Benutzer:Martin Bahmann/Mainzer Geschlechter

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Die Mainzer Geschlechter, zeitgenössisch auch „die Alten“, „die alten Geschlechter“, „die ratsfähigen Geschlechter“ oder „die unter den Gaden“ genannt, war eine Gruppe von Familien, die im Spätmittelalter als Patrizier oder Stadtadel die Geschicke der Freien Stadt Mainz wesentlich beeinflussten. Mitglieder dieser Gruppe kamen aus dem ritterbürtigen Ministerialenbereich des Mainzer Erzbischofs, aus niederadligen Geschlechtern des Stadt- und Landadels sowie aus größeren Kaufmannsfamilien. Allen Mitgliedern dieser Gruppe war gemeinsam, dass sie zu der begüterten Oberschicht der Stadt gehörten und durch zahlreiche Heiraten und Bündnisse miteinander eng verbunden waren.

Etablierung im Hochmittelalter

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In ersten Ansätzen gab es bereits zum Ende des 11. Jahrhunderts anlässlich des Investiturstreits eine politisch handlungsfähige Stadtbevölkerung. Diese stand, unter Führung erzbischöflicher Stadtbeamter und des Burggrafen, teilweise in Opposition zu dem Erzbischof (1076, 1098) oder wechselte, wie Anfang des 12. Jahrhunderts, von der kaiserlichen Seite zu dem Erzbischof über. Dadurch wurden der Mainzer Bürgerschaft 1119 durch Erzbischof Adalbert I. von Saarbrücken erste Privilegien wie ein besonderer Rechtsstand und Selbstverwaltungsbefugnisse zugesprochen. In der Beziehung zwischen der mehr und mehr politisch aktiver werdenden Bürgerschaft und dem Erzbischof gab es immer wieder Unruhen und Rückschläge für die erstere Partei. Bei den Streitigkeiten mit Erzbischof Arnold von Selenhofen und den Unruhen vor und während dessen Ermordung (1160) spielte bereits das mächtig gewordene Ministerialengeschlecht der Meingote eine bedeutende Rolle. Bei den drei Jahre später angeordneten Strafmaßnahmen Kaiser Friedrich I. wurden lediglich zwei direkt an der Ermordung Arnolds (sowie dessen Bruder Dudo von Selenhofen) beteiligte Mitglieder der Meingote, Meingot und Embricho, geächtet. Andere, bei diesem Aufstand eine weitaus bedeutendere Rolle spielende, Mainzer Bürger wie Arnold der Rote (Arnold Rufus) oder Burchard aus der Familie der Meingote, blieben unbehelligt und werden ohne Unterbrechung auch nach 1160 als Zeugen bei erzbischöflichen Urkunden benannt.

Eine weitere angeordnete Strafmaßnahme Friedrichs I. war die Schleifung der Stadtmauer. Mainz und seine Bürgerschaft gewannen allerdings sehr schnell wieder das Wohlwollen des Kaisers, wie der prächtige Mainzer Hoftag von 1184 zeigte. Eine Beginn der Neuerrichtung der Stadtmauer ist dann auch um 1200 urkundlich nachgewiesen. Obwohl Fragen der Stadtbefestigung im Rechtsbereich des Erzbischofs lag, übertrug dieser Planung umd Umsetzung der Baumaßnahmen den Mainzer Bürgern. Diese durften, mit seiner Zustimmung, auch das sogenannte Ungeld (eine indirekte Verbrauchssteuer) von der Bürgerschaft erheben, welche die Kosten abdecken sollte. Die wohlhabenderen Mainzer Bürger des sich langsam herausbildenden Mainzer Patrizitats beteiligten sich somit maßgeblich an dem Bau der stärker ausgebauten Stadtmauer und der Errichtung der prächtigen repräsentativen Tortürme (heute noch erhalten: Holzturm, Eisenturm). Prestige und Selbstbewusstsein der wohlhabenden Mainzer Bürger, die man im 13. Jahrhundert dann „die Geschlechter“ nennen sollte, nahmen deutlich zu.

