestag, Wissenschaftliche Dienste WD 4 - 3000 - 032/18. 9. April 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.
  21. Gerlinde Sommer: Die Idee vom solidarischen Bürgergeld lässt Dieter Althaus nicht los. In: Thüringische Landeszeitung. 24. August 2017, abgerufen am 8. Juni 2020.
  22. Ronald Blaschke: INSA-Umfrage: 51 Prozent in Deutschland für Grundeinkommen. In: Netzwerk Grundeinkommen. 14. Juni 2018, abgerufen am 8. Juni 2020.

Kategorie:Grundeinkommen