Das bereits erwähnte Geschlecht der Meingote, das noch im 12. Jahrhundert eine bedeutende Rolle beispielsweise mit der langjährigen Bekleidung des Amtes der Stadtkämmerer oder als Stellvertreter des Erzbischofs während seiner Abwesenheit im Mainz, spielte, starb 1215 im Mannesstamm aus. Neue Namen Mainzer Bürger tauchen nun vermehrt in Urkunden auf. Die genannten Personen waren entweder Ministeriale, in verschiedenen Tätigkeiten in erzbischöflichem Dienst beispielsweise als Kämmerer oder Walpode tätig, oder wohlhabende Kaufleute, die von dem allgemeinen Aufschwung der Stadt ab 1200 profitierten. Erstmals werden auch Mitglieder der Familie „zum Jungen“ genannt, die als stiftsfähiger Stadtadel zu einer der bedeutendsten Familie der Geschlechter in Mainz und später Frankfurt am Main gehörte.

Die Stadt Mainz erlebte ab 1200 trotz der zeitweise schwierigen politischen Lage im Reich eine Blütezeit. Die Bevölkerung nahm, ebenso wie in anderen Städten, deutlich zu. Dies führte zu zunehmenden Handels- und Gewerbetätigkeiten. Bauland wurde vermittelt, verkauft und bebaut womit die bebaute umwallte Stadtfläche deutlich anwuchs. Der Handel nahm aufgrund des steigenden Bedarfs und der günstigen Rahmenbedingungen (Stapelrecht, Rheinlage, Rheinschifffahrt) zu. Mainz war als Sitz des Erzbischofs aufgrund der hohen Anzahl klerikaler Würdenträger sowie der zunehmenden begüterten nichtklerikalen Bürgerschaft eine Stadt des Konsums und des Warenangebots- und umschlags.

Die in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts beginnenden und andauernden politischen Verwerfungen der Päpste mit den Staufern in Person Friedrichs II. nutzte die Bürgerschaft, um sich von beiden Parteien umwerben zu lassen wobei eine deutliche Präferenz der Bürgerschaft und der Ministerialen für die Partei der Staufer erkennbar ist. Friedrich II. gewährte den ihm zu dieser Zeit noch wohlgesonnenen wohlgesonnenen Mainzer Bürgern 1236 umfangreiche Rechte wie sie seit Adalberts Privileg 1119 nicht mehr gewährt wurden. Von König Konrad IV. erhielt die Stadt 1242 ein wichtiges Zollprivileg wodurch Handel und Wohlstand weiter anstiegen. Durch historisch bisher nicht genau geklärte Umstände wechselten sie allerdings zwei Jahre später die Seiten und schlossen sich der kirchlichen Partei an, die in Mainz durch Erzbischof Siegfried III. von Eppstein vertreten war. Dieser belohnte die Mainzer Bürger am 13. November 1244 mit einem weitreichenden Unabhängigkeitsprivileg und damit vor allen anderen Punkten mit Autonomie der Stadtverwaltung.

Die Stadt Mainz wurde damit 1244 zur Freien Stadt Mainz und stand nun unter der Leitung der Mainzer Geschlechter.

Blütezeit der Mainzer Geschlechter

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Neben der Bestätigung und teilweisen außerordentlich weitreichenden Erweiterung bestehender städtischer Privilegien legte Artikel Acht des Stadtprivilegs von Erzbischof Siegfried III. erstmals folgende Regelung fest: ...daß die Bürger selbst vierundzwanzig zum Rat der Stadt wählen und zwar so, daß beim Tod eines dieser Ratsmitglieder sofort ein Nachfolger gewählt wird.[1] Damit legitimierte Erzbischof Siegfried III. lediglich die bereits seit Dem beginn des 12. Jahrhundert bestehende städtische Führungsgruppe aus erzbischöflichen Stadtbeamten (den so genannten „Officiati“) und den Bürgern der Stadt als Selbstverwaltungskörperschaft.[2] Die wohlhabende und weiter aufstrebende Mainzer Bürgerschaft hatte nun weitreichendes Mitspracherecht oder sogar die alleinige Entscheidungsfreiheit in Fragen der Stadtverwaltung. Das wichtigste Instrument dazu war der neugebildete Rat.

Diesem Rat übertrug man das alte stadtgräfliche Recht über die „Baulichkeiten, die zu deutsch Überzimmer genannt werden“ - also das sich vorher in erzbischöflicher Hand befindliche Recht, Straßen frei zu halten und nicht genehmigte Überbauungen abzureissen. Die geschäftstüchtigen Mainzer Patrizier machten daraus schnell eine lukrative allgemeine baupolizeiliches Aufsicht über die gesamte Bautätigkeit in der Stadt. Ab dem 14. Jahrhundert war eines der gewählten Ratsmitglieder städtischer Baumeister. Die Bürgerschaft wurde von jeglichen, dem Erzbischof zu leistenden, Kriegsdiensten befreit, mit Ausnahme bei der Verteidigung ihrer Stadt. Eine Unterstützung des Erzbischofs in Kriegsdingen unterlag nun Verhandlungen zwischen der Bürgerschaft und ihm. Auch durfte der Erzbischof die Stadt nur noch mit kleinem Gefolge betreten, die akzeptierter Größe oblag auch dem Ermessen der Bürgerschaft. Weitere Regelungen des Privilegs waren für beide Seiten - Erzbischof und Bürgerschaft - von Vorteil. Man agierte nun auf Augenhöhe und im Rahmen gemeinsamer Interessen und beidseitigem Nutzen.[3]

Die Blütezeit der Mainzer Geschlechter beginnt um das Jahr 1200, erfuhr durch die Ereignisse 1244 nochmals eine deutliche Steigerung und endet mit dem Verlust der absoluten Ratsherrschaft 1332, als die Zünfte begannen, in den Rat hineinzudrängen. In diesem Zeitraum kam es zu großen Bauprojekten, die Handelsgeschäfte waren aufgrund verschiedener Privilegien und Erleichterungen äußerst lukrativ und bei einigen Mitgliedern begann ein langsamer Prozess des Aufstiegs in den mittleren Adelsbereich. Einfluss und Macht der Freien Stadt Mainz waren mit dem Rheinischen Städtebund, der wehrhaften Stadbefestigung sowie dem wachsenden Einfluss einiger ihrer Mitglieder im reichspolitischen Bereich auf ihrem Höhepunkt.

Bautätigkeit Höfe, Rathaus, Kaufhaus

Wichtigstes Privileg: Tuchhandel unter den Gaden, Gadenrecht, Gaden => Örtlichkeiten rund um den Dom

Innozenz IV 1246 Privilegium de non evocando => keine Verantwortung vor geistlichen Gerichten außerhalb der Stadt 1250 direkte Kämpfe rund um Mainz. Konrad IV für die Stauferpartei verwüstet Zahlbach, sein Widersacher Wilhelm von Holland zieht sich nach Mainz zurück. Wiederum nutzen die Mainzer Bürger den für sie günstigen Moment während des reichsweiten Streit zwischen der Staufer- und der Papstseite. Dem in der Stadt Zuflucht suchenden Wilhelm von Holland werden am 5. August 1250 die Bestätigung von bereits durch die Staufer 1236 und 1242 verliehene Rechte abgerungen. Auch die von Konrad IV nur bedingungsweise verliehene Freiheit von Reichszöllen wird dauerhaft zugesagt.


Dies führte in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zu weiteren Eingemeindungen wie Selenhofen oder Vilzbach.

Beginn 1322, Teilnahme der Bürgerschaft am bisher ausschließlich patrizisch besetztem Rat. Konflikte mit Zünften, mehrfach Ausweisung oder freiwillige Auswanderung, teils nach Jahren wieder zurückgekommen, einige Geschlechter in Oppenheim, Eltville,Frankfurt, Bad Kreuznach => Stadtadel woanders oder Übergang zum Landadel ohne weitere Vertretung in Mainz. Spätestens seit Errichtung des Zunftregiments 1444 (Rat ausschl. durch Zunftmitglieder besetzt, de facto Entmachtung der Geschlechter) nur noch wenige aus den alten Geschlechtern in Mainz.Einige mit Situation arrangiert und in Ämtern, z.B. Patrizier Klaus Reise, mehrfach Bürgermeister nach 1444, 1462 bei Eroberung erschlagen[4] Ebenso Patrizierfamilie Molsberg, vor 1444 und nach 1462

Nach 1462 Konfiszierung von Höfen durch Adolf von Nassau (siehe Dobras:

Einige Vertreter der Geschlechter weiterhin in Diensten des EB (Landesherrlicher Dienst, v.a. als Juristen mit Studium/Abschluss an der Universität Mainz, 1477 gegründet) bzw. für ihre Stadt: Richteramt, siehe Fußnote 56 bei Dobras, S. 32-34

  • Zum Jungen => sehr wichtig, reichspolitische Kontakte zu Heinrich VII. (HRR), Haus Luxemburg, lebten rund 170 Jahre in Mainz[5], während Blütezeit (= Freie Stadt Mainz). Wappen 3 Jagdhörner
  • Löwenhäupter (Lewenheubte), Arnold Walpod, weitverzweigte Familie
  • Gensfleisch, später zum Gudenberg => Johannes Gutenberg
  • Zum Stein
  • Jude zum Stein, Judd zum Stein, de Petreae, de Lapide, konvertierte jüdische Familie, Turniergesellschaft zum Esel, Haus zum Stein, Eberhardus de Lapide
  • Zum Turm => Arnold zum Turm, Stadtkämmerer, später Landadel von Gudenberg bei Bad Kreuznach
  • Zum Korb
  • Zum Humbrecht, auch Widder zum Humbrecht
  • Zum Teufel (de Daemone)
  • Zum Gedank
  • Zum Widder

Im 15. und teilweise 16. Jahrhundert:

  • Molsberg
  • Reisen
  • von Sörgenloch genannt Gensfleisch (Richter 1476-1477?)
  • Guldenschaf (1477-1486)
  • von Windeck (Eberhard von Windeck)
  • Landeck
  • Heidrun Ochs: Die Mainzer Geschlechter und „ihre“ Stadt. in: Mechthild Dreyer, Jörg Rogge: Mainz im Mittelalter. Philipp von Zabern, Mainz 2009, S. 199-213. ISBN 978-3-8053-3786-1
  • Ludwig Falck: Geschichte der Stadt Mainz: Mainz in seiner Blütezeit als Freie Stadt 1244-1328. Geschichte der Stadt Mainz Band III, Walter Rau, Düsseldorf 1973. ISBN 3-7919-0142-7
  • Heidrun Kreutzer: Auf dem Weg vom Patriziat zum Niederadel - Die Familie zum Jungen und ihre Beziehungen zu den Königen im 14. und 15. Jahrhundert. in: Michael Matheus, Walter G. Rödel (Hrsg.): Bausteine zur Mainzer Stadtgeschichte. Mainzer Kolloquium 2000. Geschichtliche Landeskunde Band 55, S. 47-70. Franz Steiner Verlag Stuttgart 2002, ISBN 3-515-08176-3
  • Wolfgang Dobras: Münzerhausgenossen und andere Geschlechter. Bemerkungen zur Mainzer Oberschicht in den Bürgerkämpfen des 15. Jahrhunderts. in: Mainzer Zeitschrift 94/95, 1999/2000 S. 95-109
  • Wolfgang Dobras: Mainz um 1500 - Der Wandel von der Freien zur Residenz- und Universitätsstadt. in: Jörg Rogge (Hrsg.): Tradieren • Vermitteln • Anwenden. Zum Umgang mit Wissensbeständen in spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Städten. Akademie Verlag Berlin, 2008. ISBN 978-3-05-004558-0

Ältere Literatur:

  1. zitiert mach: Ludwig Falk: Die erzbischöfliche Metropole 1011-1244. In: Mainz – Die Geschichte der Stadt. S. 113 f.
  2. Ludwig Falk: Die erzbischöfliche Metropole 1011-1244. In: Mainz – Die Geschichte der Stadt. S. 134
  3. Ludwig Falk: Die erzbischöfliche Metropole 1011-1244. In: Mainz – Die Geschichte der Stadt. S. 134
  4. Dobras 2, S. 33
  5. Kreutzer, S. 47